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Friedhöfe in der Region"
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Rödelsee (Kreis
Kitzingen)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Rödelsee (interner
Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Der jüdische Friedhof in
Rödelsee wurde im 15. Jahrhundert angelegt. Er wird bereits 1432 und wiederum
1526 genannt. 1563 bestätigte die Grundherrschaft (Wilhelm Moritz von
Heßberg) das Bestehen des Friedhof. 1602 wird der Bau der Mauer und eines Taharahauses genehmigt. Der
Rödelseer Friedhof war zentrale Begräbnisstätte mehrerer
umliegender jüdischer Gemeinden, u.a. Großlangheim, Hüttenheim,
Kitzingen, Mainbernheim,
Mainstockheim, Marktbreit.
Es ist mit einer Fläche von 188,30 ar und über 2.500 Grabsteinen einer der
großen jüdischen Friedhöfe
in Bayern. Der Friedhof ist von einer massiven Steinmauer umgeben. Auf Grund
mehrerer Erweiterungen (1614, 19. Jahrhundert) ist der Friedhof in fünf Gräberfelder gegliedert. Links
vom Eingang liegt der jüngere Teil aus dem 19./20. Jahrhundert. Ein
Gefallenendenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges ist vorhanden. Bereits
vor und in der NS-Zeit wurde der Friedhof mehrfach geschändet (1929, 1932,
1936). Bei Novemberpogrom
1938 wurde das kleine Taharahäuschen in Brand gesetzt. 1950 abgebrochen. Der
Waschstein aus dem Taharahaus wurde 1950 als Gedenkstein aufgestellt. 1981 wurde
er zerstört. 1983 ist ein neuer Gedenkstein zur Erinnerung an die in der NS-Zeit umgekommenen Juden
aus Rödelsee und Umgebung aufgestellt worden.
Aus der Geschichte des Friedhofes
Anmerkung zum jüdischen Friedhof anlässlich des
Hinweises auf einen hier begrabenen Gaon (bedeutender Rabbiner) Isack Günzburg
(Artikel von 1901)
Aus
einem Artikel einer Serie über "Günzburg und die schwäbischen
Gemeinden" vom 19. August 1901: "14, Isack Günzburg, Sohn des
Ascher Aron (Nr. 4), der als großer Gaon bezeichnet wird und für die
Verbreitung von Thorakenntnis eintrat; er wurde in Rödelsee
begraben.
Mit Anmerkung: Rödelsee war ebenfalls eine bedeutende Gemeinde und
gehörte zum Bistum Bamberg (Mtsch 29, 506). Der dortige Cantor, Jakob ben
Isack Halevi verfasst unter dem Titel Kehillat Jaakow eine
im Rhythmus des Samuelbuchs geschrieben gereimte Übersetzung des
Pentateuchs und der Bücher Josua und Richter (Fürth 1692); vgl. Cat.
Bodl. Nr. 5546 (wo der Ortsname richtig zu stellen ist; ebenso Cat.
München 115). Bekanntlich ist der getaufte Paulus Ämilius dort geboren.
Der dortige Friedhof, den ich vor 2 Jahren besuchte, ist sehr alt und von
bedeutendem Umfang. Er steht unter Aufsicht des dortigen Lehrers Frank,
der sich in anerkennenswerter Weise bemüht, als Grabsteine zu kopieren
und für ihre Auffrischung zu sorgen. Ich werde bei anderer Gelegenheit
über diese Grabsteine Näheres mitteilen und will hier nur noch
beifügen, dass Rabbiner und Rabbinerassessoren von Kitzingen,
Mainbernheim, Marktbreit
u.a. hier beerdigt sind. Auch Abkömmlinge der Familie des Samson Wertheimer
fanden hier ihre letzte Ruhestätte (vgl. Kaufmann, Urkundliches aus dem
Leben Samson Wertheimers, S. 121). |
Zum Friedhofsverein "Chebroh kaddischo"
Text aus Naphtalie Bamberger: Geschichte der Juden von
Kitzingen. 1908 S.
