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Kreis Bad Kreuznach"
Staudernheim (VG
Bad Sobernheim, Kreis
Bad Kreuznach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Website des Museumsvereins Synagoge Staudernheim:
www.synagogue-staudernheim.de
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Staudernheim bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Der 1835 in Offenbach/Glan wohnende Lehrer Abraham Maier ist vor 1775 in
Staudernheim geboren. 1801 wird in Gerichtsakten der Staudernheimer Jude
Jacob Löb genannt, der am 16. September 1801 in seiner Wohnung nachts durch
Johannes Bückler ("Schinderhannes") überfallen und ausgeraubt
wurde.
Erste Zahlen jüdischer Einwohner liegen aus dem 19. Jahrhundert vor: 1808 wurden 45 jüdische
Einwohner gezählt, darunter 22 Kinder. Im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm die
Zahl der jüdischen Einwohner zunächst zu (1855 85, 1858 71 von insgesamt etwa
1.000 Einwohnern, Höchstzahl 1864 86 Personen), um danach durch Aus- und
Abwanderung zurückzugehen. Um 1895, als man an den Bau einer Synagoge ging,
waren es noch etwa zehn Familien mit zusammen 45 Personen. Die verbreitetsten
Familiennamen waren Eichel und Mayer. Die jüdischen Familien lebten vom Handel
mit Vieh oder von einigen Warenhandlungen am Ort (Kolonialwarengeschäft). Auch
gab es ein jüdische Metzgerei.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge, eine Religionsschule,
ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben in der Gemeinde war im 19. Jahrhundert
möglicherweise eine Zeitlang ein Lehrer/Vorbeter angestellt, allerdings wird
auch im Zusammenhang der Synagogeneinweihung 1896 nur Lehrer Berend aus Sobernheim
genannt. Es ist möglich, dass Staudernheim meist durch den Lehrer aus
Sobernheim mitbetreut wurde.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde August Mayer
(geb. 9.8.1895 in Staudernheim, gef. 20.8.1914), Unteroffizier Eugen Mayer (geb.
6.11.1887 in Staudernheim, gef. 15.4.1916) und Heinrich Eichel (geb. 1.9.1877 in
Staudernheim, gef. 18.10.1916). Gedenkinschriften für die Brüder Mayer finden sich auf
dem Grabstein ihrer Eltern im jüdischen Friedhof
in Staudernheim; die Namen aller drei stehen auf dem Gefallenendenkmal im
jüdischen Friedhof Bad Sobernheim.
Um 1924, als noch 30 jüdische Gemeindeglieder gezählt
wurden, war Vorsteher der Gemeinde Leopold Mayer. 1932 war 1. Vorsteher
Rudolf Eichel, 2. Vorsteher Jacob Mayer. Als Religionslehrer für die damals
noch zwei schulpflichtigen jüdischen Kinder in Staudernheim kam Felix Moses aus
Sobernheim nach Staudernheim.
1933 lebten noch 21 jüdische Personen in Staudernheim.
In den folgenden Jahren wanderte ein Teil von ihnen aus, ein Familie verzog nach
dem Novemberpogrom 1938 nach Köln. Im Mai 1939 waren noch 12 jüdische Personen
in Staudernheim. Drei der letzten vier jüdischen Einwohner wurden im Juli 1942
deportiert. Eine Frau - Amalie (Malchen) Ginz geb. Mayer - überlebte in sogenannter "privilegierter
Mischehe" am Ort (gestorben 1968 und mit ihrem Ehemann im jüdischen
Friedhof beigesetzt).
Anmerkung: Hinweis auf ein
Verzeichnis der jüdischen Personen, die sich aus dem Amtsbezirk Bad Sobernheim
(Bad Sobernheim, Staudernheim, Meddersheim) im Jahr 1942 zum "Weitertransport" (sc.
Deportation) in Bad Kreuznach melden mussten (pdf-Datei der an den
Internationalen Suchdienst von der Stadt- und Amtsverwaltung Sobernheim 1962
mitgeteilten Liste von 19 Personen).
