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Lösnich (Kreis
Bernkastel-Wittlich)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Marie-Luise Conen, Lösnich
und Berlin)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Lösnich bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis um
1920. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 19. Jahrhunderts zurück. Erstmals
wird 1745 eine jüdische Familie am Ort genannt (Mendel Feist, wenige
Jahre später die Familie des Mendel Levy).
1808 nahmen die drei jüdischen Familien den Familiennamen Schömann an.
Es werden damals genannt: die Familie des Josef Schömann (bisher
Benjamin Levy, geb. um 1759) mit Frau Anna Maria und Sohn Jacques; die Familie
des Michel Schömann (bisher Schmul Levy) mit Frau Catharina und die
Familie des Lazar Schömann (bisher Lazar Levy, geb. um 1765) mit Frau
Sybilla und den Kindern Theresia (Esther), Raphael (Moise), Carolina (Beule),
Sophie (Fromme) und Ernst (Mendel).
Bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts gehörten die in Lösnich lebenden jüdischen Personen zusammen
mit den in Rachtig und Ürzig lebenden
Personen zur jüdischen Gemeinde in Zeltingen
und benutzten die dortigen Einrichtungen (seit 1835 jedoch ein eigener Betraum
in Lösnich, s.u.). 1853 waren die Bemühungen
erfolgreich, eine eigene Gemeinde in Lösnich zu gründen. 1867 konnte man sogar eine Synagoge für die auch weiterhin relativ wenigen
jüdischen Einwohner am Ort erstellen (s.u.).
1808 wurden elf jüdische
Einwohner gezählt, 1835 29 (in vier Familien), 1843 22, 1855 29, 1875 25, 1895
34. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde 1900 mit 53 Personen
erreicht. Danach ging sie durch Aus- und Abwanderung zurück: 1909 28
Personen (in 7 Familien).
Die jüdischen Familien lebten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein vom
Hausierhandel oder der Kleinkrämerei.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde in Lösnich eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in Trier.
Die jüdischen Kinder wurden 1827 gemeinsam mit den jüdischen Kindern aus
Zeltingen und Rachtig durch den Zeltinger Religionslehrer
unterrichtet; ansonsten besuchten sie die katholische Schule am Ort. Einige
Jahre später hatten die Rachtiger und Lösnicher Juden zeitweise einen
gemeinsamen Religionslehrer (1838 wird David Bergstover genannt). Später wird
wieder ein gemeinsamer Lehrer für die drei Orte Rachtig, Lösnich und Zeltingen
genannt. Im 20. Jahrhundert (spätestens nach 1909) wurden die jüdischen Kinder
der Bürgermeisterei Zeltingen (d.h. in Zeltingen, Rachtig und Lösnich) durch
Lehrer Hugo Friedmann aus Zeltingen unterrichtet. Ab 1927 gab es in Lösnich
keine unterrichtspflichtigen Kinder mehr.
Anfang der 1920er-Jahre, als
noch 29 jüdische Einwohner gezählt wurden, war die Gemeinde bereits
aufgelöst. Die in Lösnich lebenden jüdischen Einwohner gehörten inzwischen zur
jüdischen Gemeinde in Leiwen.
1933 wurden elf jüdische Einwohner in Lösnich gezählt. Auf Grund der
Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der
Entrechtung sind alle von ihnen in den folgenden Jahren vom Ort verzogen
beziehungsweise ausgewandert. Bis 1936 verließen die letzten der jüdischen
Einwohner Lösnich.
