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in Unterfranken
Aschaffenburg (Kreisstadt,
Unterfranken)
Jüdische Geschichte / Synagogen
Übersicht:
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mit Texten zur jüdischen Geschichte in Aschaffenburg.
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
in Aschaffenburg (english version)
In Aschaffenburg gab es eine jüdische Gemeinde bereits im
Mittelalter.
Ihre Geschichte geht auf die Zeit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts
zurück. Das erste sichere Zeugnis für das Bestehen einer jüdischen Gemeinde
liegt über eine Angabe im Totenbuch des Stifts St. Peter und Alexander für die
Jahre 1267/68 vor. 1293 wird ein Salman (Salemon) von Aschaffenburg in Frankfurt genannt.
Verschiedene Aschaffenburger Juden sind genannt im Zusammenhang mit
Abgabenzahlungen, Geldverleih, Zinszahlungen oder Bürgschaftsleistungen,
insbesondere in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, doch ist nicht bekannt,
wie viele Juden damals in der Stadt lebten. Von den Judenverfolgungen 1337 (sog.
Armleder-Verfolgung) und 1348/49 (Pestzeit) waren auch die Aschaffenburger Juden
betroffen. Nach der Verfolgung in der Pestzeit fiel der jüdische Besitz an den
Mainzer Erzbischof.
1359 werden wieder zwei Juden in der Stadt genannt. Ein Joseph von Aschaffenburg
war um 1340 "Judenbischof" in Mainz.
Im 15. Jahrhundert zogen
jüdische Personen u.a. aus Babenhausen, Bamberg und Emmerich zu. Andererseits
verzogen Juden aus Aschaffenburg nach Worms, Sobernheim,
Colmar,
Tauberbischofsheim oder Frankfurt u.a. Simon aschaffenburgensis, Verf.
von juncturam bonam). Auch in dieser Zeit lebten die Juden der Stadt vom
Geld- und Pfandverleih. 1447/48 wird ein jüdischer Arzt aus Aschaffenburg (Vyvis
von Aschaffenburg) im Herzogtum Jülich-Berg genannt. 1470 wurden die Juden
unter dem Mainzer Erzbischof Adolf II. ausgewiesen.
Im 16. Jahrhundert lebten drei bis vier jüdische Familien in der Stadt,
unter ihnen die Familie des Simeon b. Isaac ha Levi, Verfasser des Buches Devet
Tov (1588) und Masoret ha-Mikra (1572). Um 1600 lebten etwa 15
jüdische Familien in der Stadt, 1705 waren es 20. Die jüdischen Familien
lebten bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich vom Handel mit
Vieh, Pferden und Textilien.
Im 19. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner nochmals stark zu
(1803: 35 Familien, 1807 24 Familien; 1837 etwa 200 jüdische Einwohner, 1871
286, 1900 605, 1910 Höchstzahl von 637). 1807 erhielt der erste jüdische
Einwohner die Erlaubnis, einen Handwerksberuf auszuüben.
Im 18. Jahrhundert war
Aschaffenburg noch dem Rabbinat Mainz unterstellt, im 19. Jahrhundert wurde
Aschaffenburg Sitz eines Distriktrabbinates. Inhaber der Stelle waren im
19./20. Jahrhundert:
Hillel Wolf Sondheimer (1803-1832), Israel Wertheimer (1832- ), Gabriel Loew
Neuburger ( -1845), Abraham Adler (1845-1880), Simon Bamberger (1882-1897), Dr.
Gustav Wachenheimer (1898-1909), Dr. Raphael Breuer (1909-1932), Dr. Fritz Bloch
(1932-1938). Zum Distriktrabbinat Aschaffenburg gehörten bis nach 1933 zahlreiche jüdische
Gemeinden der Umgebung (Eschau, Fechenbach, Goldbach,
Großostheim, Hörstein,
Kleinheubach, Kleinwallstadt, Klingenberg, Lohr am
Main, Miltenberg,
Mittelsinn,
Bad Orb, Röllbach,
Schöllkrippen, Wörth am
Main).
In Aschaffenburg selbst bestand ein reges jüdisches Gemeinde- und Vereinsleben
(Israelitischer Männerverein "Chewra Kadischa - Bikkur Cholim",
gegründet 1725; Israelitischer Frauenverein zur Unterstützung von Armen, gegr.
1854; Israelitischer Armenverein gegr. ca. 1880, Wohltätigkeitsverein, Verein
zur Wahrung jüdischer Interessen; Talmud Thoraverein; Fürsorgeverein für
israelitische Nerven- und Geisteskranke gegr. 1909; Centralverein u.a.m.).
Jüdische Inhaber von Handels- und Gewerbebetrieben spielten bis nach 1933 eine
große Rolle im wirtschaftlichen Leben der Stadt. Unter anderem gab es 1933 noch
20 jüdische Kleiderfabrikanten.
1933 lebten noch 591 jüdische Einwohner in der Stadt. 94 von ihnen
waren Kinder im schulpflichtigen Alter. Seit 1934 bestand eine private
vierklassige jüdische Volksschule. Im August 1938 konnte die Gemeinde das
25jährige Amtsjubiläum des Hauptlehrers Leo Schloss begehen. Seit 1933 kam es
zunehmend zu Ausschreitungen gegen Juden (seit August 1935 Plakate mit der
Aufschrift "Juden unerwünscht" an öffentlichen Einrichtungen, Juni
1936 erstmals jüdischer Friedhof geschändet, willkürliche Verhaftungen von
Juden). Nach den Ausschreitungen in der Pogromnacht 1938 verließen verließen immer
mehr jüdische Einwohner die Stadt, u.a. Bezirksrabbiner Dr. Bloch, der nach
Palästina auswanderte. Insgesamt konnten von den 1933 in Aschaffenburg lebenden
jüdischen Einwohnern etwa 300 auswandern, mindestens 188 wurden nach den
Deportationen ermordet. Zu den Deportationen: am 23. April 1942
wurden 150 Menschen nach Krasniczyn und Sobibor deportiert, von denen alle
umgekommen sind. Am 9. September 1942 wurden 42 Menschen in das KZ
Theresienstadt deportiert, am 22. September 1942 16 mit demselben Ziel. Am 29.
September 1942 wurden zehn Menschen aus Theresienstadt nach Treblinka deportiert
und ermordet. 1944 wurden weitere Aschaffenburger Juden von Theresienstadt nach
Auschwitz deportiert; eine Person hat überlebt.
Nach 1945 zogen nur noch wenige jüdische Personen in der Stadt zu (1961:
13).
Zur Geschichte der Synagogen in
Aschaffenburg
Das mittelalterliche jüdische Wohngebiet befand sich im Stadtzentrum
nahe dem Marktbezirk im Bereich der Großen Metzgergasse (heute Dalbergstraße)/Stiftsplatz.
Eine Synagoge wird erstmals 1344 genannt. Sie stand vor und nach der
Verfolgung in der Pestzeit im Winkel Dalbergstraße/Rathausgasse. Sie wird als
"Judenschule" (1363, 1383, 1385, 1397, 1437) bzw. als "synagoga
Judeorum" (1402) genannt. Bis Mitte des 15. Jahrhunderts wurde sie für
die Gottesdienste der jüdischen Gemeinde verwendet. Aus unbekannten Gründen geriet
sie in Verfall und war 1459 vollkommen zerstört.
Nachdem im Laufe der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts jüdische Familien in
der Stadt wiederum zuziehen konnten, wurde 1696 eine neue Synagoge
eingerichtet, die in den folgenden zwei Jahrhunderten mehrfach erweitert und
erneuert wurde.
1838 wurde eine neue Synagogenordnung verabschiedet. Damals stand bereits
eine
umfassende Instandsetzung und Neueinrichtung der Synagoge am, die 1839/40
mit Hilfe einer Kollekte bei den jüdischen Gemeinden Bayerns wie auch durch
größere Spenden (Bankier Hirsch auf Gereuth in Würzburg, Bankier Anselm Mayer
Rothschild in Frankfurt)
durchgeführt werden konnte.
Neue Synagogenordnung (1838)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. November
1838: "Der Rabbine in Aschaffenburg hat in seinem Rabbinate eine neue
Synagogenordnung eingeführt, die von Vielen als sehr zweckmäßig
gepriesen wird. Unter anderen trefflichen Bestimmungen hat derselbe auch
eine Abänderung in Ansehung der Pijutim getroffen, die zwar einigen
Widerstand erfahren, aber nun mehr zur fast allgemeinen Zufriedenheit
eingeführt ist." |
Kollekte zur Erneuerung der Synagoge (1838/40)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Dezember
1838: "München, 22. November (1838). Seine Majestät der König
haben geruht, auf die Bitte der israelitischen Kultus-Gemeinde zu
Aschaffenburg eine Kollekte bei sämtlichen Israeliten des Königreiches
zur baulichen Herstellung und inneren Einrichtung der Synagoge in
Aschaffenburg zu bewilligen." |
|
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern 11. Dezember 1838: "5. Dezember 1838. An die fürstlich
Löwensteinische Regierungs- und Justizkanzlei in Kreuzwertheim und an
sämtlich unmittelbare Distrikts-Polizei-Behörden.
