Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
Zurück zur allgemeinen Übersicht der Friedhöfe
Zur Übersicht über die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land und in Ostfriesland
Harpstedt (Landkreis
Oldenburg, Niedersachsen)
Jüdischer Friedhof
(die Seite wurde erstellt von Martin J. Schmid,
Oldenburg)
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Harpstedt (noch nicht
erstellt)
Zur Geschichte des Friedhofes
Die Gemeinde Harpstedt gehörte bis 1945 zum Landkreis
Grafschaft Hoya und wurde erst später dem Regierungsbezirk Weser-Ems
zugeordnet. Es liegt also "erst" seit nach dem II. Weltkrieg auf
oldenburgischem Gebiet und soll deshalb auch hier behandelt werden.
Bis zur Errichtung des Friedhofs in Harpstedt wurden die dortigen jüdischen
Bewohner auf dem Friedhof in Wildeshausen
bestattet. Nach Wildeshausen bestanden vielfältige verwandtschaftliche
Beziehungen. Es sind noch heute Steine von ehemaligen jüdischen Bürgern aus
Harpstedt erhalten geblieben. Der älteste noch identifizierbare Grabstein eines
Harpstedter Juden datiert aus dem Jahr 1800.
Der heute nur rund 10 km von Harpstedt und seit 1707 bestehende Friedhof in Wildeshausen
war damals wohl nur beschwerlich zu erreichen und brachte auch
verwaltungsmäßige Beschwerlichkeiten mit sich. So mussten sich die Teilnehmer
einer Trauerfeier eines Kindes zur Beisetzung in Wildeshausen im Jahr 1711
Passierscheine ausstellen lassen. In den Akten des Amtes Wildeshausen liegt
heute noch eine genaue Beschreibung der Teilnehmer dieser Trauergemeinde. So
heißt es dort:
1. Jacob Goldschmidt, 32 Jahre alt, mittlerer Statur, schwartzer Haare, und
mit seinem braunen Rock, daran zinnerne Knöpfe, gekleidet;
2. seine Frau Hendelken, kurtzer Statur, 32 Jahre alt, braun
gekleidet;
3. ihr Bruder Levi Meyer, mittler Taille, 34 Jahre alt, schwartzer Haare, mit
seinem hellgrauen Rock bekleidet;
4. den Schutzjuden Schulmeister Bendix, 20 Jahre alt, geschlancken Leibes,
rohter Haare, seinen schwartzen Rock tragend;
5. sein Knecht Heidemann, 18 Jahre alt, mittelmäßiger Länge, brauer Haare,
einen braunen Rock anhabend.
Westlich des Fleckens Harpstedt erwarb im Jahre 1907 der Jude Iwan Goldschmidt
ein ca. 600 qm großes Grundstück. Zwischen 1910 und 1937 fanden hier insgesamt
nur acht Beerdigungen statt.
Riekchen Rossbach geb. Meyer, geb. 4. Februar 1841, gest. 12. Mai
1910
Betty Meyer, geb. 20. November 1836, gest. 12. März 1912
Kaufmann Iwan Goldschmidt, geb. 7. August 1849, gest. 4. April
1914
Abraham Rossbach, geb. 7. Oktober 1843, gest. 1. März 1917
Moritz Goldschmidt, geb. 5. Juni 1841, gest. 20. Juli 1928
Bertha Goldschmidt, geb. 2. September 1848, gest. 18. Juni 1934
Iwan Rossbach (ohne weitere Angaben)
Ein Grabstein ohne Inschriftentafel (ohne weitere Angaben).
Im Verlauf des II. Weltkrieges wurden auf dem Friedhof vier osteuropäische
Zwangsarbeiter beigesetzt. Es handelt sich dabei um zwei polnische, einen
jugoslawischen und einen russischen Staatsangehörigen:
Ein unbekanntes polnisches Kind
Stanislaw Kanieki, gest. 1942 (Polnischer Verschleppter)
Sedenkow, gest. 1942 (Russischer Kriegsgefangener)
Zivoki Pajic, gest. 1943 (Jugoslawischer Kriegsgefangener).
Nach 1945: Der Friedhof befand sich bis 1979 in Privatbesitz (bis 1953:
Iwan Goldschmidt) und wurde dann vom Landesverband der jüdischen Gemeinden in
Hannover erworben. 1979 wurde in Zusammenarbeit zwischen der
Bezirksregierung Weser-Ems, der Samtgemeinde Harpstedt und dem Landesverband
eine umfangreiche Instandsetzung durchgeführt. Hierbei wurde auch ein ca. 20
Meter langer Grundstücksstreifen erworben, um das Gelände durch den heutigen
Zugang zu erschließen (siehe unten). Eine erwogene Umbettung der
nicht-jüdischen Kriegstoten wurde aus gesetzlichen und religiösen Gründen
durch den Landesverband
abgelehnt.