38: "Einige Mitglieder hiesiger Gemeinde gehören auch dem Friedhofsverein
'Chebroh kaddischo' zu Rödelsee an, welcher die eigentliche Totenbestattung
vornimmt. Laut Anordnungen dieses Vereins dürfen demselben stets nur 18
Mitglieder angehören, welche aus den Gemeinden gewählt werden, die dem
Friedhofsbezirk Rödelsee angehören. Der Friedhof dortselbst besteht, wie aus
den Akten zu ersehen ist, seit 'urdenklichen Zeiten'. Eine ganz genaue Angabe
der Zeit, wann der Friedhof zu Rödelsee angelegt wurde, ist nirgends zu finden,
doch kann als sicher angenommen werden, dass derselbe mehr als 400 Jahre alt ist.
Dagegen ist aus den Chebroh-Vereinsbüchern zu ersehen, dass die
Chebroh-kadischo 5465, also vor 202 Jahren (sc. 1705) gegründet wurde. Unter
den ersten 18 Mitgliedern waren auch 2 Kitzinger: Naphtali Sohn des
Samuel-Mosche und Elieser Sohn des Raphael-Salomon. Zum Friedhofbezirk Rödelsee
gehören folgende Gemeinden: Rödelsee,
Großlangheim,
Kleinlangheim, Mainbernheim,
Wiesenbronn,
Kitzingen, Mainstockheim,
Marktbreit, Obernbreit,
Sommerhausen (einige Familien), früher auch Marktsteft, Segnitz, Hohenfeld und Sommerach. |
Der Bau einer neuen Friedhofshalle und die Renovierung des alten Taharahauses (1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1921:
"Kitzingen, 15. August (1921). Auf dem laut Rentamtskataster 'seit
urdenklichen Zeiten' bestehenden israelitischen Zentralfriedhofe in
Rödelsee wurde es bisher als großer Missstand angesehen, dass bei
Beerdigungen die üblichen Gebete und Nachrufe unter freiem Himmel
stattfinden mussten; ebenso war das vielleicht mehrere hundert Jahre alte
Häuschen, in welchem die rituellen Waschungen stattfinden, in einem sehr
baufälligen Zustande. Durch eine sehr namhafte, großherzige Spende des
Herrn Julius Klugmann aus New York und seiner Gattin Fränzi, welch
ersterer aus dem zum Friedhofbezirke gehörigen Wiesenbronn stammt, war es
möglich, einen zeitgemäßen, stattlichen Bau zu errichten, sowie das
alte Häuschen gründlich zu renovieren. Die edlen Stifter haben sich ein
großes Verdienst erworben und wurden durch eine an dem Gebäude
angebrachte Erinnerungstafel deren Namen für alle Zeiten
verewigt." |
Berichte von der ersten Friedhofschändung im November 1929
Kitzingen (Quelle: Bayerische Israelitische Gemeindezeitung
vom 15.11.1929). Ein verbrecherischer Akt, geboren aus dem Sumpf von Rohheit
und Gemeinheit, wurde auf dem israelitischen Bezirksfriedhof Rödelsee bei
Kitzingen verübt. In der Nacht vom 3. auf den 4. November (1929) wurden von
Verbrecherhand 11 Grabsteine umgeworfen und acht von ihnen in vandalischer Weise
zertrümmert. Fünf Steine standen auf Kindergräbern, sechs auf Gräbern von
Erwachsenen. Unter den zertrümmerten Steinen befindet sich auch das Grabdenkmal
des vor Jahrzehnten verstorbenen in Mainbernheim amtierenden Rabbiners
Thalheimer. Es ist schon das zweitemal, dass verrohte Burschen diesen
altehrwürdigen, vor Jahrhunderten angelegten Friedhof geschändet haben. Auch
Einbrücke sind mehrfach verübt worden. Man fragt sich, wie es möglich ist,
dass die Entartung und Verwilderung der Sitten einen solchen Grab erreicht hat.
Das sind die Folgen der Verletzung und Aufpeitschung aller niedrigen Triebe, die
von völkischer Seite ausgehen. Unter der Einwirkung solcher Einflüsse in den
Tätern das Gefühl der Pietät vor den Toten, das selbst den primitiven
Völkern eigen ist, verloren gegangen. Man sollte nicht glauben, dass eine
solche Kulturschande in einem Kulturstaates möglich ist. Wie lange noch will
man die Verhetzung, die solche Früchte zeitigt und dadurch das Ansehen
Deutschlands schändet, dulden? Auf die Ergreifung der Täten setzt die
Friedhofverwaltung eine Belohnung von RM 500.- aus. Anzeige ist erstattet, und
die Nachforschungen werden mit aller Energie unternommen, sodass zu hoffen ist,
dass die Verbrecher gefasst und der verdienten Strafe zugeführt werden können.
