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Baden-Württemberg
Lahr/
Schwarzwald mit Stadtteil Dinglingen (Ortenaukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In Lahr bestand bereits im Mittelalter
eine jüdische Gemeinde, die bei der Judenverfolgung während der Pestzeit 1349
vernichtet wurde (vgl. Angaben unten beim Abschnitt zur Synagoge).
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts war in Lahr wiederum die Niederlassung
von Juden möglich. Nach 1862 zogen vermehrt Juden in die aufblühende
Industriestadt. Unter den ersten waren: Isak Herbst aus Rappenau,
der 1863 ein Schuhgeschäft eröffnete; Lazarus Maier aus Eichstetten,
der 1865 eine Eisenhandlung am Bärenplatz gründete; Samuel Rosenstiel aus Schmieheim
mit einer Altwarenhandlung in der Stadt (1870), Karl Haberer aus Friesenheim
mit einem Schuhgeschäft am Urteilsplatz (1876). 1875 wurden 48 jüdische
Einwohner in der Stadt gezählt. Von den 17 männlichen Gemeindegliedern im Jahr
1888 (Gründungsjahr der Gemeinde) stammten neun aus Schmieheim,
drei aus Nonnenweier,
je einer aus Friesenheim,
Gailingen, Eichstetten,
Feudenheim
und Rappenau.
Am 22. Juni 1888 wurde die jüdische Gemeinde begründet. An Einrichtungen
hatte die Gemeinde eine Synagoge (Betsaal, s.u.) und eine Religionsschule. Die
Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Schmieheim
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war seit 1888 ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war (vgl.
Ausschreibungstexte unten). Als Aushilfskantor war nach 1896 in Lahr Bernhard
Kahn tätig (verheiratet mit Thekla geb. Rohrbacher), der aber später ertaubte
und seinen Dienst nicht mehr ausüben konnte. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk
Schmieheim, nach Verlegung des Rabbinatssitzes 1893 zum Rabbinatsbezirk
Offenburg.
1900 lebten 141 jüdische Personen in der Stadt (1,1 % von insgesamt
13.577 Einwohnern); die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um
1905 mit 143 Personen erreicht, um danach langsam zurückzugehen: 1925 118
(0,8 % von insgesamt 14.075 Einwohnern), 1933 96 jüdische Einwohner. Seit 1891
gehörten auch die in Dinglingen lebenden jüdischen Personen zur
Gemeinde in Lahr (1875 7, 1900 17, 1925 1 jüdischer Einwohner).
Auf dem Gefallenendenkmal des jüdischen Friedhofs Schmieheim
sind die Namen der vier jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus
Lahr verzeichnet: Friedrich [Fritz] Kahn (geb. 10.8.1897 in Lahr, gef.
25.7.1917), Robert Kahn (geb. 3.6.1884 in Kehl, gestorben im Lazarett
Triberg 9.10.1918), Philipp
Schnurmann (geb. 9.9.1891 in Lahr, gef. 4.7.1918), Herbert Wertheimer (geb.
21.12.1891 in Kippenheim, gef. 25.3.1918).
Um 1924 waren die Gemeindevorsteher Karl Maier und Ludwig Kaufmann. Der
Religionsunterricht der damals sieben schulpflichtigen jüdischen Kinder wurde
durch Hauptlehrer Salomon Bergheimer (in Lahr als Lehrer und Kantor seit
1906, siehe Bericht unten) erteilt. 1932 waren die Gemeindevorsteher
Berthold Ullmann (1. Vors.) und Dr. Ernst Hoffmann (2. Vors.). Weitere vier
Gemeindemitglieder gehörten dem Vorstand an. Lehrer Bergheimer hatte damals 12
Kindern Religionsunterricht zu erteilen. Als Schochet kam Herr Schwab aus Schmieheim
regelmäßig nach Lahr.
Von den bis nach 1933 bestehenden, jüdischen Familien gehörenden Handels-
und Gewerbebetrieben sind vor allem zu nennen: Zigarrenfabrik Isak Bloch (Voelckerstraße
1/11), Kurzwarenhandlung Nathan und Simon Dreyfuß (Marktplatz 5),
Herrenbekleidungshaus Adolf Friedmann (Kaiserstraße 27), Metzgerei und
Weinstube Karl Haberer (Zollamtsstraße 5), Schuhgeschäft Leo und Eugen Haberer
(Friedrichstraße 6), Eisenwarenhandlung Lazarus (später Carl) Maier (Kirchstraße
28), Ledergroßhandlung Berthold Ullmann (Alte Bahnhofstraße 3), Metallwerk
Hugo Weil, Fa. Oscar Weil (Tramplerstraße 27-31), Kaufhaus Wohlwerth (Marktstraße
52). Zu den jüdischen Kaufleuten und Händler kamen einige Lehrer (Bergheimer,
Kahn), Ärzte (Dr. Selma Wertheimer, Dr. Ernst Hofmann, Praxis Bismarckstraße
2) und Juristen (Hauser, Weinberg).
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 setzten auch in Lahr
die Repressalien gegen die jüdischen Bewohner ein. Von Jahr zu Jahr wurden
diese wie in ganz Deutschland immer mehr entrechtet und diffamiert, ihre Geschäfte
boykottiert. Ein Teil der jüdischen Einwohner konnte in der Folgezeit
emigrieren. Der Novemberpogrom 1938 wurde in Lahr vor allem von
Mitgliedern der Gebietsführerschule der Hitlerjugend durchgeführt. Die
Schaufensterscheiben der noch bestehenden jüdischen Geschäfte wurden
zerschlagen, die Fenster der jüdischen Häuser und Wohnungen eingeworfen, Möbel
auf die Straße geworfen. Auch der Betsaal wurde völlig demoliert (s.u.). 1939
mussten die hier noch lebenden jüdischen Einwohner in sogenannten "Judenhäusern"
zusammenziehen (z.B. im Haus Schlosserstraße 5/7). Am 22. Oktober 1940
wurden die letzten 21 jüdischen Bewohner der Stadt nach Gurs deportiert.
Von den in Lahr geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945") sowie bei H. Kattermann
s.Lit. unten): Alfred
Auerbacher (1938), Jakob Auerbacher (1880), Martha Auerbacher geb. Seligmann
(1903), Betty Baum geb. Meyer (1900), Leo Baum (1889), Margot Baum (1927), Hilde
Bergheimer geb. Zivi (1897), Lehrer Salomon Bergheimer (1887), Hilde Bernthal
(1893), Josef Bloch (1886), Tony Bloch geb. Baum (1889), Klara David geb. Kahn
(1879), Emma Dreyfuss geb. Wartensleben (1892), Ernst Dreyfuss (1884), Klara
Dreyfuss geb. Dessauer (1865), Ernst Fetterer (1906), Clara Frank geb. Meier
(1885), Max Frank (1880), Adolf Friedmann (1872), Bertha Friedmann geb.
Weinberger (1876), Ludwig Grünbaum (1904), Max Günzburger (1874), Anna Haberer
geb. Neuhaus (1883), Fanny Haberer geb. Baum (1887, Hilde Haberer geb. Wurmser
(1886), Julie Haberer (1892), Marie Haberer (1866), Toni Heimann verh.
Lindheimer (1904), Bella Isenberg geb. Kahn (1901), Jeanette Kahn (1864), Thekla
Kahn geb. Rohrbacher (1868), Thekla Kahn verh. Schweitzer (1877), Martin Krause
(1892), Mina Krause geb. Wertheimer (1892), Hans Herbert Lederer (1921), Jenny
Lederer geb. Wertheimer (1895), Leopold Lederer (1889), Walter Lederer
(1924), Auguste Löb geb. Hannover (1871), Karoline Löwenstein (1895), Rudolf Löwenthal (1908), Berthold Maier
(1877), Charlotte Maier geb. Dreyfuß (1885), Johanna Marx verwitwete
Oppenheimer geb. Dreyfuß (1887), Irma Neumann geb. Ullmann (1880), Frieda
Schnurmann verh. Fried (1877), Johanna Schnurmann (1864), Hermine Helene Stern
geb. Kahn (1874), Martin Stern (1879), Berthold (Bernhard) Ullmann (1884), Elsa
Ullmann geb. Heilbronner (1889), Johanna Ullmann geb. Scheich (1891), Oskar
Ullmann (1879), Bertha Weil geb. Schnurmann (1873), David Theo Weil (1900),
Moritz Weil (1873), Siegfried (Fritz) Weil (1882), Fanny Weinberg geb. Model
(1897), Max Weinberg (1884), Tilly Weißbart (1883), Kurt Wertheimer (1905).
Auf dem Friedrich-Ebert-Platz erinnert ein Mahnmal zur Erinnerung der jüdischen
Einwohner Lahrs in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich (siehe Fotos
unten). Ein
identisches Mahnmal aus Lahrs steht in der zentralen Gedenkstätte
in Neckarzimmern.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1887 /
1893 / 1900 / 1901 / 1903 beziehungsweise eines Aushilfskantors 1924
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1887:
"In
Lahr (Baden) soll zum ersten Male ein israelitischer Kantor,
Religionslehrer und Schächter angestellt werden.
Das Fixum beträgt 800 Mark. Nebeneinkünfte ca. 150 Mark.
Wenn derselbe eine gute Handschrift hat und Geschäftsbücher führen
kann, findet er in den größeren Geschäftshäusern Lahr's erheblichen
Nebenverdienst.
Da in Lahr noch kein Gemeinde-Vorstand existiert, so sind Meldungen
und Anfragen wegen der Stelle bis Mitte November ausschließlich an den
Unterzeichneten zu richten.
Schmieheim (Baden), im Oktober 1887: Großherzogliche
Bezirks-Synagoge. Dr. M. Ravicz." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Oktober 1893:
"In der israelitischen Gemeinde Lahr ist die Stelle eines
Vorsängers,
Schächters und Religionslehrers sofort zu besetzen.
Gehalt 850, Schechitagebühren 300, sonstige Nebeneinkünfte ca. 150
Mark.
Ledige Kandidaten, welche im Besitz guter Zeugnisse sind, wollen sich bis
längstens 15. November dieses Jahres bei dem Unterzeichneten
melden.
Offenburg (Baden) im Oktober 1893. Die Bezirks-Synagoge. Dr. M.
