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Lage 140 Inschriften (1715-1936)

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ID lag-26
Lizenz Creative Commons Attribution-BY 4.0 International Licence [CC BY]
Zitation Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Lage, lag-26: http://steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?lag-26

Name


Gittel bat Elieser ⚭ Israel Vogelstein (Julie Vogelstein ggeb. Adler) [19.12.1880]                

Diplomatische Transkription und Übersetzung

‎‏פ״נ‏‎ Hier ist begraben
‎‏אשה נכבדה ויקרה‏‎ eine geehrte und teure Frau,
‎‏עטרת בעלה ותפארת‏‎ ›Krone ihres Gatten‹ ›und Zierde
‎‏בניה ה״ה מרת גיטל‏‎ ihrer Kinder‹, es ist Frau Gittel,
‎‏בת הח׳ ר׳ אליעזר אשת‏‎ 5 Tochter des toragelehrten Herrn Elieser, Gattin des
‎‏ישראל פאגעלשטיין‏‎ Israel Vogelstein,
‎‏אשר הלכה לחיי עד‏‎ welche ging zum ewigen Leben
‎‏בשיבה טובה אור לי״ז‏‎ ›in gutem Greisenalter‹ zu Beginn des 17.
‎‏טבת ונקברה כ׳ בו‏‎ Tewet und begraben wurde am 20. desselben
‎‏שנת תרמ״א לפ״ק‏‎ 10 des Jahres 641 der kleinen Zählung.
‎‏והיתה מנוחתה כבוד‏‎ Und ›ihre Ruhestätte sei Herrlichkeit‹
‎‏תנצב״ה‏‎ Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens
 Rückseite
Hier ruht
in Gott
Julie Vogelstein 15
ggb. Adler
gest. am 19 December 1880.

 

 Zl 3: Spr 12,4  Zl 3f: Spr 17,6  Zl 8: Gen 25,8  Zl 11: Jes 11,10

Kommentar

Datierung Gestorben in der Nacht auf Sonntag, 19.12.1880 ; begraben am dritten Tag
Zl 16: Steinmetzfehler: "ggb." statt "geb.".

Beschreibung

Lage Neues Grabfeld, Nr. 26.
Beschreibung Stele mit eingezogenem Segmentbogenabschluß und vertieftem Schriftfeld, das fast vollständig von der hebräischen Inschrift ausgefüllt ist, die Kopfzeile und der Schlußsegen wurden mittig über bzw. unter die Inschrift gesetzt. Die kurze deutsche Inschrift, die nur das obere Drittel der Rückseite füllt, ist zentriert, die Namen sind durch größere Buchstaben hervorgehoben.
Schrift vertieft (Deutsch: Fraktur)
Abkürzungszeichen Leicht nach rechts geneigte Doppelstriche, Punkte
Zustand 2003 Leichte Verwitterung.