Von den in Staudernheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jenny Brück geb. Mayer
(1885), Frieda Eichel (1891), Emma Fröhlich geb. Mayer (1884), Adolf Jonas (1885), Berta Jonas geb. Mayer (1889),
Anna Kahn (1873), Josefine Marx geb. Mayer (1879), Johanna Mayer (1880),
Johanetta Oppenheimer geb. Eichel (1881), Katharina (Karola) Oppenheimer (1915),
Johanna Ostermann geb. Mayer (1872), Thekla Stern geb. Mayer (1879).
Zur Geschichte der Synagoge
Im 19. Jahrhundert richtete die Gemeinde ein Betzimmer ein, für das Miete
zu bezahlen war. Es befand sich abseits der Hauptstraße auf dem Anwesen No. 267
(heute Grundstück Hauptstraße 41) über dem Stall der ehemaligen Viehhandlung
Mayer. Der Betsaal im Obergeschoss war über einen separaten Eingang zu
erreichen.
Erst in den 1890er-Jahren konnte man den Bau einer Synagoge verwirklichen. Im
Februar 1896 wurde mit Maurermeister Peter Dietz aus Staudernheim ein Vertrag
zum Bau der Synagoge abgeschlossen. Am 24. Juli 1896 konnte die Synagoge
mit einem großen Fest für den ganzen Ort durch den Kreuznacher
Bezirksrabbiner Dr. Abraham Tawrogi eingeweiht werden. Ein Bericht zur Einweihung findet sich in der
Zeitschrift "Der Israelit":
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. August 1896: "Koblenz.
Am Freitag den 24. Juli Erew Schabbat Koddesch Paraschat waetchanan (d.h.
Vorabend zum heiligen Schabbat mit der Toralesung waetchanan 5. Mose
3,23-7,11) fand die Einweihung der neuen Synagoge der kleinen Gemeinde Staudernheim
im hiesigen Regierungsbezirk statt. Ist die Einweihung einer Synagoge auch kein
Ereignis mehr, das weitere Kreise interessieren dürfte, so dürfte die kurze
Schilderung dieser Einweihung, schon der damit verbundenen Umstände wegen,
einen bescheidenen Raum in Ihrem geschätzten Blatt beanspruchen. Staudernheim
ist eine aus vielleicht 10 Familien bestehende israelitische Gemeinde, der ihr
bisher gemietetes Betzimmer nicht mehr genügte und legten sich daher diese
wenigen Mitglieder die pekuniären Opfer auf, für den Neubau eines würdigen
Gotteshauses die Geldmittel aufzubringen und an obergesamtem Tage hatten sie die
sechiah (sc. Gewinn, Lohn), ihr rastloses Streben von dem erhofften
Erfolg gekrönt zu sehen und ihren Einzug in das Beit Haknesset
(Synagoge) halten zu können. Nach einem um 5 Uhr in der alten Synagoge
abgehaltenen Abschiedsgottesdienste, ordnete sich ein imposanter Festzug nach
dem neuen Gotteshause, der sich durch die von den am Fest teilnehmenden
christlichen Mitbürger geschmückten Straßen bewegte. Mit Vergnügen nahmen
wir Kenntnis von der allgemeinen Teilnahme an diesem Feste, das sich dadurch zu
einem allgemeinen für den ganzen Ort gestaltete, was gerade in unserer Zeit ein
wirklicher Kiddusch Haschem (Heiligung des Namen Gottes) genannt zu
werden verdient. Den Weiheakt, der außer den üblichen Zeremonien in einer
gediegenen Festpredigt bestand, vollzog Herr Rabbiner Dr. Tawrogi aus Kreuznach
und war der kantorale Teil in die Hände des Herrn Lehrers Berend aus Sobernheim
gelegt. Nachdem der genannte Herr Rabbiner am Schabbat Morgen nochmals gepredigt
hatte und nach einem Konzerte am Nachmittag und einem Festbankett am Abend, fand
die Feier ihren Abschluss und verlief das ganze Fest in einer Einmütigkeit, die
allen Teilnehmern noch lange in großer Erinnerung bleiben wird. - Schreiber
dieser Zeilen, ein geborener Staudernheimer verbindet mit dieser Schilderung den
Wunsch, dass die Einigkeit in seiner Heimatgemeinde zwischen Christen und Juden
immer so bleiben, und dass die Glaubensbrüder dortselbst alles aufbieten
mögen, dieses angenehme Verhältnis zu erhalten und zu stärken uchen jehi
razon (und so geschehe der Wille Gottes). Leopold
Eichel."