Ravicz." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1900:
"In
der israelitischen Gemeinde Lahr (Baden) ist die Stelle eines Religionslehrers,
Vorsängers und Schächters sofort zu besetzen. Das jährliche
Einkommen inklusive Schechita beträgt ca. 1.400 Mark und falls die
Befähigung zur Erteilung des Religionsunterrichts am Gymnasium
nachgewiesen wird, kommen weitere 180 Mark hinzu. Außerdem ist
Gelegenheit zu sonstigen Nebenverdiensten vorhanden. Berücksichtigt
werden nur unverheiratete Bewerber und sind Meldungen mit abschriftlichen
Zeugnissen bis zum 15. November dieses Jahres an den Unterzeichneten zu
richten.
Offenburg (Baden), im Oktober.
Die Bezirks-Synagoge: Dr. M. Rawicz." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1901:
"Die
Stelle eines Religionslehrers, Schächters und Vorsängers in Lahr
(Baden) wird von Neuem zur Bewerbung ausgeschrieben. Das jährliche
Einkommen beträgt ca. 1.400 Mark und bei Übernahme des
Religionsunterrichts am Gymnasium kommen weitere 180 Mark hinzu. Nur
staatlich geprüfte Lehrer, die auch im Kantorate etwas leisten, können
berücksichtigt werden. Meldungen mit Zeugnisabschriften sind bis 1. April
dieses Jahres an den Unterzeichneten zu richten.
Offenburg (Baden).
Die Bezirkssynagoge:
Dr. M. Rawicz." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 9. Juli 1903:
"Durch die Berufung des bisherigen Lehrers nach Heilbronn, ist
die
Vorsänger-, Schächter- und Religionslehrerstelle
in Lahr (Baden), neu zu besetzen. Das Fixum beträgt 850 Mark,
Einkünfte aus der Schechita 300 Mark, sonstige Gefälle ca. 100 Mark.
Für Übernahme des Rechner- und Ratschreiberdienstes bei der
israelitischen Gemeinde sind 90 Mark und für Erteilung des
Religionsunterrichts an der Realschule 80 Mark ausgeworfen, sodass mit der
Stelle ein Einkommen von 1420 Mark verbunden ist. Außerdem ist
Gelegenheit zu Nebenverdiensten in Lahr vorhanden. Berücksichtigt werden
nur unverheiratete Bewerber und wollen solche ihre Meldungen mit
Zeugnisabschriften bis 1. August dieses Jahres bei dem Unterzeichneten
einreichen.
Offenburg (Baden), im Juli 1903. Die Bezirks-Synagoge:
Dr. M. Rawicz." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1924:
"Aushilfskantor
für die Spätjahrsfeiertage gesucht.
Israelitische Kultusgemeinde
Lahr." |
Lehrer Salomon Bergheimer kommt nach Lahr
(1906)
Aus
einem Bericht über Entscheidungen des Oberrates in Baden im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. November
1906: "Besetzt wurden folgende Religionslehrerstellen: Lahr durch
Lehrer S. Bergheimer von Diersburg..." |
Anmerkung: Lehrer Salomon Bergheimer war
bis in die NS-Zeit Lehrer und Kantor der Gemeinde. Er ist 1936 nach
Mannheim verzogen und wurde von dort 1940 nach Gurs verschleppt, später nach
Auschwitz, wo er ermordet wurde. |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Prozess vor dem Schöffengericht Lahr 1908
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1908: "Lahr,
2. Oktober 1908. Ein interessanter Beleidigungsprozess spielte sich
gestern vor dem hiesigen Schöffengericht ab. Angeklagt war der Rentier Joseph
Kaufmann aus Lahr wegen Beleidigung des Hauptmanns von Denicke vom
Infanterie-Regiment Nr. 169. Der Angeklagte hatte behauptet, der Hauptmann
habe einen Einjährigen Dreyfuß seines israelitischen Glaubens wegen bei
seiner Beförderung übergangen. Die Anklage wurde auf Antragt des
Regiments erhoben. Die Verteidigung des Angeklagten lag in den Händen des
Rechtsanwalts Dr. Frank - Mannheim. In der Beweisaufnahme gab der als
Zeuge einvernommene Oberst von Randow auf Befragen des Verteidigers zu,
dass im Laufe des letzten Jahres eine kaiserliche Kabinettsorder durch den
Kriegsminister den Regimentern zur Kenntnis gebracht worden sei, in der
bestimmt wird, dass bei militärischen Beförderungen keinerlei
Unterschiede zwischen den Angehörigen der verschiedenen Konfessionen
gemacht werden dürfe. Er - der Oberst - fasse diese Kabinettsorder so
auf, dass sich diese Ordner nicht nur auf die Beförderung von Katholiken
und Protestanten, sondern auch auf die Beförderung von Juden beziehe, und
er fühle sich schwer beleidigt, wenn ihm jemand den Vorwurf mache, dass
er einer Allerhöchsten Kabinettsorder zuwiderhandle. Das Urteil des
Gerichts lautete auf 50 Mark Geldstrafe. Der Prozess ist vor allem deshalb
von Bedeutung, weil in ihm zum ersten Male authentisch die Existenz der
Kaiserlichen Kabinettsorder betreffs die gleichmäßige Berücksichtigung
aller Konfessionen bei militärischen Beförderungen festgestellt worden
ist." |
Persönlichkeiten und auf sie bezogene
Erinnerungsmale
Ludwig Frank. Der aus Nonnenweier stammende spätere Rechtsanwalt wohnte 1885 bis 1897 in Lahr (1893 Abitur am Gymnasium Lahr); an ihn erinnern in Lahr die Ludwig-Frank-Straße und das Seniorenzentrum
"Ludwig-Frank-Haus" (Marie-Juchacz-Straße 8).
Das Hedwig-Wachenheim-Haus (Am Schützenplatz 15) ist nach der aus Mannheim stammenden jüdischen Sozialpolitikerin und Publizistin benannt.
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Zum Tod von Robert Kahn aus Lahr im
Lazarett in Triberg (1918)
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 17. Oktober 1918: "Todesanzeige.
Unser hervorragend seelenguter, treusorgender lieber Sohn, Bruder, Onkel,
Neffe und Vetter
Kanonier Robert Kahn Inhaber der württembergischen Tapferkeitsmedaille
ist uns im vollendeten 34. Lebensjahr ganz unerwartet rasch in einem Lazarett in
Triberg durch den Tod
entrissen worden.
Schmerzerfüllt und tiefbewegt machen
wir hiervon Mitteilung.
In schwerstem Leide: Familie Leopold Kahn Witwe. Lahr in Baden. " |
Hochzeitsanzeige von Willy Hirsch und Ruth geb.
Ottenheimer (1935)
Anmerkung: Willy Jakob Hirsch (geb. 29. März 1898 in Karlsruhe) war
als Kaufmann und Vertreter tätig, wohnte 1931 in Lahr, Luisenstraße 14. Er
heiratete am 22. August 1935 Ruth geb. Ottenheimer (geb. 15. Februar 1908
in Ludwigsburg als Tochter von Adolf Ottenheimer und Henriette geb. Eichengrün,
die beide nach der Deportation in Maly Trostinec ermordet worden), als
Kontoristin tätig, angestellt in der Kanzlei von Rechtsanwalt Dr. Julius Schmal
in Ludwigsburg (1933 geschlossen), dann beim jüdischen Oberrat in Stuttgart und
schließlich in Feuerbach. Nach der Eheschließung wohnte das Paar in Lahr;
beide waren beim Einheitspreisgeschäft tätig; beide sind 1937 in die USA
emigriert. 1939 ist Sohn Ernest geboren. Um 1964 lebte das Ehepaar Hirsch in
Brooklyn, seit 1968 in Kalifornien (noch um 1980 in Albany, CA.). Sohn Ernest
hat den Grad eines Ph.D. in physikalischer Chemie erworben (verheiratet in
Kalifornien, drei Töchter). Quelle: Hahn, Jüdisches Leben in Ludwigsburg S.
493-494.
Ruth Hirsch geb. Ottenheimer starb am 22. Januar 1989 in Alameda Ca. http://www.geni.com/people/Ruth-Hirsch/6000000027649880019
Willy (William) Hirsch starb am 4. Januar 1985 in Contra Costa County, Ca http://www.geni.com/people/William-Willy-Hirsch/6000000027649938215
Artikel in der "Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. August 1935:
"Ihr Vermählung geben bekannt
Willy Hirsch - Ruth Hirsch geb. Ottenheimer
Lahr i. Baden Amtmann-Stein-Str. 12 -
Ludwigsburg.
Trauung: 25.8., 1 Uhr, Synagoge Ludwigsburg.
Hochzeit: Restaurant Bloch, Stuttgart". |
Zur Geschichte des Betsaals/der Synagoge
Mittelalterliche
Gemeinde. Das
mittelalterliche Wohngebiet lag in der "Judengasse" (heute
südlicher Bereich des Marktplatzes - ehem. Vorderer Meierhof -
und Metzgerstraße zwischen Marktstraße und Schillerstraße), wo sich im Bereich
Ecke Metzgerstraße/Schillerstraße die Synagoge und ein "Judenbrunnen"
befanden. Der Judenbrunnen, die Judengasse und ein Jude namens Michel werden im
Lahrer Bürgerbuch von 1356 genannt.
Die "Judengaß" hatte nach dem Plan der Stadt Lahr von 1723 einen
direkten Zugang zur Marktstraße durch einen bis heute erhaltenen "Gotischen
Torbogen" aus dem 15. Jahrhundert unmittelbar neben der mittelalterlichen "Metzig"
(Fleischverkaufsstelle der Stadt; über dem Durchgang - vom Marktplatz gesehen -
noch Rest eines spätgotischen Fensters).
Auf einem Plan von 1791 (Plan der mittelalterlichen Stadt Lahr nach der
ersten Vermessung von Deißinger aus dem Jahre 1791) sind "Judengasse" und der
Brunnen gegenüber dem Plan von 1723 nur noch in einem Teilbereich - zwischen dem ersten und zweiten Mauerring gelegen - eingetragen: die
Judengasse links der Mitte des Planes; in der Mitte der Gasse ein Punkt, der den
Judenbrunnen markiert.
Wann - vermutlich zur Vergrößerung des Marktplatzes - ein Teil der Judengasse
abgebrochen wurde, ist nicht bekannt. Auch die heute erhaltenen Gebäude im
Bereich der früheren "Judengasse" gehen nicht auf mittelalterliche Zeiten
zurück.
