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3. 1 Grundherrschaft
Die im Kölner Dienstrecht in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts genannten erzbischöflichen Tafelgüter Merreche (I 6) und Fingsdorf sind in der Mitte des 13. Jahrhunderts in der neu geschaffenen erzbischöflichen Baumeisterei Brühl, die ihren Sitz in der 1168/90 erbauten curtis Brühl (II 1) hatte, aufgegangen (Weistümer II, 2, S. 1)
(1440) gehörten zur Baumeisterei 40 Lehen mit 138 Lehnsträgern (darunter 14 Geschworene), die 17 Hofstellen, sieben Forsthufen und zehn Hufen Ackerland in Merreche und 42 Häuser und Hofstellen, viereinhalb Forsthufen und 18½ Hufen Ackerland in Fingsdorf sowie Busch in der Merrecher und Pingsdorfer hueden haben. Von den 138 Lehnsträgern haben 82 zudem 127 Häuser und Hofstellen in Brühl (LAV NRW R Kk Kart 3, nach älteren Vorlagen)
Zu diesen Lehen der erzbischöflichen Baumeisterei gehörten auch die Brühler Höfe der Klöster Burbach (in der Burbachergasse, 1625 mit 140 Mg Ackerland und zweieinhab Mg Garten, LAV NRW R Burbach Akt 10), St. Pantaleon in Köln (Ecke Steinweg und Kirchgasse, 1468 mit 66 Mg Ackerland und 27 Mg Busch, RhSuUB 58), Bödingen (1442 bis 1530 Ecke Markt und Schloßstraße, dann zugunsten des neuen Burghofes, II 1, in die Bischofsgasse, II 5, verlegt; 1711 mit 123 Mg Ackerland und 58 Mg Busch), St. Kunibert in Köln (in der Kichgasse, 1421 mit 28 Mg Ackerland und 40 Mg Busch,StaK Kunibert 462 ) sowie die Adelshöfe Hersels- bzw. Kempishof (beim Kirchhof, an der heutigen Kempishofstraße, 1668 mit 10 Mg Garten, 100 Mg Ackerland und Busch, RhSuUB 105) und der Lutzerather Hof (in der Uhlstraße, 1664 mit drei Mg Garten und 125 Mg Ackerland, LAV NRW R Kk II 2006)
(1440) gehörten zum erzbischöfichen Burghof 431 Mg Ackerland (davon 140 Mg bei Badorf, 60 Mg bei Pingsdorf und 80 Mg bei Merreche), ein Weingerg bei Pingsdorf und 23 Mg Benden (LAV NRW R Kk Kart 3)
(1440) gehörten außerdem zur erzbischöflichen Baumeisterei zwölf in Brühl (darunter der Burbacher und Pantaleoner Hof) und Umgebung gelegene Diensthöfe, die jährlich zu 24 Holzfuhren aus der Ville, zwei Weinfuhren aus Gielsdorf, zwei Heufuhren und zur Zahlung von 15 Mark Rahmgeld verpflichtet waren (ebda. und Weistümer II, 2, S. 201 ff)
3. 1 Gerichtsherrschaft
Hochgericht des Erzbischofs von Köln in der Mitte des 13. Jahrhunderts (1231 noch Schöffen von Merreche, seit 1249 Schöffen von Brühl, siehe unten) durch Zusammenlegung der beiden Hofesgerichte Merreche und Pingsdorf (die aufgrund der hohen Immunität der Tafelgüter wohl Hochgerichtsbarkeit ausgeübt haben) und wahrscheinlich durch Vereinigung mit einem älteren, nicht mehr nachweisbaren Landgericht des südlichen Kölngaues, Weistümer II, 2, S. 11) entstanden. Bei der Umwandlung in das Stadtgericht (1285) wurde die Hofesgerichtsbarkeit den 14 Geschworenen des erzbischöflichen Burghofes übertragen, von denen aber sieben zugleich Brühler Schöffen waren (ebda., S. 18 f) (im 14.–16. Jahrhundert waren zwei Brühler Schöffen zugleich Schöffen des Gerichtes Vochem, 1371 = StaK Kunibert 312; 1445 = StaK Kartäuser 524; 1556 = UB Georg, S. 123)
