Verlässliche Zahlen zum Frauenhandel gibt es nicht. In der Praxis der Strafverfolgungsbehörden spielt § 232 StGB (Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung) keine große Rolle. Das jährliche "Bundeslagebild Menschenhandel" des BKA (Bundeslagebild MH 2011) zeigt folgende Statistik:
Jahr Ermittlungsverfahren nach § 232 StGB
2007 454
2008 482
2009 534
2010 470
2011 482
Die Verurteilungsstatistik (Statistisches Bundesamt Wiesbaden, Strafverfolgung) nennt niedrigere Zahlen
Jahr Verurteilte Personen
2007 123
2008 138
2009 135
2010 115
2011 117
Angesichts einer geschätzten Zahl von mindestens 200.000 Prostituierten in Deutschland (unterschiedliche Schätzungen in Bundestagsdrucksache 11/7140, S. 5 ff.; 13/6372, S. 5 ff.; 14/4456, S. 5) dürfte die Dunkelziffer erheblich höher liegen, auch wenn nicht jede ausländische Prostituierte schon ein Opfer von Menschenhandel ist. Die "International Organization for Migration" geht für Deutschland von 10.000 bis 20.000 Menschenhandelsopfern aus (IOM, Trafficked Migrant Women in Germany, Report 2, 1998, S. 1). Die Mehrzahl der Frauen stammt seit jeher aus Osteuropa (s. auch Bundeslagebild Menschenhandel 2011, S. 11).
Die im Hellfeld der angezeigten und nachgewiesenen Taten stark schwankenden Zahlen lassen keine Schlussfolgerungen zu – außer dass die Strafverfolgung wesentlich von den Anstrengungen der Behörden abhängt (s. unten 4.2). Konkret: Je weniger Personal zur Verfolgung des Menschenhandels eingesetzt wird, desto weniger Taten werden auch entdeckt.
Für die Täter ist der Menschenhandel bei einem überschaubaren Entdeckungsrisiko äußerst lukrativ. Weltweit schätzt die ILO (International Labour Organization) die Profite aus dem Menschenhandel (zur sexuellen Ausbeutung und zur Ausbeutung der Arbeitskraft) auf bis zu 32 Milliarden US-Dollar. Ein Menschenhandelsopfer bringt also im Durchschnitt 13.000 US-Dollar ein (ILO, "Eine globale Allianz gegen Zwangsarbeit", 2005, S. 8 ff., unter: www.ilo.org/declaration ). Das "Lagebild Menschenhandel" von 2004 geht davon aus, dass durch eine Zwangsprostituierte jährlich zwischen 35.000 und 100.000 Euro Umsatz erzielt werden (Bundeslagebild Menschenhandel 2004, S. 19).
Umso wichtiger wäre eine effektive Gewinnabschöpfung, denn wenn man den Tätern ihre Einnahmen wegnimmt, lohnt sich das Geschäft nicht mehr. Nach dem "Lagebild Menschenhandel" wurden im Jahr 2009 nur in ca. 2 % aller Verfahren vermögensabschöpfende Maßnahmen durchgeführt (link). Auch die dabei eingezogene Summe von 340.000 Euro (im Jahr 2010: 830.000 €, s. Bundeslagebild Menschenhandel 2011, S. 7) ist beschämend gering. In der Praxis besteht das Hauptproblem darin, dass es den Tätern gelingt, ihr Vermögen zu verschleiern oder ins Ausland zu schaffen. Die einzige Chance, in diesem Bereich etwas zu verbessern, dürfte darin bestehen, den Strafverfolgungsbehörden mehr personelle und sachliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.