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Eintragung
der "Judengasse" im Plan der Stadt Lahr von 1723. Die "Judengaß"
hatte direkten Zugang über ein Tor zur Marktstraße; dieses Tor gegenüber der
"Kirchgaß" (Kirchstraße) ist bis heute erhalten. Am Ende der "Judengaß" ist
im Plan von 1723 der Standort der "Judenschul" (Synagoge) eingetragen. |
Im
Plan von 1791 ist nur noch ein Teil der ursprünglichen "Judengasse"
eingetragen. Der Durchgang von der Marktstraße (bei der "Metzig" Nr. 27) ist
erkennbar.
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Durchgang
von der Marktstraße zur früheren Judengasse mit Hinweis auf den "Gotischen
Torbogen" und die Reste des gotischen Fensters.
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Ehemalige
"Judengasse" im südlichen
Bereich des Marktplatzes |
Die Gemeinde des 19./20. Jahrhunderts
konnte 1888
einen Betsaal im Obergeschoss des Hauses Bismarckstraße 12 einrichten.
Am 27. September war die Einweihung des Saales, verbunden mit der Einweihung
einer neuen Torarolle, die David Weill aus Kippenheim gestiftet hatte.
Bezirksrabbiner Dr. Victor Meyer Rawisz aus Schmieheim hielt die Weiherede. Der
Lahrer Gemeinderat wurde zu diesem Fest eingeladen, einige Mitglieder waren auch
erschienen. Nach der religiösen Feier folgte ein Festessen mit Tanz im Gasthaus
zur Sonne.
Der Betsaal war sehr schlicht eingerichtet, ohne farbigen
Wandschmuck. Männer und Frauen saßen in voneinander getrennten Bankreihen. In
der Mitte vor der Gemeinde war auf einem Tisch ein einfacher Toraschrein
aufgestellt, daneben eine Menora. Davor hatte, etwas erhöht, der Vorbeter
seinen Platz. Links vorne stand ein Harmonium. Ein Sängerchor – bestehend aus
einigen Kindern und mehreren der jüdischen Frauen – fand seinen Platz neben
dem Harmonium.
Aus der Broschüre von H. Kattermann S. 11-12 über "Kulträume und
Gottesdienst" in Lahr: "Die Kulträume waren sehr schlicht
eingerichtet, ohne farbigen Wandschmuck. Männer und Frauen saßen getrennt in
zwei Bankreihen, wie das in Synagogen üblich ist. In der Mitte vor der Gemeinde
war aufn einem Tisch die Torarolle aufgestellt und daneben der siebenarmige
Leuchter. Davor stand, etwas erhöht, der Vorleser, um aus der Tora ... den
jeweiligen Text vorzulesen. Über der Kanzel hing das ewige Licht.
Links vor der Gemeinde standen Harmonium und Sängerchor. Herr Götz Samuel
Hauser (geb. 1924) ... berichtet in einem Brief: "Herr Salomon
Bergheimer war Kantor und war auch wie ein Rabbiner tätig. Er war auch
gleichzeitig Lehrer für Religion.
Gottesdienst war jeden Freitag abend und Samstag morgen und natürlich an allen
Festtagen. Frau Hofmann (Frau von Dr. Hofmann) spielte Harmonium, während der Sängerchor
(wir Kinder und ein paar der Frauen) sang. An Festtagen sang Frau Hofmann solo
(bei der Seelenfeier am Versöhnungstag immer Schuberts Lied: 'Allerseelen').
An hohen Feiertagen wurde auch das Schofarhorn geblasen, eine schwere Kunst,
anfangs des Jahrhunderts blies es Viehhändler Leopold Wertheimer.
Der Religionsunterricht war in einem Zimmer neben dem Betsaal und später auch
in einer der Wohnungen. Ruth Hofmann und ich hatten (nach 1933) unseren
Unterricht in unserer Wohnung. http://www.badische-zeitung.de/lahr/wenn-das-haus-geschichte-atmet--85229310.html
In den Jahren 1934/36 wanderten verschiedene Familien schon aus, und es war dann
am Samstag morgen schon schwieriger 'Minien' zu bekommen... Die Festtage waren
immer sehr festlich und der Betsaal war ziemlich
voll".
|
Beim Novemberpogrom 1938 wurde der Betsaal von
Mitgliedern der Gebietsführerschule der Hitlerjugend in Lahr demoliert. Sie
warfen die Kultgegenstände aus dem Betsaal auf die Straße. Nach 1938 war noch ein Betsaal im Haus der jüdischen
Familie Schnurmann vorhanden (Schlosserstraße 7). In dieses Haus wurden 1939/40
auch einige Familien, die noch in Lahr geblieben waren, zwangsweise einquartiert
("Judenhaus").
Das Haus des Betsaales Bismarckstraße 12 ist als Wohnhaus
erhalten. Eine Gedenktafel ist angebracht.
Fotos
Historisches Foto:
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2011:
Putzaktion für die "Stolpersteine" in
der Stadt |
Artikel von "zena" in der
"Badischen Zeitung" vom 19. November 2011: "Glänzende
Stolpersteine, weiße Rosen und Kerzen.
Lahr. Fünf Stolpersteine sind in den Boden in der Lotzbeckstraße 15
eingelassen. Dort hat die jüdische Familie Lederer gewohnt, die am 22.
Oktober 1940 ins südfranzösische Gurs deportiert wurde. Vergangenen
Donnerstag hat die Regionalgruppe Geroldsecker Land des Historischen
Vereins für Mittelbaden in ihrer jährlichen Stolperstein-Aktion den
Lahrer Juden gedacht..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei. |
|
März/Mai 2014:
2014 werden weitere "Stolpersteine"
verlegt |
Ende 2013 hat die Regionalgruppe
Geroldsecker Land des Historischen Vereins für Mittelbaden die organisatorische Betreuung der Verlegung der Stolpersteine in Lahr übernommen. 2014 sollen insgesamt 19 Gedenksteine für Opfer des Nationalsozialismus verlegt werden.
Link
zu einer Pressemitteilung bei bo.de |
|
19 Stolpersteine werden diesmal verlegt (veröffentlicht am Mo, 19. Mai 2014 auf badische-zeitung.de) |
19 weitere Stolpersteine werden in Lahr verlegt (veröffentlicht am Mi, 21. Mai 2014 18:24 Uhr auf badische-zeitung.de) |
Wenn das Haus Geschichte atmet (veröffentlicht am Fr, 23. Mai 2014 auf badische-zeitung.de) |
Hinweis: "Stolpersteine" wurden
verlegt für folgende jüdische Personen: Adolf Friedmann, Bertha
Friedmann, Erich Friedmann, Leo Haberer, Anna Haberer, Hilda Haberer,
Hilda Haberer geb. Wurmser, Marie Haberer, Eugen Haberer, Hede Haberer,
Karoline Groß, Delphine Kassewitz geb. Haberer, Bernhard Berthold
Ullmann, Johanna Ullmann geb. Schweich, Hans Siegbert Ullmann, Edith
Ullmann, Ruth Ullmann. vgl. Informationen bei
https://stolpersteine-guide.de/map/staedte/199/lahrschwarzwald |
"Erinnerung
an das Schicksal Johanna Ullmanns" (Artikel in der
Lahrer Zeitung vom 3. September 2014) |
|
Oktober 2014:
Über
die Recherchen von Norbert Klein zur Reichspogromnacht in Lahr 1938 |
Es gab kein Interesse an der Wahrheit (veröffentlicht am Do, 16. Oktober 2014 18:48 Uhr auf badische-zeitung.de) |
|
November 2014: Buch über Stolperstein-Opfer
erschienen -
fünf weitere "Stolpersteine" wurden verlegt |
Schüler haben ein Buch über Stolperstein-Opfer zusammengestellt (veröffentlicht am Fr, 28. November 2014 16:32 Uhr auf badische-zeitung.de)
Artikel von Endrik Baublies in der "Lahrer Zeitung" vom 28. November 2014: "Lahr.
Das Vergessen verhindern
Lahr. Stolpersteine gibt es in der Stadt seit dem Jahr 2004. Schüler
der Klasse 10a, Jahrgang 2013/14 der Friedrichschule, haben jetzt ein Buch
'Stolpersteine in Lahr' veröffentlicht.
Derzeit gibt es in der Stadt mehr als 20 Stolpersteine, die Orte markieren,
wo Mitbürger lebten, die Opfer der Verfolgungen im Dritten Reich geworden
sind. Das Buch erzählt aber mehr. Hildegard Katterman engagierte sich als
Lehrerin in der Stadt in den 50er- und 60er-Jahren für eine offensive
Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus. Damals eckte sie damit an. Im
Buch 'Stolpersteine in Lahr' wird auch an diese Frau und ihr Engagement
erinnert."
Link zum Artikel
Artikel von Burkhard Ritter in "baden-online" bo.de vom 27. November 2014:
"Lahr. Fünf neue Stolpersteine
Lahr. Der Kölner Kunstschaffende Gunter Demnig hat gestern Nachmittag
vor dem Haus Lotzbeckstraße 13 fünf Stolpersteine verlegt. Die Gedenksteine
sind den jüdischen Familien Isenberg und Kahn gewidmet, die von 1922 bis
1939 in dem Haus des ehemaligen Café Bauer gewohnt hatten.
An das Leben und Schicksal der beiden verwandten Familien erinnerte
beim gestrigen Zeremoniell Norbert Klein von der Regionalgruppe Geroldsecker
Land des Historischen Vereins Mittelbaden. Fred Isenberg war mit drei Jahren
einst der jüngste jüdische Lahrer, der 1940 von den Nazis nach Gurs
deportiert wurde. Dass er heute noch lebt, hat er einer amerikanischen
Hilfsorganisation zu verdanken, die den Jungen einst aus dem
Deportationslager geschmuggelt hat. Die ehrenamtlich recherchierende
Lahrerin Doris Gerteis hat dies vor einem Jahr ausfindig gemacht und
Briefkontakt mit Fred Isenberg (77) aufgenommen, der in der Nähe von
Phoenix/Arizona lebt.
Einen Vortrag über seine Stolperstein-Verlegungen hielt Gunter Demnig
gestern Abend im früheren Haus der jüdischen Familie Ullmann in der Alten
Bahnhofstraße 3. Zum gleichen Thematik wird heute, Donnerstag, um 17 Uhr in
der Friedrichschule das neue Buch 'Stolpersteine in Lahr' vorgestellt – ein
gemeinsames Projekt von Schülern der Friedrichschule und dem Historischen
Verein Mittelbaden."
