In Heiligenstadt lebten Juden bereits im Mittelalter (erste
Erwähnung 1212 unsicher, 1335 sicher). Ob es zur Bildung einer jüdischen
Gemeinde gekommen ist, ist nicht bekannt. Von der Judenverfolgung in der
Pestzeit 1348/49 waren auch die Juden in Heiligenstadt betroffen.
Überlebende werden 1365 in Erfurt und 1389 in Frankfurt am Main genannt.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es wieder einzelne Juden in der
Stadt (genannt seit 1469). Damals erlaubte der Mainzer Erzbischof den Juden
Heiligenstadts, den "Judenhof" wieder aufzubauen, um dort
Wohnung beziehen zu können (heute Straßenname "Am Jüdenhof", in der
Nähe des alten Marktes). Juden "aus Heiligenstadt" werden 1446 in
Hildesheim, 1497 in Mühlhausen und 1419 in Saarburg genannt.
1574 wurden die Juden aus dem Eichsfeld vertrieben.
Eine erneute Niederlassung war erst um 1800 wieder möglich: 1796 gab der
Erzbischof von Mainz die Zustimmung zur Aufnahme von vier bis fünf jüdischen
Familien im Eichsfeld. Im Jahr darauf bemühten sich Juden aus Göttingen um
eine Niederlassung in Duderstadt oder
Heiligenstadt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1803 sechs jüdische Einwohner, 1818 52, 1850 76, 1871 91, 1882 107, 1912
60 jüdische Einwohner.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war. Nach dem Ersten Weltkrieg unterrichtete Lehrer Levi Katz
auf Grund der schon stark zurückgegangenen Zahl der jüdischen Gemeindeglieder
nur noch zehn Kinder.
Um 1924, als zur Gemeinde 35 Personen gehörten (in acht Familien), waren
die Gemeindevorsteher Ludwig Jesberg und Alexander Löwenthal. Der Repräsentanz
gehörten an: Armin Grunsfeld, Jacob Schwabe, Hermann Ilberg und Max
Oppenheimer. Den Religionsunterricht der jüdischen Kinder erteilte Lehrer Hugo Blumenfeld aus Witzenhausen. 1932
waren die Gemeindevorsteher Alexander Löwenthal (Vorsitzender, Petristraße)
und Alfred Weil (Schriftführer und Schatzmeister, Wilhelmstraße). Vorsteher
der Repräsentanz waren Max Oppenheimer (1. Vors., Wilhelmstraße 2), Armin
Grunsfeld (2. Vors., Wilhelmstraße), Jacob Schwalbe (3. Vorsitzender, Kasseler
Tor). Im Schuljahr 1931/32 gab es nur ein schulpflichtiges jüdisches Kind in
der Gemeinde.
1933 lebten noch 34 jüdische Personen in Heiligenstadt. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Ende Oktober 1938 wurde
die "ostjüdische" Familie Sally Neuwirth an die polnische Grenze
deportiert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet; die
jüdischen Männer wurden in das KZ Buchenwald verschleppt (Hermann Löwenstein,
Alexander Löwenthal, Hans Löwenthal, Julius Meyerstein, Alfred Weil mund Paul
Wertheim). Bis Ende 1941 konnten Heiligenstadt verlassen und in die USA
emigrieren: die Familien Cahn, Haase, Armin Grunsfeld, die Brüder Ewald,
Gerhard und Hans Löwenthal, Minna Khan, Familie Oppenheimer, Regina Schwabe und
ihre Söhne Alfred und Max. Im Dezember 1941 wurde für die noch in der Stadt
lebenden 13 jüdischen Personen das Zechenhaus des Kalischachtes
"Felsenfest" in Hüstedt als "Judenhaus"
hergerichtet. Hierin mussten sich diese Personen bis zur Deportation 1942
aufhalten.
Von den in Heiligenstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Else (Elise) Clahr geb.
Löwenthal (1876), Klara Dub geb. Ilberg (1897), Sophie Finke geb. Strauß
(1859), Martin Frank (1879), Adalbert Grunsfeld (1872), Max Grunsfeld
(1871), Hedwig Helft geb. Schwabe (1882), Hermann Ilberg (1864), Ludwig Ilberg
(1865), Rosa Ilberg (1862, nach ihr wurde eine Straße in Heiligenstadt
benannt), Rosa Karl geb. Strauß (1871), Pauline Kohn geb.
Straus (1862), Max Levy (1873), Mindel (Minna) Levy geb. Winden (1876),
Alexander Löwenthal (1872, nach ihm wurde eine Straße in Heiligenstadt
benannt), Gertrud Löwenthal geb. Fränke (1882), Moritz
Meyers (1894), Julius Meyerstein (1898, nach ihm wurde eine Straße in
Heiligenstadt benannt), Adelie Neuwirth (1915), Cilly (Lilli)
Neuwirth (1911), Lotti Neuwirth (1925), Sally Neuwirth (1888), Zilly Neuwirth
geb. Schwarz (1888), Cäcilie (Cilli) Rosenbaum geb. Herrmann (1873), Elly
Rosenberg geb. Garcia (1909), Albert Schwabe (1880), Paula Schweitzer geb. Stern
(1878) Hedwig Strumpfner geb. Stern (1880), Alfred Weil (1873, nach ihm wurde
eine Straße in Heiligenstadt benannt), Selma Weil geb.
Rothschild (1889), Berta Weinberg geb. Schwabe (181), Heinz Wertheim (1921), Ida
Wertheim geb. Adler (1885), Paul Wertheim (1885, nach ihm wurde eine Straße
in Heiligenstadt benannt), Emilie (Mimi) Wolf geb. Grunsfeld (1867), Johanna (Jana) Ziegelroth geb. Oppenheimer (1864).
Hinweis: die Zuordnung der genannten Personen zu Heiligenstadt (Thüringen)
oder zu Heiligenstadt (Oberfranken) ist
mehrfach unklar. Daher können einige der oben genannten Personen auch im
oberfränkischen Heiligenstadt geboren
sein.
Aus dem Ghetto Theresienstadt kam nach Kriegsende nur Pauline Löwenstein
(1876-1947) zurück. Sie starb in Heiligenstadt 1947.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. September 1901:
"Heiligenstadt. Dienstag starb der Senior der hiesigen
israelitischen Gemeinde, Herr Kaufmann Nathan Gans im Alter von 74 Jahren,
geachtet und beliebt bei allen Mitbürgern. Der Entschlafene bekleidete
während achtundzwanzig Jahren das Amt eines Rendanten der jüdischen
Gemeinde."
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Dezember 1861:
"Für mein Tuch-, Manufaktur- und Modewaren-Geschäft, welches
Sonnabend und Festtage geschlossen ist, suche ich einen Lehrling unter
günstigen Bedingungen.
Heiligenstadt in Provinz Sachsen, den 19. November 1861. Joel
Grunsfeld."
Anzeige des Baumwollen-Fabrikgeschäftes Jos. Grunsfeld
Söhne (1874)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Januar 1874:
"Für unser Baumwollwaren-Fabrikgeschäft suchen wir einen gewandten,
ansehnlichen Reisenden, der mit dieser Branche möglichst vertaut.
Reflektanten, die militärfrei und von tadellosem Ruf sind, wollen ihre
Zeugnisse franco vorlegen.
Heiligenstadt in Thüringen. Jos. Grunsfeld Söhne."
Anzeige des Produkten- und Eisengeschäftes Joseph Grunsfeld (1874)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Januar 1874:
"Ein intelligenter junger Mann aus achtbarer Familie, mit den
entsprechenden Vorkenntnissen und guter Handschrift, findet in dem
unterzeichneten Produkten und Eisengeschäft eine gute Stelle als
Lehrling, die ihm im Hause selbst auch Gelegenheit bietet, sich in den
Sprachen und Wissenschaften fortzubilden. Bedingungen kulant.
Heiligenstadt in Thüringen. Joseph Grunsfeld."