(Gesuch der Judenschaft zu Aschaffenburg um Bewilligung einer Kollekte zur
baulichen Herstellung und inneren Einrichtung der Synagoge zu Aschaffenburg
betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Majestät der König haben auf
die alleruntertänigste Bitte der israelitischen Kultusgemeinde zu
Aschaffenburg eine Kollekte bei sämtlichen Israeliten des Königreichs zur
baulichen Herstellung und inneren Einrichtung der Synagoge zu Aschaffenburg
allergnädigst zu bewilligen geruht.
Dieses wird sämtlichen Polizei-Behörden mit dem Bemerken eröffnet, dass das
Oberrabbinat in Würzburg, dann die Distrikts-Rabbinate in Aschaffenburg und
Burgpreppach angewiesen sind, die Erhebung der Sammlung in ihren Distrikten
durch die Synagogen-Vorsteher anzuordnen, welche das Ergebnis der Sammlung
nebst einem Verzeichnisse, in welchem die Namen der Geber und der Gaben
einzutragen sind, an die Distrikts-Polizei-Behörden abzuliefern haben. Die
Distrikts-Polizei-Behörden haben sodann die abgelieferten Beträge binnen 4
Wochen an das Expeditionsamt der unterfertigten königlichen Stelle
einzusenden, mit Ausnahme der im Bezirke des Distrikts-Rabbinats
Aschaffenburg eingegangenen Beträge, welche gleich unmittelbar an das
ebengenannte Distrikts-Rabbinat einzuliefern sind.
Würzburg, den 22. November 1838. Königliche Regierung von Unterfranken und
Aschaffenburg, Kammer des Innern. Graf von Lerchenfeld, Präsident.
Hübner." |
|
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 6. Juli 1839: "2. Juli 1839: (Kollekte für die bauliche
Herstellung und innere Einrichtung der Synagoge zu Aschaffenburg betreffend)
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Die von Seiner Majestät dem
Könige der israelitischen Gemeinde zu Aschaffenburg zur baulichen
Herstellung und inneren Einrichtung der dortigen Synagoge allergnädigst
bewilligte Kollekte hatte einen Gesamtertrag von 646 fl. 33 3/4 kr. zum
Ergebnisse.
Dieser Betrag besteht aus folgenden einzelnen Beträgen...."
Nachfolgend werden die einzelnen Beträge aus den bayerischen
Regierungsbezirken aufgeführt sowie aus Unterfranken und Aschaffenburg die
Beträge von den einzelnen Ämtern und Behörden. |
|
Artikel
in der "Karlsruher Zeitung" vom 23. Dezember 1839 innerhalb eines Artikels
zu Aschaffenburg: "Zur Renovation der jüdischen Synagoge dahier hat nicht
nur der Banquier von Hirsch in Würzburg (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hirsch_auf_Gereuth) eine nicht
unbedeutende Summe gespendet, sondern auch Herr A. M. von Rothschild in
Frankfurt (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Amschel_Mayer_von_Rothschild) 150 fl.
überschickt. |
|
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 11. Februar 1840: "7. Februar 1840. (Die Kollekte für die
bauliche Herstellung und innere Einrichtung der Synagoge zu Aschaffenburg
betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Mit Bezug auf die Bekanntmachung
vom 16. Juni vorigen Jahres (Intelligenzblatt S. 469 und 470) wird hiermit
nachträglich zur öffentlichen Kenntnis gebracht, dass für den rubrizierten
Zweck
von den Mitgliedern der israelitischen Kultusgemeinde zu Aschaffenburg
172 fl. 51 1/2 kr., dann
von Freiherrn Amschel Mayer von Rothschild in Frankfurt am Main
150 fl.
beitragen wurden, wodurch sich der Reinertrag der Kollekte von
646 fl. 33 3/4 kr. auf 869 fl. 25 1/4 kr. erhöhet.
Würzburg den 5. Februar 1840. Königliche Regierung von Unterfranken und
Aschaffenburg, Kammer des Innern. Graf von Lerchenfeld, Präsident.
Hübner". |
Einweihung der Synagoge (1840)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 11.
Oktober 1840: "Aus Aschaffenburg berichtet die Didaskalia: In unserer
durch die Abreise des königlichen Hofes und den Abmarsch der Garnison in
das Übungslager ziemlich still gewordenen Stadt wurde verflossenen
Freitag ein seltenes Fest gefeiert: eine Synagogen-Einweihung. Nicht den
hiesigen und den benachbarten Israeliten allein galt dieses Fest; denn
fast die ganze christliche Bevölkerung Aschaffenburgs legte hierbei die
wärmste und aufrichtigste Teilnahme an den Tag, durch die Tat beweisend,
dass oft diejenigen am wahrhaftesten tolerant sind, welche als unduldsam
so gerne verschrieen werden. Bürger wie Beamte füllten den geschmackvoll
verzierten Tempel, und Christen wie Juden folgten mit großer Andacht dem
feierlichen, zweistündigen Einweihungsakte, gerührt durch die erhebenden
Akkorde schöner Festgesänge und erbaut durch die sehr angemessene
Festpredigt des Rabbinen." |
Die Einrichtung eines orthodoxen Betsaales wird untersagt
(1881)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. August 1881:
"Aschaffenburg, 9. August (1881). Der Verwaltungsgerichtshof in
München hat am 5. dieses Monats eine Entscheidung getroffen, die von ganz
besonderem Interesse ist. Vor einiger Zeit richteten sich neun Mitglieder
der jüdischen Kultusgemeinde Aschaffenburg in einem Privathause einen
eigenen Betsaal ein, weil, wie sie angaben, die allgemeine Synagoge
baufällig, der Raum für die große Gemeinde zu klein, und der daselbst
eingeführte Ritus zu 'modern' sei. Auf Anzeige der Kultusverwaltung wurde
von Seite der hiesigen zuständigen Behörde dieser Separatgottesdienst
verboten. Auch die unterfränkische Kreisregierung entschied sich laut
Entschließung vom 31. Dezember 1880 gegen die neun Mitglieder, da durch
die Abhaltung von Separatgottesdienst ein 'Schisma' unter den Juden Aschaffenburgs
entstehen würde." |
Nachdem bereits gegen Ende der 1870er-Jahren - wie
auch aus dem oben zitierten Bericht von 1881 hervorgeht - die alte Synagoge für
die gewachsene Gemeinde zu klein und baufällig
geworden war, beschloss die Gemeinde, eine neue Synagoge zu
erstellen. Die Aschaffenburger Baufirma Franz und Roman Wörner wurde mit der
Planung und Ausführung beauftragt. Weißliche und hellrote Schichten des
Quadermauerwerkes prägten das Äußere des repräsentativen, in maurischem Stil
gehaltenen Baus. Im Inneren
waren die Frauenempore und die Kuppel von zehn polierte Granitsäulen getragen.
Die Innenausstattung war zwischen dem orthodoxen Rabbiner Simon Bamberger und
der jüdischen Gemeinde umstritten. Nach Bamberger sollte die Frauenempore mit Gittern
abgetrennt sein. Der Almemor sollte traditionell in der Mitte des Betsaales
stehen. Bamberger konnte sich zwar nicht durchsetzen, weihte das Gebäude
dennoch am 30. September 1893 ein:
Der Synagogenbau geht seinem Abschluss entgegen
(1893)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Mai 1893:
"Aschaffenburg. Der Synagogenbau dahier geht seinem Abschlusse
entgegen. Wie ich in Erfahrung gebracht, soll ein jüdischer Bürger in
New York, der von hier gebürtig ist, beabsichtigen, nach der
vollständigen Fertigstellung der Synagoge, der hiesigen israelitischen Gemeinde
eine Spende von 50.000 Mark zuzuwenden, nachdem er seitens des hiesigen
Distriktrabbinats die Bestätigung, dass die Synagoge in allen Teilen nach
altjüdischem Ritus eingerichtet ist, erhalten haben wird." |
Die Einweihung der Synagoge im September 1893
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13.