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Bei der Synagoge handelte es sich um einen Sandsteinquaderbau; die Ostseite
grenzte unmittelbar an ein Wohnhaus an. Über dem Portal in der Westwand wurde
die hebräische Inschrift angebracht (hebräisch aus Psalm 118,20: "Dies
ist die Pforte zum Ewigen, Gerechte ziehen durch sie hinein"). Über dem
Giebel des Westfassade befindet sich zusätzlich in einer geschweiften Steintafel
die Inschrift (hebräisch aus 1. Mose 28,17): "Wie ehrfurchtgebietend ist
diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und dies ist die Pforte
zum Himmel").
Nachdem 1898 im benachbarten Odernheim am Glan die Synagoge
abgebrannt war, wollten die in Odernheim lebenden jüdischen Personen der
jüdischen Gemeinde in Staudernheim angeschlossen werden und die dortige
Synagoge besuchen. Dies wurde freilich nicht genehmigt, zumal Odernheim der
bayrischen Pfalz und Staudernheim der preußischen Rheinprovinz angehört.
Odernheim wurde daher an die Gemeinde Obermoschel angeschlossen.
Dennoch besuchten die Odernheimer Juden in der Folgezeit sehr wahrscheinlich die
Synagoge in Staudernheim.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet. Die
Eingangstür wurde eingeschlagen, die Fenster eingeworfen, der Davidstern vom
Giebel geholt. Auf Grund der engen Bebauung wurde das Gebäude nicht
angezündet. Die Ritualien waren schon einige Zeit zuvor nach Sobernheim
gebracht worden, wo sie allerdings beim Novemberpogrom zerstört wurden.
Im Februar 1943 kam das Synagogengebäude an die
politische Gemeinde. Es wurde nun als Wehrmachtskasino benutzt, später
als Vereinsheim und Werkstatt der Flieger-Hitlerjugend. Aus dieser
Zeit haben sich noch Durchhalteparolen erhalten, die an die Wände links und
rechts der Tora-Nische geschrieben wurden. Links: "Und setzet ihr nicht das
Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein", rechts: "Und trifft
es uns morgen, so lasset uns heute noch schlürfen die Neige der köstlichen
Zeit" (Zitate aus Schillers Wallenstein).
Nach 1945 kam - nach Abschluss des Restitutionsverfahrens - 1954 das
Synagogengebäude in den Besitz der politischen Gemeinde, die hier Wohnraum für
Flüchtlingsfamilien schuf. In dem ca. 75 m² großen Synagogenraum wurden
Zwischenwände eingezogen und Raum für eine Küche, zwei Stuben und einen Windfang
geschaffen. Erst im Zusammenhang mit einem Besitzerwechsel 1969 wurde ein
Garageneinbau vorgenommen, doch konnte die Garage nie recht genutzt werden, da
das rechtwinklige Hineinfahren in der engen Gasse zu kompliziert war. Das
Synagogengebäude wurde zur Abstellkammer.
1986 wurde das Gebäude als Kulturdenkmal eingetragen. 1989
gründete sich ein "Museumsverein Synagoge Staudernheim e.V." (s.u.),
von dem die ehemalige Synagoge 1993 beziehungsweise (nach Zwischenfinanzierung
durch ein Vereinsmitglied) 1995 erworben wurde. Seitdem wurden verschiedene
Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt. Das Gebäude wird seitdem für
kulturelle und Ausstellungszwecke verwendet.
Adressen / Standorte des Betsaals / der Synagoge:
| Alter Betsaal Hauptstraße 41 (Alte Anschrift: Oberdorf
No. 267) |
| Synagoge Am Wolfsgang 3 (Alte Anschrift: Oberdorf Nr.