Anzeigen des Tuch- und Modewarengeschäftes von M.
Oppenheim (1859 / 1861 / 1865 /1875)
Anzeige in der "Allgemeinen
Zeitung des Judentums" vom 16. Mai 1859: "Für meine Tuch-
und Manufakturwaren-Handlung suche ich zum sofortigen Antritt einen
Lehrling. Das Geschäft bleibt Sonnabends und an den Feiertagen
geschlossen. Heiligenstadt (Prov. Sachsen), den 12. Mai 1859. M.
Oppenheims Witwe."
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Oktober 1861:
"Annonce. Für meine Tuch- und Modewaren-Handlung wird zum 1.
Januar, spätestens zum 1. April 1862 die Stelle für einen Lehrling
vakant. Sonnabend und Festtage bleibt mein Geschäftslokal
geschlossen.
Heiligenstadt, Provinz Sachsen, Oktober 1861. M. Oppenheim's
Witwe."
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. März 1865:
"Für mein Tuch- und Modewaren-Geschäft suche ich zum sofortigen
Antritt einen Lehrling oder Voluntär. (Sonnabend und Festtage
geschlossen).
Heiligenstadt (Provinz Sachsen), den 1. März 1865. M. Oppenheim's
Witwe."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1875:
"Für mein Tuch- und Modewarengeschäft suche per sofort eine tüchtige
Verkäuferin, welche in dieser Branche schon länger tätig war und
einen Lehrling per 1. Januar dieses Jahres.
Heiligenstadt, Regierungsbezirk Erfurt. M. Oppenheims Witwe."
Anzeige des Tuch-,
Modewaren-, Manufaktur-, Damen-Konfektionsgeschäft M. G. Oppenheimer (1885) Anmerkung: es handelt sich wohl um dasselbe Geschäft wie in der Anzeige von
1875
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. August 1885: "Für mein Tuch-, Modewaren-, Manufaktur-,
Damen-Konfektionsgeschäft, welches Samstage und Feiertage streng
geschlossen ist, suche ich per 1. September dieses Jahres unter günstigen
Bedingungen einen Lehrling mit guter Schulbildung; diejenigen, die
die Berechtigung zum einjährigen Militärdienst haben, erhalten den
Vorzug.
Heiligenstadt, den 19. Juli 1885. M. G. Oppenheimer."
Im 19. Jahrhundert wurden die Gottesdienste der
Gemeinde zunächst in Mieträumen abgehalten. 1870 erwarb die Gemeinde ein Haus
in der Stubenstraße und baute es zur einer Synagoge um. Baumeister Fütterer
plante zunächst ein repräsentatives Aussehen der Vorderfront. Da jedoch von
Seiten der Regierung keine Zuschüsse kamen, konnte der Plan nicht ausgeführt
werden. Die Synagoge wurde 1872/73 erbaut und am 10. September 1873
eingeweiht.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
durch Nationalsozialisten geschändet. Es sollte auch angezündet werden. Das
Feuer wurde jedoch schnell gelöscht, um die in der Nachbarschaft stehenden
Häuser nichtjüdischer Besitzer nicht zu gefährden.
Nach 1945 wurde das Gebäude als Wohnhaus verwendet. Eine Gedenktafel mit
folgender Inschrift wurde am 9. November 1988 angebracht: "Ehemalige
Synagoge. Am 10.9.1837 geweiht. Am 9.11.1938 geschändet. Ehrendes Gedenken den
vom Faschismus vertriebenen und ermordeten Bürgern jüdischen
Glaubens".
Anfang September 2011 wurde das Gebäude überraschend
abgebrochen. Das Grundstück der Synagoge wurde in eine Neubebauung des
Areals einbezogen.
Anfang September
2011 wurde die Synagoge mit der Zustimmung der Unteren
Denkmalsbehörde des Landratsamtes Eichsfeld und der Stadtverwaltung des
Heilbades Heiligenstadt überraschend abgebrochen. Nur die Gedenktafel
blieb erhalten (siehe Presseartikel unten).
August 2010:Beim Abbruch des ehemaligen Kolping-Komplexes
Mainzer Hof wird das Synagogengebäude gesichert
Artikel von Jürgen Backhaus in der "Thüringischen
Landeszeitung" vom 17. August 2010 (Artikel): "Heiligenstadt: Mainzer Hof stützt Synagoge.
In Heiligenstadts Zentrum brechen Bagger Bahn für den seit vielen Jahren avisierten Bau der Stormpassage, in der zahlreiche Geschäfte einziehen und auch Wohnungen entstehen sollen. Der vorige Woche begonnene Abriss des Mainzer Hofes ist in Bezug auf die hinteren Gebäudeteile vonstatten gegangen.
Heiligenstadt. Das Haupthaus vorn in der Stubenstraße bleibt aber vorerst verschont. Es stützt nämlich die alte Synagoge, die rechts freisteht und bei einem vollständigen Abriss des Nachbarhauses vermutlich einstürzen würde.
Nachdem Investor Alfred Wüstefeld vor einem Jahr angekündigt hatte, dass die Fassade der alten Synagoge an Ort und Stelle erhalten bleiben werde, haben sich inzwischen das Landesamt für Denkmalpflege, die Untere Denkmalpflege beim Landkreis, das Bauamt der Stadt Heiligenstadt und der Investor darauf verbindlich geeinigt. Erhalten werden solle die Kubatur des Gebäudes nach den Regeln des Denkmalschutzes in Deutschland, sagte der Stadtbauamtsleiter Philipp Heinrichs. Und das bedeutet, dass nicht nur die Giebelseite mit der Gedenktafel, sondern die ganze Gebäudehülle in originaler Bausubstanz stehen zu bleiben hat.
Bei einem Ortstermin zusammen mit den Denkmalbehörden waren, wie Werner Gabel, Leiter des Bauaufsichtsamtes beim Landkreis, sagte, zum einen statische Maßnahmen festgelegt worden, um weitere Schäden am Synagogengebäude zu verhindern. Um ein Loch im Dach abzudichten, und zur genaueren Begutachtung wurde ein Gerüst vor die Fassade gestellt.
Wie es genau mit der alten Synagoge weitergehe, stehe noch nicht fest, so Gabel. Man wisse aber schon, dass ein stabilisierender Seitenbereich vom Mainzer Hof links an der Synagoge stehen bleibe. Im Einvernehmen mit den Denkmalbehörden habe der Investor eine fachliche Expertise in Auftrag gegeben. Diese solle sich nicht nur auf die Statik des Hauses beziehen, sondern auch auf die Geschichte seiner funktionellen Nutzung.
Voraussichtlich Ende August soll die Expertise vorliegen. Wie deren Ergebnisse dann umgesetzt werden, das würden Obere und Untere Denkmalbehörde und städtisches Bauamt gemeinsam mit dem Investor beraten, so Gabel. Und natürlich werde die Bauaufsicht darauf achten, dass alle Festlegungen auch eingehalten werden."
November
2010: Gedenken zum Jahrestag des
Novemberpogroms 1938
Artikel von Jürgen Backhaus in der "Thüringer Allgemeinen" vom 10. November
2010 (Artikel): "Gedenken an der ehemaligen Heiligenstädter Synagoge.
Die Namen von mehr als 40 Heiligenstädtern, die als Juden zu den Opfern der Nazidiktatur gehörten, wurden Dienstagabend vor der einstigen Synagoge von Vertretern einiger Stadtratsfraktionen verlesen.
Heiligenstadt. Mit der Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht, zu der der Initiativkreis "Jüdisches Erbe in Heiligenstadt" eingeladen hatte, wurde daran erinnert, dass damals auch in Heiligenstadt Hass und Gewalt gegen Mitbürger ausgeübt, ihre Wohnungen und Geschäfte zerstört wurden. Christian Stützer hatte die Namen der Betroffenen zusammengetragen. Auch an der Synagoge in Heiligenstadt war in jener Nacht, die sich nun zum 72. Mal jährte, Feuer gelegt, aber aus Rücksicht auf die Innenstadtbebauung wieder gelöscht worden. Beim Bau der Stormpassage soll die Fassade erhalten bleiben.