Friedhofsschändung in Rödelsee (Quelle: CV-Zeitung vom 8.11.1929). In
der Nacht vom 3. zum 4. November wurden auf dem israelitischen Bezirksfriedhof
in Rödelsee bei Kitzingen elf Grabsteine umgeworfen und acht von ihnen in
vandalischer Weise zertrümmert. Unter den vollständig zerstörten befindet
sich auch das Grabdenkmal des Rabbiners Thalheimer aus Mainbernheim. Zu den
geschändeten Gräbern gehören fünf Kindergräber. Die Fußspuren zeigen nach
Mainbernheim. Da dort kürzlich eine rechtsradikale Versammlung abgehalten
wurde, liegt die Vermutung nahe, dass die Tat eine Frucht dieser Hetze ist. Die Nachforschungen
sind sofort energisch aufgenommen worden. Die Friedhofsverwaltung hat für die
Ergreifung der Schuldigen 500 Mark Belohnung ausgesetzt. |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. November 1929: "Friedhofsschändung.
Kitzingen, 4. November (1929). Von kompetenter Seite wird uns geschrieben.
Ein verbrecherischer Akt, geboren aus dem Sumpf von Rohheit und Gemeinheit
wurde auf dem israelitischen Bezirksfriedhof Rödelsee bei Kitzingen
verübt. In der Nacht vom 3. auf dem 4. November wurden von Verbrecherhand
11 Grabsteine umgeworfen und 8 von ihnen in vandalischer Weise
zertrümmert. 5 Steine standen auf Kindergräbern, 6 auf Gräbern von Erwachsenen.
Unter den zertrümmerten Steinen befindet sich auch das Grabdenkmal des
vor Jahrzehnten verstorbenen in Mainbernheim
amtierenden Rabbiners Thalheimer. Es ist schon das zweite Mal, dass
verrohte Burschen diesen altehrwürdigen, vor Jahrhunderten angelegten
Friedhof geschändet haben. Auch Einbrüche sind mehrfach verübt worden.
Man fragt sich, wie es möglich ist, dass die Entartung und Verwilderung
der Sitten einen solchen Grab erreicht hat. Das sind die Folgen der
Verhetzung und Aufpeitschung aller niedrigen Triebe, die von völkischer
Seite ausgeht. Unter der Einwirkung solcher Einflusse ist den Tätern das
Gefühl der Pietät vor den Toten, das selbst den primitiven Völkern
eigen ist, verloren gegangen. Man sollte nicht glauben, dass eine solche Kulturschande
in einem Kulturstaate möglich ist. Wie lange noch will man die
Verhetzung, die solche Früchte zeitigt und dadurch das Ansehen
Deutschlands schändet, dulden? Auf die Ergreifung der Täter setzt die
Friedhofsverwaltung eine Belohnung von 500 Mark aus. Anzeige ist
erstattet, und die Nachforschungen werden mit aller Energie unternommen,
sodass zu hoffen ist, dass die Verbrecher gefasst und der verdienten
Strafe zugeführt werden können." |
Kurzer Bericht von einer Friedhofschändung 1931
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Mai 1931:
"Kitzingen. Der jüdische Friedhof (Gemeinde Rödelsee), der bereits
1929 geschändet wurde, ohne dass die Schandtat ihre Sühne fand, wurde
dieser Tage abermals heimgesucht. Zwei Grabsteine wurden umgeworfen." |
Lage des Friedhofes:
Der Friedhof liegt etwa 1 km außerhalb von Rödelsee am Fuß des
Schwanberges (an der Steige zum Schwanberg), erreichbar über
Weinbergwege.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 12.5.2006)
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Eine der Hinweistafeln zum
Friedhof |
Das Eingangstor |
Hinweistafeln am Eingang |
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Kleines Haus für die
Aufbewahrung von Geräten |
Der Davidstern über
dem
Gerätehaus |
Grabsteine u.a. für Nathan
Gerst und seine
Frau Jette geb. Frank (Doppelstein) sowie
für den Lehrer
aus Rödelsee Abraham Frank
und seine Frau Fanny geb. Mayer |
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Die Gedenkstätte
für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges; rechts die Tafel für die
Gefallenen des Friedhofsbezirkes Rödelsee
(aus Kitzingen,
Marktbreit
usw.); auffallend die Symbolik auf den Grabsteinen: Stahlhelme, Schwerter,