Oktober 1893: "Aschaffenburg. Am 30. September erfolgte unter zahlreicher Beteiligung der Gemeindemitglieder und im Beisein von Vertretern der Stadtbehörde und vielen geladenen Gästen die Einweihung unserer neuen Synagoge in feierlicher Weise. Um 4 Uhr Nachmittags wurden die Torarollen, von den HH. Distriktsrabbiner Bamberger, Kantor Wetzler, Kultusvorstand Ab. Hamburger und Leop. Sternheimer aus dem Gemeindezimmer abgeholt und in Begleitung der Mitglieder der Kultusverwaltung und der übrigen Gemeindemitglieder nach dem neuen Gotteshause getragen. Vor dem Hauptportale angelangt, sprach Herr Bamberger das "Seu scheorim" (Öffnet die Türe) und "Seh haSchaar" (Dies ist das Tor), worauf die Eingangstür sich öffnete und die mit kostbaren Tüchern umkleideten Rollen in den Raum vor dem Vorgang mit der hl. Lade gebracht wurden. Dort sang der Kantor Herr Wetzler mit einem gut eingeschulten Chor von Männern und Knaben das "Boruch habo" (Gesegnet, der da kommt) und "Ma tobu" (Wie schön sind Deine Zelte) in mustergültiger Weise. Unter dem Absingen des "Jehallelu" (Alleluja) wurde hierauf der Vorhang in die Höhe gezogen und der Rabbiner, Kantor und Kultusdiener hoben die Torarollen in die hl. Lade ein. Dann senkte sich der Vorhang wieder vor dem Heiligtum und der feierlichste Momente der Einweihungs-Zeremonie war damit vorüber. Nachdem noch Kantor und Rabbiner den 30., 100. und 150. Psalm rezitiert hatten, hielt Herr Rabbiner Bamberger die Festpredigt. "Gelobt seist Du, Ewiger, Gott Israels, unseres Vaters von Ewigkeit zu Ewigkeit!" (1. Chronik 29.10). - "Und nun, mein Gott, mögen doch Deine Blicke gewendet, Dein Vernehmen gerichtet sein auf das von dieser Stätte aufsteigende Gebet!" (2. Chronik 6,40) begann der Redner und flehte, anknüpfend an diesen Schrifttext, Gottes reichsten Segen auf das neue Haus herab, das Seinem Dienste geweiht, die Stätte bilden soll, an welcher die Andächtigen ganz besonders das Bewusstsein Seiner himmlischen Allgegenwart beseelen, beleben, veredeln und erheben möge. Die Rede war aus einem von ihrem hohen Gegenstande durchaus erfüllten Herzen gekommen und hatte deshalb auch den Weg zu den Herzen der Höher gefunden. Mit dem Segenswunsche "Und so sei die Huld des Ewigen, unseres Gottes, über uns, und was wir unternehmen zur Erde Seines Namens, das befestige und richte Er auf" (Ps.90,17), schloss die Festpredigt. Hierauf sprach der Herr Rabbiner noch das Gebet für das Wohl unseres Königs Otto und des Prinzregenten Luitpold, dann des ganzen königlichen Hauses, ferner für den Regierungspräsidenten, die Würdentragen und Beamten der hiesigen Stadt, die Teilnehmer an der Einweihungsfeier und die ganze Einwohnerschaft. Damit hatten die Einweihungsfeierlichkeiten ihr Ende
erreicht". |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Oktober 1893: "Aschaffenburg,
1. Oktober (1893). Am Freitag Abend wurde die neu erbaute Synagoge an der
Entengasse in feierlicher Weise eingeweiht und ihren gottesdienstlichen
Zwecken übergeben. Das von den Architekten Herren F. u. R. Wörner dahier
entworfene und im sogenannten maurischen Stile ausgeführte Bauwerk darf
mit Recht als eine weitere architektonische Zierde Aschaffenburgs
bezeichnet werden und macht sowohl der israelitischen Kultusverwaltung,
die das Werk begann und bis zur Vollendung förderte, wie auch der Pietät
und dem Opfersinn der hiesigen israelitischen Gemeinde alle Ehre. Das
Gebäude ist aus weißem und rotem Sandstein erbaut, die Fassade, gegen
Westen gelegen, zeigt ein gefälliges Hauptportal mit einer großen, reich
ornamentierten Rosette, und ist überragt von zwei kleineren Kuppeln,
während eine dritte große Kuppel den Hauptraum des Tempels ziert und
mittelst der darin angebrachten Oberlichter zur Beleuchtung des Innern
beiträgt. Das Innere besteht aus einem von zehn Säulen aus rotem
polierten Spessartgranit getragenen Hauptschiff und zwei Nebenschiffen,
aus deren architektonischer und ornamentistischer Mittelpunkt sich die
eben erwähnte große Kuppel darstellt. Dieselbe ist mit blau und goldenen
Sternen ausgekleidet und das durch sie einfallende Licht ist im Gegensatz
zu dem gedämpften Lichte der bunten Glasfenster von lieblicher und
zugleich imposanter Wirkung.
Nachdem die Synagoge, nicht ohne Schwierigkeit mannigfacher Art und
dennoch in verhältnismäßig kurzer Zeit vollendet war, erfolgte gestern
unter zahlreicher Beteiligung der Gemeindemitglieder und im Beisein von
Vertretern der Stadtbehörde |
und
vieler geladenen Gäste die Einweihung derselben in feierlicher Weise. Um
4 Uhr nachmittags wurden die Torarollen, von den Herren Distriktsrabbiner
Bamberger, Kantor Wetzler, Kultusvorstand Ab. Hamburger und Leopold
Sternheimer aus dem israelitischen Gemeindezimmer abgeholt und in
Begleitung der Mitglieder der Kultusverwaltung und der übrigen Gemeinde
nach dem neuen Gotteshause getragen. Vor dem Hauptportale angelangt,
sprach Herr Distriktsrabbiner Bamberger 'PIs'chu scheorim' (Öffnet die
Tore) und 'seh haschaar' (Dies ist das Tor), worauf die Eingangtüre sich
öffnete und die mit kostbaren 'Mantelchen' umkleideten Rollen in den Raum
vor dem Vorhang mit der heiligen Lage gebracht wurden. Dort sang der
Kantor Herr Wetzler mit einem gut eingeschulten Chor von Männern und
Knaben das 'Boruch habo' (Gesegnet, der da kommt) und 'Ma taubu' (Wie
schön sind Deine Zelte) in mustergültiger Weise, und es muss konstatiert
werden, dass die Klangwirkung der tadellos vorgetragenen, an dem Gewölbe
der großen Kuppel leise wiederhallenden Lieder eine vorzügliche war.
Unter dem Absingen des 'jehallalu' wurde hierauf der Vorhang in die Höhe
gezogen und der Rabbiner, Kantor und Kultusdiener hoben die Torarollen in
die heilige Lade ein. Dann senkte sich der Vorhang wieder vor dem
Heiligtum und der feierlichste Moment der Einweihungs-Zeremonie war damit
vorüber. Nachdem noch Kantor und Rabbiner den 80., 100. und 150. Psalm
rezitiert hatten, hielt Herr Rabbiner Bamberger die
Festpredigt.
'Gelobt seiest Du, Ewiger, Gott Israels unseres Vaters von Ewigkeit zu
Ewigkeit! (Chronik 1. 29.10). - Und nun, mein Gott mögen doch Deine
Blicke gewendet, Dein Vernehmen gerichtet sein auf das von dieser Stätte
zu Dir aufsteigende Gebet!' (Chronik 2 6.40) begann der Redner und flehte,
anknüpfend an diesen Schrifttext, Gottes reichsten Segen auf das neue
Haus herab, das seinem heiligen Dienste geweiht, die Stätte bilden soll,
an welcher die Andächtigen ganz besonders das Bewusstein Seiner
himmlischen Allgegenwart beseelen, beleben, veredeln und erheben möge.