Die knapp 100 Teilnehmer des von Renate Dietrich moderierten Gedenkens waren dazu eingeladen worden, Kerzen mitzubringen. Worte des Gedenkens und der Mahnung sprach die Beigeordnete Ute Althaus im Namen der ganzen Stadt. Die Teilnehmer des Gedenkens, so Althaus, fühlten sich verantwortlich, "an die Verbrechen des Nationalsozialismus zu erinnern und gleichzeitig zu mahnen, dass niemand das Recht hat, Menschen wegen ihrer Gesinnung, Anschauung oder Herkunft zu verurteilen". Der Terror gegen die Juden habe schon mit Hitlers Machtantritt begonnen, und der 9. November 1938 sei in die Geschichte eingegangen als der Tag, an dem der Nazi-Staat "seinen kriminellen Charakter geradezu demonstrativ zur Schau stellte". Das Lernen aus der Geschichte, so Ute Althaus, sei gerade für die junge Generation eine Voraussetzung, um auch heutige Gefährdungen der Demokratie zu erkennen.
Eine Gruppe von der Villa Lampe trug mit Klezmer-Musikstücken zum Gedenken bei. Eingespielt wurde zudem das Lied "Die Kinder von Izieu" von Reinhard Mey. Es handelt von den mehr als 40 jüdischen Kindern, deren Eltern bereits deportiert waren und die auf dem Hofgut der Gemeinde Izieu im französischen Rhonetal versteckt wurden. Durch Spitzel erfuhr es der Lyoner Gestapo-Chef Klaus Barbie, ließ sie und ihre sieben Betreuer aus dem Waisenhaus ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau bringen. Nur ein Junge und eine Betreuerin überlebten.
"
November 2010:
Sturmschäden am Synagogengebäude
Artikel in der "Thüringer
Allgemeinen" vom 16. November 2010 (tm) (Artikel):
"Stubenstraße noch diese Woche frei
Nachdem der jüngste Sturm Teile der Westfassade der Synagoge in Heiligenstadt abgeräumt hat, ist man nun dabei, auch den Rest der vorgesetzten Mauer abzubauen. Das teilte Bauamtsleiter Philipp Heinrichs auf Anfrage unserer Zeitung mit. Heiligenstadt. Die Statik des Gebäudes sei davon nicht berührt. Bauaufsicht, Denkmal- und Verkehrsbehörde mussten aber reagieren, weil Gefahr im Verzug war. Weitere Fassadenteile drohten abzufallen. Gleiches galt bereits vor dem Sturm für die Hauptfront. Hier wurden einzelne Stücke entfernt. Noch diese Woche ist die Stubenstraße wieder zu befahren.
"
August
2011: Die ehemalige Synagoge soll abgerissen
werden
Artikel von Jürgen Backhaus in
der "Thüringischen Landeszeitung" vom 30. August 2011 (Artikel):
"Synagoge in Heiligenstadt soll doch abgerissen werden Die einstige Synagoge in der Heiligenstädter Stubenstraße soll beim Bau der seit vielen Jahren geplanten Stormpassage doch abgerissen werden.
Heiligenstadt. Wie Bauamtsleiter Philipp Heinrichs Montagabend im Bauausschuss auf Anfrage des sachkundigen Bürgers Wolfgang Beykirch sagte, hat die Denkmalbehörde nun dem Eigentümer mitgeteilt, dass es genüge, die Gedenktafel zu erhalten und später am Neubau wieder anzubringen. Zuletzt sollte noch die Fassade erhalten bleiben. Wegen mangelnder Statik waren noch Sicherungsarbeiten erfolgt und konnte auch das angrenzende Vorderhaus des Mainzer Hofs nicht abgerissen werden.
Beykirch hatte sich in der gestrigen Ausschusssitzung für den Abriss des Synagogengebäudes ausgesprochen und dafür, neben der Gedenktafel der Synagoge am Neubau auch ein Schild mit den Namen der jüdischen Opfer Heiligenstadts anzubringen. Nach Heinrichs Worten ist die Entscheidung nun "Sache des Eigentümers". Beim Denkmalkomplex Herrnmühle/ Kornspeicher, an dem bereits Sicherungsmaßnahmen erfolgten, deutet sich derweil an, dass ab Frühjahr 2012 die Sicherung abgeschlossen und die Modernisierung beginnen kann.
Das sagte Bauamtsmitarbeiterin Anett Durstewitz auf Anfrage des Ausschussmitglieds Jörg Gottesleben . Mittel aus mehreren Fördertöpfen seien beantragt worden. Die Stadt bemühe sich auch um Bürgerarbeitsplätze für den Ausbau. Der Komplex solle später für Vereinsaktivitäten und öffentliche Zwecke wie u.a. Kunstausstellungen genutzt werden, sagte Durstewitz. Zum "Fun-Arena"- Vorhaben des Kart-Centers gab es keine weitere Aussprache, weil noch nicht alle Fraktionen Position bezogen."
September 2011: Die ehemalige
Synagoge wurde abgebrochen
Artikel von Nathalie Hünger in
der "Thüringer Allgemeinen" vom 8. September 2011 (Artikel):
"Heiligenstädter Synagoge ist Geschichte. In einer gewaltigen Staubwolke sind sie am Mittwoch für immer aus der Heiligenstädter Altstadt verschwunden: der alte Mainzer Hof und die ehemalige Synagoge. Ein Worbiser Abbruchunternehmen hat den Auftrag ausgeführt, um den der Bauherr lange gerungen hat.
Heiligenstadt. Der Investor will zwischen Göttinger Straße, Stubenstraße und Wilhelmstraße seit langem ein Einkaufszentrum bauen. Eher zufällig wurde Ende August öffentlich bekannt, dass die Synagoge nach langem Hin und Her mit den Denkmalbehörden nun doch abgerissen werden darf. Die Abrissgenehmigung wurde schließlich mit der Auflage erteilt, die Gedenktafel, die bis gestern an der Fassade des Hauses hing, zu sichern. Beide Häuser waren inzwischen in einem schlimmen Zustand und baufällig. In der früheren Synagoge wuchsen bereits riesige Pilze aus den Wänden. Am Mittwoch, als der Abriss dann tatsächlich begann, wollte von den hiesigen Ämtern zunächst keines Stellung beziehen.
Die Stadtverwaltung Heiligenstadt verwies auf die Zuständigkeit der Unteren Denkmalbehörde des Landratsamtes Eichsfeld und des Investors. Kreisbaudezernent Gerald Schneider wiederum bat unsere Zeitung, sich doch an das Thüringische Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie mit Sitz in Erfurt zu wenden. Der dort verantwortliche Landeskonservator Holger Reinhard war jedoch nicht erreichbar. Zumindest von der Stadtverwaltung gab es dann doch noch eine Reaktion. Denn der Abriss verursachte jede Menge Staub und damit Ärger bei Passanten und Nachbarn, die offensichtlich nicht gewusst haben, was am Mittwoch in der Stubenstraße passiert.
"Nach Rücksprache in unserem Haus teile ich Ihnen zum Abrissgebäude in der Stubenstraße mit, dass das Ordnungsamt wegen massiver Staubbelästigung vor Ort war und das zuständige Umweltamt des Landkreises informiert hat. Auch dieses war vor Ort", informierte nun Elke Sagorski, Pressesprecherin der Stadtverwaltung. Die Abrissgenehmigung sei vom Landkreis mit entsprechenden Auflagen erteilt worden. Verantwortlich für den Abriss sei das Bauunternehmen, das vorbeugende Maßnahmen hätte ergreifen müssen.