Link zum
Artikel |
|
Mai 2015:
Weitere "Stolpersteine" verlegt
vgl. Fotos oben |
Artikel von Endrik Baublies in der "Lahrer
Zeitung" vom 21. Mai 2015: "Erinnerung an das Schicksal der Familie
Dreyfuß
Lahr. Vier neue Stolpersteine auf dem Lahrer Marktplatz erinnern an das
Schicksal der jüdischen Familie Dreyfuß, die im Haus Marktstraße 5
lebte. Karen und Geoffrey Elson, Nachfahren der Lore Dreyfuß, Vertreter der
Stadtverwaltung, des Historischen Vereins und rund 50 Gäste gedachten
gestern mit der Verlegung der Stolpersteine der Lahrer Familie. Norbert
Klein vom Historischen Verein erzählte das Schicksal der Familie: Ernst,
Klara und Emma Dreyfuß starben durch die Verbrechen der Nazis in
Konzentrationslagern. Klara unmittelbar nach der Deportation nach Gurs, die
anderen wurden in Auschwitz ermordet. Lore, die von den Elten als
15-Jährige im Jahre 1936 nach England in Sicherheit gebracht wurde,
überlebte und emigrierte später in die USA, wo sie heiratete. Karen, die
Tochter, die dann den Rabbi Geoffrey Elson heiratete, lebt heute in Ohio.
Lore starb 2008. Das Ehepaar Elson war bei der Verlegung der Stolpersteine
anwesend. Der Rabbi mahnte, dass es keine Zukunft gebe, ohne das Wissen um
die Vergangenheit. Es gelte, Schrecken, Verlust und Trauer zu bewahren.
Stefan Zimmermann hat Kontakt zu Erna Backowies, ebenfalls eine Lahrerin,
die Lore in den USA wiedergefunden hatte. Sie habe, erklärte Zimmermann, die
Idee der Stolpersteine aus den Staaten beharrlich verfolgt. Ihre Botschaft
war als Zeitzeugin der Verbrechen daher besonders eindringlich: 'Die
Geschichte hat Furchtbares hinterlassen.' Aufgrund ihrer 97 Jahre sei es ihr
aber nicht vergönnt, bei der Zeremonie anwesend zu sein.
Das Gedenken an die Opfer der Nazis sei heute eine Selbstverständlichkeit.
Damit hatte Walter Caroli, ehrenamtlicher Stellvertreter des
Oberbürgermeisters, die Zeremonie eröffnet. Er bezeichnete das Gedenken als
eine moralische Aufgabe. Dieser Auftrag sorge für Schutz und bewahre
Mitmenschlichkeit. Thorsten Mietzner, Vorsitzender des Historischen Vereins
in Lahr, sprach von einem 'Moment der Hoffnung'. Die Steine würden nicht nur
die Gegenwart oder die Vergangenheit darstellen, sondern auch an eine
Zukunft mahnen. Mietzner sagte das, angesichts brennender Asylbewerberheime
oder – ein Lahrer Thema – einer Debatte um den Bau einer Moschee. Es gehe um
ein Recht auf Leben und um das der Freiheit. Die Zeremonie sei ein Signal
einer solchen Wunschvorstellung. Der Historiker hatte zuletzt einen
versöhnlichen Gedanken. Ein Prozess wie der dieser Stolpersteine sei heute
auf eine breite Basis und ein entsprechendes zivilgesellschaftliches
Engagements gestellt. Einen kurzen Dank sprach Mietzner Doris Gerteis aus.
Sie ist in Lahr maßgeblich an den Stolpersteinen beteiligt. Bettina Hakuis
begleitete die Zeremonie auf der Querflöte. Joachim Geiger vom Bau- und
Gartenbetrieb zementierte die Steine in das Pflaster. Er vertrat den
Künstler Gunter Demnig, der die Idee der Stolpersteine gehabt hat."
Link zum Artikel |
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September 2015:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Lahr
Vgl. zu Familie Maier Fotos oben, zu Selma Wetheimer
https://stolpersteine-guide.de/map/biografie/2869/selma-wertheimer-friedrichstr.-7
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Artikel von Endrik Baublies in der "Lahrer
Zeitung" vom 10. September 2015: "Lahr Jetzt 52 Stolpersteine in Lahr
Lahr. Vier neue Stolpersteine in Lahr erinnern an das Schicksal der
jüdischen Familie Maier und der Ärztin Selma Wertheimer. Gunter Demnig
verlegte drei der Steine am Eingang des heutigen Tabakhauses in der oberen
Marktstraße und einen vor dem Eingang zum Stiftsschaffneigebäude. Doris
Gerteis, die Organisatorin der Aktion in Lahr, und Juliana Bauer, die
Stadtführungen zum jüdischen Leben in der Stadt macht, erinnerten zuerst in
der Marktstraße 15 an das Schicksal der Familie Maier. Berthold Maier,
der aus Hilsbach bei Sinzheim stammte,
eröffnete dort sein Schuhgeschäft im Jahre 1902. Der Laden dürfte älteren
Einwohnern noch unter dem Namen 'Schlappen Maier' bekannt sein. 1910
heiratete er Charlotte Dreyfuß. Im Jahre 1929 schloss er das Geschäft,
wahrscheinlich aufgrund der Weltwirtschaftskrise, wie Gerteis und Bauer
vermuteten. Die Ächtung begann mit der Machtübernahme durch die Nazis. 1937
musste er sein Gewerbe als Textilvertreter aufgeben. Mit der
Reichspogromnacht im November 1938 wurde Berthold Maier, wie alle männlichen
Juden aus Baden, aus der Pfalz und dem Saarland, in Dachau das erste Mal
eingesperrt. 1940 erfolgte die Deportation nach Gurs. Am 10. August 1942 ist
das Ehepaar in Auschwitz ermordet worden.
Der dritte Stolperstein in der Marktstraße erinnert an den Sohn Otto Maier,
geboren 1915. Er emigrierte 1935 nach Palästina und kämpfte auf der Seite
der Alliierten gegen die Nazis. Er wurde 1944 in Italien verwundet. 1948
fiel Otto Maier im israelischen Unabhängigkeitskrieg. Bei den Lahrer
Stolpersteinen fehlt das Gedenken an den älteren Sohn, Walter Maier. Er
verließ Lahr 1932 zum Studium in Heidelberg. Da die Lahrer Stolpersteine an
Verfolgte und Opfer der Jahre 1933 bis 1945 erinnern sollen, gehört sein
Stolperstein nicht hierher.
Im Gebäude Friedrichstraße 7, dem heutigen Stiftsschaffneigebäude, hatte die
Ärztin Selma Wertheimer ab dem Jahr 1931 ihre Praxis. Hier verlegte Demnig
den vierten Stolperstein (wir haben darüber bereits berichtet). Damit gibt
es in Lahr inzwischen 52 Stolpersteine an 25 Orten. Thorsten Mietzner,
Stadthistoriker und Vorsitzender des der Sektion 'Geroldsecker Land' des
Historischen Vereins Mittelbaden, erinnerte daran, dass die Stolpersteine
nicht als Gedenksteine gedacht seien. 'Sie erinnern an konkrete Menschen,
denen Unrecht angetan wurde.' Es gehe dabei um Unrecht, dass nicht wieder
gut gemacht werden könne. Der Historiker nannte diese Art der Erinnerung
einen 'Stachel in der Gesellschaft'. Damit spannte Mietzner den Bogen von
der braunen Diktatur zur Gegenwart. Es gelte, jeder Form des
Rechtsextremismus oder einem menschenverachtenden Populismus klar
entgegenzutreten."
Link zum Artikel |
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Oktober 2015:
Neues Mahnmal zur Erinnerung an die Deportation
nach Gurs erstellt. |
Am 24. Oktober wurde zum 75. Jahrestag der
Deportation nach Gurs ein Mahnmal aufgestellt (siehe Foto
oben) |
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Oktober 2015:
Führung über "Jüdisches Leben in
Lahr" |
Artikel in der "Badischen Zeitung" vom 29.
Oktober 2015: "Eine Führung zu verschiedenen Stationen in der Stadt.
Jüdisches Leben in Lahr.
Lahr. Eine Führung zum Thema "Das jüdische Lahr" gibt es am Samstag,
14. November. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr der Friedrich-Ebert-Platz.
LAHR (BZ). Die Führung übernimmt die Kunst- und Kulturhistorikerin Juliana
Bauer, Veranstalter ist der Historische Verein Mittelbaden, Ortsgruppe
Geroldsecker Land. Der Friedrich-Ebert-Platz als Ausgangspunkt der Führung
ist ganz bewusst gewählt worden. Denn dort ist am vergangenen Samstag ein
Gedenkstein aus Anlass des 75. Jahrestages der Deportation badischer Juden
nach Gurs am 22. Oktober 1940 enthüllt worden. Dabei handelte es sich um ein
Projekt von Schülerinnen und Schülern des Max-Planck-Gymnasiums. Juliana
Bauer nimmt die Teilnehmer der Führung von dort aus mit zu den Stationen, wo
die jüdischen Bürger und Bürgerinnen einst lebten und arbeiteten. Mit dem
Erlass des Freizügigkeitsgesetzes 1862 zogen vor allem bis Ende des 19.
Jahrhunderts jüdische Familien, meist aus den umliegenden Dörfern, nach
Lahr, erläutert Juliana Bauer. Sie prägten die in Handel und Industrie
aufstrebende Stadt insbesondere als Kaufleute, aber auch als engagierte
Mitbürger. Viele Geschäftshäuser zeugen von ihren früheren Besitzern, die
die Nationalsozialisten – nach Jahren von Boykott und Schikanen – am Abend
des 9. November 1938 ihrer Existenzgrundlage völlig beraubten. So führt der
Weg zu dem ehemaligen Lederwarengeschäft Ullmann, dem einstigen Schuhhaus
Haberer, der ehemaligen Kurzwarenhandlung Dreyfuß und dem früheren Weinlokal
von Karl Haberer, der auch eine koschere Metzgerei führte. Bedeutende
Stationen des Rundgangs sind das Haus in der Bismarckstraße, in dem sich der
1888 eingerichtete Betsaal beziehungsweise die Synagoge der jüdischen
Kultusgemeinde befand und das so genannte Judenhaus in der Schlosserstraße,
wohin jüdische Bürger nach dem 9. November verwiesen wurden. Dorthin wurde –
nach der Schändung der Synagoge – auch der Gebetsraum verlegt. An diesen
Orten werden auch religiöse Riten und Objekte wie die Thorarolle oder die
Menora vorgestellt. Der Rundgang endet einer Rückkehr ins mittelalterliche
Lahr. In der Lamm- und in der Metzgerstraße war bis 1349 das jüdische
Viertel. Für die Teilnahme an der Führung werden zwei Euro erhoben."
