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Jochsberg (Gemeinde
Leutershausen, Kreis Ansbach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anmerkung: Angaben aus dem Buch von Karl Ernst Stimpfig
(s. Lit.) konnten noch nicht eingearbeitet werden.
In Jochsberg bestand eine jüdische Gemeinde bis um
1920.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1714
lebten sechs jüdische Familien am Ort, 1803 waren es 14 Familien mit
zusammen 82 Personen.
Die jüdische Gemeinde hatte an Einrichtungen eine Synagoge (siehe unten), in
der sich auch die Religionsschule, die Lehrerwohnung und das rituelle Bad befanden.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als
Vorsänger und Schächter tätig war (siehe Ausschreibungstexte unten). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Bechhofen
beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Ansbach.
Durch
Aus- und Abwanderung der jüdischen Gemeindeglieder seit der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner so stark zurück, dass
die Gemeinde um 1920 aufgelöst werden musste. 1924 waren noch
zwei jüdische Personen am Ort wohnhaft, die zur jüdischen Gemeinde in
Leutershausen gehörten.
Von den in Jochsberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Babette Ellinger (1884), Max Ellinger (1881),
Frieda Ellinger (1878), Mina Fleischmann geb. Stern (1881), Jeanette Frenkel
geb. Gutmann (1874), Benno Gutmann (1885), Gabriel Gutmann (1881), Hedwig
Gutmann geb. Ellinger (1891), Thea Gutmann (1888), Rika Hecht geb. Jochsberger
(1866), Karl
Jochsberger (1874), Regina (Regine) Schloss geb. Jochsberger (1864).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1886 /
1887 (für Jochsberg) 1900 / 1907 (zusammen mit Leutershausen)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1886:
"Annonce.
Eine kleine Gemeinde sucht zum sofortigen Eintritt einen
Religionslehrer, Vorbeter und Schächter. Der fixe Gehalt beträgt 350
Mark, Nebeneinkünfte 150 Mark nebst freier Wohnung und Beheizung.
Reisekosten erhält nur der Akzeptierte vergütet. Offerten und Zeugnisse
wolle man schleunigst zusenden an J. B. Enslein in Jochsberg bei
Leutershausen (Bayern)." |
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Anzeige in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1887:
"Die Gemeinde Jochsberg bei Ansbach sucht bis 1. August (1887) einen
Religionslehrer, der zugleich Vorsänger und Schochet ist. Fixer Gehalt
400 Mark und Nebeneinkünfte circa 200 Mark. Bewerber wollen ihre
Zeugnisse an den unterfertigten Vorstand einsenden.
J.B. Enslein". |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1900:
"Die israelitische Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle
in Leutershausen, mit Filiale Jochsberg, erledigt sich bis zum 15. Juli
dieses Jahres. Das Einkommen beziffert sich auf 1.200 Mark nebst freier
Wohnung und Heizung. Ferner ist noch Gelegenheit gegeben, in einer
Nachbargemeinde den Religionsunterricht zu erteilen gegen eine Vergütung
von 150 Mark. Ledige Bewerber wollen ihre Gesuchte spätestens 15. Mai an
den unterfertigten Kultusvorstand richten. Leutershausen (Mittelfranken),
23. April (1900).
Max Enslein, Kultusvorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1902:
"Die erledigte Religionslehrer-, Schochet- und Vorbeterstelle Leutershausen
- Jochsberg ist bis spätestens 1. Januar 1903 mit einem ledigen,
seminaristisch gebildeten Herrn zu besetzen. Der Gehalt beläuft
sich auf 14-1500 Mark. Auch ist Gelegenheit geboten, eine Filiale mit zu
übernehmen. Gesuche mit Zeugnisabschriften sind zu richten an
Max Enslein, Kultusvorstand,
Leutershausen, Mittelfranken." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1907:
"Wir suchen für unsere Gemeinde mit Filiale Jochsberg einen
Vorbeter,
Schächter und Religionslehrer.
Gehalt inklusive Nebeneinkommen ca.
14-1500 Mark.
Leutershausen (Bayern).
