Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
Zur Übersicht Synagogen im Kreis Neuwied
Oberbieber mit
Altwied und Gladbach (Stadt
Neuwied, Kreis Neuwied)
sowie Rengsdorf (VG Rengsdorf)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Oberbieber bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Zur Gemeinde gehörten auch die in
Rengsdorf,
Altwied und
Gladbach
lebenden jüdischen Personen.
1781 werden die folgenden acht jüdischen Familien in Oberbieber
genannt: Sender (Vorsteher der Gemeinde, Viehhändler), Liepmann Seligmann
(Viehhändler), Herschel Mayer (handelte mit Waren), Samuel Marcus
(Viehhändler), Joseph Kahen (Viehhändler), Hayem Benjamin (arm), Marcus
(verwitwet, handelte mit kleinen Waren), Moses Hersch (Aderlassen und
Schröpfen). In Altwied lebte nur eine jüdische Familie: Jachiel Nathan
(Viehhändler). In Rengsdorf lebten fünf Familien.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Oberbieber 1858 64 jüdische Einwohner (7,2 % der
Gesamteinwohnerschaft), 1895 81 (5,4 %); in Rengsdorf 1858 24, 1895 35; in
Altwied 1858 vier, 1895 sechs; in Gladbach 1858 acht, 1895 gleichfalls
acht.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.) und eine jüdische Schule
(Religionsschule). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Niederbieber beigesetzt.
1925 lebten in Oberbieber 35 jüdische Personen, in Rengsdorf 29
(insbesondere Familien Hecht, Moses, Sander), in Altwied vier, in Gladbach
zwölf. Nach 1933 sind die meisten der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), sowie die noch vorhandenen
jüdischen Geschäfte geplündert.
Von den in Oberbieber geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Moritz Baehr (1865),
Sibilla Baehr (1869), Emilie Baer geb. Sander (1889), Samson Baer (1873), Emma
David (1883), Irma Frank geb. Tobias (1903), Berta Ernestine Gottschalk geb. Baehr
(1870), Hermann Gottschalk (1877), Hedwig Kahn (1896), Karl Kahn (1888), Dina
Kallmann geb. Baehr (1871), Sara Kaufmann (1859), Emma Leiserowitz geb. Jonas
(1886), Arthur S. Levy (1914), Frieda Levy (1924), Jacob Levy (1877), Leo Levy
(1882), Ludwig Levy (1905), Sally Levy (1884), Thea Levy (1918), Fina Loeb
(1874), Friederike Loeb (1874), Siegbert Meyer (1928), Johanna Platz geb.
Seligmann (1875), Kurt Platz (1911), Moses Platz (1881), Nettchen Salomon
(1875), Albert Sander (1883), Selma Sander geb. Stern (1894), Karoline Schubach
geb. Seligmann (1877).
Aus Rengsdorf sind umgekommen: Karl Hecht (1896), Max Hecht (1894), Sally
Hecht (1892), Isbert Kahn (1927), Emma Kratz geb. Moses (1892), Gertrud (Gerda)
Levy geb. Hecht (1901), Amalie Moses (1876), Kurt Moses (1909), Ida Nathan geb.
Moses (1887), Bertha Pais geb. Sander (1893), Ruth Sander (1825), Sigmund Sander
(1895).
Aus Gladbach sind umgekommen: Frida Levy geb. Platz (1885), Alex Platz
(1887), Rosa Platz geb. Keller (1886).
Für 26 der genannten Personen wurden in Oberbieber im Jahr 2006 sogenannte "Stolpersteine" verlegt: Emilie Baer geb. Sander
(Friedrich-Rech-Straße 174), Emma David (Altwieder Straße 5 in der Kurve),
Irma Frank geb. Tobias (Braunsbergstraße 11), Berta Ernestine Gottschalk geb.