Preis, Benedeiung und Dank sei dem Ewigen, dessen Huld und Gnade den
heutigen hochwichtigen Moment herbeiführten. Er weihe und
heilige auch unser Inneres, erleuchte unsere Augen und Herzen, und stärke
unsere Entschlüsse, damit wir Kraft erhalten und niemals in seinem
heiligen Dienste ermüden! An dieses erste Gebet zum Allvater im neu
geweihten Tempel reihte der Prediger das Prophetenwort Jesajas 66,1: 'Also
spricht der Ewige: Der Himmel ist Mein Thron und die Erde Meiner Füße
Schemel. Was für ein Haus, das ihr Mir erbauten wollt? Was für eine
Stätte, die Mir zur Ruhe dienen soll?' und leitete von derselben über zu
dem Texte, welchen er zu seiner Festrede zum eigentlichen Grunde legte,
nämlich auf die Stelle des 15. Psalms, worin es heißt: 'Wer weilet in
Deinem Zelte, wer wohnet auf Deinem heiligen Berge? Der da wandelt in
Aufrichtigkeit, wirket in Gerechtigkeit, und Wahrheit in seinem Hewrzen
führet.' Wer also würdig im Gotteshause sich aufhalten will, von dem
verlangt das Wort des Psalmisten 1. holech tomim (zu wandeln in
Vollkommenheit, im Geiste aufrichtiger Nächstenliebe gegen das
Gesamtmenschentum); 2. poel zedek (zu üben Gerechtigkeit in
aufrichtiger Pflicht- und Glaubenstreue gegen den Allvater); 3. wedower
emeth bilwowau [Wahrheit zu reden in und aus des Herzen Innerstem]. -
Diesen dreifachen Grundgedanken der Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit und
Wahrheit entwickelte der Prediger in sehr ansprechender und eindringlicher
Weise an Hand des Beispiels des Stammvaters Abraham, dessen edle
Nächstenliebe sich nicht auf die eigenen Stammesgenossen beschränkte,
sondern dessen aufrichtige Liebe zum Allvater für ihn die Quelle wurde,
aus der seine ebenso aufrichtige Liebe zum Gesamt-Menschentume floss, eine
Liebe, welche in jedem Menschen den Mitbruder erblickt. Wer in
aufrichtiger Gottes- und Menschenliebe wandelt, der wird auch
Gerechtigkeit üben allenthalten, um in Pflicht- und Glaubenstreue der Aufgabe
gerecht zu werden, welche ihm Gott gestellt hat. Diese Aufgabe aber ist
niederlegt in den unvergänglichen ewigen Gesetzen der heiligen
Gotteslehre und nur der ist wert, im Zelte Gottes und auf Seinem heiligen
Berge zu wohnen, wer das Werk erkennt und erfüllt, das Seiner heiligen
Nähe ihn würdigt und befähigt 'und der Wahrheit in und aus dem Herzen
führet.' Denn die 'Wahrheit ist das Siegel Gottes', sagt ein talmudischer
Sinnspruch. Des Menschen dauerndes Heil besteht darin, dass er wahr sei
gegen sich selbst und dadurch wahr gegen Gott und wahr gegen seine
Mitmenschen.
Mit dem Segenswunsch: 'Und so sei die Huld des Ewigen, unseres Gottes,
über uns, und was wir unternehmen zur Ehre Seines Namens, das befestige
und richte Er auf', (Psalm 90,17) schloss die Festpredigt. Hierauf sprach
der Herr Rabbiner noch das Gebet für das Wohl unseres Königs Otto und
des Prinzregenten Luitpold, dann des ganzen königlichen Hauses, ferner
für den Regierungspräsidenten, die Würdenträger und Beamten der
hiesigen Stadt, die Teilnehmer an der Einweihungsfeier und die ganze
Einwohnerschaft, und flehte Gott möge Allen reichlichen Segen es zeitliches
und ewigliches Heil verleihen, auf dass sich in unserer Mitte entfalten
möge, 'ein Geist der Weisheit und Einsicht, ein Geist der Erkenntnis und
Gottesfurcht' (Jesajas 11,2). - Damit hatten die
Einweihungsfeierlichkeiten ihr Ende erreicht." |
Unmittelbar neben der Synagoge wurde
1899
an Stelle eines älteren Rabbinatsgebäudes ein jüdisches
Schul- Gemeindehaus mit Rabbinerwohnung und Armenherberge
erstellt:
Bauliche Aktivitäten unter dem Gemeindevorsteher A.
Hamburger (1898)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai 1898: "Aschaffenburg, 24.
Mai (1898). Seit vielen Jahren liegt die Förderung der Interessen der
hiesigen Kultusgemeinde in den Händen des Vorsitzenden des Vorstandes
Herrn A. Hamburger. Nachdem von dessen Amtsvorgänger ein neuer Friedhof
ganz in der Nähe der Stadt neben dem der anderen Konfessionen erworben
wurde, gelang es Herrn Hamburger den Bau einer neuen Synagoge herbeizuführen,
wie sie wohl in Städten von der Größe Aschaffenburg schöner nicht
anzutreffen sein wird. Selbstverständlich hätte dies nicht gelingen können,
wenn die Opferwilligkeit der Gemeindemitglieder keine so große wäre.
Demnächst werden auf Veranlassung des Herrn Vorstandes auch die alten
Wohngebäude der Gemeindebediensteten, das Schullokal und die Mikwe etc.
abgerissen und an deren Stelle zu demselben Zwecke neue Räume errichtet.
Zur Erleichterung der Kostenbestreitung hierfür richtete man an die
hiesigen städtischen Kollegien ein Gesuch um einen Beitrag hierzu.
Demselben wurde auzch Folge gegeben, indem der Stadtmagistrat mit 8 gegen
1 Stimme und die Gemeindebevollmächtigten einstimmig einen Zuschuss von
4.000 Mark bewilligten. Selbstredend hat dieses humane Verhalten der
Stadtverwaltung in hiesiger israelitischer Gemeinde große Befriedigung
hervorgerufen. Wir glauben einen solchen Akt in gegenwärtiger Zeit veröffentlichen
und zur Nachahmung empfehlen zu müssen. Unserm Herrn Vorstand Herrn A.
Hamburger sei aber auch an dieser Stelle hiermit der Danke der Gemeinde
ausgesprochen, denn sein Amt in der städtischen Verwaltung, in der man
seine Fähigkeiten zu schätzen weiß, hat wohl zu dem erwähnten
Beschlusse nicht unwesentlich beigetragen." |
Neubau des Rabbinatsgebäudes (1899)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1899: "Aschaffenburg,
21. August (1898). Nachdem vor nunmehr fünf Jahren eine neue Synagoge dahier in maurischem Stile erbaut wurde, ist jetzt neben derselben an
Stelle des alten Rabbinatsgebäudes ein prachtvoller Neubau erstanden. Im
Parterre-Raume desselben befinden sich die Religionsschule, ein großer
Versammlungssaal für die Gemeinde mit sich daran anschließenden
Beratungssaale für die Administration und das aufs komfortabelste
eingerichtete Frauenbad. Wie seinerzeit in diesen Blättern berichtet
wurde, hat die hiesige politische Gemeinde zu diesem Neubau den beträchtlichen
Zuschuss von 4.000 Mark gewährt. Die Kultusgemeinde, an der Spitze ihr
verdienstvoller Vorstand und Stadtverordneter Herr A. Hamburger hat daher
auch alles aufgeboten, das Rabbinatsgebäude zu einer Zierde der Stadt zu
gestalten und ruft dasselbe im Zusammenhange mit der Synagoge allgemeine
Bewunderung hervor. Dementsprechend ist auch die im ersten Stocke sich
befindliche geräumige Rabbinatswohnung ausgestattet und bietet dieselbe
ein herrliches Heim für den Distriktsrabbiner Dr. Wachenheimer. Die
Einfriedigung der Synagoge und des Rabbinatsgebäudes sieht ihrer
Vollendung entgegen und werden die
beabsichtigten gärtnerischen Anlagen vor denselben den Gesamteindruck
noch wesentlich heben. In diesen Tagen fand nun die Einweihung des
Rabbinatsgebäudes durch ein Lernen im neuen Gemeindesaal bei zahlreicher
Beteiligung der Gemeindemitglieder statt. Bei dem sich daran
anschließenden Festessen in der Restauration Bing verharrten die Gäste
bei fröhlichster Stimmung bis zu vorgerückter Stunde." |
Beim Novemberpogrom 1938 drangen etwa 30 SA-Leute in die Synagoge ein
und legten Feuer. Ritualien, Teppiche, 15 Torarollen, ein kostbarer
Toraschrein-Vorhang und das Gemeindearchiv (darunter bis 1760 zurückreichende
Akten und Dokumente zur Geschichte der Gemeinde und des Bezirksrabbinates)
gingen in Flammen auf, das Gebäude brannte aus. Die umfangreiche Bibliothek
wurde beschlagnahmt. In dem intakt gebliebenen jüdischen Gemeindehaus konnte
nach der Pogromnacht bis zum Beginn der Deportationen Gottesdienste abgehalten
werden.
