(1761-1937)
ID | oer-5 |
Lizenz | Creative Commons Attribution-BY 4.0 International Licence [CC BY] |
Zitation | Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Oerlinghausen, oer-5: http://steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?oer-5 |
פ״נ | Hier ist begraben | ||||
איש הישר ונדב | der aufrechte und freigebige Mann, | ||||
אשר הלך בדרך | welcher auf ›dem Weg der | ||||
טובים בה׳ דבק | Guten‹ wandelte; an den Ewigen heftete | ||||
ביושר נפשו | 5 | er in Aufrichtigkeit seine Seele, | |||
גופו יישן ארצה | sein Leib schlummere in der Erde; | ||||
ה״ה כ״ה מאיר | es ist der geehrte Herr Meir, | ||||
בן כ״ה דוד ז״ל | Sohn des geehrten Herrn David, sein Andenken zum Segen, | ||||
נפטר ונקבר ביום | verschieden und begraben am Tag | ||||
י״א א״ר תקנ״א לפ״ק | 10 | 11 des E(rsten) A(dar), 551 der kleinen Zählung. | |||
נתצב״ה | Es sei seine Seele eingebunden in das Bündel des Lebens |
Zl 3f: Spr 2,20
Datierung Gestorben und begraben Dienstag, 15.02.1791
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Zeilen 2-4a sind allgemein und nicht selten. Zeile 5 bietet hingegen eine nicht sehr häufig verwendete Formel. Der älteste Grabstein auf dem Friedhof in Krefeld-Linn von 1727 (e43-0001) weist diese Formulierung auf, die ebenso von dem Satz "sein Leib schlummere in der Erde" gefolgt wird, ein Ende des 18. Jahrhunderts nicht seltener Ausdruck. Zusammen formen Zeilen 4 bis 6 einen deutlichen Kontrast zwischen Seele und Leib einerseits, Himmel und Erde andererseits. Die Seele ist mit "dem Ewigen" verbunden, der Leib mit der Erde. Hier fehlt ein Abkürzungszeichen über dem He (ה), das als gebräuchliches Kürzel für den vierbuchstabigen Gottesnamen JHVH eintritt, der in eben jenen Jahren durch Moses Mendelssohn deutsch als "der Ewige" wiedergegeben wurde.
Die Schlußformel in Zeile 11 stellt die ersten beiden Worte um, überdies trennt sie die Buchstaben eher unschön voneinander, wie denn die ganze Inschrift unbeholfen eingehauen wirkt.
Der Anspruch, für diesen Toten eine sowohl knappe als eigenständige Inschrift komponieren zu wollen, ist unverkennbar. Dies führt in Zeilen 4-6 zu einer verkürzt und elliptisch wirkenden Aussage, die nicht ganz eindeutig ist.
Der Vater des Toten ist, wie der Segenswunsch für ihn zeigt, vor ihm verstorben. Um 1791 ist die Diskussion um die "frühe Bestattung" voll entflammt, die allgemeine Angst vor dem Scheintod grassiert unter den "Aufgeklärten", und in vielen jüdischen Gemeinden, vor allem auf dem Lande, regt sich der Widerstand gegen die behördlichen Zwänge, die Toten erst nach Ablauf von 2 bis 3 Tagen zu bestatten. Wahrscheinlich bestand hier aber, vielleicht nach längerer Krankheit oder höherem Alter, keinerlei behördlicher Zweifel am erfolgten Tod des Meir David.
Zl 2: Letztes Wort (freigebig, großzügig, auch vornehm, edel) richtiger als נדיב nadiw zu buchstabieren.
Namenskunde
Meir wurde im aschkenasischen (mitteleuropäischen) Sprachraum meist als Meier ausgesprochen.
Maße
H: 140 B: 56 T: 14,5
Material Obernkirchener Sandstein
Beschreibung
Schmale Stele mit leicht eingezogenem rundbogigen Abschluß. Das über Zeile 1 in einer leichten Vertiefung eingebrachte Symbol dürfte als eine kleine Krone zu interpretieren sein, die "Krone des guten Namens" oder die der Tora, der Lehre (vgl. die drei Kronen im Mischna-Traktat "Sprüche der Väter" 4,13); sie dient gleichzeitig als Abkürzungszeichen für Zeile 1.
Schrift
Unregelmäßige, etwas ungelenke Beschriftung.
Abkürzungszeichen
Tilden, Krone
Symbol
Krone
Die Familie Meyer, deren wahrscheinlich ältestes Mitglied der hier bestattete Meir David ist (wobei Meir Oerlinghausen, der Gatte von Frau Channa (oer-0001), seinerseits der Gründer dieser Oerlinghauser Familie gewesen sein könnte), war eine der größten jüdischen Familien Oerlinghausens. Auf dem Friedhof sind zwischen 1791, dem Todesjahr des Meir David, und 1934 die Grabsteine von mindestens 16 Familienmitgliedern vorhanden.
Auf dem jüdischen Friedhof in Herford steht der Grabstein des Gatten, Meir Sohn des Aron aus Oerlinghausen. "Am 21. Dezember 1725 hatte Meier Arend das lippische Geleit auf Oerlinghausen erhalten. Nachdem bereits sein Sohn Michel 1755 ein Geleit auf Oerlinghausen erhalten hatte, wurde das Geleit des Meier Arend 1762 auf seinen anderen Sohn Arend Meier in Oerlinghausen übertragen. Ein dritter Sohn lebte in Herford namens Jehuda bzw. Levi Meyer. Bei diesem hielt er sich wohl z. Zt. seines Todes auf und wurde also auch dort in Herford beerdigt. Die Nachkommen des Meier Arend in Oerlinghausen und in Herford nahmen den Familiennamen: Meyer an." (Brilling, Herford, S. 46). Die Grabsteine von Michel und Arend Meier sind nicht in Oerlinghausen vorhanden.
Weitere Kinder von Meir und Chana waren der 1819 gestorbene David Meier, die mit Meier Heinemann in Lüdge verheiratete Betty sowie Salomon Meier.
Großmutter: Chana bat Mosche Meir, Gattin des Meir Oerlinghausen (oer-0001)
Gattin: Gudel (oer-0012)
Sohn: Jonas Meyer (oer-0013?)
Sohn: Izek ben Meir (oer-0014)
Tochter?: Mirjam bat Meir (oer-0016)
Bernhard Brilling, "Die ältesten Grabsteine des jüdischen Friedhofs von Herford 1680-1808. Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Herford", in: Herforder Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Stiftes Herford 6 (1965), S. 46.
Der jüdische Friedhof in Oerlinghausen. Eine bildlich-textliche Dokumentation von Michael Brocke und Aubrey Pomerance, hrsg. von der Stadt Oerlinghausen, Oerlinghausen 1993, S. 16-18.
Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Oerlinghausen,
oer-5
URL: http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=oer-5
(letzte Änderungen - 2015-01-02 19:11)
Steinheim-Institut
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