Siebenköpfiges Kollegium unter Vorsitz des erzbischöfichen Schultheißen, Schöffen unabsetzbar, Ergänzung durch Kooptation (1285, III 3) und Präsentation von zwei Kandidaten zur Auswahl (1674, Weistümer II, 2, S. 29 f) und Bestätigung durch den Erzbischof von Köln. Das Gericht in Brühl war Oberhof des Gerichtes am Eigelstein zu Köln und appellierte seinerseits nach Bonn. (ebda., S. 15) 1285 Pfarrhof zum Asyl bestimmt (III 3). Nach 1794 französisches, 1814–1851 preußisches Friedens- bzw. Amtsgericht, seit 1916 wieder Amtsgericht
3. 1 Amtsträger und Bedienstete der Kölner Erzbischöfe
1158 villicus von Merreche (REK II 654)
1225 villicus von Brühl (Hilliger, S. 122)
1231 boumeister und scabini von Merreche (NrhUB II 179)
1238 scultetus von Brühl (REK III 912)
1249 scabini curtis von Brühl (REK III 1542)
1285 officiatus, judex, preco (III 3)
1299 cellerarius (RhSuUB 4)
1301 ständige Burgbesatzung (REK III 3828)
1319 boymagister von Brühl (LAV NRW R Benden 8)
1320 burgravius (REK IV 1164)
1324 judex sive officiatus, judex sive scultetus (StaK Antoniter 7)
1347 subofficiatus (StaK Karmeliter 23)
1369 burchmannen (RhSuUB 29)
1429 Vogt(bestallung, (LVA NRW R Kk 1749)
1478 Burggesinde: Burggraf, Unterkellner, vier Wächter, zwei Pförtner, Bäcker und Brauer, Koch, Magd, Landbote (LAV NRW R Kk 2792)
1592 Burggesinde: Kellner, Unterkellner, Burggraf, fünf Wächter, zwei Burg- und zwei Stadtpförtner, zwei Gärtner, Leyendecker, Müller. Waschfrau, Brauer, Koch, Bäcker, Faßbinder, Kammerknecht, Landbote (LAV NRW R Kk IV 1644)
3. 2 Markt
1285 Verleihung eines dreitägigen Jahrmarktes auf Sonntag nach Kreuzerhöhung (14. September) und eines Wochenmarktes am Dienstag durch Erzbischof Siegfrid von Köln. Marktaufsicht und Preisbestimmung für Lebensmittel durch Schöffen de consilio oppidanorum (III 3)
3. 2 Zoll
1396 erlaubt König Wenzel Erzbischof Friedrich von Köln u. a., eine Landzollstätte in Brühl zu errichten, (LAV NRW R Kk 1261, Acta imperii II 998) bestand bis 1794 (LAV NRW R Kk IV 23)
3. 2 Bede
1285 Festsetzung der Herbstbede auf zehn Mark durch den Erzbischof von Köln (III 3)
3. 2 Akzise
1593 erstmalige Verpachtung der Akzise durch die Stadt genannt (StaBr 11,1)
1612 Akziseordnung (BrHbl 21, 1964, S. 5 ff)
3. 3 Stadtrechtsverleihung bzw. Freiung
1285 April 27 verleiht Erzbischof Siegfrid von Köln seinen Schöffen und Bürgern (oppidani) zu Brühl, um das Wachstum der Stadt (oppidum) zu fördern, näher genannte Freiheiten betreffend einer freien Wahl von sieben Schöffen auf Lebenszeit, die Kooptationsrecht erhalten und landesherrlicher Bestätigung bedürfen, Verhältnis der Zugezogenen zu ihren früheren Herren, gerichtlichen Zweikampf (verschiedene Regelung für pauperes und andere) bei Totschlag und offener Wunde, Verfahren bei handhafter (schinberdaet) Tat (Hauszerstörung) und weitere Prozessvorschriften (auch gegen Fremde), Schöffenzeugnis, Weinverkauf, Einführung