Bär und Hermann Gottschalk (Lebensmittel/Ziegelbau in der Bergstraße), Hedwig
Kahn geb. Tobias und Karl Kahn (Altwieder Straße 5 in der Kurve), Emma
Leiserowitz geb. Jonas (Mittelstraße 64), Arthur Salomo Levy (gegenüber Ecke
Friedrich-Rech-Straße/Aubachstraße), Emma Levy geb. Blumenthal, Frieda Levy
und Thea Levy (Friedrich-Rech-Straße, Parkplatz), Siegbert Meyer, Bertha Meyer
geb. Schwarz und Helga Meyer (Weinbergstraße 7 = zum Aubachtal: Eckhaus zur
Bergstraße siehe unten), Kurt Platz und Moses Platz (Ecke Gladbacher Straße 23 unter
Hochstraße), Nettchen Salomon geb. Levy (Friedrich-Rech-Straße), Albert Sander
und Edith Sander sowie Selma Sander geb. Stern (Wallbachstraße 14),
Siegfried Tobias, Lina Tobias geb. Gottschalk und Günther Tobias (Braunsbergstraße
32).
Die Reinigung der "Stolpersteine" übernehmen sei 2008 regelmäßig
die Konfirmanden der Evangelischen Kirchengemeinde (s.u.).
In Gladbach liegen "Stolpersteine" für Frida Levy geb. Platz
(Sandgasse 5), Alex Platz und Rosa Platz geb. Keller (An der Marienkirche
18)
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und von Privatpersonen
Anzeige / Stellensuche von L. Baruch
in Oberbieber (1885)
Anmerkung: L. Baruch könnte Löb Baruch sein, der 1902 als Händler in der
Weinbergstraße (Wingertsbergstraße) 7 genannt wird. Löb Jehuda Baruch
(1830-1916) war verheiratet mit Pauline geb. Marx (1833-1910). Die beiden hatten
vier Kinder: Mathilde (geb. 1862), Bernhard (geb. 1863), Sibilla (geb. 1872) und
Adolf (geb. 1874). Vermutlich suchte Löb Baruch für seine Tochter Mathilde mit
der Anzeige eine Stelle.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1885:
"Eine tüchtige, starke, israelitische Köchin, die gute Zeugnisse besitzt,
sucht Stelle.
L. Baruch in Oberbieber bei Neuwied." |
Bitte um Unterstützung einer
verarmten jüdischen Familie in Oberbieber (1896)
Anmerkung: Beim Vorsteher der Synagogengemeinde in Oberbieber J. Seligmann
handelt es sich um Joseph Seligmann (1832-1905), von Beruf Händler, wohnhaft in
der Friedrichstraße 1. Er war über zwei Wahlperioden Vorsteher der
Synagogengemeinde und starb 1905 an Suizid.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1896: "Herzliche Bitte!
In dem Dorfe Oberbieber bei Neuwied nährt sich ein kinderreicher
jüdischer Familienvater notdürftig vom An- und Verkauf von Lumpen und
Knochen. Das Haus, in welchem er bis heute zur Miete wohnt, ist verkauft.
Wegen seines Erwerbes kann er keine andere Wohnung bekommen. Durch gute
Menschen, milde Gaben ist es ihm möglich geworden, einen kleinen Bauplatz
zur Errichtung eines Häuschens zu erwerben. Nun wendet er sich durch dieses
an mildherzige Glaubensgenossen und bittet eine Beisteuer zum Bau dieses
Hauses.
Die Unterzeichneten unterstützen diese Bitte dringend. Sie sind auch gerne
bereit, - weil sie von der Dürftigkeit und Würdigkeit der Familie
unterrichtet sind, - milde Gaben zu diesem Zwecke dankend in Empfang zu
nehmen.
Jul. Ransenberg, Lehrer in Neuwied.
J. Seligmann, Vorsteher der Synagogengemeinde in Oberbieber.
Feld, evang. Pastor zu Niederbieber.
Die Richtigkeit der Unterschriften bescheinigt Vorsteher Freund."
|
Anzeige von Metzgermeister Abraham
Bähr in Oberbieber (1898)
Anmerkung: Albert Abraham Bähr (1867-1921) war Metzger und wohnte in der
Mittelstraße 31. Er war verheirat mit Bertha geb. Neugarten, mit der er vier
Kinder hatte: Dina Hilde (1907-1942 wahrscheinlich Suizid vor Deportation in
Frankfurt am Main), Ludwig Siegfried (geb. 1909, emigriert nach Afrika), Johanna
(geb. 1913, emigriert in die USA), Ilse (geb. ?, emigriert in die USA).