Link zum Artikel |
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September 2016:
Auf den Spuren der jüdischen Kultur am
Europäischen Tag der Jüdischen Kultur mit Juliana
Bauer |
Artikel von Stephan Tissot in der
"Mittelbadischen Presse" (baden online.de) am 5. September 2016:
"Lahr/Schwarzwald. Einblicke ins jüdische Leben. Am Tag der jüdischen Kultur macht Juliana Bauer Führung zum ehemaligen jüdischen Leben in Lahr
Die Geschichte der Juden in Lahr ist viel älter, als die Gräuel des Dritten Reiches. Auf Einladung des Historischen Vereins Mittelbaden hat die Kulturhistorikerin Juliana Bauer gestern rund 50 Interessierte durch die Stadt geführt.
Der Rundgang begann gestern am Gurs-Mahnmal zur Erinnerung an die deportierten Juden, das sich auf dem Friedrich-Ebert-Platz befindet. Am Ende der Führung, bei der es viele Stolpersteine zu sehen gab, erzählte die Kunst- und Kulturhistorikerin Juliana Bauer, was man über die Juden des Mittelalters in Lahr wisse. Die Westseite des heutigen Marktplatzes war bis 1876 als Judengasse bekannt. Nachdem die Juden im Jahr 1862 Freizügigkeit bezüglich ihres Wohnortes erhielten und per Gesetz gleichgestellt wurden, zogen viele Juden der Umlandgemeinden in die Stadt. Aber Juden müsse es bereits ab dem frühen 14. Jahrhundert in Lahr gegeben haben. Bauer bemühte dazu das berühmte Bürgerbuch aus dem Jahr 1356, das im Rückblick Juden als
'Bürger von Lahr' erwähnte. Warum im Rückblick? Man sei sich heute sicher, dass sich Juden in Lahr zwischen 1330 und 1349 angesiedelt haben. So erwähnt das Bürgerbuch einen Judenbrunnen und eine Judengasse. Die Gasse sei nur so genannt worden, wenn hier mehrere Familien gewohnt hätten..."
Link
zum Artikel |
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Mai und September
2015, Juni 2016 und Mai 2017: Weitere
Stolpersteine werden verlegt |
Im Mai 2015 wurden am Lahrer
Marktplatz Stolpersteine zur Erinnerung an die jüdische Familie Dreyfuß
verlegt: für Klara Dreyfuss geb. Dessauer (1865), Ernst Dreyfuß (1884),
Emma Dreyfuß geb. Wartensleben (1892), Lore Dreyfuß (1921). Ernst
Dreyfuß betrieb im Eckhaus am Marktplatz (heute Geschäft Fielmann) einen
Warenhandel. Ernst und Emma Dreyfuß wurden 1942 im KZ Auschwitz ermordet.
Die angeheiratete Tante Klara starb 1941 im Lager Gurs. Tochter Lore
konnte 1937 nach England emigrieren. |
Im September 2015 wurden drei
Stolpersteine in der Marktstraße 15 verlegt für Mitglieder der
jüdischen Familie Maier: Berthold Maier (aus
Hilsbach bei Sinsheim) hatte
hier 1902 ein Schuhgeschäft eröffnet. Seit 1910 war er verheiratete mit
Charlotte geb. Dreyfuß. Die beiden wurden 1940 nach Gurs deportiert, 1942
nach Auschwitz, wo sie ermordet wurden. Der Sohn Otto Maier (geb. 1915)
konnte 1935 nach Palästina emigrieren. Er fiel 1948 im israelischen
Unabhängigkeitskrieg. Ein weiterer Stolperstein wurde verlegt für die
Ärztin Selma Wertheimer, die im Gebäude Friedrichstraße 7, dem heutigen
Stiftsschaffneigebäude ab 1931 ihre Praxis hatte.
Seit der Verlegung im September 2015 gibt es in Lahr insgesamt 52
Stolpersteine an 25 Orten.
Presse-Artikel in der "Badischen Zeitung" vom 3. September 2015: "Am 9.
September wird ein Stolperstein für die Ärztin Selma Wertheimer verlegt..."
Link zum Artikel
Presse-Artikel in der "Lahrer Zeitung" vom 10. September 2015: "Jetzt
52 Stolpersteine in Lahr..."
Link zum Artikel |
Im Juni 2016 wurden an der Ecke
Lotzbeckstraße/Schubertstraße vier Stolpersteine verlegt. Sie erinnern
an Jakob und Cilly Schwarz (Inhaber eines Elektrogeschäftes in der
Lotzbeckstraße 11) und ihre Kinder Ruth und Hans; die Familie emigrierte
1937 aus Deutschland in die USA. Zwei weitere an der Feuerwehrstraße 40
für das Ehepaar Jakob und Fanny Possenheimer. Sie waren die Eltern von
Cilly Schwarz und konnten ebenfalls noch in die USA emigrieren, ein Jahr
nach der Familie Schwarz. |
Presseartikel: Sechs neue Stolpersteine in Lahr (veröffentlicht am Sa, 18. Juni 2016 auf badische-zeitung.de)
Artikel von Stephan Tissot in "bo-online.de" vom 18. Juni 2016: "Lahr.
Neue Stolpersteine zur Erinnerung an Lahrer Juden verlegt
Seit gestern Nachmittag erinnern in der Lotzbeckstraße und der
Feuerwehrstraße sechs neue Stolpersteine an die jüdischen Familien Schwarz
und Possenheimer..."
Link zum Artikel |
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Am 2. Mai 2017 wurde ein Stolperstein
verlegt für Johanna Schnurmann (siehe Fotos unten). Sie wohnte Schlosserstraße 7, wo ab
November 1938 auch der Gebetsraum der jüdischen Familien der Stadt
eingerichtet worden war (später das sogenannte "Judenhaus"). Da
Frau Schnurmann jedoch die letzten Lahrer Monate im Altersheim Spital
verbrachte (gegenüber dem Haus Bismarckstraße 12, worin sich 50 Jahre
lang die Synagoge befand) und von wo aus sie nach Gurs deportiert wurde,
wird der Stein dort verlegt. |
Presseartikel (Lahrer Anzeiger, Baden
Online) vom 20. April 2017 zur Verlegung des Stolpersteines für Johanna
Schnurmann: "Für
Johanna Schnurmann: Weiterer Stolperstein in Lahr..." (als
pdf-Datei eingestellt) |
Mai
2017: Fotos von der
Stolperstein-Verlegung für Johanna Schnurmann
(Fotos von Gernot Bauer)
Anmerkung: mit diesem Stolperstein liegen in Lahr insgesamt 59 dieser
Gedenksteine |
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Gunter Demnig
bei der
Verlegung |
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Musikalische
Begleitung
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Niederlegen einer
weißen Rose |
Der Stolperstein für
Johanna Schnurmann |
Zur Verlegung siehe
Bericht in der "Lahrer Zeitung" am 3. Mai 2017: "Erinnerung
an das Schicksal von Johanna Schnurmann..."
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Februar 2018:
Verlegung von Stolpersteinen
für Familie Friedmann
Anmerkung: Vor dem Haus Kaiserstraße 27 wurden drei Stolpersteine für
Familie Friedmann verlegt; vgl.
https://stolpersteine-guide.de/map/biografie/2865/familie-adolf-friedmann-kaiserstr.-27 |
Artikel von Juliana Eiland-Jung
in der "Badischen Zeitung" vom 20. Februar 2018: "Lahr. Drei
Stolpersteine für Familie Friedmann verlegt
Lahr. Eine zugige Ecke in der Lahrer Innenstadt an einem trüben
Wintertag. Nach der halben Stunde, die die Stolpersteinverlegung in
Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Besitzer des markanten
Jugendstilgebäudes in der Kaiserstraße 27 dauert, kriecht die Kälte die
Beine hoch. Doch dann berichtet Norbert Klein vom Historischen Verein
Mittelbaden davon, dass Adolf und Bertha Friedmann im November 1942 und im
Februar 1943 mit dem Zug von ihrem Exilort Paris nach Auschwitz deportiert
wurden, auf dem direkten Weg in die Gaskammern der Nazis. Und es erscheint
einem gerade angemessen, dass die Erinnerung an diese schweren Verbrechen
nicht im geheizten Saal stattfindet. Der Künstler Gunter Demnig hat die
Symbolkraft des Auf die Knie-Gehens, des Sich-Verbeugens vor dem Schicksal
der Opfer des Nationalsozialismus in sein Stolperstein-Projekt
eingeschrieben. In 22 Ländern sind seit 1992 rund 63000 Steine verlegt
worden, 59 davon in Lahr. Angesichts der 6 Millionen europäischen Juden und
weiterer Opfer unter Sinti und Roma, psychisch Kranken und Behinderten,
politisch Verfolgten und Homosexuellen sei das nur ein 'kleiner Beitrag', so
Gunter Demnig. Dass seine Idee allerdings so große Kreise zieht, begrüßte er
bei seinem Besuch in Lahr. Doris Gerteis, die sich um die Recherche der
Biografien der Lahrer Juden und um die Organisation und Finanzierung der
Stolpersteine kümmert, schilderte die Lebenswege der Familie Friedmann.
Beide Töchter überlebten den Holocaust. Die beiden Töchter Gertrud
und Betty überlebten den Holocaust. Ihre Eltern Adolf und Bertha Friedmann
waren 1899 nach Lahr gekommen und hatten auf der gegenüberliegenden Seite
der Kaiserstraße ein Bekleidungsgeschäft eröffnet. Das Jugendstilgebäude, in
Lahr weithin als 'Menzer-Gebäude' bekannt, wurde 1906 erbaut, berichtete
Norbert Klein. Schon am 1. April 1933 wurden Kunden daran gehindert, dort
einzukaufen. Sohn Erich Friedmann wanderte noch im gleichen Jahr nach Paris
aus und verübte 1934 aus unbekannten Gründen dort Selbstmord. Seine Eltern
verkauften ihr Geschäft und zogen 1934 zunächst nach Frankfurt und 1939 nach
Paris. Durch die Kollaboration der französischen Vichy-Regierung wurden sie
dort 1942 festgenommen, nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht.