Von den in Lösnich geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Aach geb. Kaufmann
(1883), Sybilla Haas geb. Schömann (1902), Selma Kahn geb. Schömann (1902),
Eduard Kaufmann (1886), Emma (Selma) Kaufmann (1885), Carolina (Lina) Kaufmann (1880),
Johanna Kaufmann (1882), Josef (Joube) Kaufmann (1883), Moritz Kaufmann
(1879), Sibilla Kaufmann geb. Baum (1892), Johanna Levy geb. Schömann (1860), Johanna Rothschild geb. Kaufmann
(1879), Mathilde Rothschild geb. Kaufmann (1890), Fritz J. Schömann (1900),
Josef Schömann (1870), Lene (Lena) Schömann (1904), Marianne Schömann geb. Adler
(1871), Sophie Schömann (1896), Martha Voss geb. Schömann (1905).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Aron Kaufmann (1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. April 1901:
"Suche für meine Tochter, welche das Nähen erlernt, entsprechende Stelle
und wird weniger auf hohen Lohn, als auf gute Behandlung gesehen. Aron
Kaufmann in Lösnich (für Lösenick) bei Zeltingen an der
Mosel." |
Zur Geschichte der Synagoge
Die jüdischen Einwohner von Lösnich besuchten bis um 1835 die Synagoge in
Zeltingen. In diesem Jahr richteten die
Lösnicher Juden einen eigenen Betraum im Haus des Josef, genannt Benjamin,
Schömann ein (heute Haus Breite Gasse Nr. 7, ehem. Nr. 30). In diesem Betraum
wurden bis zur Einweihung der Synagoge 1867 Gottesdienste
abgehalten.
Längere Jahre planten - nach Erlangung der Selbstständigkeit der Gemeinde 1853
- die damals acht jüdischen Familien in
Lösnich den Bau einer "richtigen" Synagoge. 1867 konnte der Plan
verwirklicht werden. Auf dem Grundstück des Gemeindevorstehers Moses Schömann wurde das
Synagogengebäude erstellt. Im Juli 1867 wurde sie eingeweiht. Ein Bericht von der Einweihung
ist in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 1. Oktober 1867 überliefert.
Bei diesem Bericht handelt es sich um eine Besonderheit. Es ist der einzige
Bericht, den der damalige Trierer Oberrabbiner Josef Kahn über eine
der von ihm eingeweihten Synagogen abgefasst hat. Die Lösnicher Synagoge war
bereits die 29. Synagoge, die er seit 1841 in einem Rabbinatsbezirk hatte
einweihen können. Aber nur über die Einweihung dieser Synagoge hat er selbst
einen Bericht publiziert:
Artikel
in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 1. Oktober 1867: "Kahns Bade- und
Reiseberichte. III. Bad Ems, 1. August (1867). Bevor ich in meinen
eigentlichen Mitteilungen über meine hiesigen Erfahrungen fortfahre, will
ich das Wesentliche über die Synagogeneinweihung in Lössenich (Lösnich)
berichten. Die israelitische Gemeinde zu Lössenich besteht aus nur 8
Mitgliedern, von denen einige ziemlich wohlhabend sind. Dieselbe hatte bis
jetzt in einem Zimmer in einem Privathause den Gottesdienst abgehalten.
Durch die Opferwilligkeit der Mitglieder gelang es ihnen in wenigen Jahren
das Geld zusammenzubringen, um das neue recht anständige Gotteshaus zu
erbauen. Deren Vorsteher, Moses Schönau (vermutlich Fehler für:
Schömann), hat durch seinen Eifer und seine Tätigkeit hierbei sehr
viel für das Zustandekommen und Vollendetwerden desselben
beigetragen.
Am Freitagnachmittag, nachdem ich einen kurzen Abschiedsvortrag in dem
alten Betlokale gehalten hatte, bewegte sich der sehr herrliche Zug unter
schöner Musik in die neue Synagoge. Eine große Menge Israeliten aus
andern Gemeinden und noch eine größere von Christen des Ortes und der
Umgegend waren anwesend. Nachdem von zwei Mädchen passende Gedichte
gesprochen und mir der Schüssel überreicht wurde, gab ich denselben dem
christlichen Ortsvorsteher, (der Herr Landrat von Bernkastel entschuldigte
sein Nichterscheinen), mit dem Ersuchen, die Türe zu öffnen und die
Synagoge nach den Gesetzen zu schützen. Dieser, obgleich unvorbereitet,
sprach in seiner einfachen Ausdrucksweise, dass die Israeliten sehr zu rühmen
seien wegen ihrer großen Opfer und dass sie den Katholiken als Muster
dienen könnten, da diese, obgleich viel größer an Zahl und Vermögen,
keine neue Kirche, die so nötig wäre, bauen.