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juli 1898:
"Ein kräftiger Metzgerlehrling, aus achtbarer jüdischer Familie, zum
sofortigen Eintritt gesucht.
Abraham Bähr, Metzgermeister, Oberbieber bei Neuwied."
|
Werbung für das koschere Hotel
Moses in Rengsdorf (1908 / 1937)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Mai 1908:
"Luftkurort Rengsdorf bei Neuwied am Rhein.
Telephon 6 Koscher Pension Moses
Koscher Telephon 6.
Anerkannt vorzügliche Küche. Billige Preise." |
|
Anzeige
im "Gemeindeblatt der israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom Juli 1937 S.
26: "Rengsdorf. Hotel Moses Tel. 206
das altbekannte Haus. Heizung, fließend Wasser, Großer Garten
mit Liegewiese. Angenehmer Aufenthalt. 3 Minuten vom Wald".
|
Warnungen vor antisemitisch
geprägten Hotels in Rengsdorf (1908 / 1928)
Anmerkung: bereits seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gab es
antisemitisch geprägte Gaststätten und Hotels, die keine jüdischen Gäste
aufnehmen wollten. In jüdischen Periodika wurde vor solchen Hotels regelmäßig
gewarnt. Immer wieder wurden dabei aus Rengsdorf vor allem das Hotel Richtmann,
der Gasthof/Kurhotel zum Stern, das Hotel/Pension Forsthaus genannt.
Artikel in der Zeitschrift "Im Deutschen Reich" vom September 1908 S. 532:
"Aus Neuwied am Rhein erhalten wir nachstehende Mitteilung: Auf
Veranlassung des Besitzers des Hotels Richtmann in dem benachbarten
Erholungsort Rengsdorf im Westerwald, sowie des Inhabers des
Hotels zum Stern daselbst, Herrn Rüdig, hat der Bürgermeister
Wink kürzlich in Rengsdorf eine Versammlung einberufen, in der er den
Wunsch aussprach, in den dortigen Hotels Juden die Aufnahme nicht oder doch
nur in sehr beschränktem Maße zu gewähren. Ein bezüglicher Antrag wurde
jedoch abgelehnt, nachdem die Besitzer der Hotels Eul und Lindner erklärt
hatten, dass ihnen die jüdischen Gäste ebenso lieb wie alle anderen seien. -
Wir teilen dies an dieser Stelle mit, damit unsere Glaubensgenossen das
Hotel Richtmann sowie das Hotel zum Stern meiden bzw. an die Besitzer dieser
antisemitischen Gasthäuser keine unnötigen Anfragen richten. Das Verhalten
des Herrn Bürgermeisters aber würdem wenn sich die erwähnte Mitteilung
vollinhaltlich bestätigen sollte, mit seiner Pflicht, für ein friedliches
Einvernehmen der einzelnen Bevölkerungsklassen Sorge zu tragen, kaum in
Einklang zu bringen sein." |
|
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitung des "Central-Vereins" vom 1. Juni 1928:
"Rengsdorf: Hans Hermann zu Wild. Erholungsheim für evangelische Pfarrer.
Pension Forsthaus, Gasthof zum Stern nehmen Juden nur in der Vor- und
Nachsaison auf." |
Hochzeitsanzeige für Lothar Levy
und Erna geb. Mattes (1936)
Anzeige
in "Israelitisches Familienblatt" vom 10. Dezember 1936: "Statt Karten!
Lothar Levy - Erna Levy geb. Mattes
Vermählte
Anhausen bei Neuwied
Rengsdorf, Hotel Erholung
Trauung: 13. Dezember 1936, 12 Uhr im Hause (Hotel Erholung Rengsdorf)." |
Hochzeitsanzeige von Ludwig Baehr
und Else geb. Scheurenberg (1936)
Anmerkung: Ludwig Siegfried Bähr (geb. 1909) war ein Sohn von Albert Abraham
Bähr und seiner Frau Bertha geb. Neugarten. Er ist nach 1936 nach Afrika
emigriert.
