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Heiligenstadt (Kreis
Bamberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Heiligenstadt bestand eine jüdische Gemeinde bis
1902. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals
werden 1617 fünf jüdische Bewohner genannt, die gegenüber den Herren
von Streitberg abgabepflichtig waren. Ihre Blütezeit hatte die jüdische
Gemeinde zwischen der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts.
Die jüdischen Familien lebten bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts überwiegend
vom Handel (1811: sieben Hausierhändler beziehungsweise Kram- und Warenhändler
sowie acht Viehhändler, teilweise mit Schnittwarenhandel, ein Metzger). Seit
den 1830er-Jahren verlagerte sich der Handel teilweise auf andere Produkte
(Spezerei-Handel, Eisen- und Metallwarenhandel, Tuch-, Pelz- und Bänderhandel).
Einige der jungen jüdischen Jugendlichen ließen sich in einem Handwerk
ausbilden (Hutmacher, Seifensieder, Glaser, Schuhmacher, Schneider, Weber,
Seiler).
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie folgt:
1809/10 68 jüdische Einwohner (15,6 % von insgesamt 436), 1825 80 (18,8 % von insgesamt etwa 425), 1840 77 (15,8 % von
486), 1852 87 (20,4 % von 426), 1867 53 (12,7 % von 416), 1875 27 (5,9 % von 455),
1880 26 (5,7 % von 458), 1890 12
(2,9 % von 415), 1900 15 (3,9 % von 387). Bereits nach 1830 sind die ersten fünf Juden aus Heiligenstadt
nach Nordamerika ausgewandert. Nach 1860 verzogen viele in die umliegenden Städte
Bamberg, Bayreuth, Forchheim, Nürnberg und Hollfeld. 1890 sind von den damals
noch fünf jüdischen Familien weitere zwei nach Nordamerika ausgewandert.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, eine Mikwe und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war. Als
Lehrer und Vorbeter werden genannt: 1811 Nathan Mayer, bis 1828 Simon Hüler
(als Vorsänger), ab 1827 bis 1863 Samuel Rosenbaum, um 1846 ein Herr Levi
(siehe unten), bis 1863 Simon Dachauer (danach in Redwitz),
1863 - 1871 Simon Ullmann.
Dann wurde die Stelle noch einmal neu ausgeschrieben (siehe Anzeige
unten).
Es ist nicht sicher, ob die Stelle nochmals besetzt wurde. In den Jahren vor
Auflösung der Gemeinde unterrichteten die Lehrer aus Aufseß (Rothschild,
Leopold Schloß) bzw. Hagenbach (Lehrer
Katz unterrichtete das letzte schulpflichtige jüdische Kind).
Nachdem 1890 nur noch 12 jüdische Einwohner gezählt wurden, wurde
behördlicherseits die Auflösung der Gemeinde beschlossen. Da die letzten
jüdischen Gemeindeglieder freilich alles taten, um die Auflösung nochmals
herauszuschieben, wurde erst am 15. Februar 1902 von der Königlichen
Regierung von Oberfranken der Zusammenschluss der beiden Kultusgemeinden
Heiligenstadt und Aufseß angeordnet. 1910 wohnte keine jüdische Person
mehr in Heiligenstadt.
Von den in Heiligenstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): . . .
Eine Liste konnte noch nicht erstellt werden - die Recherchen in den Listen
von Yad Vashem und im Bundesarchiv sind schwer durchführbar auf Grund der
Namensgleichheit mit dem thüringischen Heiligenstadt im Eichsfeld.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1871
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1871: "Die hiesige
israelitische Elementar- und Religionsschulstelle, mit welcher auch
Vorsängerdienst mit verbunden ist, ist in Erledigung gekommen. Bewerber wollen
ihre Zeugnisse an unterzeichneten Kultusvorstand einsehen. Dieselbe trägt 300
Gulden fixen Gehalt nebst freier Wohnung und Beheizung, und sich auch demselben
bedeutende Nebenverdienste in Aussicht gestellt.
Heiligenstadt bei Bamberg, im
Juli 1871. Jos. Seckendorf, Kultusvorstand."