Nach den üblichen Gesängen, wobei sich auch zwei katholische
Lehrer beteiligten, mit Musikbegleitung, hielt ich die Festrede über die
Stelle aus dem Wochenabschnitte (5. Mose 4,6-10), in welcher ich den Zweck
des israelitischen Gottesdienstes, der aus Gebet und Vorlesen aus der Tora
und den Propheten besteht, als einen solchen darstellte, dass Israel
dadurch von der Einheit und der unmittelbaren Nähe Gottes überzeugt und
über die Vorschriften seiner Religion belehren wird.
Beim Schabbat-Morgengottesdienst sprach ich über das ‚Schema’ und
belehrte die große Versammlung von Israeliten, auch sehr viele Christen
waren nochmals zugegen, über den großen und völligen Inhalt dieses
unseres Bekenntnisses.
Das ganze Fest war in jeder Beziehung ein sehr schönes und hatte gewiss
die beste Wirkung auf alle Anwesenden der verschiedenen Konfessionen, zur
Heiligung des Namens Gottes.
Aus innigem Herzen danke ich Gott, dass er mir die große Wohltat erwiesen
hat, mit dieser neuen Synagoge die 29. in meinem Rabbinatssprengel zu
besitzen, die ich fast alle selbst eingeweiht habe. Außerdem sind noch
mehrere in anderen Gemeinden bedeutend restauriert worden und noch einige
im Bau begriffen. In fast allen ist der Gottesdienst ein geregelter und
geordneter.
Von dem unbekannten Lössenich, einem Dorfe an der Mosel im
Regierungsbezirke Trier in der preußischen Rheinprovinz, mache ich in der
Fortsetzung meines Berichts einen weiten Sprung nach dem 5. Weltteile,
nach Australien….." |
In derselben Ausgabe des "Ben
Chananja" kommt Rabbiner Kahn in einem anderen Abschnitt nochmals
kurz auf Lösnich zu sprechen, der mit den Worten beginnt: |
"Als
ich gestern Abend von meiner Reise zum Wecke der Einweihung einer neuen
Synagoge in Lössenich im Kreise Bernkastel zurückkehrte, fand ich Nr. 16
des 'Ben Chananja', in welchem mein zweiter Bericht von hier aus
abgedruckt ist...."
|
Vermutlich wurden bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in der Lösnicher
Synagoge Gottesdienste abgehalten, danach war ein geregeltes gottesdienstliches
Leben schon auf Grund des fehlenden Minjans am Ort immer weniger möglich. Die Synagoge wurde geschlossen und nach 1945 an eine Privatperson
verkauft. Das Gebäude wurde abgebrochen; das Grundstück zur Erweiterung des
Wohnhauses mit Gästezimmern auf dem Nachbargrundstück verwendet.
Adresse/Standort der Synagoge: auf dem Grundstück Sperrgarten 6.
Foto / Plan
(Quellen: Foto mit Grundstücksplan wurde eingestellt bei www.synagogen.info
von Werner Gessinger, Lösnich; die anderen Abbildungen aus dem Buch
"Jüdische Familien von der Mittelmosel s.u.)
Betraum im Haus des
Josef,
genannt Benjamin (Schömann) |
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In diesem Haus in der Breiten
Gasse 7
wurden von 1835
bis 1867
die Gottesdienste abgehalten |
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Die 1867 eingeweihte
Synagoge in Lösnich |
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Foto mit Grundstücksplan aus
der
Gesamtansicht von Lösnich 1929 |
Die Synagoge Lösnich -
Zeichnung: Benno Conen 2004 |
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Eines der
früheren jüdischen
Wohnhäuser in Lösnich
(Foto: Marie-Luise Conen, 2008) |
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Haus der Familie Josef
Schömann
in der Fischergasse 1 |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Juni 2010:
Vorstellung des Buches von Marie-Luise Conen und
Hilde Weirich über "Jüdische Familien von der
Mittelmosel" |
Artikel
in den "Mittelmosel-Nachrichten" Ausgabe 27/2010: "Jüdische
Lösnicher und ihre Nachfahren.