79). |
Fotos
(Quelle: Fotos der alten Synagoge (Betsaal): Bernhard
Kukatzki, Aufnahmen von 2013; Fotos vor Beginn der Restaurierung: Michael Bürger, Potsdam, planender Architekt des Umbaus der ehemaligen
Synagoge; Zeilen darunter - Außenaufnahmen: Hahn, Aufnahmedatum 27.6.2008;
Innenaufnahmen: Bernhardt Kukatzki, Aufnahmen von 2013)
Das Gebäude mit
dem Betsaal
(alte Synagoge) in der Hauptstraße |
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Beim
Gebäude mit dem Betsaal bis 1896 handelt es sich um das Gebäude
rechts
des Eckgebäudes oben (auf rechten Foto hervorgehoben) |
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Die ehemalige
Synagoge vor
Beginn der Restaurierung |
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links Blick auf das Gebäude mit dem von der Straße aus eingebrochenen
Tor,
rechts Blick zum Toraschrein |
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Die
ehemalige Synagoge im Sommer 2008: |
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Ansichten
des Synagogengebäudes von der Straße "Am Wolfgang" |
Eingangstüre |
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Inschrift
über dem Giebel zur Straßenseite aus 1. Mose 28,17 (siehe oben) |
Inschrift über
dem Eingang aus
Psalm 118,20 (siehe oben) |
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Innenaufnahmen,
erstellt in 2013 |
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Im Inneren der
ehemaligen Synagoge |
Wandinschrift |
Blick zum Bereich
des alten Toraschreines |
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Informationstafeln |
Erinnerungstafeln |
Alte
Schablonenmalerei |
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Erinnerungsfotos
an frühere jüdische Häuser und Gewerbebetriebe |
Vor der ehemaligen
Synagoge |
Erinnerungsarbeit vor Ort
Informationen zum
Museumsverein
Synagoge Staudernheim e.V.
(Quelle: gekürzter Text aus der Informationsseite
der "Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und
Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz")
Der Museumsverein Synagoge Staudernheim e.V.
wurde am 24. September 1989 ins Leben gerufen. Damals waren es nur sieben
Mitglieder, die Mindestzahl, die man benötigt, um einen Verein zu gründen.
Inzwischen ist der Verein, nach dem Stand vom 1. Januar 2006, auf 55 Mitglieder
angewachsen. Der Verein hat, wie es in der Satzung heißt, den Zweck, "das
Grundstück und Gebäude der ehemaligen Synagoge Staudernheim, Am Wolfsgang 3,
zu erwerben, in Stand zu setzen und für kulturelle Zwecke zu nutzen." Es gab
einige Hürden zu überwinden, bis am 29. Juni 1995 der Museumsverein als
Besitzer der ehemaligen Synagoge ins Grundbuch eingetragen wurde. Damit konnte
der Verein den ersten der drei Vereinszwecke erfolgreich abschließen.
Seit der Museumsverein Mitte 1995 Besitzer der ehemaligen Synagoge wurde, ging
es darum, Geld aufzubringen und die Renovierung des sehr heruntergekommenen Gebäudes
möglichst schnell voranzutreiben. Einfach war es nicht; trotzdem, mit großzügiger
Hilfe des Landesamts für Denkmalpflege und verschiedener Einzelspender ist es
bis dato (Anfang 2006) gelungen, ca. 70% sowohl der Planung als auch der
Instandsetzungs- und Restaurierungsarbeiten zu erledigen. Der Dachstuhl wurde
abgebaut und nach denkmalpflegerischen Prinzipien wieder aufgebaut, das Dach mit
Schiefer gedeckt. Das gesamte Sandsteinmauerwerk, das durch das undichte Dach
stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, ist inzwischen trockengelegt und
gereinigt. Im Frühling 2002 wurde eine neue Tür eingesetzt.
Was soll werden, wenn das Gebäude fertiggestellt ist? Das Gebäude "für
kulturelle Zwecke zu nutzen" kann alles Mögliche beinhalten. Der Vorsitzende
des Vereins ist Historiker und beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte
der Juden in Staudernheim, da er selbst Jude ist und seine Mutter aus dem Ort
stammt. Die Geschichte der Juden Staudernheims soll als Ausstellung präsentiert
werden, darüber hinaus wird der Raum den Bürgern und ihren Vereinen zur Verfügung
stehen. Es wird an den Staudernheimern liegen, den Raum mit Leben zu füllen.
In dem noch unfertigen Raum haben schon einige Veranstaltungen stattgefunden.