Der Vorstand der
Synagogen-Gemeinde." |
Zum Tod von Lehrer Hirsch Weil - 52 Jahre Lehrer in
Jochsberg - Kolmberg (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. März 1891: "Aus
Mittelfranken. Vergangenen Freitag vor dem Heiligen Schabbat
Schekalim wurde der 95-jährige Lehrer Hirsch Weil - er ruhe in
Frieden - zu Grabe getragen. Derselbe wirkte 52 Jahre lang
ununterbrochen in den Gemeinden Jochsberg -
Kolmberg. Sämtliche Männer
der Gemeinden Leutershausen,
Jochsberg und Kolmberg, die siebzigjährigen
nicht ausgeschlossen, sind mit Ausnahmen von zweien dessen Schüler. An
der Beerdigung beteiligten sich die zahlreichen Anverwandten und viele
Schüler des Dahingeschiedenen. Der Verblichene war ein frommer Mann (wörtlich:
ein Frommer bzw. Gerechter, Sohn eines Frommen bzw. Gerechten), was
auch Herr Lehrer Rosenstein bei der Beisetzung in Bechhofen unter
Zugrundelegung sinnreicher Midraschim hervorhob. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Lehrer Emanuel Gutmann
(1891, geb. in Jochsberg um 1815)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. Mai 1891: "Mainz, 7. Mai.
Unsere Religionsgesellschaft hat durch den Tod ein ehrwürdiges, durch seine
Bescheidenheit und wahrhaft innige Frömmigkeit in allen Kreisen der hiesigen
jüdischen Bevölkerung allgemein beliebtes Mitglied verloren. Herr Emanuel
Gutmann ist Dienstagnacht plötzlich im Alter von 76 Jahren in ein besseres
Jenseits abberufen worden. Der Verstorbene, in Jochsberg (im Text
falsch: Joxberg) in Bayern geboren und zu den Segnungen der Tora hin
erzogen, hatte das Studium der Tora während seines langen Lebens zu
seiner Lieblingsbeschäftigung gemacht. Nachdem er in
Neckarbischofsheim und in
Trebur bei Groß-Gerau 24 Jahre zur
vollsten Zufriedenheit seiner Gemeinden, in denen er Tora und
G'ttesfurcht verbreitete, als Lehrer und Vorbeter segensreich gewirkt,
versah er vom Jahre 1859 an bei der hiesigen Religionsgesellschaft eine
Reihe von Jahren in gewissenhafter und pflichtgetreuer Weise das Amt eines
Schochet. 26 Jahre lang fungierte er als Rabbi und Vorbeter bei dem 3.
israelitischen Krankenverein dahier, in welchem seine von Herzen kommende
und zu Herzen dringende Vortragsweise der Gebete die Anwesenden zu Andacht
stimmte.
Auch wir beklagen in dem Dahingeschiedenen einen fleißigen, treuen und
gewissenhaften Mitarbeiter. Seit der Gründung des 'Israelit' war Herr
Gutmann an den vielverzweigten Arbeiten unserer Expedition beschäftigt.
Wir und mit ihm seine zahlreichen Freunde werden dem Verstorbenen stets ein
ehrendes Andenken bewahren. Möge seine Seele eingebunden sein in den Bund
des Lebens."
Anmerkungen: - Schochet: Schächter
- 'Israelit':
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Israelit |
Zur Geschichte der Synagoge
Die Synagoge in Jochsberg wurde 1804 erbaut. In dem Gebäude befanden sich
auch Schulräume und ein rituelles Bad. Nach 1840 stand größere
Renovierungsarbeiten an, die jedoch die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde
überstiegen. Daher wurde bei der Regierung die Durchführung einer Kollekte in
den jüdischen Gemeinden des Landes (sc. Bayern) beantragt. Die Kollekte wurde
genehmigt. Es konnte wohl noch 1842 die Synagoge renoviert werden.
Die Durchführung einer Kollekte
zur Reparatur der Synagoge (1842)
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Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 1. Februar 1842: "17. Januar 1842. An die fürstlich Löwensteinische
Regierungs- und Justizkanzlei in Kreuzwertheim und an sämtliche
Distrikts-Polizeibehörden des Regierungs-Bezirks.
(Die Gesuche der israelitischen Gemeinden
Leutershausen und Jochsberg
um die Bewilligung von Kollekten zur Reparatur ihrer Synagoge betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Seine Majestät der König haben allergnädigst zu gestatten geruht, dass
zur Aufbringung der Kosten für die Reparaturen in Leutershausen und
Jochsberg, in Mittelfranken, Kollekten bei allen israelitischen Gemeinden
des Königreiches veranstaltet werden. Die Distrikts-Polizei-Behörden werden
daher angewiesen, diese Kollekte bei sämtlichen israelitischen
Kultus-Gemeinden durch die Kultusvorsteher vornehmen zu lassen, und den
Ertrag an das Expeditions-Amt der unterfertigten königlichen Stelle
einzusenden. Das Resultat der Kollekte ist binnen 3 Wochen berichtlich anher
anzuzeigen.
Würzburg, 12. Januar 1842.
Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern.