Nach 1945 kam das Grundstück der ehemaligen Synagoge in den Besitz
der Stadt Aschaffenburg. Der Synagogenplatz wurde in Wolfsthalplatz umbenannt
(nach dem jüdischen Bankier und Wohltäter Otto Wolfsthal benannt (1872-1942),
der mit sechs Glaubensgenossen vor der Deportation im September 1942 seinem
Leben ein Ende gesetzt hatte. Der Platz wurde 1984 nach Plänen des
Darmstädter Architekten Philipp Economou als Gedenkstätte neu gestaltet; an
der Stelle der Synagoge wurde ein Platanenhain angelegt. Im ehemaligen
jüdischen Gemeindehaus wurde 1984 das Dokumentationszentrum
der Aschaffenburger Juden eingerichtet (Einweihung am 27. Juli 1984). In den Ausstellungsräumen ist auf
26 Schautafeln die über 700 Jahre währende Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aschaffenburgs von ihren Anfängen bis zum Ende der NS-Zeit dargestellt. Daneben
vermitteln einige wenige erhaltene Kultgegenstände, ergänzt durch Filmvorführungen,
Eindruck religiösen Lebens. Durch einen eingebauten Thoraschrein besteht die Möglichkeit,
einen jüdischen Gottesdienst abzuhalten.
Adresse/Standort der 1893 erbauten Synagoge: Wolfsthalplatz (frühere Anschrift Entengasse 11a); das jüdische
Gemeindehaus (mit Dokumentationszentrum) Treibgasse 20.
Fotos
(Quellen: oben links: Bernhard Purin: Die Welt der jüdischen
Postkarten. 2001 S. 55; oben rechts: Encyclopedia of Jewish life s.u. S. 57).
Historische Fotos
(Karte auch eingestellt in der
Website von Frantisek Bányai
www.judaica.cz) |
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Synagoge und jüdisches
Gemeindehaus
um 1900 |
Innenaufnahme
der Synagoge |
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Verschiedene
Außenaufnahmen mit nur noch einer Kuppel der Synagoge; rechts eine
Neujahrskarte aus den 1930er-Jahren mit dem Neujahrswunsch "LeSchanah tovah"
und der Bemerkung: "Synagoge A'burg burnt down by the 'Nazis' Nov. 1938" =
"Synagoge Aschaffenburg - niedergebrannt durch die Nazis November 1938" (aus
der Sammlung von Werner S. Hirsch, eingestellt am 13.9.2018 in der
Facebookgruppe
"JEWS - Jekkes Engaged Worldwide in Social Networking" |
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Der Synagogenplatz / Wolfsthalplatz
in der
Gegenwart |
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Blick über den
Wolfsthalplatz mit dem auf dem ehemaligen Synagogengrundstück
gepflanzten
Platanenhain |
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"Ach töten könnt Ihr,
aber nicht lebendig
machen, wenn es die Liebe nicht tut" -
Hölderlin-Zitat auf Gedenkstein für
die Synagoge |
Gedenkstein für die
deportieren und
ermordeten Juden aus Aschaffenburg |
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Hinweistafel
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Blick auf das
1898-1899 erbaute Rabbinats- und Schulgebäude
der Israelitischen Gemeinde
Aschaffenburg |
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Grabstätte für die in der
Pogromnacht
geschändeten Torarollen auf dem
jüdischen
Friedhof |
Sonderpostkarte vom Juni 1968
zur
Einweihung des Wolfsthalplatzes |
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Gedenken
an die Deportationen auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofes
(Fotos: Stefan Haas) |
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Anlässlich
des Holocaust-Gedenktages 2011 wurden am Aschaffenburger Busbahnhof -
Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes - Tafeln enthüllt "Zum
Gedenken an die in der Zeit des Nationalsozialismus aus Aschaffenburg und
Umgebung verschleppten und ermordeten jüdischen Frauen, Männer und
Kinder." . |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 1998:
60. Gedenktag an den Novemberpogrom
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Artikel
im "Main-Echo" (Ausgabe Aschaffenburg) vom 2. Dezember 1998:
"Symbol für jüdisches Selbstbewusstsein. Aschaffenburger
Synagoge: 1893 eingeweiht, 1938 in der Reichspogromnacht zerstört.
Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit demonstrierte die israelitische
Kultusgemeinde Aschaffenburg mit ihrer 1893 eingeweihten Synagoge.
Imposant und fremdartig erhob sich der im maurisch-orientalischen Stil
errichtete Bau über die Dächer der Innenstadt. Der Aschaffenburger
Synagoge, Symbol der mit der Aufklärung eingeleiteten Emanzipation des
Judentums, blieb das Schicksal der meisten jüdischen Gotteshäuser in
Hitler-Deutschland nicht erspart: In der Reichspogromnacht vom 9. auf den
10. November 1938 brannte sie vollständig aus, ihre Überreste wurden im
Frühjahr 1939 dem Erdboden gleichgemacht. Erinnerungen an die Synagoge
weckten am Montag Abend zwei Vorträge im jüdischen Dokumentationszentrum
am Wolfsthalplatz....".
Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
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Oktober 2009:
25 Jahre Haus Wolfsthalplatz - Museum und
Dokumentationszentrum |
Artikel von Peter Körner im "Main-Echo" vom 23. Oktober 2009 (Artikel
im Main-Netz.de): "Ein Haus überdauert den Holocaust.
Jüdisches Museum: 25 Jahre Haus Wolfsthalplatz - Idee entstand beim ersten Besuch vertriebener Juden.
Aschaffenburg . Am Anfang stand der erste Besuch vertriebener Aschaffenburger Juden in ihrer Heimatstadt im Jahr 1978. Aus der Anregung, in dem einstigen Schul- und Rabbinerwohnhaus am Wolfsthalplatz ein Museum einzurichten, wurde sechs Jahre später nach Sanierung des Gebäudes Wirklichkeit. Inzwischen besteht das Museum seit 25 Jahren.
Wechselvolle Nutzungen.
Am kommenden Sonntag, 11 Uhr, würdigt eine Feierstunde im Zunftsaal des Schlosses die bisherige Arbeit der Einrichtung. Die Erinnerung an Werden und Wirken des Museums ergänzt die Eröffnung einer Ausstellung im Haus Wolfsthalplatz. Sie zeigt Genisa-Funde aus Unterfranken (dazu Kasten
'Hintergrund'). Das Haus am Wolfsthalplatz war von der Zerstörung der benachbarten Synagoge in der Reichpogromnacht verschont geblieben und hatte seither wechselvolle Nutzungen erlebt. Bis April 1978 war hier ein selbstverwaltetes Jugendhaus eingerichtet, dann wurde es Baubüro zum Errichten der Sparkasse und daneben - skurril genug - ein islamischer Gebetsraum, wohl einer von wenigen in der Welt, deren Außenseite ein Davidstern zierte.
Kastenhain und Brunnen.
Es dauerte einige Zeit und einige weitere Einladungen, es bedurfte darüber hinaus eines städtebaulichen Wettbewerbs zur Verbesserung des Wolfsthalplatzes, bis das Museum im Sommer 1984 eröffnet werden konnte - damals unter dem Namen
'Dokumentationszentrum'. Der Platz war vier Jahre später fertig, noch einmal vier Jahre dauerte es, bis der Brunnen mit der Plastik
'Zeitwagen' sprudelte. Mit den Gebäuden der Umgebung, vor allem der Sparkasse des Architekten Alexander von Branca, und dem etwa dem Grundriss der Synagoge folgenden Kastenhain aus Platanen wird das Ergebnis allgemein zu den gelungenen Plätzen der Stadt gezählt. Seine Funktion ist die eines ruhigen Rückzugsraums inmitten der Hektik des Stadtzentrums. Dies steht im Einklang mit seiner Geschichte.
Mit der Einrichtung des Museums zählte Aschaffenburg zu den frühen Bemühungen, sich der Vergangenheit zu stellen, noch vor Projekten wie den Jüdischen Museen von Frankfurt oder Berlin. Bereits 1978 war beklagt worden, dass zwar überregionale Publikationen zur Verfolgung unter dem nationalsozialistischen Regime, lokal und regional aber keine Informationen vorlägen. 1979 förderte die kontrovers diskutierte TV-Serie
'Holocaust' das Interesse am Thema.
Forschen vom Punkt Null.
Eine 1982 zur Vorbereitung der Ausstellung eingesetzte Arbeitsgruppe musste weitgehend am Punkt Null beginnen. Gleichwohl ist es gelungen, Materialien zur Emanzipationszeit im 19. Jahrhundert, baulichen Zeugnissen, den inneren Verhältnissen der jüdischen Gemeinde, der weitgehenden Integration und der zunehmenden Verfolgung seit 1933 sowie zu Vertreibung und Vernichtung zusammenzutragen. Mit dieser Ausstellung informiert das Haus Wolfsthalplatz bis heute an zwei Öffnungszeiten in der Woche, periodischen Öffnungen an Sonntag und an vereinbarten Terminen jährlich rund 4000 Besucher.
Einsatz für Toleranz.