Besonders hervorzuheben war am 28. Juli 1996 die Feier zur hundertjährigen
Wiederkehr der Einweihung der Synagoge. Im Gebäude drängten sich die Besucher
aus dem In- und Ausland, Reden wurden gehalten und Kantor Avigdor Zuker von der
Jüdischen Gemeinde in Wiesbaden sang liturgische Gesänge und zum Schluss das
Kaddisch, das Totengebet. Er nannte die aus Staudernheim stammenden Ermordeten
bei ihren Namen, ein sehr bewegender Moment.
Ein weiteres Ereignis war die Eröffnung einer ersten Ausstellung am 2. Oktober
1999. Unter dem Titel "Bappe stammt aus Staudernheim" wurden Fotos gezeigt, die
von Emil Mayer, dem Sohn des um 1848 ausgewanderten Staudernheimer Juden David
Mayer, aufgenommen worden waren. Emil Mayer hatte um das Jahr 1900 den Heimatort
seines Vaters und seine dort lebenden Verwandten besucht. Die Bilder sind alle
Außenaufnahmen und damit auch historisch sehr wertvoll. Aus der gleichen
Perspektive aufgenommene aktuelle Fotos wurden ebenfalls in der Ausstellung
gezeigt, so konnte man Vergleiche ziehen und erkennen, wie viel von der alten
Bausubstanz noch heute vorhanden ist. Professor Dr. David Mayer Gradwohl - Urenkel
von David Mayer - und seine Frau Hanna aus Ames, Iowa, die Besitzer der
ausgestellten Fotos, waren aus diesem Anlass angereist: David Mayer Gradwohl eröffnete
die Ausstellung mit einer kurzen Ansprache.
Der Verein ist in den letzten Jahren seinem
Ziel ein großes Stück näher gekommen, hat aber noch harte Arbeit vor sich. Es
ist zu hoffen, dass mit Hilfe von staatlichen Stellen und engagierten Unterstützern
der Weg vor uns nicht mehr allzu lang sein wird, die Bautätigkeit abgeschlossen
und das Gebäude seiner Bestimmung übergeben werden kann.
Kontakt/Information: Museumsverein Synagoge Staudernheim e. V., c/o Raymond
Wolff (1. Vorsitzender)
Wildenbruchplatz 5 12045 Berlin Tel.: 030-6878149
SWR-Rundfunksendung: Raymond
Wolff über schwieriges Gedenken
Die Bemühungen um die Erhaltung der Synagoge Staudernheim waren Thema einer
Rundfunksendung in SWR 2 am 14. Januar. Im Begleittext zu dieser Sendung hieß
es: "Am Samstag, 14. Januar, läuft von 21 bis 22 Uhr eine bemerkenswerte
Radiosendung in SWR 2. 'Schwieriges Gedenken - Raymond Wolff, ein Jude, der
auszog, die Erinnerung wachzuhalten' ist der Beitrag von Peter Hillebrand
überschrieben. Als 1986 seine Großmutter starb, war Raymond Wolff fest
entschlossen: Er wollte für sie in ihrem Heimatort Staudernheim die ehemalige
Synagoge restaurieren, die ein Bauer als Garage nutzte. Von den Nazis
vertrieben, hatten die Großeltern mit ihrer Tochter, Wolffs Mutter, in den USA Zuflucht gefunden. Dort wurde Wolff 1946 geboren und wuchs mit Omas Geschichten
aus der Heimat im Nahetal auf. Die Eltern seines Vaters hatten in Nackenheim
(Kreis Mainz-Bingen) gelebt, flohen nicht vor den Nazis und wurden ermordet. Bis
zur Deportierung 1941 schrieb jener Großvater viele Briefe an seine nach
Amerika geflohenen Söhne. Diese Briefe zu veröffentlichen, mit Erläuterungen
zu Personen und Vorgängen, war Wolffs zweites Vorhaben. Seit 1970 lebt der
Historiker Wolff in Berlin. Er ging davon aus, in Rheinland-Pfalz stünden ihm
die Archive für Recherchen zur Verfügung. Aber Dokumente über Täter bekam er
nicht zu sehen: Datenschutz, hieß es. Als erster Historiker zog Wolff damals
gegen ein Archiv vor Gericht - mit Erfolg. Dies war nur eines von vielen
Hindernissen bei der Verwirklichung seiner Ziele. Auch in Staudernheim stieß
Raymond Wolff zuerst auf Unverständnis, nur langsam fand er Helfer. Doch Wolff
fühlt sich bis heute als Störfaktor - sogar bei denen, die sich für den
Erhalt der Synagogen in der Pfalz engagieren.
