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Birkenfeld"
Sien mit
Oberreidenbach und Sienhachenbach (VG Herrstein, Landkreis Birkenfeld)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Sien bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1920/30. Ihre Entstehung
geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück, als die Fürsten von Salm-Kyrburg
Juden gegen Zahlung von Schutzgeldern aufnahmen. 1760 wurden fünf jüdische
Haushaltsvorstände gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt:
1808 waren es 51 jüdische Personen, 1834 66, 1843
71, 1852 72 (von insgesamt 530 Einwohnern, d.h. Höchstzahl von 13 % der Gesamteinwohnerschaft). Seit Mitte des 19.
Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner aus Aus- und Abwanderung
zurück. 1895 waren noch 36 jüdische Personen am Ort. Zur jüdischen Gemeinde Sien zählte zeitweise auch die in
Sienhachenbach,
Oberreidenbach und Hundsbach lebenden jüdischen Einwohner.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine
Religionsschule und einen Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war in der 2. Hälfte des 19.
Jahrhunderts zeitweise für Sien und die Orten in der Umgebung ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. unten:
Ausschreibung der Stelle von 1887; zuvor war als Lehrer Nathan Grajowa am Ort).
1925/27 wurden nur noch zehn jüdische Einwohner in Sien gezählt.
Die letzten
jüdischen Einwohner wurden 1942 deportiert.
Von den in Sien geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", überarbeitet und ergänzt
durch Reiner Schmitt): Wilhelm Frenkel (1878), Johanna Herz geb. Roos (1879), Johanna Herz
(1882), Thekla Herz (1891), Selma Meyer geb. Schlachter (1894), Bertha Rothschild geb. Bärmann
(1856), Henriette Rothschild (1875),
Rosalie Rothschild (1873), Albert Schlachter (1889), Alfred Schlachter (1901), Elise
(Elsa) Schlachter (1895), Jakob Schlachter (1891), Kurt Schlachter (1926), Rosa Schlachter geb. Blum
(1892), Dora Sliomovits (1874).
Aus Oberreidenbach ist umgekommen: Rosalie Hanau geb. Stern (1874).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und
Schochet (1887)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1887: "In
der Gemeinde Sien mit Oberreidenbach ist die Stelle eines
Religionslehrers, Schochet und Chasan vakant. Gehalt bei freier Station
4-500 Mark nebst den Erträgnissen der Schechita. Bewerber wollen sich
melden bei
Isaak Stern I. in Oberreidenbach. Kreis St. Wendel." |
Suche nach dem bis Anfang 1887 tätigen
Lehrer
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar 1887:
"Nathan Grajowa, israelitischer Lehrer, bisher in Sien, wird
dringendst gebeten, seine Adresse behufs Empfangnahme einer wichtigen
Mitteilung baldigst dem Unterfertigten anzuzeigen.
Dr. Gallinger, Rechtsanwalt in Kaiserslautern (Pfalz)." |
Hinweis: vermutlich Ende der 1820er-Jahre war Jacob Mayer
Eppstein als Lehrer in Sien tätig: siehe Familiengeschichte
"HaLevi - Eppstein - Eppler - Mayer. Vier Namen - eine Familie" von
Rolf Michael Mayer (eingestellt als pdf-Datei).
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst wurden die Gottesdienste der Gemeinde in einem Betsaal (nach
einem Bericht vom Mai 1839 in einer "gemieteten Stube") gefeiert.
Dieser Betsaal war jedoch 1839 viel zu klein für die jüdischen Familien am
Ort. Nur die Hälfte der Gemeindeglieder konnte noch gleichzeitig am
Gottesdienst teilnehmen. Nachdem 1839 der Betsaal gekündigt worden war,
plante man den Neubau einer Synagoge, der Anfang der 1840er-Jahre durchgeführt
werden konnte. Bereits seit 1826 hatte man für einen Neubau die finanziellen
Mittel gesammelt. Am 3. November 1843 wurde die Synagoge durch
Oberrabbiner Kahn aus Trier eingeweiht.