Lorbeerkranz |
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Teilansichten
älterer Friedhofsteile; die Grabsteine sind zum großen Teil stark
verwittert. |
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Teilansichten
älterer Friedhofsteile |
Blick vom Friedhof nach
Rödelsee; rechts
die Gräber des 19./20. Jahrhunderts |
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Symbol der Krone für ein
Leben,
das eine Krone verdient hat |
Levitenkanne für einen
männlichen
Vertreter eines Levi-Familie |
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Grabsteine für Esther Fromm
und
Elieser Sohn des Simon |
Grabsteine für Jakob Rossmann
und
Max Stein aus Kitzingen, beide
im April 1937 gestorben |
Grabsteine u.a. für
Doris
Mayer geb. Mendle,
Karoline Mayer geb. Lilienstrauß, Babette
Gerst geb. Hahn, Berta Rosenbusch |
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Grabsteine aus der Zeit
um
1918 |
Grabstein für Johanna
Herzfelder
geb. Schönberger mit
Spuren der Zerstörung |
Abgebrochene Säule als Symbol
für eine
viel zu früh Verstorbene
(Clementine Fromm aus Kitzingen) |
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oben und unten: Grabstein für
Rabbiner
Dr. Joseph Wohlgemuth aus Kitzingen
(gest. 1935) |
Grabstein für Simon
Freudenberger,
Hauptlehrer in Flieden
(gest. 5.02.1936) |
Grabstein für Naphalie
Bamberger,
Kantor und Religionslehrer aus
Kitzingen (gest. 30.12.1938) |
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Grabstein für Schrage
Glückstein aus
Kitzingen mit Gedenkinschrift für die in
der NS-Zeit
ermordeten Geschwister |
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"Dieser Friedhof wurde
1938 unter
der Nazigewaltherrschaft zerstört und
1950 von Opfern des
Faschismus
wieder hergestellt" |
Die hebräischen Zeilen
übersetzt:
Oben: Zum Ewigen Gedenken.
Untere Hälfte: Ihre Seelen mögen
eingebunden sein in den Bund des
Lebens. |
Geschändete Grabsteine, die
außerhalb
des Friedhofes geborgen und 1904
auf den Friedhof
zurückgebracht
wurden |
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Soldatengräber
des Ersten Weltkrieges
(Fotos von Hans-Jürgen Zeis, Nürnberg; Aufnahmen vom Juni
2013) |
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Blick über den Friedhof
(Teilansicht) |
Grabstein für Vizefeldwebel
d.R.
Kurt Lehmann aus Marktbreit (1895-1919) |
Grabstein für Julius Putzel
in Marktbreit
(n.j.Z. 5650-5678) |
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Grabstein für Abraham Lauber
aus
Marktbreit, geb. in
Obernbreit (- 1917) |
Grabstein für Sali Gerst
(1880 in Kitzingen - 1917) |
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Gedenktafel für alle
Gefallenen
des Friedhofbezirks Rödelsee |
Grabstein links für Adolf
Stern,
Grabstein aus Nürnberg |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2018: Ein Projekt zu einem
Netzwerk zum Friedhof Rödelsee wird in Sommerach vorgestellt
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Artikel in "infranken.de"
vom November 2018: "'Netzwerk jüdischer Friedhof Rödelsee' vorgestellt.
In Zusammenhang mit der Heimat- und Kulturpflege wurde in der Sommeracher
Ratssitzung das Gemeinschaftsprojekt 'Netzwerk jüdischer Friedhof Rödelsee'
vorgestellt. Hierzu begrüßte Bürgermeister Elmar Henke die Vorsitzende des
Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen Margret Löther. Der Verein hat
nach den Ausführungen Löthers von einem Fachbüro ein Vorkonzept in Absprache
mit der Israelitischen Kultusgemeinde in Bayern und der Gemeinde Rödelsee,
erarbeiten lassen. In den kommenden Jahren soll ein Wissens- und
Vermittlungsnetzwerk entstehen, das die Bedeutung des historischen
Bestattungsortes für die Geschichte und Kultur der Region langfristig
sichtbar macht, betonte die Vorsitzende.