Ein angenehmer Sommertag, an dem viele aus Lösnich und der Umgebung sich
am 13.06.2010 im Bürgersaal von Lösnich einfangen. Ein Tag, der den
jüdischen Lösnichern gewidmet ist, die im Holocaust ermordet wurden.
Marie-Luise Conen (Berlin, geboren in Lösnich) und Hilde Weirich (Kleinich)
forschten sechs Jahre über die Geschichte der Juden aus Lösnich und
haben dazu ein Buch geschrieben, das sie vorstellten. 'Jüdische Familien
von der Mittelmosel' (Paulinus Verlag Trier. 24.90 €). Sie haben dabei
die Lebensverläufe von allen in Lösnich geborenen Juden und deren
vielzähligen (1700) Nachfahren erkundet. 11 Nachfahren aus den USA,
Israel, England, Holland und Frankreich waren der Einladung der Gemeinde
gefolgt, an der Buchvorstellung und dem Gedenken ihrer Vorfahren
teilzunehmen. Für manche von ihnen kein einfacher Weg, umso mehr waren
sie erfreut über den herzlichen Empfang und die gute Betreuung während
ihres mehrtägigen Aufenthalts in Lösnich.
Ralph Schoemann und seine jüngste Tochter Nancy sowie seine Schwester
Jane Maas waren den weiten Weg aus den USA gereist, um an der
Veranstaltung teilzunehmen. Ihr Vater, der 1936 in die USA flüchtete,
wäre an diesem Tag 100 Jahre alt geworden. Chawa Bondi und ihr Mann David
Bondi reisten aus Israel an. sie kamen gemeinsam mit Chawa Bondis Bruder
Maurice Peereboom (sowie dessen Frau Bertheke Peereboom), der mit seiner
Familie in Holland lebt. Beide sind mit ihren Familien - neben den
Familien ihrer drei Cousins - die einzigen Überlebenden der großen
Familie von Aron Kaufmann, die im Lösnicher Joube-Haus gelebt hatte. Guy
Schoemann sowie Bernard Schemann und seine Frau reisten aus Frankreich an.
Guy Schoemann hat über viele Jahre selbst umfangreich zu seiner Familie
geforscht. Seinen Eltern gelang es nach Frankreich zu fliehen, wohin auch
sein Großvater Siegmund Schoemann, der das bekannte Textilkaufhaus in
Traben-Trarbach führte, und seine Großmutter ebenfalls flohen, jedoch
nach ihrer Verhaftung in Auschwitz umgebracht wurden. Yvonne Crampin und
ihr Mann aus London gelang es - obwohl sie erst kurzfristig von dem Buch
und den Forschungen erfahren hatten - erfreulicherweise ebenfalls nach
Lösnich zu kommen. Ihre Familie hatte den Naziterror u.a. in Mexiko
überlebt. In den Redebeiträgen der Landrätin Beate Lasch-Weber, des
Bürgermeisters Ulf Hangert, des Ortsbürgermeisters Winfried Gassen und
des Dechanten Moritz aus Zeltingen wurde der Ermordeten gedacht sowie auf
die Notwendigkeit des Erinnern an den Naziterror und ihrer Opfer
verwiesen. Herr Botmann von der jüdischen Kultusgemeinde zu Trier sprach
ebenfalls Grußworte aus. Das Emil-Frank-Institut in Wittlich, das der
Herausgeber des Buches ist, war u.a. vertreten durch ihren Leiter. Herrn
Prof. Dr. Bohlen, der in seinem Redebeitrag noch einmal die gesamte
Forschung der beiden Autorinnen rahmte. In Vorträgen der beiden
Autorinnen erzählte u.a. Marie-Luise Conen in lebendiger und
kenntnisreicher Weise einzelne Geschichten zu den Häusern, in denen Juden
in Lösnich gelebt hatten. Zum Abschluss nutzten viele Anwesende die
Möglichkeit, sich auszutauschen. Für viele - vor allem für die
anwesenden Nachfahren - war es eine bewegende Begegnung mit der
Vergangenheit". |
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Links:
Abbildung des Buches "Jüdische Familien von der Mittelmosel.