Anzeige
in der CV-Zeitung (Zeitschrift des "Central-Vereins" vom 2. Juli 1936:
"Statt Karten!
Ludwig Baehr - Else Baehr geb. Scheurenberg.
Vermählte.
Oberbieber bei Neuwied 5. Juli 1936 - Frille bei Minden.
Zur Zeit Herne i.W., Schulstraße 67 III" |
Zur Geschichte der Synagoge
1869 wird die Synagoge in Oberbieber in einem
Haushaltsvoranschlag mit Inventar und Wert beschrieben: Synagoge 300 Taler mit
Garten 50 Taler; zwei Torarollen 60 Taler, zwei silberne Handdeuter sechs Taler,
vier Bänke zwei Taler und diverse Gegenstände drei Taler. Nach Erinnerungen
von Zeitzeugen war die Synagoge ein "bescheidener Bau, ein Haus, wie man
hier seit Jahrhunderten Wohnhäuser errichtet hat: Fachwerk, niedrig, mit
kleinen Fenstern aus einfachem Fensterglas und massiven Eichenbalken im Dachstuhl...
Der Eingang war an die rückwärtige, der Straße abgewandte Seite verlegt
worden. Mit einer Schmalseite berührte sie das nächste Wohnhaus, die andere
Schmalseite wies ungefähr nach Süden... Im Inneren waren weiß gestrichene
Bänke aufgestellt." Die Beschreibung lässt vermuten, dass ein älteres
Wohnhaus - vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - zu einer
Synagoge umgebaut worden ist.
1908 beschloss der Gemeindevorstand, eine neue Synagoge zu bauen.
Der Fürst von Wied war bereit, den Bauplatz hierzu zu stiften. Zum Bau wollte
man das Vermögen des aufgelösten jüdischen Frauenvereins (2.700 Mark) sowie
den Erlös aus dem Verkauf der alten Synagoge (1.000 Mark) einsetzen und den
Rest durch einen Kredit aufbringen. Das Vorhaben wurde jedoch nicht
verwirklicht, da die Rengsdorfer Gemeindeglieder sich gegen den Neubau
aussprachen. Somit wurde auch weiterhin die bisherige Synagoge verwendet.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch SA-Männer geschändet.
Die Fensterscheiben wurden eingeworfen, das Gebäude verwüstet und angezündet.
Die Feuerwehr beschränkte sich auf den Schutz der Nachbarhäuser. Wenige Tage
darauf wurde die Brandruine abgebrochen. Das Grundstück musste im August 1940
für 645 RM zwangsverkauft werden, doch wurden gleichzeitig der jüdischen
Gemeinde die Abbruchkosten in Rechnung gestellt.
Im November 2020 wurde am Synagogengrundstück (an der Mauer des
Nachbargebäudes) eine Gedenktafel mit Informationen zur Geschichte
angebracht (siehe unten).
Adresse/Standort der Synagoge:
im Bereich zwischen Bergstraße 17 und Zum Aubachtal 16
Fotos
(Fotos im Oktober 2011 zur Verfügung gestellt von der
Evangelischen Kirchengemeinde Oberbieber, Pfarrer Jochen Trauthig)
Die Synagoge
in Oberbieber
(Fotos vor 1938 -
(verglichen mit der aktuellen Situation) |
|
|
|
Blick entlang der
Bergstraße (vor 1938 / 2020)
am Gebäude ist die Gedenktafel von 2020 erkennbar |
Die Synagoge vor 1938
Foto mit
Ausschnittvergrößerung |
|
|
|
Gedenken in der
evangelischen Kirche
|
|
|
|
Im Rahmen links
die bei Umbauarbeiten im Nachbarhaus (Haus der Familie Meyer siehe unten)
zur Synagoge gefundenen hebräischen Schriftstücke sowie die beiden Schlüssel (siehe
Berichte unten).
Das Dachgeschoss des Hauses diente als Genisa der Gemeinde (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Geniza).
Im Rahmen rechts (auf linkem Foto) sind alle jüdischen Personen, die ab
1836 in
Oberbieber gewohnt haben, aufgelistet (Lebensjahre jeweils ein
Balken) |
|
|
|
Neue Gedenktafel
(2020) |
|
|
Die am 10.