"Wie uns bekannt ist, hat dieses Unternehmen den umliegenden Anwohnern die Bezahlung der Reinigung der Autos und der Fenster zugesichert." Das bestätigte uns Bauunternehmer Wilhelm Bonda. Der trockene Staub richte aber nicht viel Schaden an, ganz ohne Staub könne man ein altes Lehmgebäude mit Bagger nicht beseitigen, bat er um Verständnis. Beim Sortieren und Verladen soll der Bauschutt angefeuchtet werden, versprach er."
Der Artikel wurde auch als pdf-Datei eingestellt.
Link zu
einem bei Youtube eingestellten Video zum Abbruch zur Synagoge:
September
2011: Sondersitzung des
Initiativkreises Jüdisches Erbe in Heiligenstadt
Artikel von Thomas Müller in
der "Thüringer Allgemeinen" vom 13. September 2011: "An
die Heiligenstädter Synagoge soll mehr als eine Tafel erinnern".
Link
zum Artikel; auch eingestellt
als pdf-Datei.
September
2011: Heinz Funke (Stadtrat der SPD):
Abriss der Synagoge ist Schande für Heiligenstadt
Artikel von Jürgen Backhaus in
der "Thüringischen Landeszeitung" vom 29. September 2011:
"Heinz Funke (SPD): Abriss der Synagoge ist Schande für
Heiligenstadt". Link
zum Artikel; auch eingestellt
als pdf-Datei.
Oktober
2011:Auch die CDU
Heiligenstadt spricht sich für eine würdige Gedenkstätte für die
Synagoge aus
Artikel von Jürgen Backhaus in
der "Thüringischen Landeszeitung" vom 8. Oktober 2011:
"'Gedenkstätte ist unerlässlich'. CDU-Vize Stützer zum Synagogenabriss.
Heiligenstadt. (bac) 'Wir sollten nicht vergessen, dass in der schrecklichen Zeit des Nationalsozialismus über 35 Heiligenstädterinnen und Heiligenstädter ihre Heimat durch Flucht verlassen mussten und von 14 Deportierten aus unserer Stadt 13 Menschen den Tod in den Ghettos und Vernichtungslagern fanden, auf Grund ihres jüdischen Glaubens', sagte gestern Christian Stützer, der stellvertretende Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Heiligenstadt. Aus diesen traurigen Tatsachen heraus sei eine würdige Gedenkstätte in der Stubenstraße unerlässlich, wo am 7. September das Gebäude, das von 1873 bis 1940 als Synagoge diente, abgerissen wurde (TLZ berichtete). Damit meldet sich erstmals ein Vertreter der Heiligenstädter CDU, die im Stadtrat die größte Fraktion stellt, zu dem Thema zu Wort. Mit dem Abriss sei ein wichtiges Zeugnis jüdischen Lebens im Eichsfeld verlorengegangen. Darüber hätten sich Heiligenstädter Christdemokraten bestürzt gezeigt. Wie Stützer weiter mitteilt, verlangt er von den zuständigen Stellen in Erfurt Aufklärung, warum das Haus von der Denkmalliste gestrichen wurde. Er hofft, dass der Investor seinen Plan von 2008 wieder aufgreift, in der neuen Häuserzeile die Fassade nachzuempfinden.
Weiterer Artikel in der "Thüringischen Landeszeitung" vom 8.
Oktober 2011: "Das jüdische Erbe bewahren - CDU will gegen Vergessen arbeiten
Heiligenstadt. Die CDU Heiligenstadt werde sich auch in den kommenden Jahren für das jüdische Erbe in ihrer Heimatstadt einsetzen
'und dies nicht nur bei den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, sondern auch des gesamten Eichsfeldkreises tun', sichert der Stellvertretende Vorsitzende Christian Stützer zu. Das Erbe, welches den Heiligenstädtern nach 69 Jahren der gewaltsamen Zwangsaussiedlung der letzten jüdischen Mitbürger hinterlassen wurde, sei für die Region einmalig. Stützer erinnert dankbar an die seit 2007 erfolgreich begonnene Reihe
'Gegen das Vergessen Aktion Stolpersteine für Heilbad Heiligenstadt', die fortgesetzt werden soll.
'Mit einer unglaublichen Spendenbereitschaft ist es seitdem ermöglicht worden, 27 Stolpersteine in unserer Heimatstadt im Gedenken an Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes zu verlegen, welches leider auch vor unserer Stadt in den Jahren 1933 bis 1945 keinen Halt gemacht hat'. Ein weiteres Zeichen hätten CDU-Mitglieder im September mit einer
'Putzaktion' auf dem 'Guten Ort'. Nach dem Einsatz von Aktion Sühnezeichen in der Osterwoche 2011 galt es nun, die frisch bepflanzten Gräber auf dem jüdischen Friedhof vom Unkraut zu befreien. So konnten sämtliche knapp 45 Gräber hergerichtet werden, sodass nach dem Herbstschnitt der Friedhof, so Stützer,
'wieder in seinem dem Umfeld entsprechenden Zustand versetzt werden konnte'. Mit Bedauern und Bestürzung hätten Mitglieder der CDU Heiligenstadt
'auf den plötzlichen und für sie zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwartenden Abriss der alten Synagoge' ihm gegenüber reagiert. Es sei allen in der Heiligenstädter Union und auch im Initiativkreis klar gewesen, dass mit dem als Synagoge von 1873 bis 1940 genutzten und dafür umgebauten Wohnhaus in der Stubenstraße etwas geschehen musste,
'doch die jetzt an den Tag gelegte Art und Weise ist so nicht hinnehmbar und widerspricht der Pflege kulturellen Erbes in unserer Heimat', so Stützer. Es sei aber auch nicht hinnehmbar, öffentlich nur
'die Schuldigen vor der eigenen Haustür zu suchen'. Es stehe fest, dass der Totalabriss durch die Streichung der Synagoge aus der Thüringer Denkmalliste (TLZ berichtete) ermöglicht wurde. Deshalb werde die CDU Heiligenstadt einen Brief an die zuständigen Stellen in Erfurt richten und um Aufklärung bitten. Die Heiligenstädter Synagoge galt laut Stützer als
'Kleine Schwester' der 1839 eingeweihten Kasseler Synagoge, da sie in ihrer Gliederung der Fassade sehr stark an diese Synagoge angelehnt war. Synagoge wich Parkplätzen Mit dem Kasseler Stadtratsbeschluss vom 11. November 1938 wurde diese Synagoge nach ihrer Schändung zur Gewinnung von Parkplätzen abgerissen.
'Die kleine Heiligenstädter Synagoge blieb nach ihrem 1940 erfolgten Umbau in ein Wohnhaus in ihrer Grundsubstanz an Fassade und Aussehen erhalten.' Zusammen mit dem Initiativkreis Jüdisches Erbe in Heiligenstadt sei zu wünschen, dass mit der Neubebauung des Areals Stormpassage die 2008 vom Investor vorgelegten Entwürfe einer dem Original nachempfundenen Synagogenfassade ermöglicht werden. Zu bedauern sei jedoch, dass durch den Totalabriss
'Originalteile wie der herrliche Sandsteinfries, der Haussockel, die unteren Sandsteinsohlbänke sowie die jetzt durch den Abriss sichtbar gewordene zweifarbige Klinkerfassade unwiederbringlich verloren gegangen sind'."
September/Oktober
2011: "Stolperstein" wurde
gestohlen
Artikel in der
"Thüringischen Landeszeitung" vom 10. Oktober 2011: "Stolperstein' gestohlen
- Christian Stützer bittet um Rückgabe
Heiligenstadt. Mit einem Aufruf bittet die CDU Heiligenstadt um Rückgabe des bei den Abrissarbeiten an der ehemaligen Heiligenstädter Synagoge in der Stubenstraße entwendeten
'Stolpersteins', berichtet Christian Stützer, der stellvertretende Vorsitzende des Stadtverbands. Nach dem Abriss des Synagogenbaus am 7. September wurde der dort unmittelbar vor der Eingangsstufe verlegte Stolperstein zwischen 12. September, 18 Uhr, und 14. September, 15 Uhr, gestohlen. Der etwa 10x10x10 Zentimeter große, mit einer Messingplatte versehene Stein, auf dem die geschichtsträchtigen Daten zur Synagoge eingestanzt sind, wurde am 9. November 2007 als symbolischer Startstein der
'Aktion Stolpersteine für Heilbad Heiligenstadt' vom Stellvertretenden Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde, Prof. Reinhard Schramm, und dem damaligen Ministerpräsidenten Dieter Althaus enthüllt.