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Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Lob und Kritik an der jüdischen Gemeinde Heiligenstadt
(1846)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. November
1846: "Die kleine Gemeinde Heiligenstadt ist wegen ihrer
Mildtätigkeit und ihres religiösen Sinnes bekannt; doch hört man in der
dortigen Synagoge noch kein lebendiges Wort der Belehrung. Es würde ihrem
Religionslehrer, Herrn Levi, wohl nicht schwer fallen, diesem Übel nach
Kräften zu steuern." |
Zur Verabschiedung des
protestantischen Pfarrers (1853)
Innerhalb
eines Artikels "aus Bayern" in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 15. August 1853 erschien eine als "Kuriosum"
charakterisierte Meldung: "...Zum Schluss ein Kuriosum: Die
Vorstände der israelitischen Gemeinde in Heiligenstadt, - unseres Wissens weder
heilig, noch eine Stadt - widmen dem von dort abgegangenen protestantischen
Pfarrer ob seiner Humanität einen eigenen Nachruf im Korrespondent v. u.f.D.
Das ist doch ein bisschen zu viel. Vielleicht nachrufen bald
christliche Gemeinden abgehenden Rabbinern, bei denen sie gar oft, so wie
jüdische Lehrer, in größerer Achtung als bei ihren jüdischen Gemeinden
stehen. K."
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Zur Geschichte der Synagoge
Seit 1760 war eine "Synagoge" beziehungsweise
ein Betsaal im Haus des Salomon Joseph Schlamb eingerichtet. 1811 wird
von einer Synagoge im Haus des Moyses Mayer berichtet. Diese Betstube, die als
düster, stickig und klein beschrieben wird, hatte Platz für etwa 30 Personen.
Die Frauen waren in einem kleineren Nebenraum untergebracht. Für die damals 22
Kinder Kinder der Gemeinde wurde es ganz eng, wenn sie am Gottesdienst
teilnehmen wollten.
1818 plante die jüdische Gemeinde eine neuen Synagoge. Sie sollte
nach Erwerb eines Anwesens im Hof zwischen Hauptstraße 20 und 22 erstellt
werden. Freilich bekam die Gemeinde nicht die Genehmigung zum Bau einer solchen
Synagoge. So blieb es bei der alten Betstube, auch wenn sie zuletzt nach den
Worten des Distriktsrabbiners Dr. Eckstein (Bamberg) fast nur noch eine Ruine
war; ein "der Verödung anheim fallendes Gebäude". Nach 1890 wurden
kaum noch Gottesdienste in dem halb verfallenen Bethaus abgehalten, sodass die
Heiligenstädter Juden an Fest- und Feiertagen die Synagoge in Aufseß besuchen
mussten.
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße
17
Fotos
Historische Aufnahme
(Guth s. Lit. S. 191) |
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Das Haus mit der Betstube (vor
1900) |
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Das Grundstück heute
(Foto 2004: Jürgen Hanke, Kronach) |
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Das Grundstück des Hauses mit
dem Betsaal
wurde schon einige Zeit neu bebaut. |
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Erinnerung an frühere
jüdische
Wohnhäuser und Einrichtungen -
Hinweistafel am Haus Marktplatz 3
(Foto: Jürgen Hanke, Kronach, Aufnahmedatum 21.5.2009) |
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Hinweistafel mit
dem Text: "Ehemalige Judenhaus. Häuserzeile im 18.-19. Jahrhundert
vornehmlich von Juden bewohnt. In diesem Anwesen gab es eine sogenannte
Laubhütte für
das jüdisch-religiöse Laubhüttenfest, im Nachbarhaus
eine Mikwe zum rituellen Baden,
die Judenschule befand sich in
Hauptstraße 17." |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 134. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 206-207. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 236. |
| Peter Landendorfer: Möglichkeiten der
Quellenforschung am Beispiel Heiligenstadt. In: Jüdische Landgemeinden in Franken.
Beiträge zu Kultur und Geschichte einer Minderheit. Schriften des
Fränkische-Schweiz-Museum Bd. 2. Hg. vom Zweckverband
Fränkische-Schweiz-Museum. S. 15-19. |
| Klaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken
(1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. zu
Heiligenstadt S. 186-194 (mit weiteren Quellenangaben). |
| Jüdisches
Leben in der Fränkischen Schweiz. Hrsg. vom Arbeitskreis Heimatkunde im
Fränkische-Schweiz-Verein. Erlangen; Jena: Palm und Enke. 1997. (Die
Fränkische Schweiz - Landschaft und Kultur; Bd. 11.
Enthält zu Heiligenstadt Beiträge von Peter Landendörfer:
Heiligenstadt (S. 558-606) sowie "Jüdische Persönlichkeiten aus
Heiligenstadt" (S. 764-770) und "Jüdischer Unterricht und
Lehrplan" (S. 789-792). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Heiligenstadt Upper
Franconia. A few Jewish families settled in the 18th century under the
protection of the nobles of the house of Stauffenberg. The community numbered 68
(total 436) in 1810. In 1902 it was attached to Aufsess and by 1910 no Jews were
left.
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