November 2020 am Standort der Synagoge angebrachte Gedenktafel (Text siehe
unten) |
|
|
Wohnhaus oberhalb der
Synagoge
Zum Aubachtal 16:
ehemaliges Wohnhaus der Familie Meyer
(Foto um 1930 / 2020) |
|
|
Im Gebäude Zum
Aubachtal 16 lebte seit 1924 die Familie des Druckereibesitzer Erich
Meyer (geb. 1895) mit seiner Frau Bertha Meyer geb. Schwarz (geb. 1892)
und den Kindern Helga (geb. 1924) und Siegbert (geb. 1928). Erich Meyer
arbeitete in der NS-Zeit zuletzt als Wäscher in der Heil- und
Pflegeanstalt (Jakobysche Anstalt) in Bendorf-Sayn. Alle Mitglieder der
Familie wurden 1942 deportiert und ermordet.
Am Gebäude wurden 2006 "Stolpersteine" verlegt für Erich Meyer (Link),
Bertha Meyer geb. Schwarz (Link),
Helga Meyer (Link)
und Siegbert Meyer (Link);
die angegebenen Links führen zu den Informationen in der Website
www.stolpersteine-neuwied.de. |
|
|
|
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
September 2011:
Hebräisches Schriftstücke wird in der Kirche
als Erinnerung angebracht |
Vor einigen Jahren wurden bei Umbauarbeiten
im Eckhaus Bergstraße / Zum Aubachtal (Haus des jüdischen
Druckereibesitzers Erich Meyer) eine Seite mit hebräischen Schriftzeichen
(u.a. Texte des 8. Psalms) sowie zwei alte Schlüssel gefunden. Nach
Absprache mit der jüdischen Gemeinde Neuwied-Mittelrhein wurden die
Fundstücke im Gedenken an die jüdische Gemeinde und ihre 1938 zerstörte
Synagoge im Vorraum der evangelischen Kirche des Ortes angebracht.
Bericht hierzu in den "Gemeindenachrichten" der Evangelischen
Kirchengemeinde Oberbieber Juni/Juli/August 2011 (S.
3-4 "Hebräisches Schriftstück gefunden") sowie in der Website der Evangelischen Kirche im
Rheinland: Link
zum Artikel - auch als
pdf-Datei eingestellt. |
|
Mai 2011:
"Reinigungs"-Patenschaft für
"Stolpersteine" |
In den oben genannten
"Gemeindenachrichten" der Evangelischen Kirchengemeinde
Oberbieber findet sich S. 5 auch ein Bericht
über die "Reinigungs"-Patenschaft für
"Stolpersteine" in Oberbieber, die die Katechumenen der
evangelischen Kirchengemeinde übernahmen. |
|
November 2020:
Neue Gedenktafel für die ehemalige
Synagoge
|
Artikel im "NR-Kurier" vom 13. November
2020: "Gedenktafel erinnert jetzt an Synagoge in Oberbieber
Seit ihrer gewaltsamen Zerstörung in der NS-Diktatur am 10. November 1938
war die einst bedeutende Synagoge im heutigen Neuwieder Stadtteil Oberbieber
regelrecht 'verschwunden': Nichts erinnerte bisher an ihrem ehemaligen
Standort in der Bergstraße an ihre Existenz, nichts mahnte dort an die
Ereignisse der Novemberprogrome 1938 und die weitere Verfolgung jüdischer
Menschen in der NS-Diktatur.
Oberbieber. Dabei war das schlichte jüdische Gotteshaus
Gemeinde-Mittelpunkt für die jüdischen Bürger aus zahlreichen umliegenden
Orten. Das hat sich auf Initiative von Hans-Peter Schladt und Frank Hachemer
aus der katholischen Pfarrei St. Bonifatius nun geändert: Schnell fand sich
ein Organisatorenteam zusammen, das eine Gedenktafel mit Bild und
Hintergrundinformationen gemeinsam entwarf. Die ist nun – wegen der
aktuellen Corona-Lage leider zunächst ohne die eigentlich geplante kleine
Einweihungsfeier – seit dem 10. November am Nachbarhaus fest angebracht.