Weitere Berichte
Juni 2009:
Tag der offenen Tür in der ehemaligen Synagoge
Staudernheim |
Artikel von Wilhelm Meyer im "Main-Rheiner" (Allgemeine Zeitung,
Artikel)
vom 24. Juni 2009:
Geschichte der Juden. OFFENE TÜR
Viele Nachbarn schauen in ehemaliger Synagoge vorbei/Verwirklichung eines Museums
STAUDERNHEIM. Zum Kennenlernen und Verweilen lud der Museumsverein Synagoge Staudernheim an seinem Tag der Offenen Tür ein. Kennenlernen konnte man dabei koschere Speisen und Weine. Zudem konnte man Kostproben jüdischer Musik lauschen..." |
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Februar
2013: Ausstellung - die Verlegung
von "Stolpersteinen" in Staudenheim ist geplant
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Artikel in der "Allgemeinen
Zeitung" vom 22. Februar 2013: "Stolpersteine in Staudernheim
STAUDERNHEIM (red). Der Museumsverein Synagoge Staudernheim eröffnet am Sonntag, 10. März, um 15 Uhr die Ausstellung
'Stolpersteine für Staudernheim' in der ehemaligen Synagoge.
Im Mittelpunkt des Projektes stehen Lebenswege und Schicksale der ermordeten Staudernheimer Juden, für die der Verein die Verlegung von Stolpersteinen anregen möchte. So gibt es bereits unzählige Stolpersteine zur Erinnerung an die ermordeten Juden nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Im Landkreis Bad Kreuznach kann man Stolpersteine in Langenlonsheim und Meisenheim finden. Die Idee zu diesen Stolpersteinen hatte der Künstler Gunter Demnig, er gestaltet sie als einfache, in den Boden eingelassene Messingplatten in der Größe eines Pflastersteins mit eingravierten Namen und Daten. Der Künstler sieht darin ein gemeinsames Gedenken.
Nach der Ausstellungseröffnung wird um 16 Uhr der Dokumentarfilm
'Stolperstein' von Dörte Franke aus dem Jahr 2008 gezeigt. Die Ausstellung wird auch an den folgenden Wochenenden im März von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen sein." |
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Juli
2016: Der Synagogenverein
kümmert sich weiter um den Erhalt des
Synagogengebäudes |
Synagogenverein kümmert sich um Erhalt des Gebäudes in Staudernheim (Allgemeine Zeitung, 25.07.2016)
Artikel von Wilhelm Meyer in der "Allgemeinen Zeitung" vom
26.7.2016: "Synagogenverein kümmert sich um Erhalt des Gebäudes in Staudernheim
STAUDERNHEIM - 'Das müssen die Menschen doch wissen, dass hier etwas
geschieht', der Gedanke treibt Elke Kiltz um. Die ehemalige Landtagsabgeordnete der Grünen ist Mitglied des Staudernheimer Synagogenvereins, der versucht, das Gebäude der ehemaligen Synagoge zu erhalten.
Zu Gast in Nußbaum bei Kiltz sind drei Menschen aus Potsdam und Berlin, denen die Synagoge in Staudernheim ebenso am Herzen liegt wie Kiltz selbst.
'Subotnik' nennen die drei, Michael Bürger, Christian Hartmann und Andrea Lefèvre, berlinernd ihren Einsatz in Staudernheim. Da geht es ganz handfest zu Werke. Der Fußboden, eigentlich der Unterboden für einen noch anzuschaffenden Boden, soll endlich bis an die Wände herangeführt werden.