des Kölner Maßes, Festsetzung des Marktpreises für Wein, Lebensmittelpolizei, Jahr- und Wochenmarkt (III 2), Rechtsschutz innerhalb des Beifanges (Bivanc, III 4) und Pflicht seiner Einwohner, bewaffnet der Bannglocke zu folgen, Steuersätze, Bürgeraufnahmegeld, Beschränkung der Kurmede von Gütern des erzbischöflichen Hofes, Immunität des Pfarrhofes, Grenzverletzung in Feld und Wald, Festsetzung der Herbstbede auf zehn Mark, Bestimmung gegen die Formstrenge in Prozessverfahren, Beschreibung des Beifanges (III 4), Freiheit der unbeschränkten Viehhaltung, Verpflichtung der vermögenden Bürger zum Besitz einer Rüstung (Wündisch; vgl. auch Lechenich)
1830 auf Antrag Versetzung in die 4. Gewerbesteuerklasse, seitdem Landgemeinde und Titularstadt
1910 Verleihung der preußischen Städteordnung für die Rheinprovinz
3. 4 Stadtgericht (Bannmeile, Außenbürger)
1285 Festlegung des Beifanges der Stadt (terminus dictus Bivanc oppidi Brühl) mit den Orten Höningen, Weiß, Sürth, Godorf, Immendorf, Hoggendorp (I 6), Meschenich, Engdorp (= Engelsdorferhof), Geildorf, Badorf , Eckdorf und Vochem. Alle Einwohner des Beifanges haben der Bannglocke zu folgen, Rechtsschutz der Bürger innerhalb des Beifanges (III 3)
Zum Burbann gehörten Merreche/Kierberg, Pingsdorf , Palmersdorf und Heide (Weistümer II, 2, S. 9), deren Einwohner Außenbürger der Stadt Brühl waren (PfaBr). In den Simpelregistern der Stadt des 17./18. Jahrhunderts sind zudem die Einwohner von Badorf und Vochem aufgeführt (StaBr 15 und 15b)
1329 districtus oppidi Brühl (StaK Severin 120)
Seit dem 14. Jahrhundert erfolgreiche Versuche der Brühler Schöffen, die Kompetenzen der im Beifang liegenden Gerichte zu beschneiden (Beifang wirkte amtsbildend), wodurch das Stadtgericht allmählich die Funktionen eines Landgerichtes erlangte (Weistümer II, 2, S. 11 ff) (III 6 zu 1396)
3. 5 Schöffen- und Stadtsiegel (Beschreibung)
1299 sieben persönliche Siegel der Schöffen (RhSuUB 4)
1319 gemeines Schöffensiegel (sigillum scabinatus bzw. sigillum commune scabinorum (LAV NRW R Bottenbroich 11) und sigillum commune oppidi in Brühl (LAV NRW R Benden 8)
Gemeines Schöffensiegel
Bild: Kurkölnisches Kreuzschild, darüber Brustbild des hl. Petrus. Den Raum zwischen Bild und Umschrift füllen links vier und rechts drei nach innen gewandte Köpfe (Hinweis auf das siebenköpfige Schöffenkolleg)
Umschrift: SIGILLVM COMMUNE SCABINORVM IN BRVLE(StaK Antoniter 7 = 1324 September 12)
3. 6 Gemeinde, Bürgermeister und Rat
1323 universitas oppidi in Brühl (Hilliger, S. 233)
1396 burchmannen, scheffen und burgere gemeynlichen zu dem Brühl befreien zum Statzbeste die Kartäuser zu Köln gegen Zahlung einer ewigen Erbrente von sieben Mark sechs Schillingen von der Zahlung jeglicher kirchbede und stedeschoiss von den Gütern, die sie in dem Gericht und in der veltmarken von Brühl und Vochem besitzen (StaK Kartäuser 193)
1436 Bürgermeister, Schöffen und ganze Gemeinde der Bürger zu dem Brühl (HaEK Georg A II 15)