Lebensverläufe von 1714 bis zur Gegenwart" von Marie-Luise Conen und
Hilde Weirich. ISBN 978-3-7902-1377-5 24,90 €.
Begleittext: Von Lösnich aus zogen sie in Orte in der näheren
und weiteren Umgebung: Rachtig, Zeltingen, Ürzig, Kröv, Traben-Trarbach,
Bernkastel, Wittlich, Leiwen, Brauneberg, Mülheim, Bengel, Bausendorf,
Kindernbeuern, Bollendorf und in andere Gemeinden der Mittelmosel, des
Hunsrücks und der Eifel. Einige zogen in Großstädte wie Berlin,
Dortmund, Köln, Düsseldorf und Frankfurt. Bereits im 19. Jahrhundert
wanderten einige jüdische Familien nach Nordamerika aus; diese
Verwandtenkontakte halfen manchen dem späteren Naziterror zu entfliehen,
viele jedoch wurden in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten
ermordet.
Marie-Luise Conen (Berlin) und Hilde Weirich (Kleinich) sind den Spuren
der jüdischen Familien nachgegangen, die über 200 Jahre an der
Mittelmosel ihr Zuhause hatten, generationenlang Nachbarn waren und den
Alltag teilten. Das Buch hält deren Geschichte fest, zeichnet ihre Wege
innerhalb Deutschlands und in anderen Ländern nach und beschreibt auch
Einzelschicksale.
Kontakt:
Hinweis (Januar 2022): das Buch ist inzwischen vergriffen, doch hat das
Emil-Frank-Institut in Wittlich noch einige Exemplare. Bestellung über
Emil-Frank-Institut, Schloßstr. 10, 54516 Wittlich. Tel.
06571-260124. E-Mail. |
|
Zu Besuch in
Lösnich zur Vorstellung des
Buches von Marie-Luise Conen und
Hilde Weirich - am jüdischen
Friedhof in Lösnich
(Fotos: Marie-Luise Conen, Juni 2010) |
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Nachfahren der Familie
Kaufmann
(Chawa Bondi und Maurice Peereboom
mit Ehepartnern) |
Nachfahren der Familie
Schömann
(Ralph Schoemann, Jane Maas
geb. Schoemann und Nancy Schoemann) |
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Dezember 2011:
Nachkommen der jüdischen Familie Kaufmann zu
Besuch in Lösnich und Wittlich |
Artikel im "Trierschen
Volksfreund" vom 28. Dezember 2011: "Auf den Spuren einer
jüdischen Familie in Wittlich und an der Mosel.
Farley und Allen Kaufmann aus Minneapolis und Mitglieder ihrer Familien
haben Wittlich und Lösnich besucht. Sie wandelten auf den Spuren ihrer
jüdischen Großeltern, ihres Vaters und ihrer Tante, die unter der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Not gerieten und schließlich
in Konzentrationslager deportiert worden sind..."
Link
zum Artikel |
Vgl. Beitrag von Marie-Luise Conen:
Amerikanische Nachfahren zu Gast bei der Buchvorstellung über Lösnicher
Juden. Im: Jahrbuch Bernkastel-Wittlich 2011 S. 50-53. Eingestellt
als pdf-Datei. |
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Juli 2016:
Enthüllung einer Gedenktafel für
in der NS-Zeit ermordete jüdische Personen aus Lösnich
Die Gedenktafel erinnert an
Josef (Joube) Kaufmann (1883-1941), Caroline Kaufmann (1880-1942), Mathilde
Schömann geb. Klein (1876-1942), Josef Schömann (1870-1942) und Marianne
Schömann geb. Adler (1870-1942) |
Artikel
von Adrian Froschauer im "Trierischen Volksfreund" vom 23./24. Juli 2016 (Artikel
auch eingestellt als pdf-Datei): "Vergeben, aber niemals
vergessen
Die Gemeinde Lösnich gedenkt jüdischer Bürger, die im Holocaust getötet
wurden: Nachfahren sind zum Festakt angereist
Mit einer Gedenktafel werden die jüdischen Bürger Lösnichs geehrt, die im
Dritten Reich ermordet wurden. Aus der ganzen Welt sind Nachfahren der
Holocaust-Opfer eigens nach Lösnich angereist, um der Enthüllung der Tafel
beizuwohnen.