Auch das Dach wird momentan abgedichtet. Der zweite Schauplatz ihres Arbeitseinsatzes ist im kleinen Höfchen hinter der Synagoge. Dort entsteht eine Toilette. Das Dach wird derzeit für alle Wettereventualitäten zu den Seiten hin abgedichtet – obendrauf Christian Hartmann, Architekt wie Bürger. Der Rohbau war schon beim letzten Einsatz mit Lehm-gepressten Wänden aufgestellt worden.
Nach ihrem Zwangsverkauf 1942/1943 wurde die Synagoge als Wehrmachtskasino genutzt. Davon zeugt noch heute die Wandbemalung um die Thora-Nische, Sprüche aus Schillers
'Wallenstein' missbraucht als Durchhalteparolen. Nach der Nazizeit, als die Synagoge in den Besitz der Gemeinde übergegangen war, diente sie als Lagerhaus.
Das Tor wurde, nachdem der Raum nach der Nazizeit zunächst von der Gemeinde als
'Arme-Leute-Wohnung' genutzt worden war, nach dem Wechsel zu einem privaten Besitzer eingebaut. Der hatte die Synagoge dann als Lagerhaus genutzt. Mittlerweile ist es vom Synagogenverein durch eine große Glasscheibe ersetzt worden. Nicht eine Restaurierung auf den früheren Zustand hat man sich zum Ziel gesetzt. Vielmehr sollten die Wunden, die diese Synagoge erlitten hat – seien es jetzt die Wehrmachtsinschriften oder das Garagentor – sichtbar bleiben.
Schon früher haben die Synagogenvereinsmitglieder das kulturelle Leben Staudernheims durch Veranstaltungen und Ausstellungen bereichert. Die Geschichte der Staudernheimer Juden hat der Vorsitzende des Synagogenvereins, Raymond Wolff, dokumentiert. Wolff selbst ist Nachfahre Staudernheimer Juden, denen noch die Emigration in die USA gelungen war. Seine Dokumentation ist Grundlage der von Andrea Lefèvre und Gabriele Fritsch-Viviè konzipierten Ausstellung, die dem Andenken der im Nationalsozialismus ermordeten Staudernheimer Juden gewidmet ist. Sie ist dauerhaft im Gebäude zu sehen. Kurz und informativ werden Lebenswege und Schicksale der mit einer Ausnahme letzten jüdischen Bewohner Staudernheims nachgezeichnet.
Während der Eröffnung wurde zugleich die Initiative angestoßen, auch in Stauderheim Stolpersteine zur Erinnerung an ermordete Staudernheimer Juden vom Künstler Gunter Demnig legen zu lassen. Einfache, in den Boden eingelassene Messingplatten, in der Größe eines Pflastersteins mit eingravierten Namen und Daten erinnern an die Ermordeten in Deutschland und im übrigen Europa.
Nicht nur die weite Streuung der Mitglieder, auch deren zunehmendes Alter macht Lefèvre Sorgen. Staudernheimer, vor allem der Geschichtsverein und dessen Mitglieder, engagierten sich für die Verlegung, doch altersmäßig hat auch der Geschichtsverein zu kämpfen." |
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Oktober 2016:
70. Geburtstag von Raymond Henry
Wolff |
Artikel in der "Allgemeinen
Zeitung" vom 20. Oktober 2016: "Kämpfer für die Restaurierung der
Staudernheimer Synagoge feiert 70. Geburtstag.
RHEINHESSEN - (wbu). Raymond Henry Wolff ist im Einsatz für die
Erinnerung. Unermüdlich setzt er sich dafür ein, dass die jüdische
Geschichte in Deutschland nicht in Vergessenheit gerät. Er engagiert sich
für die Restaurierung der Synagoge in Staudernheim, die fast abgeschlossen
ist, er arbeitet an einem Kinderbuchprojekt zur jüdischen Geschichte in der
NS-Zeit, er hält Vorträge und Lesungen. Heute, am 20. Oktober, wird Raymond
Wolff 70 Jahre alt. Geboren wurde er 1946 in New York, aufgewachsen ist er
in New Jersey, wo seine Eltern bis in die 1960er Jahre eine Hühnerfarm
betrieben. Den für ihn wichtigsten Teil seiner Erziehung erhielt er von
seinen Großeltern, die ihm die deutsche Sprache und viele Volkslieder
beibrachten. Seine Familie stammt mütterlicherseits aus Staudernheim,
väterlicherseits aus Nackenheim – seine
Eltern waren 1937/1938 in die USA ausgewandert. Viele seiner Verwandten
wurden während des Holocaust ermordet, darunter die Eltern seines Vaters.