Das Museum am Wolfsthalplatz ist Kristallisationspunkt für Aktionen, mit denen der Förderkreis Haus Wolfsthalplatz zu weiteren Forschungen und zum Einsatz für Toleranz beiträgt. Dabei geht der 1985 gegründete Verein über die jährlichen Gedenkfeiern auf dem Platz hinaus. Sie sind seit einigen Jahren mit Vorträgen zu Aspekten der Erinnerungskultur verbunden.
Am bevorstehenden 9. November spricht Dr. Werner Konitzer vom Fritz-Bauer-Institut Frankfurt über dieses Datum als Erinnerungstag der Deutschen. Der Verein hat sich unter anderem in den bundesweiten Aktionen
'Gesicht zeigen' und 'Stolpersteine', im Protest gegen Neo-Nazi-Aufmärsche in Aschaffenburg sowie in der Aufarbeitung lokaler Kriegsendzeitverbrechen, engagiert." |
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Oktober/November
2009: Ausstellung "Auschwitz und
ich" im Lichthof des Aschaffenburger Rathauses
(Artikel wurde von Fred G. Rausch zur Verfügung
gestellt) |
Artikel
im "Lohrer Echo" vom 29. Oktober 2009: "Damit es nie
wieder geschieht. Ausstellung: Bündnis gegen Rechts zeigt Ausstellung
'Auschwitz und ich' im Lichthof des Aschaffenburger
Rathauses.
Aschaffenburg/Miltenberg. Kleiderberge, trostlose Baracken, ein Haufen
altes Besteck: Im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz sind die Spuren
der Vernichtung noch immer zu sehen. Eindrücke von diesem Schrecken
vermittelt derzeit eine Ausstellung 'Auschwitz und ich', die das Bündnis
gegen Rechts (BGR) Aschaffenburg-Miltenberg und die Aktionsgemeinschaft
für Arbeitnehmerfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche (Afa)
gemeinsam zeigen...".
Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
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Dezember 2009:
Kulturpreis 2010 für den "Förderkreis Haus
Wolfsthalplatz" |
Artikel im "Main-Netz" von 10.
Dezember 2009:
"Kulturpreis für Arbeit gegen das Vergessen. Stiftungsbeirat: Vorschlag
nennt Verein Wolfsthalplatz
Aschaffenburg Der Kulturpreis 2010 der Stadt Aschaffenburg soll an den
'Förderkreis Haus Wolfsthalplatz' gehen. Dafür hat sich der Beirat der Stiftung Kulturpreis am Mittwoch ausgesprochen. Ihm gehören an Oberbürgermeister Klaus Herzog, Bürgermeister Werner Elsässer, sechs Mitglieder des Stadtrats und die Leiter der kulturellen Institutionen der Stadt. Der mit 5000 Euro dotierte Preis wird seit 1996 verliehen.
Der Verein 'Haus Wolfsthalplatz' besteht seit 1985 und feiert im nächsten Jahr 25-jähriges Bestehen. Er trug seit 1993 zu mehreren Publikationen bei, sorgte für die Dokumentation der beiden Aschaffenburger Judenfriedhöfe in sowie des Friedhofs Hörstein. Darüber hinaus arbeitet er seit Jahren an einer aufwendigen Datenbank zu den Juden am Untermain. Sie wird Ende Januar 2010 vorgestellt und dann im Internet zugänglich sein. Seit 1995 organisiert der Verein jährlich die Gedenkfeiern zur Pogromnacht auf dem Wolfsthalplatz, seit 1999 finden unter seiner Regie jährlich Lehrerfortbildungen zu Themen wie Judentum, Verfolgung, NS-System, Zwangsarbeit oder Gedenkkultur statt. Die Verlegung der Stolpersteine zur Erinnerung an in Aschaffenburg lebende Juden und andere Verfolgte wurde von Förderkreis
'Haus Wolfsthalplatz' angestoßen und unterstützt.
Der Verein, so die Begründung, habe vorbildlich für die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte in Aschaffenburg, das Gedenken an die Verfolgung der Juden der Stadt und die Besuche früherer jüdischer Bürger und deren Betreuung eingesetzt. Ihm sei es wesentlich zu verdanken, dass die Erinnerungsarbeit an die Verfolgung von Juden und anderer Minderheiten während der Nazizeit in Aschaffenburg beispielgebend geworden sei. red." |
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Januar 2010:
Datenbank "Juden in Unterfranken" geht
online |
Pressemitteilung vom 31. Januar 2010,
übernommen aus primavera24.de (Artikel):
"Jüdische Datenbank geht in Aschaffenburg online
In Aschaffenburg wird am Vormittag die historische Datenbank "Juden in Unterfranken" der Öffentlichkeit übergeben.
ASCHAFFENBURG. Entwickelt wurde diese Datenbank vom Förderkreis Haus Wolfsthalplatz und der Stadt Aschaffenburg. Die Datenbank dokumentiert jüdische Friedhöfe am Untermain und kombiniert sie mit einem biografischen Handbuch. Ab heute können so Fotos, Lebensdaten oder Angaben zu Auswanderung und Deportation im Internet abgerufen werden.
Digitales Gedächtnis. Laut Dr. Josef Pechtl, Vorsitzender des Förderkreises Haus Wolfsthalplatz soll damit ein "öffentliches und digitiales Gedächtnis" geschaffen werden: "Es sind dort Informationen zu den jüdischen Friedhöfen und zu den Menschen, die hier einst lebten und wirkten, zusammengetragen und miteinander kombiniert. Sie werden nun ins Internet gestellt und sind dann für alle, die sich dafür interessieren, für Angehörige in aller Welt, für Historiker und solche, die einfach nur Interesse an ihrer Heimat haben, frei zugänglich - dazu die herzliche Einladung."
Verein engagiert sich seit 25 Jahren. Der Verein "Förderkreis Haus Wolfsthalplatz" wurde 1985 gegründet und feiert im nächsten Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Seit 1995 organisiert der Verein jährlich die Gedenkfeiern zur Pogromnacht auf dem Wolfsthalplatz, seit 1999 finden unter seiner Regie jährlich Lehrerfortbildungen zu Themen wie Judentum, Verfolgung, NS-System, Zwangsarbeit oder Gedenkkultur statt. Für seine Arbeit bekam der Verein den Kulturpreis 2010 der Stadt Aschaffenburg verliehen." |
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Januar 2010:
Realschule in Aschaffenburg wird nach Ruth Weiss
benannt |
Artikel im "Main-Netz" vom 28. Januar 2010 (pf) (Artikel):
"Realschule erhält Namen Ruth Weiss - Anerkennung: Initiative der gesamten Schulfamilie
Aschaffenburg Einstimmig hat der Kultur- und Schulsenat des Stadtrats am Dienstag den Weg freigemacht: Die staatliche Realschule für Mädchen soll einen Namen bekommen - Ruth Weiss. Das entspricht einem gemeinsamen Wunsch des Lehrerkollegiums, des Elternbeirats und der Schülervertretung. Jetzt steht nur noch die Genehmigung des Kultusministeriums aus.
Ruth Weiss wurde 1924 als Kind jüdischer Eltern in Fürth geboren. 1936 emigrierte sie mit ihrer Familie nach Südafrika. Sie setzte sich als Journalistin ab 1960 besonders gegen die Apartheid ein. 1966 erhielt sie nach einem beruflichen Aufenthalt in Südrhodesien (heute Zimbabwe) Einreiseverbot. Ende der 60er Jahre musste sie auch Rhodesien verlassen. Sie arbeitete in London, Köln, dann wieder in Sambia und Zimbabwe. Heute lebt sie in Deutschland.
2005 wurde Ruth Weiss für den Friedensnobelpreis nominiert. Sie veröffentlichte Sachbücher über die Probleme Südafrikas, Romane und Jugendbücher, die über Unrecht und Gewalt aufklären und zu Toleranz und Frieden aufrufen. Das Buch
'Meine Schwester Sara' war 2006/07 die Prüfungslektüre der Realschulen in Baden-Württemberg.
Beziehung zu Aschaffenburg
Bürgermeister Werner Elsässer erläuterte die Beziehung zwischen Ruth Weiss und Aschaffenburg. Die Familie ihres Vaters stammte aus einem Spessartdorf, ihrem Onkel Mathias Löwenthal gehörte das Kaufhaus Löwenthal in der Herstallstraße. Bis zu ihrem fünften Lebensjahr war sie daher häufig zu Besuch in der Stadt.
Der Kontakt zur Mädchenrealschule besteht seit 1998, zweimal war sie seitdem dort zu Lesungen und Diskussionen. Sie unterstützt Schul- und Hilfsprojekte der Mädchen für Afrika, ihre Bücher sind Unterrichtslektüre an der künftigen Ruth-Weiss-Schule.