Die Einweihung der Synagoge (1843)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Januar
1844 (freundl. Hinweis auf den Artikel von Christian Kricke, Halle):
"Sien, 7. Dezember (1843). Am 3. November wurde hier
(Regierungsbezirk Trier, Kreis St. Wendel) eine Synagoge, zu der die
kleine Gemeinde seit 1826 gesammelt, durch den Oberrabbiner Kahn
auf die feierlichste Weise eingeweiht, wobei wir mit wahrer Freude den
lebhaften Anteil, den die ganze christliche Bevölkerung, insbesondere der
Herr Landrat und Bürgermeister, welcher letztere auch tätig beim Bau
mitgeholfen, nahm, hervorheben können." |
Um 1900 konnten auf Grund der Aus- und Abwanderung der
jüdischen Gemeindeglieder nur noch an Festtagen Gottesdienste gefeiert werden.
Die in Hundsbach lebenden jüdischen Personen kamen damals auch nach Sien. Seit
Anfang der 1920er-Jahre kam kein Minjan mehr in Sien zustande. Die Synagoge
wurde nicht mehr benutzt.
In der NS-Zeit wollten bereits 1934 die Siener Nationalsozialisten aus
der Synagoge ein Haus der Hitlerjugend machen. Sie betrieben die
Zwangsversteigerung. Im Juli 1935 erwarb die politische Gemeinde Sien das
Gebäude für 1.000 RM und verkaufte es an eine Privatperson. Dadurch wurde es
beim Novemberpogrom 1938 nicht zerstört. Das Gebäude ist bis heute als
Wohnhaus erhalten, allerdings verputzt und umgebaut, sodass nur noch wenige
Spuren an die Geschichte als frühere Synagoge erinnern.
Adresse/Standort der Synagoge: In der Hohl 6
Fotos
(historisches Foto: Website
der Gemeinde Sien; Foto und Zeichnung zum Eingangsportal der Synagoge
erhalten von Ruth Eckhoff, Sien; neuere Fotos: Otmar Frühauf,
Breitenthal, Aufnahmedatum 19.10.2008
Historische Aufnahme |
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Die Synagoge in Sien |
Portalinschrift
der Synagoge aus Psalm
118.20: "Dies ist das Tor zum Ewigen,
Gerechten treten durch es hinein". |
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Die zu einem Wohnhaus
umgebaute
ehemalige Synagoge 2008 |
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Hinweistafel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Ruth und Ulrich Eckhoff: Die ehemalige jüdische
Gemeinde Sien. Spuren und Erinnerungen. Sien 1998. Eine Kurzfassung erschien
1999: |
| Ruth und Ulrich Eckhoff: Die ehemalige jüdische
Gemeinde Sien. Spuren und Erinnerungen. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 9. Jahrgang, Ausgabe 1/1999. S. 29-42. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). |
|
Die Geschichtsseiten in der Website der Gemeinde Sien "Abriss der
Geschichte Siens" (s.o.) stammen von Ulrich Eckhoff. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 342 (mit weiteren Literaturangaben). |
| Axel Redmer: Staatenlos und vogelfrei. Widerstand,
Verweigerung und Verfolgung von Menschen aus dem Bereich der oberen Nahe
1933 bis 1945. 1. Teil. Die Ausgebürgerten. 132 S. Birkenfeld
1993.
|
| Reiner Schmitt: Gedenkbuch - Die Opfer der nationalsozialistischen
Judenverfolgung aus den Orten des Birkenfelder Landes 1933-1945 (Abentheuer,
Baumholder, Birkenfeld, Bosen, Gonnesweiler, Grumbach, Hoppstädten,
Hottenbach, Idar-Oberstein, Nahbollenbach, Niedereisenbach, Oberreidenbach,
Offenbach, Rhaunen, Ruthweiler, Sensweiler, Sien, Sötern, Stipshausen,
Thallichtenberg, Weierbach). 332 S. 2011.
Hinweis: der genannte Beitrag von Reiner Schmitt ist in der
Stadtbibliothek Trier und im Landeshauptarchiv Koblenz zugänglich. Er ist
nicht im Druck erschienen. Über Fernleihe kann die Publikation aus der
Stadtbibliothek Trier ausgeliehen werden. |
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