Dennoch war er fasziniert von Deutschland und sprach viel mit seinen
Großeltern darüber, die Sehnsucht nach Deutschland hatten. Vor allem seine
Großmutter erzählte viel über das frühere Leben in Staudernheim.
'Ich bin ein deutscher Jude'. 1970 ging er – gegen den Willen der
Eltern − nach Deutschland, auch um dem Wehrdienst in der US Army zu
entgehen, was die Einziehung zum Vietnamkrieg bedeutet hätte. In einem
Interview sagte er: 'Ich bin ein deutscher Jude. Als Amerikaner möchte ich
nicht angesehen werden. Deutschland betrachte ich als meine Heimat, und ich
fühle mich wohl hier.' Als 1986 seine Großmutter starb, entschloss sich
Raymond Wolff dazu, für sie in ihrem Heimatort Staudernheim die ehemalige
Synagoge zu restaurieren, die ein Landwirt zu diesem Zeitpunkt als Garage
nutzte. 1989 gründete Wolff mit einigen anderen den 'Museumsverein Synagoge
Staudernheim'. 'Um diese Synagoge habe ich gekämpft und letztendlich
schaffte ich es – unser Verein konnte sie kaufen', zeigt er sich stolz. Und
erinnert daran: 'Die Synagoge wurde 1896 eingeweiht, meine Ururgroßeltern,
meine Urgroßeltern und mein Großvater waren dabei.' Der jüngste
Arbeitseinsatz zur Restaurierung fand im Juli 2016 statt.
Dokumente einer weit verzweigten Familie. An einem weiteren großen
Projekt arbeitet Wolff noch: eine Veröffentlichung der Briefe seiner
Großeltern aus Nackenheim an ihre Söhne im Exil. Die Großeltern, Heinrich
und Selma, schrieben etwa 200 Briefe an ihre Söhne nach New York. Diese
sollen mit Erläuterungen und Fotos zu Personen und Vorgängen veröffentlicht
werden. Raymond Wolff, der heute in Berlin-Neukölln lebt, bewahrt viele
Erinnerungen auf, die die Familiengeschichte und zugleich auch die deutsche
jüdische Geschichte dokumentieren. Er ist umgeben von tausenden alter
Platten mit Musik jüdischer Komponisten, gespielt und gesungen von Juden.
Hin und wieder legt er eine seiner alten Platten auf und erläutert Besuchern
die Musik aus einer vergangenen Zeit. Durch seine Schallplattensammlung, so
sagt er, habe er einen Teil der jüdisch-deutschen Kultur gerettet. Überdies
blickt man in seiner Wohnung auf Kisten, Kästen und Ordner, die Hunderte von
Briefen, Postkarten, Fotos und Dokumente seiner weit verzweigten Familie
enthalten. Auch wenn er sich selbst als 'deutschen Juden' sieht, ist er kein
praktizierender Jude. 'Zwar finde ich, man sollte alle Religionen
abschaffen, weil sie nur eine weitere Trennung unter den Menschen
verursachen, und weil es sowohl unter den Christen als auch den Juden immer
Streit gibt. Aber wenn schon eine Religion, dann ist die jüdische meiner
Meinung nach nicht die schlechteste.'"
Link zum Artikel |
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Stefan Fischbach: Zur Inventarisation der
Synagogenbauten in Rheinland-Pfalz. Ein Projekt des Landesamtes für
Denkmalpflege zum Synagogen-Gedenkbuch. In: In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 8. Jahrgang
Ausgabe 2-1998 Heft Nr. 16. S. 5-14. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). Zu Staudernheim S.
5.9-10.
|
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 357-359 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Staudernheim
Rhineland. The Jewish population was 45 in 1808; 71 (total 1.000) in 1858; and
24 in 1932. Twelve Jews remained in May 1939 and the last three were deported to
the camps in July 1942. The synagogue (consecrated in 1896) was vandalized in
Kristallnacht (9-10 November 1938).
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