Erstmals wird damit in Aschaffenburg eine Schule nach einer lebenden Persönlichkeit benannt. Oberbürgermeister Klaus Herzog würdige den Vorstoß der Schulfamilie als
'wunderbares Projekt''." |
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Februar 2017:
Schüler erarbeiten Biografien für
die Aschaffenburger Stolperstein-App
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Artikel von Miriam Schnurr im "Main-Echo"
vom 3. Februar 2017: "'Das größte dezentrale Mahnmal'. Geschichte: 18
Biografien für die Aschaffenburger Stolperstein-App sind fertig - Projekt
von Dalberg-Schülern
Aschaffenburg. Hans Georg Lewald war erst sieben Jahre alt, als er im
April 1942 mit seinen Eltern Siegfried und Käthe in das polnische Krasnystaw
deportiert und schließlich ermordet wurde. Zuvor hatte die Familie in der
Aschaffenburger Bustellistraße gewohnt - 32 Jahre. Siegfried Lewalds Vater
Salomon, seine Mutter Jette und die Schwester Rosa waren 1910 von Homburg am
Main nach Aschaffenburg gezogen. Siegfried Lewald wurde, wie sein Vater,
Kaufmann und handelte mit Eisenwaren. Er heiratete 1931. Seine Tochter
Roselore ging auf die jüdische Volksschule in Aschaffenburg und konnte
später nach England reisen - ihr Bruder und ihre Eltern sind dem Holocaust
zum Opfer gefallen.
Per GPS zum Stein. In der Bustellistraße 10 erinnern drei Stolpersteine
an ihr Schicksal. Um die Geschichte von Familie Lewald und weiteren Opfern
öffentlich zu machen, haben Schüler des Aschaffenburger Dalberg-Gymnasiums
eine App, ein Mini-Programm fürs Handy, entwickelt, die den Nutzer mit Hilfe
des Navigationssystems GPS den Weg zum jeweiligen Stein weist. Die
gespeicherten Informationen können jederzeit online abgerufen werden. Jetzt
sind die ersten 18 Biografien fertig, jeder Schüler des P-Seminars von
Lehrer Carsten Seidel hat sich mit der Geschichte eines Menschen
beschäftigt. So hat Niklas Paulson viel über Christina Bronne erfahren: Sie
wohnte erst in der Goldbacher Straße, zog dann mehrmals um und lebte zuletzt
bei Familie Wolfsthal. 'Die Familie hat einen Tag vor ihrer Deportation
Selbstmord begangen, aber Christina Bronne hat die Hoffnung bewahrt', weiß
Niklas. Doch Bronne wurde am nächsten Tag von Würzburg zunächst nach
Theresienstadt verschleppt, dann weiter nach Treblinka. Der Zug kam am 29.
September 1942 an - wahrscheinlich wurde Christina Bronne direkt nach der
Ankunft getötet.
Im Stadtarchiv recherchiert. Um solche Details herauszufinden, haben
die Teilnehmer des P-Seminars im vergangenen Schuljahr einmal die Woche im
Stadt- und Stiftsarchiv recherchiert, eingewiesen, wurden sie von
App-Entwickler Oded Zingher, der aus Israel stammt. Er hat den Kontakt zum
Rabin-Gymnasium in Kfar Saba bei Tel Aviv durch seine Cousine, Lehrerin
Varda Paz, hergestellt. Die Dalberg-Schüler haben eng mit israelischen
Schülern zusammengearbeitet: Die jungen Israeli sprachen vor Ort mit
Holocaust-Überlebenden und die übersetzten die Biografien ins Hebräische. Im
Juli vergangenen Jahres waren die Schüler aus Kfar Saba zu Gast in
Aschaffenburg, im Oktober erfolgte der Gegenbesuch. Für Niklas Paulson und
seine Mitschüler ist ihr Teil des Projekts nun abgeschlossen, weitere
Biografien sollen folgen. 'Hundert sind geplant', sagt Lehrer Carsten
Seidel. 'Das bietet noch Stoff für neun oder zehn P-Seminare.' Für die
Schüler tragen die Stolpersteine einen großen Teil dazu bei, die Geschichte
und die Schicksale der Opfer nicht zu vergessen. 'Die Steine sind ja quasi
das größte dezentrale Mahnmal', sagt Niklas Paulson. 'Jeder einzelne Stein
steht symbolisch für die Gesamtzahl der Opfer.'"
Link zum Artikel |
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März 2019:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Aschaffenburg |
Artikel
von in br.de (Website des Bayerischen Rundfunks) vom 17. März 2019: "Schüler
verlegen Stolpersteine in Aschaffenburg
Zum Gedenken an Opfer des nationalsozialistischen Terror-Regimes haben am
Samstag in Aschaffenburg 16 neue "Stolpersteine' verlegt. Erstmals waren bei
dieser Aktion Schüler aus Israel mit dabei.
Foto links: 'Stolperstein' für Karl Sternheimer in der Herstallstraße
12 aus Wikimedia Commons.
Schüler des Aschaffenburger Dalberg Gymnasiums haben gemeinsam mit den
Schülern aus Israel eine App entwickelt, mit der die Nutzer bei einem
Rundgang durch die Stadt mehr über das Schicksal der Menschen 'hinter den
Steinen' erfahren können. Die Schüler haben diesmal schon vor der Verlegung
Biografien recherchiert und in die App eingepflegt. In Aschaffenburg gibt es
bereits mehr als 100 Stolpersteine.
Hier werden die Stolpersteine verlegt. Am Samstag wurden die 16 neuen
Stolpersteine an drei Stellen in der Aschaffenburger Innenstadt verlegt,
genau vor den Häusern, in denen die Verschleppten und Ermordeten zuletzt
gelebt haben. Die Verlegungen begannen vor dem Haus Herstallstraße 12, wo
vier Steine für Rosa und David Löbenberg sowie Elsa und Karl Sternheimer
verlegt wurden, die 1940 beziehungsweise 1942 von hier aus deportiert
wurden. Weitere Steine wurden in der Herstallstraße 30 und 32, sowie in der
Elisenstraße 16 verlegt. Bei der Stolpersteinverlegung war auch Bayerns
Antisemitismus- Beauftragter, Ludwig Spaenle, anwesend."
Link zum Artikel Siehe auch Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Aschaffenburg
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Oktober 2019:
Von den Schwierigkeiten, 2019 im
Bereich Aschaffenburg als jüdische Personen zu leben
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Artikel im "Main-Echo" vom 18. Oktober 2019:
"Jüdischer Alltag in Aschaffenburg: "Unsere Hochzeit verlief unter
Polizeischutz". Antisemitismus und Rassismus
Nicht erst seit dem Anschlag in Halle begleiten Sicherheitsvorkehrungen den
Alltag jüdischer Familien im Raum Aschaffenburg. "Unsere Hochzeit verlief
unter Polizeischutz", sagt die Referentin der Organisation "Rent a Jew" (RaJ)
im Gespräch mit der Redaktion.
'Rent a Jew' ist eine bundesweite Initiative, die Referenten in Schulklassen
und andere Einrichtungen entsendet, um über das Judentum zu informieren. Aus
Sicherheits- und persönlichen Gründen bittet die Frau, die mit ihrer Familie
im Raum Aschaffenburg lebt, allerdings darum, weder biografische noch
berufliche Details zu erwähnen. Wie viele Juden in Stadt und Kreis
Aschaffenburg leben, können weder die 'Rent a Jew'-Referentin noch die Stadt
Aschaffenburg sagen. 'Wir haben leider keine Zahlen', bedauert Clara
Leibfried vom Bildungsbüro der Stadt. Die RaJ-Referentin ergänzt: Bei
200.000 Menschen, die sich in Deutschland als jüdisch empfinden, sei es
wenig wahrscheinlich, dass man außerhalb einer Großstadt einem Juden auf der
Straße begegne.
150 Kilometer zur Synagoge. Gläubige Juden, so erläutert die
RaJ-Referentin, praktizierten ihre Religion in einer Gemeinde ihrer Wahl:
Die nächsten Synagogen sind in Würzburg, Offenbach, Frankfurt und Darmstadt.
Ihre Familie habe sich eine liberale jüdische Gemeinde in Nordhessen
ausgesucht, rund 150 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Dort gehöre sie
auch zum Vorstand. Sie und ihr ebenfalls jüdischer Ehemann möchten ihre
beiden Kinder im jüdischen Glauben erziehen. 'Auch wenn das im ländlichen
Umfeld nicht so leicht ist.' Mindestens zweimal im Monat nimmt die Familie
die eineinhalbstündige Fahrt zur Synagoge auf sich. In Monaten mit vielen
jüdischen Feiertagen entsprechend häufiger. In ihrem Heimatort achtet die
Familie indes darauf, ihren Glauben nicht allzu sehr nach außen kenntlich zu
machen - aus Sicherheitsgründen. Zwar wissen Freunde, Bekannte sowie der
Kindergarten und die Schule ihrer Kinder Bescheid. 'Doch wir würden unsere
Söhne nicht mit der Kippa auf die Straße lassen.' Die Kopfbedeckung
männlicher Juden nehme sie ihren Kindern nach dem Synagogenbesuch ab.