Gemeinsam mit dem Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Oberbieber,
Pfarrer Jochen Trauthig, Kantor Dr. Jürgen Ries sowie Pfarrer Werner Zupp
und Rolf Wüst vom Deutsch-israelischen Freundeskreis Neuwied und
Ortsvorsteher Rolf Löhmar wurde die Tafel entwickelt, die an die Geschichte
der Synagoge erinnert. 'Wichtig ist uns auch die Mahnung an uns heute aus
der Erinnerung an die Folgen, wenn Demokratie und Freiheit beseitigt
werden', so die Organisatoren."
Link zum Artikel |
Der Text der Gedenktafel lautet: "Standort
der ehemaligen Synagoge.
(Bibelzitat hebräisch und deutsch) "Um Zions willen darf ich nicht
schweigen, wegen Jerusalem nicht abseits stehen.
Bis Gerechtigkeit aufleuchtet in hellem Licht und Rettung werde wie eine
lodernde Flamme.
Mit neuem Namen wirst du gerufen werden. Verlauten des Ewigen Mund.
(Jesaja 62,1.2)
An dieser Stelle stand bis zum 10. November 1938 die Synagoge. Sie war das
Gotteshaus der jüdischen Gemeinde, deren Entstehung in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurückging.
Zur Synagogengemeinde gehörten auch die in Rengsdorf, Altwied und Gladbach
lebenden Jüdinnen und Juden.
1869 wurde die Synagoge erstmals in einem Haushaltsvoranschlag genannt. Von
Zeitzeugen wird sie beschrieben als ein 'bescheidener Bau, ein Haus, wie man
hier seit Jahrhunderten Wohnhäuser errichtet hat: Fachwerk, niedrig, mit
kleinen Fenstern aus einfachem Fensterglas und massiven Eichenbalken im
Dachstuhl... Der Eingang war an die rückwärtige, der Straße abgewandte Seite
verlegt worden. Mit einer Schmalseite berührte sie das nächste Wohnhaus, die
andere Schmalseite wies ungefähr nach Süden... Im Inneren waren weiß
gestrichene Bänke aufgestellt.'
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch SA-Männer
geschändet. Die Fensterscheiben wurden eingeworfen, das Gebäude verwüstet
und schließlich angezündet. Die Feuerwehr beschränkte sich auf den Schutz
der Nachbarhäuser.
In einer Erinnerung an diesen Tag heißt es: 'Damals war der Hang des
Wingertsberges neben dem Pfarrhaus mit Fichten bestanden.
Einige Juden versuchten, sich dort zu verstecken; Erich Meyer holten sie mit
Gewalt zurück. Dort stand auch Lina Tobias mit ihrem Kind im Umschlagtuch.
Die Gehetzten flohen schließlich das Aubachtal hinauf. Oben im Tal
versteckte Lina Tobias ihr Kind im Wenige Tage darauf wurde die Brandruine
abgebrochen. Das Wald unter dem Herbstlaub, um es später heimlich
zurückzuholen, Grundstück musste im August 1940 für 645 Reichsmark denn die
Verfolger kamen schon hinterher – mit zwangsverkauft werden, gleichzeitig
wurden der jüdischen Pferden. An die Pferde gebunden wurden die Flüchtigen
Gemeinde die Abbruchkosten in Rechnung gestellt. zurückgehetzt, >heim< in
ihre verwüsteten Häuser.' " |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz
Regnery: Jüdische Gemeinde Neuwied. Geschichte in Bildern und
Dokumenten. Zeichen und Zeugen von damals und heute. Hg. vom
Deutsch-Israelitischen Freundeskreis Neuwied. 1988. |
| Dorothea Elisabeth Deeters: Sie lebten mit uns. Zur
Geschichte der Wied-Neuwiedischen Landjuden, für die Zeit 1817-1942
dargestellt am Dorf und Synagogenbezirk Oberbieber. Hrsg. von der Ev.
Kirchengemeinde Oberbieber. Neuwied-Oberbieber 1983.
Das Buch
ist online eingestellt (pdf-Datei). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 289 (mit weiteren Literaturangaben).
|
n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|