Erneute Instandsetzung im Jahr 1993.
Schändungen gab es in den Jahren 1994 und 1999.
Ein Gedenkstein (ca. 140 x 100 cm) mit einer Gedenktafel aus Bronze (69 x
90 cm) wurde am Eingang des Friedhofes aufgestellt. Hierauf sind alle
Harpstedter Juden verzeichnet, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung
wurden (siehe unten).
Es sind 11 Grabsteine erhalten: ältester Grabstein von 1910, jüngster
Grabstein von 1943.
Die Lage des Friedhofes
Wohlder
Weg / Am Judenfriedhof
Link zu den Google-Maps
(der grüne Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)
Größere Kartenansicht
Fotos
(Fotos: Martin J. Schmid, Oldenburg; die Zahlen in eckigen
Klammern beziehen sich auf die Dokumentationen des Friedhofes bei Töllner usw.
s. Lit.)
|
|
|
Wegweiser zum
jüdischen Friedhof |
Blick auf den Eingangsbereich
mit dem Eingangstor |
Überblick über alle
Grabsteine |
|
|
|
|
|
|
Die Gedenktafel
für die "Bürger des
Fleckens Harpstedt, die Opfer der
nationalsozialistischen
Judenverfolgung wurden" |
Grabstein für Riekchen
Rossbach
geb. Meyer (1841-1910) [589]
- Vorder- und Rückseite |
Grabstein für Abraham
Rossbach
(1843-1917) [590]
- Vorder- und Rückseite |
|
|
|
|
|
|
|
|
Grabstein für Betty Meyer
(1836-1912) [591 li.] |
Grabstein für
Bertha Goldschmidt
(1848-1934) und den Kaufmann Iwan
Goldschmidt (1849-1914) [592 li.] |
Grabstein für
Iwan Rossbach [591 re.] |
|
|
|
|
|
|
|
|
Grabstein für Moritz
Goldschmidt
(1841-1928) [592 re.] |
Grabstein für eine
unbekannte
Person (bei Töllner nicht verzeichnet) |
Grabstein für ein
unbekanntes
polnisches Kind [953 li.] |
|
|
|
|
|
|
Grabstein für den
jugoslawischen
Kriegsgefangenen Zivojni Pajic
[953 re.] |
Grabstein für den russischen
Kriegsgefangenen Sedenjow
(gest. 1942) [594 li.] |
Grabstein für den
polnischen
Verschleppten Staniskaw Kanieki
(gest. 1942) [594 re.] |
|
|
|
|
|
|
Die Grabsteine (Findlinge)
für
die Zwangsarbeiter (siehe oben) |
Grabsteine für Abraham
Rossbach und
Betty Meyer (siehe oben) |
|
|
|
|
|
|
|
Einzelne Presseberichte
Frühjahr 1979:
Der Friedhof soll gerichtet werden |
Links:
Artikel von "kos" in der "Nordwestzeitung" vom 24.
November 1978: "Der jüdische Friedhof in Harpstedt wird im
Frühjahr 1979 hergerichtet. Auch letzte Ruhestätte für vier
ausländische Kriegstote.
Harpstedt. Nahe der Wildeshauser Straße in Harpstedt liegt, hinter
einem landwirtschaftlichen Hof, den Blick der Vorbeifahrenden verborgen
mitten in einem dornigen Gestrüpp, ein kleiner Friedhof. 16 Harpstedter
Bürger jüdischen Glaubens und vier 1945 umgekommene ausländische
Kriegstote haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden.... Zum
weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Johannes-Fritz Töllner in Zusammenarbeit mit Wouter J. van
Bekkum, Enno Meyer und Harald Schieckel: Die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land. Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine.
Oldenburg 1983 (= Oldenburger Studien Bd. 25). Zu Harpstedt: S. 588-594.
|
| Hans
Hochgartz: Die Synagoge von Harpstedt. In:
Enno Meyer (Hrsg.): Die Synagogen des Oldenburger Landes. Oldenburg
1988. S. 40. |
| Heinz-Hermann Böttcher: Der jüdische Friedhof in Harpstedt:
Grabstein-Inschriften, Fotos, Literatur u.a. Syke 2003. Enthält auch
selbstgezeichnete Lagepläne von Böttcher (Stand 2003) und von Dr. Michael
Jolles, London (Stand 1996). |
| Dirk Heile: Die Juden in Harpstedt. In: Chronik der Samtgemeinde
Harpstedt. Bd. II. 1667-1950. Wildeshausen 1996. S.
701-717. |
| Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in
Niedersachsen und Bremen (Hrsg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit
mit David Bankier und Daniel Fraenkel). Bd. I Göttingen 2005 S. 801-806 (Abschnitt zu
Harpstedt von Werner Meiners).
Hier
finden sich S. 806 weitere Literaturangaben. |
vorheriger Friedhof zum ersten
Friedhof nächster Friedhof
|