'Nicht nur, dass mit dessen Entwendung ein materieller Schaden entstanden ist, vielmehr wurde ein Gedenkstein entwendet, welcher erst durch die Spendenbereitschaft von Bürgern der Stadt und des Landkreises ermöglicht wurde', so Stützer. Nach erfolglosen Recherchen bei zuständigen Behörden, ausführenden Firmen sowie dem Investor sei es nicht gelungen, den entwendeten Stolperstein wieder ausfindig zu machen. Daher appelliert der Vorstand der CDU Heiligenstadt an die betreffenden Personen, den Stein an seinen bisherigen Standort zu verbringen oder ihn bei der Stadtverwaltung abzugeben. Sollte dies bis zum 20. Oktober nicht geschehen sein, wird die CDU eine Anzeige bei der Polizei aufgeben."
Oktober
2011: Votum für die Rekonstruktion
der Synagogenfassade
Artikel in der
"Thüringischen Landeszeitung" vom 22. Oktober 2011: "Experte
rät zu Rekonstruktion der Heiligenstädter Synagoge.
In Plochingen bei Stuttgart verfolgt der Webmaster von 'Alemannia
Judaica', Dr. Joachim Hahn, die Berichte zum Abriss der Heiligenstädter
Synagoge. Über diese, den Friedhof und die Geschichte der jüdischen
Gemeinde in Heiligenstadt hatte er zuvor schon auf der Internetseite der
AG informiert, so wie über viele andere Orte jüdischen Lebens..." Link
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Oktober
2011: SPD will die Stormpassage in
Heiligenstadt verhindern
Artikel von Natalie Hünger in
der "Thüringer Allgemeinen" vom 28. Oktober 2011: "SPD
will Stormpassage in Heiligenstadt verhindern. Mit allen ihr zur
Verfügung stehenden Mitteln will die SPD Heiligenstadt den Bau der
Stormpassage im Stadtzentrum verhindern. Das kündigte Franz-Josef
Strahausen am Mittwochabend in der Stadtratssitzung an. Strathausen
bedauerte, dass Bürgermeister Bernd Beck (CDU) in der Ratssitzung nicht
anwesend war. Link
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November
2011: Heiligenstädter Union gedenkt
der Opfer der Reichspogromnacht
Artikel in der "Thüringer
Allgemeinen" vom 8. November 2011: "Heiligenstädter Union
gedenkt der Opfer der Reichspogromnacht.
Heiligenstadt. Der Monat November steht häufig für Trauer und
Tristesse. Und doch ist gerade dieser Monat reich an
Gedenktagen..." Link
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November
2011: Der Abriss der ehemaligen
Synagoge wird als "Nacht- und Nebelaktion" verurteilt
Artikel in der
"Thüringischen Landeszeitung" vom 11. November 2011: "Heiligenstädter
Stadtrat: Synagogen-Abriss ist eine tiefe Schande. 'Jedes einzelne
Mitglied des Stadtrates von Heiligenstadt entscheidet mit seiner Stimme
nachträglich für oder gegen den Abriss der Synagoge.' Der SPD-Stadtrat
in Heiligenstadt, Heinz Funke, hat an die Mitglieder des Gremiums
appelliert, einer Änderung des Bebauungsplanes 'Stormpassage' nicht
zuzustimmen..." Link
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November
2014: Gedenken
an das Schicksal der jüdischen Einwohner Heiligenstadts
Artikel von Antonia Pfaff in der
"Thüringer Allgemeinen" vom 10. November 2014: "Jüdischer Bürger an einstiger Synagoge in Heiligenstadt gedacht
Heiligenstadt (Eichsfeld). Anlässlich der von den Nazis deklarierten "Reichspogromnacht" gedachten am Sonntag wieder viele Heiligenstädter ihrer jüdischen Mitbürger. Die Gedenkstunden richtete der Initiativkreis
'Jüdisches Erbe Heiligenstadt' aus und erinnerte an die 48 jüdischen Mitbürger, die in der Zeit von 1933 bis 1942 Heiligenstadt verlassen haben, sei es durch Flucht, Deportation oder Ermordung.
Die 48 Namen und deren Schicksale wurden an der Stelle vorgelesen, wo bis vor drei Jahren noch die Synagoge stand. Diese wurde im Jahr 1873 eingeweiht und am 9. November 1938 verwüstet und angesteckt. Im Jahr 1940 wurde sie zwangsverkauft und zu einem Wohnhaus umgebaut und bis zur Wende genutzt. Im Jahr 2011 riss man das Gebäude schließlich ab. Derzeit befindet sich an dieser Stelle ein Stein, der in die Erde eingelassen ist, mit einer Erinnerung an die einstige Synagoge. An dieser Stelle zündeten auch einige Kerzen an, um der Verstorbenen zu gedenken.
Der bisherige Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Joachim Kramer, bedankte sich in schriftlicher Form bei dem Heiligenstädter Initiativkreis für die
'Sicherung der Spuren jüdischen Lebens'. Christian Stützer, Sprecher des Initiativkreises, erklärte im Anschluss der Gedenkfeier, dass eine neue Gedenkstätte in Planung ist. Angedacht ist, dass die Fassade der zukünftigen
'Stormpassage' stilistisch an die Synagoge erinnern soll. Traditionell sorgte die Eichsfelder Musikschule für eine ruhige, andächtige Atmosphäre. In diesem Jahr spielten die beiden Jugendlichen Alexander Else und Moritz Mai." Link
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März
2015:Weitere
"Stolpersteine" wurden verlegt
Artikel in der "Thüringer
Allgemeinen" (Eichsfeld) vom 15. März 2015: "In
Heiligenstadt werden weitere zehn Stolpersteine verlegt..." Link
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Anmerkung (Informationen aus
obigem Artikel): An folgenden Orten wurden Stolpersteine für jüdische
Personen verlegt: Kasseler Tor 18: Hier stand einst das Haus des jüdischen
Pferdehändlers Jakob Schwabe. Er starb 1934 in Heiligenstadt und wurde auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt. Die Steine sollen an seine Witwe Regina Schwabe sowie an die beiden Söhne Alfred und Max erinnern. Alle drei flohen damals nach Kanada und in die USA.
Windische Gasse 4: Es war die letzte Wohnanschrift der Familie
Wertheim. An dieser Stelle sollen fünf Stolpersteine verlegt werden. Paul Wertheim wurde 1938 ins KZ Buchenwald verschleppt. Nach der Rückkehr folgte 1941 die Zwangsumsiedlung nach Hüpstedt. Dort verhaftete ihn die Gestapo. Im März 1942 wurde Paul Wertheim in Bernburg ermordet.
Seine Ehefrau Ida soll im Mai 1942 nach Belzyce bei Lublin deportiert worden sein. Hier verliert sich ihre Spur. Sie muss wohl dort ums Leben gekommen sein. Sohn Heinz ist im Dezember 1943 in Auschwitz-Monowitz ermordet worden. Seine Zwillingsschwestern Erna und Senta überlebten den Holocaust ebenfalls nicht. Erna kam wie ihre Mutter in Belzyce bei Lublin ums Leben. Senta starb im August 1944 im KZ
Majdanek.
Spendenkonto: Aktion "Stolpersteine für Heilbad Heiligenstadt", IBAN: DE56 3706 0193 5000 0050 55, bei der Pax-Bank eG.