Lösnich. 'Es gibt keinen Weg zum Frieden, der Frieden ist der Weg',
verkündet das Schild an einem Sandstein mitten in Lösnich. Heute herrscht
hier Frieden – die schrecklichen Ereignisse, an die die Gedenktafel erinnern
soll, scheinen weit entfernt. Doch es ist noch keine 80 Jahre her, dass die
jüdische Bevölkerung Lösnichs restlos vertrieben oder deportiert wurde. 1930
hatte der kleine Ort noch elf jüdische Einwohner, aber schon 1936 keine
mehr. Sie flohen ins Ausland oder in größere Städte, wo sie hofften, von den
Repressalien durch die Nationalsozialisten verschont zu bleiben. Josef und
Caroline Kaufmann sowie Mathilde, Marianne und Josef Schömann verbrachten
den größten Teil ihres Lebens in Lösnich, bevor sie zur Flucht gezwungen
waren. 1941 und 1942 wurden sie in den Vernichtungslagern des Dritten
Reiches getötet.
Deutliche Worte. In ihrem Gedenken wurde nun in Lösnich eine Plakette
enthüllt. Die findet deutlichere Wort als es in der Aufarbeitung der NS-Zeit
häufig der Fall ist: Die Kaufmanns und die Schömanns sind nicht 'ums Leben
gekommen' oder 'Opfer des Holocaust' – auf der Tafel steht eindeutig, dass
sie 'von den Nationalsozialisten 1941-1945 ermordet wurden'. Darunter
prangen die Namen und Lebensdaten der fünf Juden, denen die Flucht nicht
gelang. Dennoch stimmt das Zitat am oberen Rand der Tafel versöhnliche Töne
an. Es war eine Idee des Gemeinderats. Ortsbürgermeister Winfried Gassen
erklärt: Wir haben dieses Zitat ausgesucht, weil wir ein Zeichen setzen
wollten, dass hier etwas Schreckliches passiert ist, aber dass es doch
Versöhnung und Hoffnung gibt.' Die Gestaltung, die Formulierung und der
Standort der Gedenktafel waren schnell beschlossen. 'Da gab es keine
Diskussion', erzählt Gassen. Der Stein mit der Tafel stehe 'an einem
geschichtsträchtigen Ort, wo ihn jeder sehen kann.' Denn hier, an der
Kreuzung der Hauptstraße und der Herrengasse, lebten früher die jüdischen
Familien in Lösnich. Ein paar der alten Häuser stehen sogar noch. In einem
ist Marie-Luise Conen aufgewachsen. Sie initiierte die Anbringung der Tafel.
Die Idee hatte sie bei Recherchen zu einem Buch über jüdische Familien von
der Mittelmosel. Sie trat mit dem Plan an den Gemeinderat Lösnich heran, der
ihr sofort Unterstützung zusagte. Auch sogenannte Stolpersteine wie etwa vor
der Justizvollzugsanstalt Wittlich waren zunächst im Gespräch. 'Aber die
Tafel gefiel mir besser, da sie einen zentralen, gemeinsamen Gedenkplatz
schafft', erzählt Conen.
Letzte Lebenszeichen. Die Autorin und Psychologin studierte jüdische
Familiengeschichten, kontaktierte Nachfahren, sammelte Briefe. Einen dieser
Briefe, das letzte Lebenszeichen der Mathilde Schömann, las Conen bei der
Enthüllung der Gedenktafel vor. Schömann schickte den Brief im November 1941
an ihre Kinder, die bereits in die USA emigriert waren.