Seit 2014 liegen die Stolpersteine für die Familie Friedmann schon im
Stadtarchiv. Stadthistoriker Thorsten Mietzner erläuterte, dass zunächst
abgewartet werden sollte, bis die Dauerbaustelle abgeschlossen ist. Auch
wenn das immer noch nicht der Fall sei, habe man sich entschlossen, die
Steine nun zu verlegen, da zumindest der Außenbereich nun wiederhergestellt
sei. Mietzner wünschte sich, dass man sich an die ehemaligen jüdischen
Mitbürger nicht nur als Opfer erinnert und verwies auf die Eröffnung des
Stadtmuseums am kommenden Wochenende. Ob der Name des Hauses im
Alltagssprachgebrauch wieder zu 'Haus Friedmann' werden wird, muss
abgewartet werden. Auf jeden Fall wird am Haus demnächst auch eine
Gedenktafel an die ursprünglichen Besitzer und Erbauer erinnern. "
Link zum Artikel |
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September 2018:
Europäischer Tag der jüdischen
Kultur |
Dazu Bericht von Endrik Baublies
in Baden-online.de vom 3. September 2018: "Europäischer Tag der jüdischen
Kultur. Führung durch die Innenstadt: Wo Juden in Lahr lebten..."
Link zum Artikel |
weiterer Bericht von Endrik
Baublies in der Lahrer Zeitung vom 3. September 2018: "Lahr. Auf den
Spuren jüdischen Lebens in Lahr..."
Link zum Artikel |
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Januar 2019:
Putzaktion der "Stolpersteine"
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Artikel von Daniela Santo im
"Stadtanzeiger Ortenau" vom Januar 2019: "Schüler reinigen die Lahrer
Stolpersteine
Lahr. Mit Politur und Scheuerlappen machten sich am Dienstag 21
Schüler der Klasse 9a des Scheffel-Gymnasiums an den Lahrer "Stolpersteinen"
zu schaffen. 59 dieser Kleindenkmale, die an die Opfer des
Nationalsozialismus in Lahr erinnern sollen, wurden von ihnen gereinigt und
poliert. Unter der Begleitung ihres Lehrers Philipp Freykowski, des Lahrer
Stadthistorikers Thorsten Mietzner und von Mitgliedern des Historischen
Vereins für Mittelbaden aus Lahr wurde an den Steinen von den Schülern an
die Biographie der verfolgten Menschen erinnert und eine gelbe Rose
niedergelegt."
Link zum Artikel |
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März 2019:
Verlegung des 59. "Stolpersteines"
in Lahr vgl.
https://stolpersteine-guide.de/map/biografie/2864/sofie-bermann-obertorstr.-6
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Artikel von Endrik Baublies in
"Baden online.de" vom 31. März 2019: "Lahr. Stolperstein in der
Obertorstraße erinnert an Juden in Lahr
Zur Erinnerung an die aus Lahr stammenden Juden, die von Nationalsozialisten
ermordet oder vertrieben worden sind, gibt es vor vielen Häusern in der
Stadt 'Stolpersteine' im Pflaster. Vergangene Woche wurde der vorletzte der
vorgesehenen Steine vom Initiator der bundesweiten Aktion verlegt. Das
Mahnmal, der Stolperstein Nummer 59, in der Obertorstraße, erinnert an Sofie
Bermann. Die Lahrerin, die 1863 in
Nonnenweier geboren wurde, ist eine der wenigen Mitglieder der jüdischen
Gemeinde, die die Deportation nach Gurs im Sommer 1940 durch die
Nationalsozialisten überlebt hat. Am Donnerstag hat Gunter Demnig persönlich
den vorletzten Lahrer Stolperstein verlegt. Demnig sagte vor den etwa zehn
Anwesenden, dass das Interesse gerade wegen der großen Anzahl der Aktionen
sogar noch steigen würde. So gibt es in Russland die Idee, etwas Ähnliches
für die Opfer Josef Stalins zu initiieren. Er selbst habe mittlerweile diese
Mahnmale mit den Namen der Opfer in der Ukraine, Lettland, Polen. Finnland
und – ganz neu – in Schweden verlegt. Stadtarchivar Thorsten Mietzner fügt
dem hinzu, dass die Stolpersteine bei Führungen durch die Stadt Lahr oder im
Schulunterricht Berücksichtigung finden. 'Die Stolpersteine sind inzwischen
ein Teil der Stadt', sagte er.
Deportation nach Gurs. Das Haus an der Obertorstraße 6 hatte Sofie
Bermann, geborene Weil, im Jahr 1921 gemeinsam mit ihrem Ehemann gekauft.
1940 zwangen die Nazis die – schon betagte – Frau, das Haus zu verlassen. Am
22. Oktober wurde Sofie Bermann zusammen mit 20 anderen Menschen aus Lahr
nach Gurs deportiert. Einen Tag vor ihrem 77. Geburtstag erreichten die
Opfer das Lager am Rand der Pyrenäen. Sie überlebte zwei Jahre dort, eine
'Hölle, wo Kälte, Feuchtigkeit, Schlamm, Ungeziefer, und Krankheiten'
herrschten. Doris Gerteis, die seit Jahren die Aktion der Stolpersteine in
Lahr betreut, stellte die Vita vor, nachdem das Denkmal im Pflaster vor der
Haustür seinen Platz gefunden hat. Bermann hatte Glück und wurde nicht in
die Vernichtungslager in Polen deportiert. Nach drei weiteren Stationen in
Frankreich wurde sie im Sommer 1944 durch den Vormarsch der Alliierten
befreit. Mit 82 Jahren wurde sie von Verwandten abgeholt und beschloss ihren
Lebensabend in einem Seniorenheim in der Schweiz. Das neue Mahnmal in der
Obertorstraße, unweit des Alten Rathauses, ist nun der Stolperstein Nummer
59 in Lahr. 48 der verlegten Steine erinnern an jüdische Opfer. Die
Verlegung eines letzten Stolpersteins ist im kommenden Jahr geplant. Der
soll im Neuwerkhof dann an das Schicksal der Familie Weil erinnern."
Link zum Artikel |
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Juli 2019:
Spenden für Stolpersteine gesucht
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Artikel in der "Lahrer Zeitung"
vom 10. Juli 2019: "Sponsoren für Stolpersteine gesucht. In Lahr ist
eine weitere Verlegung im Frühjahr 2020 für die jüdische Familie Weil
geplant.
LAHR (BZ). Die Lahrer Stolperstein-Initiative sucht Sponsoren für
drei weitere Stolpersteine, die im Frühjahr 2020 verlegt werden sollen.
Stolpersteine finanzieren sich über Spenden, ein Stein kostet 120 Euro. Das
Geld geht vollständig an Gunter Demnig und sein Team. Mit den Stolpersteinen
soll der jüdischen Familie Weil gedacht werden, die im Neuwerkhof 8 wohnte.
Moritz Weil wurde 1873 in Emmendingen geboren, seine gleichaltrige Frau
Bertha (geborene Schnurmann) in Schmieheim. Hochzeit war am 1. August 1899
in Lahr. Bertha brachte den Sohn Philip (geboren 1891) mit in die Ehe, der
im Ersten Weltkrieg starb. Der gemeinsame Sohn David Theo wurde 1900 in Lahr
geboren. Moritz und David Theo Weil handelten mit Rohprodukten und Alteisen
in einem Schuppen auf dem Lahrer Bahngelände, heißt es in dem Bericht von
Doris Gerteis, Mitinitiatorin der Stolperstein-Aktion in Lahr. David Theo
wohnte bei seinen Eltern. Moritz war im Fußballverein, aus dem er nach der
Machtergreifung Hitlers ausgeschlossen wurde. Vater und Sohn wurden nach der
Reichspogromnacht am 11. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau
deportiert. Nach ein paar Wochen Inhaftierung konnten sie nach Lahr
zurückkehren, wo sie bald aus ihrer Wohnung im Neuwerkhof vertrieben wurden
und zwangsweise in das sogenannte Judenhaus in der Schlosserstraße umziehen
mussten. Am 22. Oktober 1940 wurden Moritz, Bertha und David Theo Weil mit
21 Lahrer Juden in das Internierungslager Gurs deportiert. 'Man nannte Gurs
den 'Vorhof der Hölle', wo Hunger, Kälte, Feuchtigkeit, Schlamm, Ungeziefer
und Krankheiten herrschten', heißt es in dem Bericht. Von dort ging der
Leidensweg von David Theo Weil und seinen Eltern weiter. Im August und
September 1942 wurden sie in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert
und am Tag der Ankunft ermordet.
Spendenkonto: Historischer Verein Mittelbaden, Regionalgruppe
Geroldseckerland, Sparkasse Offenburg/Ortenau DE60 6645 0050 0004 8881 71,
SOLADES10FG."
Link zum Artikel |
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September 2019:
Europäischer Tag der jüdischen
Kultur |
Artikel von Endrik Baublies in
Baden-online.de vom 3. September 2019: "Auf den Spuren jüdischen Lebens in
Lahr.
Die Geschichte der jüdischen Kultur in Lahr beginnt im Spätmittelalter. Am
Sonntag erzählte die Historikerin Juliana Bauer zum Gedenktag der jüdischen
Kultur etwas über die 60 Stolpersteine in der Innenstadt, über eine
Judengasse, einen Judenbrunnen und die Zusammenhänge mit der Pest und dem
Lahrer Bürgerbuch. Sicher ist, vor dem systematischen Pogrom Mitte des 14.
Jahrhunderts an Juden, hat es eine – wohl nur kleine – jüdische Gemeinde in
Lahr gegeben. Am Ende der Führung stellte Bauer vor, was man darüber heute
weiß. Am Westende des Marktplatzes, zwischen Lammstraße und Metzgerstraße,
war bis 1876 eine Judengasse bekannt. Über diese Gemeinde nach der Gründung
der Stadt bis zum Pogrom weiß man aber kaum etwas. Amtmann Stein, der erste
Lahrer Chronist, berichtet von der Judengasse Anfang des 19. Jahrhunderts.
Ein recht genauer Plan der Stadt von 1791 zeigt ebenfalls die Judengasse und
einen Judenbrunnen. Bauer ergänzte, dass es eine Synagoge im 13. Jahrhundert
sicher nicht gegeben habe. Dazu sei die Gemeinde zu klein gewesen. Da eine
Gasse und der Brunnen so benannt wurden, bedeute, dass es aber mehrere
jüdische Familien gegeben haben muss.