Artikel in der
"Thüringischen Landeszeitung" vom 18. März 2015: "Zehn
weitere Stolpersteine in Heiligenstadt verlegt..." Link
zum Artikel
Juli 2015:
Nachkommen der Familie Loewenthal
besuchen die neu angelegte "Alexander-Loewenthal-Straße" in Heiligenstadt
Anmerkung: in dem Neubaugebiet "Auf dem Hohen Raine" von Heiligenstadt
wurden acht Straßen nach ermordeten oder geflohenen jüdischen
Heiligenstädter Frauen und Namen benannt: Paul-Wertheim-Straße,
Rosa-Ilberg-Straße, Alexander-Loewenthal-Straße, Alfred-Weil-Straße, Julius
Meyerstein-Straße, Elsa Oppenheimer-Straße, Vera-Hildesheimer-Straße,
Pauline-Löwenstein-Straße.
Artikel von Esther Goldberg in
der "Jüdischen Allgemeinen" vom 13. Juli 2015: "Heiligenstadt.
Straßenschilder statt Stolpersteine
Stadtrat erinnert an ehemalige jüdische Bewohner – Max Loewenthal ist Enkel
eines Geehrten
Max Loewenhal klopft Christian Stützer auf den Rücken. Beide Männer sind 35
Jahre alt und sichtlich zufrieden – denn eine erfolgreiche Spurensuche liegt
hinter ihnen. Als sie sich Anfang Juli in Heiligenstadt treffen, einer
Kleinstadt in Thüringen, blicken sie gemeinsam auf ein fabrikneues
Straßenschild, das den Namen von Max’ Urgroßvater trägt: 'Alexander-Loewenthal-Straße'
steht in glänzenden schwarzen Buchstaben auf weißem Grund, darunter der
Zusatz: 'Geboren 1872 in Heiligenstadt, ermordet 1943 im Ghetto
Theresienstadt'. Das Schild weist zu einem Wohnviertel, das erst noch gebaut
werden soll. Einfamilienhäuser, Gärten, Idylle pur. Wer genau hier einzieht,
ist noch unklar, die acht Straßennamen hingegen stehen schon fest: Sie alle
tragen die Namen ehemaliger jüdischer Heiligenstädter. Max und Christian
sprechen Englisch miteinander. Loewenthal wurde in Los Angeles geboren,
Stützer im thüringischen Landkreis Eichsfeld. Gut möglich, dass sich ihre
Urgroßväter kannten. Es ist sogar sehr wahrscheinlich: Dort, wo die größte
Stadt nur 16.000 Einwohner hat, kennt man sich eben. Max, der US-Amerikaner,
spricht kein Deutsch mehr. Aber er ist extra aus den USA angereist, zusammen
mit seiner Frau, seinem Vater und den Schwiegereltern, um den Wurzeln seiner
Familiengeschichte zu begegnen. Und Christian, dem Initiator der
Straßenschilder. Denn er will sich bedanken für die Initiative, die
jüdisches Leben in Heiligenstadt vor dem Vergessen bewahrt. Initiativkreis
Christian Stützers Idee, Straßennamen ermordeter oder geflohener jüdischer
Heiligenstädter Frauen und Männer zu benennen, mag auf den ersten Blick
zufällig wirken. Tatsächlich entspringt sie einer gewissen Logik: Denn der
Jurastudent war von der Stolperstein-Initiative in anderen Regionen
Deutschlands begeistert. 'Das wollte ich auch für Heiligenstadt', sagt er.
Er ging zum Stadtrat und beantragte eine Forschungserlaubnis. Der Stadtrat
stimmte zu. So entdeckte Stützer die Spuren jüdischer Vergangenheit in der
Stadt. Gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer Ralf Schultz und dem Diakon
Johann Freitag gründete er daraufhin 2007 den Initiativkreis 'Jüdisches Erbe
in Heiligenstadt'. Seitdem suchen die drei Initiatoren nach immer neuen
Wegen, dieses Erbe in den Heiligenstädter Lebensalltag einzubinden. Das neue
Wohngebiet 'Auf dem Hohen Raine' schien dafür geradezu ideal – acht Straßen,
die durch das Areal und in die Stadt führen, waren dort vorgesehen. 'Warum
nicht die Namen ehemaliger jüdischer Bewohner?', fragte Christian Stützer
die Stadtratsmitglieder. Die sahen das ähnlich und stärkten Stützer und
seiner Initiative den Rücken. Mit Erfolg: Der Jurist forschte nach jüdischen
Frauen und Männern, die in Heiligenstadt gelebt hatten. Er stieß auf einen
Bankier und eine Musiklehrerin, einen Kaufmann und eine Kaufhaus-Direktorin.
Die Biografien zeigen: Sie alle hatten die thüringische Kleinstadt
mitgeprägt. Insgesamt acht Namen regte Stützer für die Straßen an. Dann, in
der Stadtratssitzung, die Sensation: Die Abstimmung fällt einstimmig aus –
über alle Parteigrenzen hinweg sind sich die Stadtratsmitglieder einig. 'Das
dürfte es in dieser Weise deutschland- und vielleicht sogar europaweit kein
zweites Mal geben', bemerkt Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen
Landesgemeinde Thüringen. Er ist von so viel Engagement beeindruckt. Es
mache ihm Mut: So glaubt er nun auch daran, dass sogar der
jüdische Friedhof in
Heiligenstadt weiterhin erhalten werden kann..."
'Wir wollen uns dafür einsetzen, dass wir immer Geld für die Restaurierung
aufbringen können', versichert Bürgermeister Thomas Spielmann. Dass sie es
kann, hat die Stadtverwaltung hinlänglich bewiesen: In den 90er-Jahren etwa
fiel ein gusseisernes Grab von 1855 regelrecht in sich zusammen. Mit
Lottomitteln des Landes und Geld aus der Stadtkasse wurde es für 11.000 Euro
restauriert. Dass ausgerechnet dieses restaurierte Grab die letzte
Ruhestätte für einen Urgroßonkel der Loewenthals aus Los Angeles ist, findet
Max Loewenthal bemerkenswert. Auch Vater Alex ist fasziniert. Er ist zum
ersten Mal in Heiligenstadt zu Gast, obwohl er Deutschland mittlerweile
schon häufiger besucht hat. 'Aber in die DDR durfte ich nicht reisen. Denn
ich wurde in der Türkei geboren', erzählt der 64-Jährige. Sein Vater war
1934 als Mediziner dem Ruf seines Professors an die Universität in Istanbul
gefolgt – für ihn und die Familie damals die Rettung vor den Nazis. Später
ging Alex von dort aus zum Studium in die USA, promovierte und wurde
Professor an einer Universität. Nun ist er Rentner und fit genug, endlich
die Stadt seines Großvaters kennenzulernen. Vielleicht wäre er dennoch nicht
genau dorthin gereist. Doch an diesem Tag ist er froh, an dem Straßenschild
zu stehen, das seinen Großvater ehrt. 'Allerdings habe ich gemischte
Gefühle', gibt er nachdenklich zu. 'Natürlich ist es eine große Ehre, dass
eine so lange Straße nach ihm benannt wurde. Aber mir wäre es lieber
gewesen, ich hätte ihn kennenlernen dürfen', sagt er leise. Für Max
Loewenthal und Christian Stützer steht jedenfalls eines jetzt schon fest:
Sie werden sich ganz sicher wiedersehen. 'Nach unserer ersten Begegnung
dachte ich, der Deutsche werde nichts Neues mehr über meine Familie
herausfinden. Heute weiß ich: Es wird immer wieder Unerforschtes geben',
sagt Max. Und fügt lächelnd hinzu: 'Ich komme gern wieder.'"
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November 2015:
Weitere "Stolpersteine" werden
verlegt
Artikel von Rüdiger Franke in
der "Göttinger Tageblatt" vom 9. November 2015: "Neun neue kleine
Mahnmale. Gunter Demnig verlegt Stolpersteine in Heiligenstadt
Der Frechener Künstler Gunter Demnig hat am Montag in Heiligenstadt zum
zweiten Mal in diesem Jahr Stolpersteine verlegt. Mit den neun neuen Steinen
erinnern bereits 46 der kleinen Mahnmale an ehemalige Mitbürger, die von den
Nationalsozialisten verfolgt, entrechtet oder ermordet wurden.