Darin schildert sie ihre Probleme bei der Ausreise aus Deutschland. Sie
wusste damals noch nichts vom kurz zuvor beschlossenen Auswanderungsverbot
für Juden. 'Ich habe aber Gottvertrauen', schreibt sie. 'Er wird uns nicht
verlassen und wird mir helfen'. Im September 1942 wurde sie im
Vernichtungslager Treblinka ermordet. Schömanns Enkel, Martin Holzinger,
nahm eigens für die Enthüllung der Gedenktafel eine Reise von den USA nach
Lösnich auf sich. Auch in Frankreich, England, Holland und der Schweiz
konnte Conen Nachfahren der ermordeten Juden ausfindig machen, die zum
Festakt anreisten. Holzinger zeigte sich in seinem Grußwort dankbar, dass
Lösnich die Erinnerung an seine Familie und andere Juden aufrecht erhält.
'Es kommt eine Zeit, in der wir vergeben müssen – niemals vergessen, aber
vergeben', sagt er. Lösnich war einer der ersten Orte der Region, die Juden
erlaubten, innerhalb des Dorfes zu leben. Die jüdische Gemeinschaft war
keine Parallelgesellschaft, unabhängig vom Dorfleben: Josef Schömann war
Mitbegründer und langjähriger Dirigent des Musikvereins, bis er gezwungen
war, sein Amt abzulegen. Auch hier hinterließ der Nationalsozialismus seine
Spuren, auch hier ist es wichtig, nicht zu vergessen.
Erinnern an das jüdische Leben. 'Niemand will vergessen werden, unsere
Identität hängt damit zusammen, dass man sich an uns erinnert', erklärt
Conen. 'Das jüdische Leben wurde in vielen Orten ausgelöscht. Es ist
wichtig, daran zu erinnern, dass jüdische Bürger mal zum Alltag gehörten und
auch heute wieder gehören können'. Denkmäler wie die Gedenktafel in Lösnich
gehören zum kulturellen Gedächtnis. Sie stellen einen Draht zwischen der
Gegenwart und der Vergangenheit her, machen aus einem kalten historischen
Faktum etwas Greifbares. Vielleicht können sie durch die Kraft des Erinnerns
auch etwas dazu beitragen, dass man hierzulande nicht mehr vom Weg abkommt.
Denn 'Der Frieden ist der Weg'."
vgl. Artikel in der "Eifel-Mosel-Zeitung" vom 22. Juni: "Zur
Erinnerung an die jüdischen Bürger von Lösnich, die von den
Nationalsozialisten in der Zeit von 1941 bis 1945 ermordet wurden".
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Alle
Fotos erhalten von Marie-Luise Conen |
Gedenktafel zur Erinnerung an
fünf ermordete Lösnicher Juden |
Marianne Adler verh.
Schömann (1870-1942) |
Joseph Schoemann
(1870-1942) |
Das
Foto links oben zeigt von links: Dechant Moritz, Ortsbürgermeister
Winfried Gassen, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ulf Hangert,
Beigeordneter Leo Wächter, Marie-Luise Conen, Hilde Weirich.
Das Foto rechts davon zeigt Nachfahren von Lösnicher jüdischen
Familien zusammen mit Marie-Luise Conen vor dem
jüdischen Friedhof in Lösnich. Von links
nach rechts: Nicole Schemann (Frankreich), Michael Levine, Laura Holzinger,
Joan Holzinger, Martin Holzinger (alle USA), Yvonne Crampin (England), Jill
Wolff (Schweiz), Marie Luise Conen, Bernard Schemann (Frankreich), Sandra
Wolf (England).
Das Foto rechts zeigt die Nachfahren von Lösnicher jüdischen Familien
vor dem Spitzhäuschen in Lösnich (ehemaliges Haus einer jüdischen Familie).
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 236 (mit weiteren Literaturangaben).
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| Marie-Luise Conen / Hilde Weirich: Jüdische
Familien von der Mittelmosel. Lebensläufe von 1714 bis zur Gegenwart.
Paulinus Verlag Trier 2010. € 24.90.
Hinweis (Januar 2022): das Buch ist inzwischen vergriffen, doch hat das
Emil-Frank-Institut in Wittlich noch einige Exemplare. Bestellung über
Emil-Frank-Institut, Schloßstr. 10, 54516 Wittlich. Tel.
06571-260124. E-Mail. |
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