Neben dem zentralen Infopunkt am Friedhof selbst, erhalten alle
Netzwerkgemeinden einen lokalen Informationspunkt im eigenen Ort. Das
Projekt soll mit der Förderung des europäischen Leader-
Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum in Bayern realisiert werden.
Zur Teilnahme am Netzwerk eingeladen sind die Gemeinden des ehemaligen
Rabbinats Kitzingen. Um Förderanträge stellen zu können, sollen die Kommunen
bis zum Jahresende 2018 entscheiden, ob eine Bereitschaft zur Teilnahme am
geplanten Netzwerk gegeben ist. Die Förderung läuft bis 2020, teilte Löther
mit.
Sommerach war die nördlichste der rund 15 Gemeinden, die auf den ehemaligen
Rabbinatsfriedhof in Rödelsee beerdigten. Auf dem Friedhof sind mindestens
27 Grabsteine Sommeracher Juden identifiziert und dokumentiert, denen
Biographien und Familiengeschichten zugeordnet werden können. Die von
spätestens 1763 bis 1880 bestehende örtliche jüdische Gemeinde in Sommerach
hatte zeitweise bis zu einhundert Mitglieder. Konkrete Kosten des
angedachten Projekts für Sommerach konnte Löther in der Sitzung nicht
nennen, da man noch in Verhandlungen mit mehreren Gemeinden ist. Die
Sommeracher Räte waren sich einig: Erst nach Vorlage konkreter Zahlen wird
man einen entsprechenden Beschluss fassen."
Link zum Artikel |
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Juli
2019:
Zum Stand der Erarbeitung eines "Wissens- und Vermittlungsnetzwerks" zum Friedhof Rödelsee |
Artikel von Walter
Sauter in der "Main-Post" vom 21. Juni 2019: "Rödelsee. Auf den Spuren
jüdischen Lebens und Sterbens
Die Juden nennen ihn 'Makom tov' (Guter Ort) oder 'Bejt hachajim' (Haus des
ewigen Lebens), rund 200 gibt es davon in Bayern, einer der größten liegt im
Landkreis Kitzingen: Der von einer Mauer umschlossene, zwei Hektar große
jüdische Friedhof in Rödelsee ist ein einzigartiges Kultur- und
Naturdenkmal. Seit dem frühen 15. Jahrhundert war er zentraler
Bestattungsort jüdischer Familien aus 18 Orten im weiten Umkreis. Nun sollen
der Friedhof und diese Gemeinden mit einem groß angelegten 'Wissens- und
Vermittlungsnetzwerk' miteinander verknüpft werden. Ziel ist letztlich die
Schaffung eines Kulturpfads 'Auf jüdischen Spuren durch das Kitzinger Land'
mit dem Friedhof Rödelsee als Zentrum.
Rund 2500 Grabsteine sind bis heute erhalten – und jeder von ihnen kann eine
Geschichte erzählen. 'Es berührt mich tief, dass jüdisches Leben hier kein
Ende hat', sagt Margret Löther, Vorsitzende des Fördervereins ehemalige
Synagoge Kitzingen, der als Initiator und Koordinator des ehrgeizigen
Projekts agiert. Und sie weiß, wovon sie spricht. Ganze Familien kommen
immer wieder nach Rödelsee, oft aus Israel oder Amerika, machen sich auf dem
Friedhof auf Spurensuche. Wie unlängst die Nachkommen von Nathan und Jette
Gerst, ehemals Weinhändler in Kitzingen. Zu neunt waren die Familien Herman
und Fletcher angereist, um das Grab ihrer Urururgroßeltern zu besuchen.
Ein mehrsprachiges Internetangebot und ein damit verknüpfter detaillierter
Lageplan vor dem Friedhof sollen helfen, die Gräber künftig leichter zu
finden. Wichtige Vorarbeit dazu hat der 2014 verstorbene Heimatforscher
Michael Schneeberger geleistet, der akribisch Informationen über den
Friedhof und die dort bestatteten Familien zusammengetragen hat.