Heiligenstadt. 'Der zweite Einsatz in diesem Jahr ist der
Spendenbereitschaft und dem Interesse an der Aktion ‚Stolpersteine für
Heilbad Heiligenstadt‘ zu verdanken', erzählt Christian Stützer, Sprecher
des Initiativkreises Jüdisches Erbe in Heiligenstadt. 'Wir können aber in
der Zukunft noch mehr als 20 weitere Steine verlegen.' Die noch ausstehenden
würden an zehn jüdische Mitbürger, drei Redemptoristenpater, die Familie
Unger sowie zehn bis zwölf Sozialdemokraten und KPD-Mitglieder erinnern.
'Doch noch haben wir nicht zu allen ausreichend Informationen sammeln
können.' Die aktuellen neun Stolpersteine erinnern an weitere Schicksale von
ehemaligen Heiligenstädtern. Den ersten verlegte der Künstler vor der
Wilhelmstraße 23, wo Walter Stern ab 1923 gewohnt hatte, bevor der
kaufmännische Angestellte 1937 nach Palästina floh. In der Petristraße 6,
dem heutigen Haus des Deutschen Roten Kreuzes, lebte bis zu ihrer
Abschiebung die polnisch-jüdische Familie Neuwirth. Ladenbesitzer Sally
Neuwirth war mit seiner Frau Zilly, den beiden Töchtern Adele und Lotte
sowie der Nichte Cilly in den 1920er-Jahren nach Heiligenstadt gekommen. Am
28. Oktober 1938 um 2 Uhr holte die Polizei die Familie ab, die
wahrscheinlich nach ihrem Aufenthalt im Warschauer Ghetto ermordet wurde.
Gleich in der Nachbarschaft wird in der Schillerstraße 14 an Sophie
Schweitzer erinnert, die verhaftet wurde und kurz vor Kriegsende erschossen
werden sollte, was die örtliche Polizei aber nicht tat. Im Haus an der
vierten Verlegestelle in der Bonifatiusstraße 7 hat der Vertreter und
Handelsreisende Moritz Meyers ab Anfang der 1930er-Jahre gewohnt. Er ging
Ende 1936 nach Leipzig und später nach Hamburg, wo er im KZ Fuhlsbüttel
inhaftiert und 1942 nach Auschwitz deportiert wurde. Der letzte neue
Gedenkort ist das Raphaelsheim, in das der zwölfjährige Rudolf Böhmer 1940
aufgenommen wurde. Nach seiner Schulentlassung arbeitete er ab 1943 als
Landarbeiter in Wingerode und Flinsberg. Seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe
der Sinti und Roma führte Ende Mai 1944 zur Verhaftung und Deportation in
das KZ Auschwitz-Birkenau, aus dem er zunächst in das KZ Buchenwald und dann
zurück nach Auschwitz deportiert wurde und nach der Befreiung zurück nach
Heiligenstadt kehrte. Nach der Verlegung referierte Gunter Demnig am Abend
im Heiligenstädter Jugend- und Erwachsenenbildungshaus 'Marcel Callo' über
das Projekt 'Stolpersteine - Spuren und Wege'."
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Artikel in den "Eichsfelder
Nachrichten" vom 5. November 2015: "Heilbad Heiligenstadt.
CDU-Patenschaften für 'Stolpersteine'. Eichsfelder
Unionsabgeordnete übernehmen Patenschaften für Heiligenstädter
Stolpersteine. 'Stolpersteine führen uns das Schicksal unserer Mitbürger vor
Augen...'erklärt Christian Stützer in diesem Beitrag..."
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November
2016:Stolperstein-Aktion mit jungen
Heiligenstädtern
Artikel von Sigrid Aschoff in
der "Thüringer Allgemeinen" vom 8. November 2016: "Über junge Heiligenstädter und ihre Stolperstein-Aktion
Heiligenstadt (Eichsfeld). Fünf symbolische Stolpersteine sind vor dem Haus in der Windischen Gasse 4 eingelassen. Sie erinnern an Paul, Ida, Heinz, Erna und Senta Wertheim. Die jüdische Familie hatte in Heiligenstadt ein Lederwarengeschäft. Ihre letzte Anschrift war die Windische Gasse.
Der Vater wurde in Bernburg umgebracht, die Mutter und die Töchter in die Nähe des Konzentrationslagers Majdanek verschleppt. Der Sohn konnte fliehen, wurde aber später in Auschwitz getötet.
46 dieser Steine an 19 Stellen in der Stadt erinnern an jüdische Mitbürger, die erst ausgegrenzt, verfolgt, schikaniert und später vertrieben, deportiert, ermordet wurden. Verlegt hat sie der Kölner Künstler Gunter Demnig, damit die Opfer nicht vergessen werden.
46 Steine erinnern an Schicksale. Mit Schwämmen, Bürsten und Poliersteinen sind sie am Montag losgezogen, Konfirmanden der Heiligenstädter Martinsgemeinde sowie Firmlinge aus den katholischen Stadtgemeinden. Die rund 20 jungen Leute sind einem Aufruf des Initiativkreises
'Jüdisches Erbe' gefolgt. Sie wollen einen Teil der kleinen Betonsteine reinigen, auf deren Oberseite befinden sich individuell beschriftete Messingplatten mit den Namen und Daten der Opfer.
Die Mädchen und Jungen haben sich aufgeteilt. Ihre Ziele sind die Stubenstraße, der Knickhagen, der Wilhelm und die Windische Gasse. Mit dabei sind die Pfarrer Markus Könen und Johannes Möller.
'Es ist wichtig, dass die Erinnerung an diese Zeit bei den Jugendlichen wachgehalten wird. Und wir hoffen, dass wir wach rütteln können. Dass die Leute auch heute Mitgefühl und Empathie zeigen, nicht gleichgültig sind, die Geschichte
wegwischen', sagt Hans-Ulrich Fiebelkorn, der sich seit zwei Jahren im Initiativkreis engagiert. Über die Resonanz am Montagnachmittag freut er sich – auch weil es ein kalter und regnerischer Tag kurz vor dem 9. November ist. Die jungen Heiligenstädter sitzen nicht im warmen Zimmer, sie putzen die Stolpersteine. Die sollen wieder ihren Messingglanz bekommen, ins Auge stechen. Dass die Mädchen und Jungen gemeinsam
'wirken und etwas bewirken', findet er gut. 'Menschen wurden wegen ihres Glaubens verfolgt, das muss man sich vor Augen
führen', sagt er und weiß, dass es für ein Miteinander auch die Erinnerung braucht. Und so lädt Fiebelkorn sie auch zu einem Besuch des jüdischen Friedhofs ein. Gemeinsam wirken und etwas bewirken. Dass sie einen anderen Blick auf ihre Stadt bekommen und ein Stück Geschichte erfahren, ist für den evangelischen Pfarrer Johannes Möller ein Aspekt.
'Zudem ist es immer gut, wenn man sich für die Allgemeinheit einbringt', meint er. Die Jugendlichen schauen bei ihrer Arbeit hin, lesen die Inschriften auf den Steinen, die manchmal übersehen werden, und machen sich Gedanken über die Menschen, die hier benamt sind, über ihre Schicksale.
Und mancher wird sich wohl nicht nur die Frage stellen, warum die Synagoge nicht mehr steht, sondern sich auch mit dem Bild der Gegenwart auseinandersetzen. Wie es da um das Miteinander und den Umgang bestellt ist.
