19.12.2002 / Forschungspolitik
Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, und Hans-Artur Bauckhage, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, haben heute im Rahmen einer Pressekonferenz in Mainz den Startschuss für den Aufbau eines Zentrums für Nanostrukturtechnologie und Molekularbiolgische Technologie (NanoBioZentrum) an der Universität in Kaiserslautern gegeben. Das Land Rheinland-Pfalz und die EU stellen für das NanoBioZentrum bis zum Jahr 2006 insgesamt 5,4 Millionen Euro zur Verfügung.
„Wissen ist unser wichtigstes Kapital. Deswegen investieren wir auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten in die Forschung, um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern“, begründete Zöllner die Entscheidung für das NanoBioZentrum. In Rheinland-Pfalz sei in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Forschungs-landschaft entstanden. Die seit Jahren gezielt ausgebaute Förderung der Material-forschung werde mit der Nanobiotechnologie um ein weiteres Forschungsgebiet verstärkt, das besonders zukunfts- und anwendungsträchtig sei.
Bauckhage verwies auf das hohe Transferpotenzial der Nano- und Biotechnologie. „Von dem neuen Zentrum werden wichtige Impulse für die regionale Wirtschaft ausgehen. Es trägt dazu bei, den Hightech-Standort Rheinland-Pfalz zu stärken“, sagte der Wirtschaftsminister. Durch Kooperationen mit dem praxisorientierten Zentrum werde die Innovationskraft und damit die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen der Region gestärkt. Das hohe Ausgründungspotenzial und der Beitrag zur praxisnahen Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses seien weitere Pluspunkte. Deshalb beteilige sich auch das Wirtschaftsministerium an der Anschubfinanzierung des Zentrums.
Die Nanotechnologie ist nach Ansicht von Wissenschaftlern eine der innovativsten Hochtechnologien. Ökonomen sehen in ihr ein bedeutendes wirtschaftliches Potenzial und sprechen von der „Next Economy“. Der Begriff Nanotechnologie gründet auf dem altgriechischen Wort „nanos“ für „Zwerg“. Ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter. Er verhält sich zu einem Meter wie eine Kirsche zur Erde.
Im NanoBioZentrum an der Universität Kaiserslautern werden Biologen und Physiker interdisziplinär eng zusammenarbeiten, um anspruchsvolle Forschungs- und Technologietransferprojekte durchzuführen, die die Grundlage für die Umsetzung in neue Produkte und Dienstleistungen insbesondere durch kleine und mittlere Unternehmen bilden werden.
Das Zentrum wird über modernste Strukturierungs- und Analysemethoden verfügen und diese zum Teil weiterentwickeln, um biologische und nicht-biologische Nanostrukturen herzustellen und zu untersuchen. Dadurch wird es möglich sein, immer feinere Detektionsverfahren, zum Beispiel zum hoch empfindlichen Nachweis von Mikroorganismen, Antibiotikaresistenzen und Schadstoffen, zu entwickeln. Diese werden zur Qualitätskontrolle und -verbesserung in der pharmazeutischen Industrie oder auch der Wasserwirtschaft beitragen. Auch bei der Entwicklung neuer innovativer Materialien kommt es darauf an, kleinste Unregelmäßigkeiten auf molekularer Ebene zu erkennen und zu vermeiden.
Neue physikalische Beschichtungstechnologien ermöglichen zum Beispiel die Verminderung der Keimbildung auf technischen Oberflächen. Die Gewebeverträglichkeit von medizinischen Implantaten oder auch die Produktionsprozesse in der Lebensmittelindustrie können so verbessert und sicherer gemacht werden. Durch spezifische Beschichtung können „intelligente“ Filter und Membrane in bislang ungekannter Qualität erzeugt werden, die unter anderem für die Dialyse eingesetzt werden. Im Bereich der Entwicklung nanostrukturierter Oberflächen mit neuartigen Eigenschaften wird das Zentrum eng mit dem Institut für Oberflächen- und Schichtanalytik IFOS und dem Institut für Dünnschichttechnologie IDST zusammenarbeiten.
In der Genom- und Proteinanalyse soll die Miniaturisierung und Standardisierung von Verfahren zur Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten von Krankheiten und deren Erregern vorangetrieben werden. Die Kenntnis des menschlichen Genoms und des Erbguts vieler Organismen kann dazu verwendet werden, komplexe Veränderungen in Zellen auf molekularer Ebene nachzuweisen und sichtbar zu machen. Hierbei werden unter anderem hochauflösende mikroskopische Verfahren, Microarray-Techniken und Biosensoren eingesetzt. Diese werden hergestellt, indem funktionale Bausteine der belebten Natur (Proteine, DNA) kontrolliert erzeugt und zu neuen technischen Systemen zusammengesetzt werden (Biochips).
Der Aufbau des NanoBioZentrums wird durch Forschungsmittel des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, durch Mittel des Europäischen Strukturfonds in der Verantwortung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, durch Bundesmittel, durch Mittel der Universität Kaiserslautern sowie durch die Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation unterstützt.
Durch diese komplexe Förderstrategie wird auch in Zeiten einer angespannten Haushaltslage eine wichtige Zukunftsinvestition für die Region möglich. „Mit der Entscheidung für das NanoBioZentrum will die Stiftung erstmals modellhaft durch strategische Forschungsförderung einen Beitrag zur nachhaltigen Ansiedlung einer neuen Technologie in Rheinland-Pfalz leisten", sagte Wissenschaftsminister Zöllner, der zugleich Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation ist. Die Stiftung wurde 1991 durch das Land Rheinland-Pfalz gegründet und mit einem Stiftungskapital von rund 100 Millionen Euro ausgestattet. Der Schwerpunkt des Stiftungsengagements liegt im naturwissenschaftlich-technischen Bereich, insbesondere an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
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