Die Gemeinde Rödelsee, so Löther, wolle sich bei dem Projekt 'stark
engagieren'. Der Kommune gehört das Areal vor dem Haupttor zum Friedhof, auf
dem ein Informationspunkt mit Lageplan samt einer kleinen Ausstellung und
Sitzgelegenheiten entstehen soll. Eine Plattform könnte zudem einen
Überblick über die insgesamt fünf Gräberfelder von außerhalb des Mauerrings
erlauben. Gedacht ist auch an ein Tastmodel des Friedhofs für Blinde und
Sehbeeinträchtigte, denn Inklusion spielt beim 'Netzwerk Jüdischer Friedhof
Rödelsee' eine wichtige Rolle. So soll die Webseite in einfacher Sprache
gehalten sein, es soll einen Audioguide geben oder Führungen von
Jugendlichen für Jugendliche.
Infopunkt mit Lageplan soll entstehen. In den 18 Netzwerkorten sollen
nach Vorstellung der Initiatoren ebenfalls Informationspunkte entstehen, nur
wesentlich bescheidener. Auch hier soll es einen Lageplan des Friedhofs
geben, auf dem die Gräber der Personen markiert sind, die aus der jeweiligen
Ortschaft stammen. Zudem soll über die historische Verbindung des Ortes mit
dem jüdischen Friedhof sowie über die lokale Geschichte der jüdischen
Einwohner oder Gebäude informiert werden wie die Bildungseinrichtungen in
Segnitz, die Synagoge in Wiesenbronn oder in Obernbreit über das Schicksal
von Olga Benario, die mit dem brasilianischen Revolutionär Luís Carlos
Prestes liiert war und 1942 im KZ starb.
Doch dieses Netzwerk soll nicht nur aus Infotafeln bestehen, sondern auch
aus Menschen und Veranstaltungen. Darüber sollen die Orte stärker
miteinander verbunden und jüdisches Leben im Kitzinger Land greifbarer
werden. Ein Vorkonzept skizziert auf über 30 Seiten, wie das 'Netzwerk
Jüdischer Friedhof Rödelsee' aussehen und funktionieren könnte. Das ist
inzwischen auch den 18 Gemeinden zugegangen, aus denen die in Rödelsee
beerdigten Juden kamen. Konkret sind dies Dettelbach,
Großlangheim,
Hohenfeld,
Hüttenheim,
Kitzingen,
Kleinlangheim,
Mainbernheim,
Mainstockheim,
Marktbreit,
Marktsteft, Mönchsondheim,
Obernbreit,
Rödelsee,
Sickershausen,
Segnitz, Sommerach,
Sommerhausen und
Wiesenbronn. Alle
Kommunen wurden um finanzielle Unterstützung für das Projekt gebeten. Mehr
als die Hälfte, so freut sich Margret Löther, haben diese bereits zugesagt.
Von der Idee zum neuen Netzwerk. Langer Weg: Vor vier Jahren haben
sich der 'Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen' auf den Weg gemacht mit
dem Ziel, das 'Netzwerk Jüdischer Friedhof Rödelsee' ins Leben zu rufen.
Zunächst hieß es, die viele Idee zusammen zu tragen, zu bündeln und
Mitstreiter zu suchen. Es galt Ortbegehungen durchzuführen, zwei Workshops
mit beteiligten Kommunen zu organisieren und unzählige Gespräche zu führen,
ehe das Vorkonzept von Bettina Keß ('kulturplan' Würzburg) erarbeitet werden
konnte.
Förderung: Der nächste entscheidende Schritt steht nun für den Herbst
an, wenn der Antrag auf Bezuschussung durch das LEADER-Entwicklungsprogramm
für den ländlichen Raum in Bayern gestellt werden soll. Margret Löther hofft
auf 50 Prozent Förderung, wodurch die erwarteten Kosten von über 80 000 Euro
halbiert werden könnten."
Link zum Artikel |
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Oktober 2020:
Pflegeeinsatz auf dem jüdischen
Friedhof |
Artikel von Gerhard
Bauer in "inFranken.de" ("Die Kitzinger") vom 5. Oktober 2020: "Rödelsee.
Pflegeeinsatz auf dem jüdischen Friedhof
Alljährlich im Herbst steht auf dem jüdischen Friedhof bei Rödelsee die
Grünpflege auf dem Programm. Mitglieder des Fördervereins ehemalige Synagoge
Kitzingen, Bürger aus den umliegenden Gemeinden, Schulklassen und nicht
zuletzt der Landschaftspflegeverband kümmern sich um die Beseitigung von
Aufwuchs, reinigen Grabanlagen, rechen zusammen und sorgen dafür, dass das
Grün im kommenden Frühjahr wieder ungehindert Einzug halten kann.