Pestwelle. Einen – allerdings nur noch indirekten – Hinweis auf Juden
in Lahr liefert das Bürgerbuch aus dem Jahr 1356. Ein 'Michel, der Jude'
wird mehrfach aufgeführt. Das sei aber im Rückblick geschehen. Juden konnten
kein Bürgerrecht erwerben. Der genannte Michel, Einwohner mosaischen
Glaubens, wird aber, das taucht in der Quelle mehrfach auf, ein Haus und
Stallungen in der Judengasse gehabt haben. Er muss also zumindest recht
vermögend gewesen sein. Der Pogrom 1349 am gesamten Oberrhein bedeutete
sicher auch das Ende der Juden in Lahr. Darüber berichtet das Bürgerbuch
allerdings nichts. Bauer verwendet eine zweite Quelle, die berichtet, dass
alle Lahrer Juden das Pogrom nicht überlebt hatten. Das 'Nürnberger
Memorbuch' zählt alle jüdischen Märtyrer vom Ende des 11. bis zum Ende des
14. Jahrhunderts auf. Die Lahrer Juden sollen der Quelle zufolge alle Opfer
gewesen sein. Namen oder Details sind hier nicht aufgeführt. Warum aber
wurden die Juden damals verfolgt? Ein – vorgeblicher – Grund war die
Pestwelle Mitte des 13. Jahrhunderts, die über Marseille eingeschleppt
wurde. Die Begründung, die Juden hätten Brunnen vergiftet, daher der
Ausbruch der Pest, ist für ein Pogrom in Lahr oder in Baden aber mehr als
fraglich. Die Pogrome in Basel, Freiburg oder Straßburg fanden vor dem
Ausbruch der Pest statt. Also kann Lahr da auch nicht betroffen gewesen
sein. Eine andere Erklärung für die Verfolgung präsentierte Bauer mit einem
dokumentierten Treffen in Benfeld (Elsass). Darunter Walter III. 'von
Geroltzecke und Tubinga' sowie andere christliche, adelige Gläubiger.
Amtmann Stein als Quelle zählt die Geroldsecker zu den Teilnehmern des
Landtags, in dem das Pogrom beschlossen wurde. Da bleiben nur Schulden als
Motiv übrig, die Christen zu den Verfolgungen bewegt hatten.
Stolpersteine. Nach dem Pogrom im 13. Jahrhunderts ist über Juden in
Lahr in den folgenden Jahrhunderten nichts mehr bekannt. Erst in der Mitte
des 19. Jahrhunderts entstand wieder eine kleine jüdische Gemeinde in Lahr.
Um 1900 waren etwa 140 Juden in Lahr. Die Zahl sank rapide nach dem 30.
Januar 1933. Am 20. Oktober 1940 wurden die letzten 21 Juden, die in Lahr
geblieben waren, zuerst nach Gurs in den Pyrenäen gebracht. Wer da nicht
irgendwie entkam, wurde nach der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 nach
Auschwitz deportiert. Die 60 Stolpersteine bezeichnen die Stellen, an denen
Juden in der Stadt Lahr lebten und starben."
Link zum Artikel |
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November 2019:
Im März 2020 werden weitere
"Stolpersteine" in Lahr verlegt |
Artikel in der "Lahrer Zeitung"
vom 15. Juli 2019: "Lahr Spenden gesucht, um Andenken zu bewahren
Lahr (red/fg). Im Frühjahr 2020 sollen in Lahr wieder Stolpersteine
durch deren Erfinder Gunter Demnig verlegt werden. Die Lahrer Initiative
sucht dazu nun Sponsoren für drei weitere Stolpersteine. Stolpersteine
finanzieren sich über Spenden, ein Stein kostet 120 Euro, so eine Mitteilung
der Lahrer Initiative. Das Geld geht vollständig an Gunter Demnig und sein
Team.
Mit den drei weiteren Steinen soll der jüdischen Familie Weil gedacht
werden, die im Neuwerkhof 8 wohnte. Moritz Weil wurde 1873 in
Emmendingen geboren, seine
gleichaltrige Frau Bertha – geborene Schnurmann – in
Schmieheim. Hochzeit war am 1. August
1899 in Lahr. Bertha brachte den Sohn Philip (geboren 1891) mit in die Ehe,
der im Ersten Weltkrieg starb. Der gemeinsame Sohn David Theo wurde 1900 in
Lahr geboren. Moritz und David Theo Weil handelten mit Rohprodukten und
Alteisen in einem Schuppen auf dem Lahrer Bahngelände. David Theo wohnte bei
seinen Eltern. Moritz war im Fußballverein, aus dem er nach der
Machtergreifung Hitlers ausgeschlossen wurde. Vater und Sohn wurden nach der
Reichspogromnacht am 11. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau
deportiert. Nach ein paar Wochen Inhaftierung konnten sie nach Lahr
zurückkehren, wo sie bald aus ihrer Wohnung im Neuwerkhof vertrieben wurden
und zwangsweise in das sogenannte Judenhaus in der Schlosserstraße umziehen
mussten. Am 22. Oktober 1940 wurden Moritz, Bertha und David Theo Weil mit
insgesamt 21 Lahrer Juden in das Internierungslager Gurs deportiert, am
Nordrand der Pyrenäen. Man nannte Gurs den 'Vorhof der Hölle', wo Hunger,
Kälte, Feuchtigkeit, Schlamm, Ungeziefer und Krankheiten herrschten. Von
dort ging David Theos’ Leidensweg im August 1942 und der Leidensweg seiner
Eltern im September 1942 weiter in das Konzentrationslager Auschwitz, wo sie
am Tag ihrer Ankunft ermordet wurden. Die Initiative bittet für die Steine
um Spenden".
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Artikel in der "Lahrer Zeitung"
vom 15. November 2019: "Stolperstein-Aktion geht weiter.
Lahr (red/sm). In Lahr wird es weitere 'Stolpersteine' für Opfer des
Nationalsozalismus geben. Der Erfinder der 'Stolpersteine', Gunter Demnig,
kommt am 5. März wieder nach Lahr, um Kleindenkmale für Hans Kroel (sc.
nichtjüdisch, NS-"Euthanasie"-Programm) und für Familie Moritz Weil
zu legen...
Doris Gerteis, Thorsten Mietzner und Norbert Klein von der
Stolperstein-Initiative freuen sich über weitere Spenden für zukünftige
Stolpersteine. Überweisungen sind möglich auf das Konto des Historischen
Vereins, Regionalgruppe Geroldseckerland, Sparkasse Offenburg/Ortenau DE60
6645 0050 0004 8881 71. SOLADES1OFG."
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Januar
2020:
Die "Stolpersteine" werden von
Schülern geputzt |
Artikel in der "Badischen
Zeitung" vom 28. Januar 2020: "Gedenken. Schüler reinigen Lahrer
Stolpersteine
Lahr. Wer am Montag aufmerksam durch die Innenstadt gegangen ist, hat
sie vielleicht gesehen: gelbe Rosen, die Stolpersteine schmücken. Anlass war
der 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz. Die Lahrer Mitgliedergruppe
des Historischen Vereins für Mittelbaden hatte zusammen mit dem Stadtarchiv
das jährliche Reinigen der Stolpersteine organisiert und hierzu die Klasse
9d des Scheffel-Gymnasiums gewinnen können. Das teilt die Stadtverwaltung
mit. Zusammen mit ihrer Lehrerin Gudrun Pischinger zogen 19 Schülerinnen und
Schüler durch die Stadt und säuberten und polierten die 60 Steine. Dabei
lasen sie Kurzbiografien der dort erinnerten Menschen vor und informierten
sich so über ihre Schicksale. Begleitet wurden sie von der Lahrer
Stadthistorikerin Elise Voerkel, dem Lahrer Stadtarchivar Thorsten Mietzner,
der Initiatorin der Lahrer Stolpersteine, Doris Gerteis, sowie Norbert
Klein, dem Vorsitzenden des Historischen Vereins. In der Woche zuvor waren
Thorsten Mietzner und Doris Gerteis in der Klasse zu Besuch gewesen. Sie
hatten über das Stolpersteinprojekt informiert und die Hintergründe des
nationalsozialistischen Terrors in Lahr erläutert. Die Stolpersteine in Lahr
werden einmal im Jahr gereinigt. Sie sind ermordeten oder vertriebenen
Lahrer Jüdinnen und Juden, getöteten Kranken und aus anderen Gründen im
nationalsozialistischen Deutschland verfolgten Menschen gewidmet. Die
Jugendgruppen, die an der Reinigung teilnehmen, kommen jedes Jahr von einer
anderen Schule."
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März 2020:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Lahr |
Artikel in der "Badischen
Zeitung" vom 27. Februar 2020: "Stolpersteine werden verlegt.
LAHR. Am Donnerstag, 5. März, verlegt Gunter Demnig vier weitere
Stolpersteine in Lahr. Um 9 Uhr verlegt er den Stolperstein für Hans Kroel
in der Mühlgasse 12. Kroel wurde 1940 in der Euthanasie-Anstalt Grafeneck
ermordet. Oberbürgermeister Markus Ibert wird ein Grußwort sprechen.
Angehörige und Mitarbeiter der Johannes-Diakonie Mosbach werden anwesend
sein. Danach werden drei Stolpersteine im Neuwerkhof 8 verlegt für die
jüdische Familie Moritz Weil, die 1942 in Auschwitz ermordet wurde.
Mehr als 75 000 Stolpersteine hat Gunter Demnig laut der Pressemeldung in
Deutschland und 24 europäischen Ländern bisher verlegt. Weitere
Informationen gibt es bei der Stolperstein-Initiative Lahr unter Tel.
0176/38536337."
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Artikel von Endrik Baublies in "badenonline.de"
vom 5. März 2020: "Lahr. Vier neue Stolpersteine erinnern in Lahr an
Schreckenszeit
Vier neue Stolpersteine erinnern in Lahr ab sofort an vier weitere jüdische
Schicksale und an die Verbrechen der Nationalsozialisten. Oberbürgermeister
Ibert findet klare Worte zur aktuellen Situation in Deutschland.
In der Stadt Lahr erinnern vier neue Stolpersteine an die Schicksale
jüdischer Mitbürger. In der Mühlgasse verlegte Gunter Demnig den 61.
Stolperstein zur Erinnerung an Hans Kroel. Drei weitere neue Stolpersteine
mahnen an die Familie Weil im Neuwerkhof. Eine Besonderheit ist die
Erinnerung an Kroel, der als Zwölfjähriger in Grafeneck ein Opfer der
Euthanasie im Dritten Reich wurde...