Man weiß nie, wer gerade an der Tür vorbeigeht. Auch vermeidet die
Familie es, die Mesusa - eine kleine Schriftrolle mit den Schriftworten Mose
in einer Kapsel - an der äußeren Türpforte zu befestigen, wo sie eigentlich
hingehört. 'Die hängt bei uns innen an der Tür.' Und der Chanukka-Leuchter
wird im Winter nicht ins Vorderfenster gestellt, sondern zum Garten hinaus.
'Man weiß nie, wer gerade an der Tür vorbeigeht.', begründet die Jüdin die
Vorsichtsmaßnahme. Antisemitischer Hetze im Internet wolle sie sich gar
nicht erst aussetzen. 'Die Facebook-Seite unserer Gemeinde erlaubt keine
Kommentare. '
Die Synagogenbesuche seien stets polizeilich gesichert. 'Mein Mann ist mit
Polizeischutz aufgewachsen.' Sie selbst habe die Vorsichtsmaßnahmen rund um
den jüdischen Alltag erst als Erwachsene kennengelernt. 'Ich bin in einem
Umfeld aufgewachsen, in dem Religion keine große Rolle gespielt hat, und
habe mich erst als Erwachsene für den religiösen Teil entschieden.'
Um die jüdischen Feiertagen feiern zu können, nehme sie Urlaub. Christliche
Festtage begehe sie nicht. Anstatt Weihnachten feiere ihre Familie Chanukka,
das achttägige jüdische Lichterfest. Ihre Kollegen wissen Bescheid. Ihren
jüdischen Glauben signalisiere sie mit einem Davidstern. 'Aber ich laufe
nicht herum und erzähle allen: Ich bin jüdisch.'
Die Vorstellungen von kulturellem jüdischen Leben seien mit Klischees
besetzt, erlebe sie immer wieder. 'Wir hören nicht alle Klezmer-Musik.' Es
gebe Veranstaltungen wie das jüdische Filmfest in Frankfurt oder jüdischen
Hip-Hopper. 'Jüdische Kultur ist vielfältig.' Ein gesellschaftlicher
Antisemitismus sei da. Signale dafür erlebt die RaJ-Referentin bei
Veranstaltungen und im Alltag. 'Man trifft immer mal wieder auf Personen,
die uns eher feindlich gegenüberstehen', bedauert sie. Dies sei durch die
AfD stärker spürbar geworden. 'Man traut sich wieder mehr.' Verbale Angriffe
haben zugenommen und sind schärfer geworden. Welche es sind, möchte sie
nicht wiederholen. Das Gesagte setze sich unabhängig vom Wahrheitsgehalt in
den Köpfen fest. Doch wie leben Juden, die ihren Glauben nicht praktizieren?
Der 55-jährige Aschaffenburger, der vor 30 Jahren aus Tel Aviv nach
Deutschland zog und hier eine Familie gegründet hat, möchte ebenfalls nicht
namentlich genannt werden. Vor wenigen Tagen sei er von einem Besuch aus
Israel zurückgekehrt, wo das Versöhnungsfest Jom Kippur gefeiert wurde. Dort
habe er auch die Synagoge besucht. Der höchste jüdische Feiertag sei ein
schöner Tag in Israel, sagt er. 'Schon allein, weil keine Autos fahren.'
In Deutschland sei ein spontaner Synagogenbesuch auch für ihn als Juden
schwierig. In Frankfurt habe er dies schon mehrfach versucht. Aus
Sicherheitsgründen habe man ihn nicht reingelassen. 'Man muss sich vorher
anmelden.' Was er tue: Regelmäßig nehme er an Gedenkveranstaltungen zur
Pogromnacht teil. In der Region gibt es Initiativen, die Jugendlichen
jüdisches Leben näherbringen möchten: Das Aschaffenburger Dalberg-Gymnasium
pflegt eine Partnerschaft mit einer israelischen Partnerschule. Alzenaus
Bürgermeister Alexander Legler (CSU) sagte 2018, dass er sich eine
Partnerschaft Alzenauer Schulen mit Israel wünsche. Auch viele kleinere
Gemeinden engagieren sich. Und die Polizei? 'Nach Halle haben wir unser
Schutzmaßnahmen bei jüdischen Einrichtungen den veränderten Verhältnissen
angepasst und erhöht', betont die Pressestelle der Unterfränkischen Polizei
in Würzburg."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 25-26; III,1 S. 30-33. |
| Salomon Bamberger:
Historische Berichte über die Juden der Stadt und des ehemaligen Fürstentums
Aschaffenburg, Straßburg/Elsass 1900. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 254-260. |
| Peter Körner: Der Novemberpogrom 1938 in Aschaffenburg. In: Mitteilungen
aus dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 5/1988 S. 170ff. |
| ders.: Biographisches Handbuch der Juden in Stadt- und Altkreis
Aschaffenburg (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg 39). 1993. |
| Carsten Pollnick:
Die Entwicklung des Nationalsozialismus und Antisemitismus in Aschaffenburg
1919-1933 (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg 23). Aschaffenburg 1984. |
| Renate Welsch: Vergangenheit bewältigen
- Zukunft gestalten. Basisarbeit für eine Dokumentation zum Schicksal der
ehemaligen Aschaffenburger Juden wurde im Stadt- und Stiftsarchiv geleistet.
In: Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 3/1984 S.
76-84. |
| zu Rabbiner Dr. Fritz Elieser Bloch siehe: Paul Sauer/Sonja Hosseinzadeh:
Jüdisches Leben im Wandel der Zeit. 170 Jahre Israelit.
Religionsgemeinschaft. 50 Jahre neue Synagoge in Stuttgart. Gerlingen 2002.
S. 275-279. |
| Stadt Aschaffenburg (Hg.): Vergangen, nicht vergessen - Sieben Jahrhunderte jüdische Gemeinde
in Aschaffenburg. Wegweiser durch das Dokumentationszentrum Wolfsthalplatz.
Aschaffenburg 1984.
|
| Judith Schwarzenberg": "Vergeßt uns
nicht" - Neugestalteter Wolfsthalplatz in Aschaffenburg. In. Allgemeine
jüdische Wochenzeitung vom 25.7.1986 S. 8.
|
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband
III: Unterfranken, Teil 1.
Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg.
von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff
in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu (mit umfassenden Quellen- und
Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite
von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Aschaffenburg S. 9-54.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Aschaffenburg. Jews may
have been present as early as the mid-12th cent. An organized community with a
synagogue existed in the mid-14th cent. The community was nearly destroyed in
the Armleder massacres (1336-39) and the Black Death persecutions 1348-49.
Subsequently the Jews lived under the protection of the Archbishop of Mainz. In
1457, the Jews were forced to wear special clothes and confined to a Jewish
quarter.
New regulations in the late 17th century limited Jewish residence to 13 families
but also enabled them to expand their trade to include old and new clothes in
addition to cattle and horses and to build a synagogue (1696). In the 1704-1810
period the community hosted 15 regional Judenlandtag meetings. In 1811
all restrictions on Jews were lifted. The community grew from 200 in 1837 to a
peak of 670 in 1910 (total 29,892). The community's rabbi from 1909 to 1932 was
Raphael Breuer.
In 1933 the Jewish population was 591, subsequently augmented by new arrivals.
The community operated numerous charities and branches of the Zionist Organization and the Central Union (C.V.). In the Nazi period, the Jewish
Cultural Association (Juedischer Kulturbund) became active, organizing
lecvtures, performances, and foreign language courses. Anti-Jewish agitation was
severe from the outset. Jewish clothing manufacturers and salesmen were
boycotted and a number of Jewish businesses were "Aryanized". On Kristallnacht
(9-10 November 1938), 20-30 Jews were sent to the Dachau concentration camp, the
synagogue was burned down along with 15 Torah schrolls, and Jewish stores were
looted. In the 1933-41 period, 300 Jews emigrated, half in 1938-39, including
149 to the U.S., 42 to England, and 29 to Palestine. Another 121 left for other
German cities, 73 of them for Frankfurt. Of the Jews remaining in 1942, 128 were
sent to Wuerzburg on 23 April and two days later deported to Izbica in the
Lublin district of Poland; 42 were sent to Wuerzburg on 6 September and deported
to the Theresienstadt ghetto on 10 September as was the last group of 16 on
22-23 September 1942.
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