Alljährlich im Herbst steht auf dem jüdischen Friedhof bei Rödelsee die
Grünpflege auf dem Programm. Mitglieder des Fördervereins ehemalige Synagoge
Kitzingen, Bürger aus den umliegenden Gemeinden, Schulklassen und nicht
zuletzt der Landschaftspflegeverband kümmern sich um die Beseitigung von
Aufwuchs, reinigen Grabanlagen, rechen zusammen und sorgen dafür, dass das
Grün im kommenden Frühjahr wieder ungehindert Einzug halten kann. Die Klasse
8a der Mittelschule Iphofen mit ihrer Klassenlehrerin Gerhild Nathaus hatte
das Thema Juden im Dritten Reich schon einmal im Unterricht behandelt, doch
große Begeisterung herrschte nicht, als sie ihre Schüler wegen der
Beteiligung an der Pflegeaktion fragte. Sie sah es daher nach
coronabedingten Unterrichtsausfällen als teambildende Maßnahme.
Einstieg in den Geschichtsstoff. Noah Käufer (13) war das erste Mal
auf einem jüdischen Friedhof und beschrieb die völlig andere Art der
Gestaltung und Anlage auf christlichen Friedhöfen gewohnt als beeindruckend.
Mit einem merkwürdigen Gefühl rechte Katharina Hofbauer aus Würzburg
zwischen den teilweise verfallenen Grabsteinen Grasschnitt zusammen. Sie
absolviert in der Naturschutzbehörde des Landkreises derzeit ihr
Freiwilligenjahr als BuFDi. Sie betrachtet die aus Sandstein gemeißelten
Grabsteine als Symbol der Vergänglichkeit, die bei der handwerklichen Arbeit
zum Nachdenken veranlasse. Die Vorsitzende des Fördervereins ehemalige
Synagoge, Margret Löther, erklärte, dass mit der Arbeit auf dem Friedhof für
die Schulklasse der Einstieg in den Geschichtsstoff erfolge. Auf dem
zweitältesten jüdischen Friedhof im Landkreis habe 1943 die letzte
Beisetzung stattgefunden. Älteste Teilnehmerin unter den etwa 35 Helfern war
Rosmarie Hofmann aus Wiesenbronn. Die weiteste Anreise jedoch hatte Robert
L. Strauss hinter sich. Der US-Amerikaner lebt in Barcelona und kam eigens
zu den Pflegeanreisen angereist. Der Hintergrund: auf dem Friedhof liegen
seine Ur-Großeltern Eichenbronner aus Wiesenbronn. Seine Großmutter Hannah
Eichenbronner Strauss war um 1890 nach Amerika ausgewandert. Es dauerte
einige Zeit bis er die nebeneinander liegenden Gräber des 1923 verstorbenen
Samson Eichenbronner und seiner Ehefrau Louise Eichenbronner, die drei Jahre
später starb, gefunden hatte.
Vierter Friedhofspflegetag für Robert Strauss. 1996 war er erstmals
auf dem knapp zwei Hektar großen Friedhof. Die Anlage beeindruckte ihn so
sehr, dass er 1998 in den USA eine Dokumentation schrieb, in der er sich mit
der Geschichte seiner Vorfahren und dem Friedhof beschäftigte. Über den
Kontakt mit Rosmarie Hofmann gelang es ihm damals, das Grab der "great-grandparents"
(Urgroßeltern) zu finden. Es war der vierte Friedhofspflegetag, an dem
Robert Strauss teilnahm, immer noch beeindruckt von der Geschichte, die um
1432 begann. Und Strauss will wieder kommen, sich um den jüdischen Friedhof
und die Gräber seiner Vorfahren kümmern, gemeinsam mit den Helfern aller
Altersklassen. Zu groß ist der Eindruck, den der abgeschieden liegende
Friedhof besonders im Frühjahr gemacht hat, wenn alles ungehindert grünt und
blüht, Schmetterlinge fliegen und Bienen seltene Pflanzen umsummen."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens
in Bayern. 1988 S. 107-108. |
| Michael Trüger: Der jüdische Friedhof in
Rödelsee.
In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern. 8. Jahrgang
Nr. 60 vom Dezember 1993 S. 18. |
| Michael Schneeberger/Christian
Reuther: "Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen. Ein jüdischer
Friedhof in Deutschland.". |
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|