'Diese Frage ist auf einmal ganz präsent', sagt Möller. Er findet die Aktion lehrreich und sieht es gern, dass Konfirmanden und Firmlinge hier zusammen ans Werk gehen. Um an die Opfer zu erinnern, gibt es am Mittwochabend eine Gedenkveranstaltung in der Stubenstraße in Heiligenstadt, zu der der Initiativkreis einlädt." Link
zum Artikel
Oktober
2017:Einladung zu einer Führung
zu den "Stolpersteinen"
Artikel in den "Eichsfelder
Nachrichten" vom 20. Oktober 2017: "INITIATIVKREIS 'JÜDISCHES ERBE IN
HEILIGENSTADT' LÄDT EIN. 'Stolpersteine als Mahnmale'
Am kommenden Sonntag, 22. Oktober 2017, lädt der Initiativkreis 'Jüdisches Erbe in
Heiligenstadt' im Rahmen der 25. Thüringer Tage der jüdisch-israelischen Kultur in die Kreisstadt des Landkreises Eichsfeld zu einer Stolpersteinführung ein.... Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger der Stadt Heilbad Heiligenstadt und des Landkreises Eichsfeld dürfen auf eine ganz besondere Stadtführung gespannt sein, die über die Heiligenstädter Geschichte mal aus einem anderen Blickwinkel berichten wird.
Das Thema des Nachmittages lautet: 'Stolpersteine als Mahnmale'. Damit wird sich diese ganz besondere Stadtführung mit der schrecklichen Zeit des
Nationalsozialismus in der Zeit von 1933 bis 1945 beschäftigen, in welcher auch in unserer Heimat eine Vielzahl von Mitbürgerinnen und Mitbürgern Repressalien in Form von Verfolgung, Flucht, Deportation und Tod ausgesetzt waren. An dem Nachmittag soll an verschiedenen Stationen Mitmenschen unserer Heimatstadt gedacht werden, die während der unmenschlichen zwölf Jahre der Hitler-Diktatur großem Leid und ständiger Verfolgung ausgesetzt waren.
Der Beginn der Führung wird an dem Stolperstein für die ehemalige Synagoge in der Stubenstraße 14 sein. Der Treffpunkt ist dort am Sonntag (22.10.2017) um 14.00 Uhr. Wie in den vergangenen Jahren, so nimmt der Initiativkreis
'Jüdisches Erbe in Heiligenstadt' mit der Stadt Heilbad Heiligenstadt an der Ausrichtung der 25. Thüringer Tage der jüdisch-israelischen Kultur vom 19. Oktober bis 18. November 2017 teil.
In einer ganzen Reihe von interessanten Lesungen, Exkursionen und weiteren Veranstaltungen werden auf jüdisch-israelische Themenfelder der Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft im Freistaat Thüringen geschaut. Das komplette Programm dieser Kulturtage ist im Internet unter:
www.juedische-kulturtage-thueringen.de
zu finden.
Der Initiativkreis 'Jüdisches Erbe in Heiligenstadt' würde sich außerordentlich freuen, im Rahmen der ersten thematischen Veranstaltung in Heilbad Heiligenstadt der diesjährigen Kulturtage, zahlreiche interessierte Mitbürgerinnen und Mitbürger begrüßen zu dürfen.
Christian Stützer. Sprecher des Initiativkreises 'Jüdisches Erbe in
Heiligenstadt'."
November 2019:
Gedenken an den Novemberpogrom
1938
Artikel von Gregor Mühlhaus in
der "Thüringer Allgemeinen" vom 11. November 1938: "Auch in Heiligenstadt
brannte am 9. November 1938 die Synagoge.
Heiligenstadt Bei der Erinnerung an die ehemalige jüdische Bürger
Heiligenstadts wird in der Stubenstraße am 81. Jahrestag der
Reichspogromnacht auch der zwei Opfer von Halle gedacht.
Knapp 40 Bürger hatten sich am Samstag in der Stubenstraße in Heiligenstadt
anlässlich des 81. Jahrestages der Reichspogromnacht versammelt. Wo einst
das Haus Stubenstraße 14 stand, erinnerten die Heiligenstädter an die Nacht
vom 9. zum 10. November 1938, als die deutschen Nationalsozialisten die
Synagoge schändeten und teilweise verwüsteten. Gedacht wurde der jüdischen
Bürger Heiligenstadts, die deportiert und umgebracht wurden..."
Link zum Artikel
April 2024:
In Heiligenstadt werden durch
Jugendliche die Stolpersteine geputzt
Artikel in von 18. April 2024: "Stolpersteine
in Heiligenstadt - Putzen für die Erinnerung.
Zwölf junge Menschen werden diesen Sonntag in Heiligenstadt Stolpersteine
putzen. Die quadratischen im Boden eingelassenen Messingtafeln sollen an die
Opfer des Nationalsozialismus erinnern, die in Heilbad Heiligenstadt lebten
und wirkten... 'Die evangelische Junge Gemeinde im Eichsfeld macht bei
der 72-Aktion der kath. Kirche mit und hat auch Freunde motivieren können',
erzählt Gemeindepädagogin Alexandra Kunze. Das Anliegen der Jugendlichen ist
es, etwas zu tun, das man als Zeichen der Erinnerungskultur erkennt und sich
gegen antisemitische und rechtsextreme Ansichten positioniert. 'Dafür haben
sie extra ein T-Shirt entworfen', freut sich Alexandra Kunze. Am
Sonntagvormittag trifft man die Aktiven dann in Kleingruppen in
Heiligenstadt. Mit ihren einheitlichen Shirts werden sie gut zu erkennen
sein. In der Mittagspause gibt es für alle ein gemeinsames Pizza-Essen.
Dabei sein wird dann auch Hans Ulrich Fiebelkorn, der Vorsitzende des
Gemeindekirchenrates. Er erzählt die Geschichten der Menschen, für die diese
Steine gesetzt wurden. Stolpersteine, die ab Sonntag in Heiligenstadt frisch
geputzt sind und damit wieder ein bisschen auffälliger an die Opfer und die
Zeit des Nationalsozialismus erinnern. Hintergrund der 72-Stunden-Aktion des
BDJK: 72 Stunden lang engagieren sich junge Menschen für Andere. Die
Projekte greifen politische und gesellschaftliche Themen auf, sind
lebensweltorientiert und geben dem Glauben 'Hand und Fuß'.
https://www.bdkj.de/aktionen/72-stunden-aktion."
Israel Schwierz: Zeugnisse jüdischer Vergangenheit
in Thüringen. Eine Dokumentation - erstellt unter Mitarbeit von Johannes
Mötsch. Hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen ( www.lzt.thueringen.de)
2007. Zum Download
der Dokumentation (interner Link) S. 147-152.
Edgar Rademacher, Helmut Godehardt: Das weitere
Schicksal der letzten jüdischen Bürger Heiligenstadt. In:
Eichsfelder Heimathefte 1. 1982.
Edgar Rademacher: Zwischenstation Hüpstedt. Die
letzten Heiligenstädter Juden. In: Eichsfelder Heimathefte 11. 2000.
Rolf Barthel: Weitere Ergebnisse der Forschung nach
dem Schicksal der letzten jüdischen Bürger Heiligenstadts. In: Eichsfelder
Heimathefte 2. 1982.
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des
Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Band 8 Thüringen. Frankfurt 2003. S.
35-37.
Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und
Thüringen. Berlin 1992. S. 274.
Heiligenstadt-Eichsfeld.
Jews lived in Heiligenstadt from the first half of the 14th century. They
suffered during the Black Death persecutions of 1348-49 and were finally
expelled in 1574. There is evidence of several Jewish families settling in the
city in 1796. The growing community set up a prayer room, a cemetery in 1817,
and finally a synagogue in 1872. In 1882, the community numbered 107. In 1933,
the number of Jews living in Heiligenstadt was 34. In the first years of Nazi
rule there was nearly no emigration. On Kristallnacht (9-10 November
1938), the synagogue was set on fire and seven Jews were arrested. Afterwards,
19 Jews managed to emigrate. The remaining 14 Jews were billeted in a 'Jewish
house.'. At least six were deported to the Theresienstadt ghetto. None of the 14
survived the Nazi period.
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