Graf Fugger. Schwemmer, Sekt." |
Als
die jüdische Gemeinde 1920 aufgelöst wurde, ist das Synagogeninventar in der
Zeitschrift "Der Israelit" zum Kauf
angeboten worden. An Inventar war vorhanden: Fünf Seforim (Torarollen),
zwei Perochaus (also Toravorhänge vor dem Toraschrein),
vier Messingleuchter (zur Beleuchtung der Synagoge), ein Taß (Schmuck der Torarolle), ein
Almemor (Vorlesepult),
ein Oraun Hakaudesch (Toraschrein), Stände (traditionelle
Stehpulte) und Bänke:
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juli 1920:
"Infolge Auflösung der Gemeinde Jochsberg wird die Einrichtung der
dortigen Synagoge im Ganzen oder einzeln dem sofortigen Verkaufe
unterstellt. Sie besteht aus 5 Seforim, 2 Perochaus (eines davon ist
Altertum), 4 Messingleichter, 1 Taß, 1 Almemor, 1 Orann Hakeudesch,
Stände und Bänke. Interessenten steht die Besichtigung frei und sind
Angebote an die Israelitische Kultusgemeinde Leutershausen, Mittelfranken
zu richten. Falk Stern, Kultusvorstand." |
Das Synagogengebäude wurde um 1920 verkauft und zu einem Wohnhaus mit Stall
umgebaut. In der früheren Schule befindet sich seitdem eine Wohnung, im
früheren Betsaal ein Stall. Die Ballustrade der Synagoge wird als Einfassung
für den Misthaufen verwendet; ein Hochzeitsstein war bis 2004 vorhanden. Seit
November 2004 ist er in der Dauerausstellung des Jüdischen Museums
Schnaittach
zu sehen.
Adresse/Standort der Synagoge: Am Ring 15
Fotos
(Fotos: Ulrich Metzner, Feuchtwangen, Aufnahmen von 2005)
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Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge in Jochsberg von verschiedenen Seiten (von links:
Südost / Süd / Straßenseite) |
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Der Chuppastein der Synagoge
Jochsberg, seit 2004 im Jüdischen Museum in Schnaittach (Quelle:
Ausschnitt aus Pressefoto
N-ERGIE, Foto: Olaf Jaeschke) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 163-164. |
| Karl Ernst Stimpfig: Die Juden in Leutershausen,
Jochsberg, Colmberg und Wiedersbach. Leutershausen 2000. ISBN
3-922-175-42-2. |
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Spuren jüdischen Lebens rund um den Hesselberg. Kleine Schriftenreihe Region Hesselberg Band
6.
Hrsg. von Gunther Reese, Unterschwaningen 2011. ISBN
978-3-9808482-2-0
Zur Spurensuche nach dem ehemaligen jüdischen Leben in der Region Hesselberg lädt der neue Band 6 der
'Kleinen Schriftenreihe Region Hesselberg' ein. In einer Gemeinschaftsarbeit von 14 Autoren aus der Region, die sich seit 4 Jahren zum
'Arbeitskreis Jüdisches Leben in der Region Hesselberg' zusammengefunden haben, informieren Ortsartikel über Bechhofen, Colmberg,
Dennenlohe, Dinkelsbühl, Dürrwangen, Feuchtwangen, Hainsfarth, Heidenheim am Hahnenkamm, Jochsberg, Leutershausen,
Mönchsroth, Muhr
am See (Ortsteil Altenmuhr), Oettingen, Schopfloch, Steinhart,
Wallerstein, Wassertrüdingen und Wittelshofen über die Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinden. Am Ende der Beiträge finden sich Hinweise auf sichtbare Spuren in Form von Friedhöfen, Gebäuden und religiösen Gebrauchsgegenständen mit Adressangaben und Ansprechpartnern vor Ort. Ein einleitender Beitrag von Barbara Eberhardt bietet eine Einführung in die Grundlagen des jüdischen Glaubens. Eine Erklärung von Fachbegriffen, ein Literaturverzeichnis und Hinweise auf Museen in der Region runden den Band mit seinen zahlreichen Bildern ab. Das Buch ist zweisprachig erschienen, sodass damit auch das zunehmende Interesse an dem Thema aus dem englischsprachigen Bereich
abgedeckt werden kann, wie Gunther Reese als Herausgeber und Sprecher des Arbeitskreises betont. Der Band mit einem Umfang von 120 Seiten ist zum Preis von
12,80 €- im Buchhandel oder im Evangelisch-Lutherischen Pfarramt
Mönchsroth, Limesstraße 4, 91614 Mönchsroth, Tel.: 09853/1688 erhältlich
E-Mail: pfarramt.moenchsroth[et]elkb.de |
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