1478 Schultheiß, Bürgermeister, Schöffen, Rat (seit dem 16. Jahrhundert nach der Zahl der Ratsglieder auch Siebener genannt, BrHbl 15, 1958, S. 25) und ganze Gemeinde der Stadt Brühl (LAV NRW R Kk 2792)
1703 Rechnungslegung des Bürgermeisters vor Schultheiß, Schöffen, Siebenern und vier Gemeinsmännern (StaBr 4)
3. 7 Bruderschaften und Zünfte
1442 broderschaff sente Barben zo dem Brühl (LAV NRW R Bödingen 66)
(1442) broderschaff van deme Brrühl (StaK Georg Akt 29)
1514 St. Sebastianus-, St. Matthias-Bruderschaft und Bruderschaft St. Jakobi (BrHbl 23, 1966, S. 10)
1644 Erzbruderschaft vom Gürtel des hl. Franziskus (AHVN 34, 1879, S. 138)
1653 Bruderschaft von der Unbefleckten Empfängnis Mariä gegründet (Bertram, S. 23)
1721 Bruderschaft der hl. Herzen Jesu und Mariä gegründet (ebda., S. 24)
3. 8 Wehrwesen (Schützen)
1285 Pflicht zur Landfolge innerhalb des Beifanges, Verpflichtung der vermögenden Bürger zum Besitz einer Rüstung (plata, lorica et alia arma, III 3)
1532 erstmals in den seit 1514 überlieferten Rechnungen der St. Sebastianus-Bruderschaft Vogelschießen und Schützenfahne genannt (BrHbl 23, 1966, S. 12)
1576 Schießspiel auf Kosten der Stadt mit auswärtigen Gästen (ebda.)
1684 Schützenordnung der St. Sebastianus-Bruderschaft, Umwandlung in weltlichen Bürgerverein (ebda., S. 26)
1789 St. Sebastianus-Bruderschaft auf Antrag des Stadtrates durch kurkölnischen Hofrat aufgehoben (ebda.)
1818 erneuert (ebda.)
3. 9 Stellung im Territorium
Gegen die Stadt Köln gerichtete Gründung der Kölner Erzbischöfe, seit Ende des 13. Jahrhunderts Amtssitz, Kellnerei (III 1, seit dem 17. Jahrhundert Oberkellnerei) und bevorzugte Residenz der aus Köln verdrängten Kölner Erzbischöfe. 1469 bis 1597 Residenz und Sitz der kurkölnischen Landesregierung (BrHbl 18, 1961, S. 5 ff). Nach der Verlegung der Landesregierung nach Bonn verlor Brühl an Bedeutung
1789 gehörten zum kurkölnischen Amt Brühl neben der Stadt (mit Kierberg, Heide, Pingsdorf und Palmersdorf) Badorf, Eckdorf, Geildorf, fünf Höfe in Höningen, Immendorf, Rondorf, Meschenich, Sürth, Weiß, Merten, Trippelsdorf, Metternich, Vochem, Weidesheim sowie die Unterherrsch. Berzdorf (St. Gereon zu Köln), Esch, Gleuel, Walberberg (alle Domkapitel zu Köln), Kendenich (ursprünglich die Hälfte von Kendenich, wahrscheinlich als erzbischöfliches Lehen), Schwadorf (St. Severin zu Köln) und Weilerswist (Lehen von Kurköln)
1794 bis 1798 Municipalität Brühl, Kanton Köln, Arrondissement Bonn
1798 bis 1815 Kanton Brühl im Roer-Departement
1816 Bürgermeisterei Brühl (mit den Landgemeinden Badorf, Berzdorf, Kierberg, Schwadorf und Vochem) im Kreis Köln im Regierungsbezirk Köln
1910 Bürgermeisterei Brühl-Stadt und Bürgermeisterei Brühl-Land
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Flink, Klaus, Rheinischer Städteatlas Brühl. Teil 3: Herrschaft und Gemeinde, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/rheinischer-staedteatlas-bruehl.-teil-3-herrschaft-und-gemeinde/DE-2086/lido/5d316bef1e5b85.19842378 (abgerufen am 19.08.2024)