Zur Person

Die am 21. Juli 1810 geborene Julie, Tochter von Leeser David Adler und seiner Frau Bertha in Hameln, hatte im Dezember 1837 in Hameln den Handelsmann und Seifensieder Israel Vogelstein geheiratet, einem Sohn des Heinemann Salomon, der 1810 den Namen Vogelstein als Familiennamen angenommen hatte. 1846 lebte sie laut Bevölkerungs- und Viehstandsliste der Stadt Lage mit ihrem Mann, den Kindern Vogel/Fanny (geb. 1840), Heinemann (geb. 1841), Merline (geb. 1842), Leser (geb. 1843) und Salomon (geb. 1846) und der Magd Karoline in Haus Nr. 200 (seit 1852 Nr. 9) als Untermieter des ledigen Mechanicus Friedrich Sundermann. Der ebenfalls in ihrem Haushalt verzeichnete evangelische "Hummerjohan" war vermutlich ein Knecht. Weitere Kinder waren ein 1845 gestorbenens Kind und die 1848 geborene Bertha.
Israel Vogelstein wollte 1836 im Alter von 30 Jahren eine Lehre als "Parapluie- und Parasol-Macher" in Münster machen, nahm aber auf Einrede seiner Familie Abstand von diesem Vorhaben, da dieser Beruf mit vielen Reisen verbunden sei und gegen Fabrikerzeugnisse kaum konkurrieren könne. Daraufhin entschied er sich für eine Seifensiederlehre bei dem Seifensiedermeister Wolf in Detmold und bewarb sich schon 1838 für eine Konzession, um sich in Lage niederzulassen und eine Familie zu gründen. 1839 erhielt er seine Konzession gegen eine Kaution von 200 Reichstalern, die verfallen solle, wenn er "Schacherhandel" betreibe. Allerdings fand er auch als Seifensieder in Lage kaum ein Auskommen. Schon 1840 stellte er den Antrag, ihm den Höckerhandel zu gestatten, weil er vom Seifensieden allein nicht leben könne, dies wurde ihm jedoch verwehrt. Inzwischen war die Familie offensichtlich völlig verarmt, unter anderem da Israel Vogelstein sein Gewerbe nicht richtig gelernt habe. Trotzdem wurde auch sein Antrag zwei Jahre später auf Zulassung zum Handel mit Kolonialwaren abgelehnt. Im folgenden Jahr versuchte er vergeblich, seine Seifensieder-Konzession gegen Rückzahlung der Kaution zurückzugeben, um stattdessen Geleit zu beantragen, da er von den im Geleitbrief zugestandenen Erwerbsmöglichkeiten besser würde leben können. 1844 musste er schließlich Konkurs anmelden, woraufhin ihm die Regierung auf Empfehlung des Magistrats trotz des Protestes zweier Metzger aus Lage bis auf weiteres die "Schlächterei" genehmigte. Sein Haus hatte er inzwischen verkaufen müssen, konnte aber mit seiner Familie weiterhin als Untermieter (s.o.) im Haus wohnen bleiben. Den Lebensunterhalt für die Familie verdiente er in den folgenden Jahren als Getreidehändler. Israel Vogelstein soll im Februar 1883 gestorben und auf dem Friedhof in Lage beigesetzt worden sein, ein Grabstein hat sich jedoch nicht erhalten (oder läßt sich ihm nicht mehr zuordnen).
Julie und Israel Vogelsteins Sohn Heinemann fiel schon früh durch seine außerordentliche Begabung auf. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Detmold absolvierte er mit einem lippischen Landesstipendium eine Ausbildung zum Rabbiner am Breslauer Rabbinerseminar und ein Studium der Philosophie und Geschichte, das er mit der Promotion abschloss. Als Rabbiner diente er in Pilsen und Stettin. Als Gründer und Vorsitzender der "Vereinigung der liberalen Rabbiner" und stellvertretender Vorsitzender der "Vereinigung für das Liberale Judentum" war er der Anführer der religiös-liberalen Bewegung im deutschen Judentum.

Zur Familie

Vater: Leser David Adler (Jüdischer Friedhof Hameln, Grabstein Nr. 52)
Mutter: Bertha Lehser David Adler (Jüdischer Friedhof Hameln, Grabstein Nr. 59)

Quellen / Sekundärliteratur

Klaus Pohlmann: Die Verbreitung der Handwerke unter den Juden, Detmold 1993, S. 64f., 76-79, 127, 134.
Martin Hankemeier: Zur Geschichte der Juden in Lage, Detmold 2003, S. 19f., 32, 35, 139-179, insbesondere S. 142 und 148 (Abbildung des Grabsteins).
Michael Guenter: Die Juden in Lippe von 1648 bis zur Emanzipation 1858, Detmold 1973, S. 179.

Fotografien

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Bert Sommer

heutiges Foto
2003-05-26
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2003-05-26
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Zitation der Inschrift

Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Lage, lag-26
URL: http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=lag-26
(letzte Änderungen - 2015-03-19 16:54)

 

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