'Fester Bestandteil'. Oberbürgermeister Markus Ibert fand deutliche
Worte, gerade angesichts antisemitischer Verbrechen und nicht weniger
gefährlichen Gedanken der Gegenwart. Diese Stolpersteine seien ein 'fester
Bestandteil der Erinnerungskultur in Lahr'. Der OB warnte aktuell vor einer
verbalen Ablehnung von Menschengruppen und Taten, die er als 'handfeste
Anschläge' bezeichnete. Gerade angesichts der Tatsache, dass ein Politiker
derzeit in einem deutschen Landesparlament 'Faschist' genannt werden darf,
zeige, dass diese Erinnerungen notwendig sind. Es gelte auch, so Ibert,
klare Grenzen zu ziehen. 'Bis hierher und nicht weiter.'...
Im Krieg gefallen. Warum das Ehepaar Moritz und Bertha Weil (geborene
Schnurmann) 1899 nach Lahr gezogen sind, ist nicht mehr bekannt. Norbert
Klein vom historischen Verein Mittelbaden stellte an der letzten Adresse der
Familie Weil im Neuwerkhof 8 die Geschichte der Familie über den
Stolpersteinen 62, 63 und 64 in Lahr kurz vor. Der erste Sohn der Familie
stirbt als Soldat für das deutsche Vaterland im Ersten Weltkrieg. Die
Familie zieht mehrfach um, bevor sie, wie rund 6500 Juden in Baden und der
Pfalz, am 22. Oktober 1940 nach Gurs in Vichy-Frankreich deportiert werden.
Das Ehepaar und Sohn David (Jahrgang 1900) werden Anfang September 1942 nach
Auschwitz-Birkenau verlegt, wo sie fast unmittelbar nach der Ankunft vergast
werden. Klein ergänzte, dass man die Getöteten in Erdgräben verbrannte und
die Asche wohl in die Weichsel schüttete. Es gebe an diese Menschen keine
einzige Erinnerung. Daher war sein Hinweis sicher wichtig, dass gerade diese
Schicksale den Initiator der Stolpersteine, Gunter Demnig, zu dieser Aktion
gebracht haben..."
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Juli/Oktober 2021:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Lahr |
Artikel von Daniela Santo im
"Stadtanzeiger" (Lahr) vom 14. Juli 2021: "Opfer des Nationalsozialismus.
Stolpersteine für Hedwig und Marlene Herbert.
Lahr (st). In Lahr erinnern 70 Stolpersteine an Opfer des
Nationalsozialismus. Im Herbst kommt der Künstler Gunter Demnig nach Lahr,
um weitere sieben Stolpersteine zu verlegen. Sie erinnern an den SPD-Mann
Kamill Delfosse, die jüdische Familie Krause, Erich Rothmann, der
zwangssterilisiert wurde, und an Hedwig und Marlene Herbert. Gunter Demnig
erinnert seit 1996 an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten
selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt.
Inzwischen liegen in 1.265 Kommunen Deutschlands und in 21 Ländern Europas
Stolpersteine.
Für Hedwig und Marlene Herbert werden vor dem Haus in der Obertorstraße 19
Stolpersteine verlegt. Hedwig Herbert geb. Segall, und ihre Tochter
Marlene Herbert haben die Zeit des Nationalsozialismus überlebt.
Dennoch waren sie als (Halb-)Jüdinnen diskriminierenden Verordnungen und
Maßnahmen ausgesetzt und wurden zu Verfolgte des Nationalsozialismus.
Verfolgung. Hedwig Segall wurde 1891 in Burkowitz, Kreis Schwetz, im
heutigen Polen geboren. Im August 1923 heiratete sie in Berlin den Ingenieur
Kurt Herbert. Die Beziehung des Ehepaars Herbert-Segall war in doppelter
Hinsicht bemerkenswert: Kurt Herbert war sechs Jahre jünger als seine Braut.
Sie war Mitglied der jüdischen Kultusgemeinde, er evangelisch. Fünf Jahre
nach der Hochzeit ließ sich das Ehepaar Herbert-Segall in Lahr nieder, wo am
2. Juli 1929 die Tochter Marlene Melitta zur Welt kam. Die Meldekarte der
Familie Herbert im Stadtarchiv Lahr belegt mehrere Umzüge innerhalb der
Stadt. Und sie trägt einen kleinen metallenen Reiter, mit dem die
Meldebehörden alle Karten jüdischer Bürger markierten. Bis Ende 1938 waren
Juden und Jüdinnen, die mit 'nicht-jüdischen' Personen verheiratet waren, im
gleichen Maße von der Verfolgung betroffen wie alle anderen als jüdisch
geltenden Menschen im Reich.
Privilegiert und nichtprivilegiert. Nach dem Pogrom im November 1938
setzte sich im Zuge der verschärften antijüdischen Bestimmungen die
Unterscheidung zwischen 'privilegierten' und 'nichtprivilegierten Mischehen'
durch. Die NS-Behörden wollten damit Protesten von 'arischen' Verwandten der
Betroffenen vorbeugen. Die Einstufung einer Ehe hing davon ab, ob die Frau
oder der Mann jüdisch war und ob die Kinder nicht-jüdisch erzogen wurden.
Diese Vermischung von Konfession, 'Rasse' und Geschlecht unterstreicht die
Absurdität der nationalsozialistischen Ideologie und stieß schon damals auf
Unverständnis. Kritik kam sowohl von Seiten überzeugter Nazis, die es
ablehnten, Juden aus strategischen Überlegungen zu schonen, aber
(vereinzelt) auch von 'arischen' Ehefrauen, deren jüdische Männer nicht den
gleichen Schutz genossen wie jüdische Frauen nicht-jüdischer Männer. Da im
Falle der Herberts der Mann nicht-jüdisch war, wurde ihre Beziehung als
'privilegierte Mischehe' eingestuft, umso mehr, da auch die Tochter Marlene
evangelisch erzogen wurde. Ihre Ehe mit einem christlichen Mann, und nicht
etwa ihr 1937 vollzogener Austritt aus der israelitischen
Religionsgemeinschaft, schützte Hedwig Herbert davor, im Oktober 1940 nach
Gurs deportiert zu werden. Sie gehörte damit zu den ganz wenigen jüdischen
Menschen, die in Lahr bleiben konnten. Da ihre Ehe 'privilegiert' war,
konnten die Herberts auch in den folgenden Jahren in einer eigenen Wohnung
bleiben. Trotzdem war ein 'normales' Leben für die Familie kaum möglich. Das
ab Sommer 1942 für 'Mischlinge' geltende Verbot, eine höhere Schule zu
besuchen, traf auch Marlene Herbert. Niemand wusste damals, wie lange die
Privilegierung wirklich Schutz vor Deportation und Ermordung bietet. Es ist
davon auszugehen, dass die Herberts so gut wie möglich über das Schicksal
der europäischen Jüdinnen und Juden informiert waren. Die Familie versuchte
mit Verwandten und Freunden in Kontakt zu bleiben und schaffte es,
Lebensmittel nach Theresienstadt zu schicken. Während sie diese Pakete
packte, wird sich Hedwig Herbert besorgt gefragt haben, wann sie selbst
abgeholt werden würde.
Lebendige Erinnerung. Hedwig und Marlene Herbert hatten letztlich
Glück. Beide wurden nicht abgeholt, haben überlebt und blieben auch nach dem
Ende des Krieges in Lahr. Kurt Herbert führte eine Firma für Apparate- und
Maschinenbau in der Schwarzwaldstraße. 1961 starb Hedwig Herbert in Lahr.
Ihre Tochter Marlene wurde Chemikerin und blieb ebenfalls in Lahr, wo sie
1999 verstarb.
Damit waren sie für ihre Mitbürger eine lebendige Erinnerung an die
Vergangenheit und ein stummer Vorwurf. Ob sie auch nach 1945 noch unter
Ausgrenzung und Beleidigungen zu leiden hatten, ist nicht bekannt. Das
Schicksal der beiden Frauen macht deutlich, dass Ausgrenzung und Abwertung
von Menschen nicht erst dann zum Unrecht wird, wenn sie in tödlicher Gewalt
endet - das ist die Botschaft der Stolpersteine heute."
Link zum Artikel |
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April 2023:
Beitrag zur Erinnerung an den Raub
von jüdischem Kleinbesitz in Lahr |
Beitrag von Thorsten Mietzner in
der "Lahrer Zeitung" (Badische Zeitung) vom 18. April 2023: "Zum Gedenktag
für die Opfer der Shoah - Der Raub von jüdischem Kleinbesitz in Lahr.
An die Opfer der Shoah wird am israelischen Gedenktag Yom HaShoah an diesem
18. April erinnert. Die BZ beschreibt aus diesem Anlass die Entrechtung,
Beraubung und Ausplünderung der jüdischen Bewohner von Lahr..."
Artikel eingestellt (pdf-Datei) |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 176-177. |
| Germania Judaica II,1 S. 463-464. |
| Hildegard Kattermann: Geschichte und Schicksale der Lahrer Juden
(Hg. Stadtverwaltung Lahr), 1979². |
| Jürgen Stude: Die Lahrer Juden, in: Geschichte
der Stadt Lahr. Band 3. 1993.
|
| Uwe Schellinger: Der Tod des Kantors: Salomon
Bergheimer (1887-1942) aus Lehr. In: "Storchenturm" -
Infobroschüre für Lahr. Jg. 20. Januar 2010. S. 3-7. |
| Stolpersteine in Lahr. Ein Geschichtsprojekt mit
Schülerinnen und Schülern der Klasse 10a der Friedrichschule in Lahr.
Hrsg. vom Historischen
Verein Mittelbaden. Regionalgruppe Geroldsecker Land. 96 S. 9,90 €. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Lahr (in Jewish sources, Lara) Baden. The small 14th
century community, inhabiting a special quarter with a synagogue, was destroyed
in the Black Death persecutions of 1348-49 and only renewed in the late 19th
century, after emancipation. The Jewish population grew to 141 by 1900 (of a
total 13,557). Jews operated large wholesale establishments (shoes, clothing,
metal products) and factories, including one of the largest steel plants in
Europe. In 1933 the Jewish population stood at 96. Community life expanded,
including Zionist activity, with the Habonim youth movement operating from 1935.
By 1938, 58 Jews had left, 31 emigrating from Germany (including 14 to the
United States). Another eight emigrated in 1939-40 after Kristallnacht
(9-10 November 1938), when Jewish homes and businesses were vandalized and
Jewish men detained at the Dachau concentration camp. Twenty Jews were deported
to the Gurs concentration camp on 22 October 1940; another four were deported to
the camps from Holland and seven from other German cities after leaving Lahr. Of
all these, only four survived the Holocaust.
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