Sie haben viel zu erzählen ...
Unsere Zeitzeuginnen und Zeitzeugen bringen jeweils ihre ganz eigene Geschichte in die Zeitzeugengespräche ein. Einige Beispiele:
Herr I., geboren 1969 in Beirut/Libanon, musste zweimal vor den Kriegen im Nahen Osten fliehen: 1976 im libanesischen Bürgerkrieg und 1982 aufgrund der israelischen Invasion im Libanon, nachdem er zwischenzeitlich wieder in den Libanon zurückgekehrt war. Herr I. berichtet, wie er als Kind den Krieg und die Flucht erlebte, aber auch über seine Erfahrungen mit der Integration in einem fremden Land.
Frau G., geboren 1947 in Leipzig, wuchs in der DDR auf und erlebte den dortigen Sozialismus hautnah. 1976 stellte sie mit ihrer Familie einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik, wodurch sie in den Fokus der Stasi geriet. Sie wurde bespitzelt, später zu 30 Monaten Zuchthaus verurteilt, von denen sie 15 verbüßen musste. Danach wurde sie von der Bundesrepublik freigekauft. Seit 1984 lebt sie in Mainz. Schulklassen gibt sie auch gerne Einblick in ihre Stasiakten.
Schulische Gedenkarbeit und Stolpersteine
In zahlreichen Städten und Gemeinden auch in Rheinland-Pfalz sind inzwischen Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig verlegt, oft auch auf Anregung oder unter Beteiligung von Schülergruppen. Schulen bzw. Lehrkräften, die vorhaben, sich mit ihren Schülerinnen und Schülern an Stolpersteinverlegungen zu beteiligen, kann der folgende Leitfaden eine Hilfe sein.
Weitere Anregungen für Lehrkräfte
1. Flüchtlinge und ihre Integration
Die Aufnahme und Integration Hunderttausender von Flüchtlingen stellt eine riesige Herausforderung für die Bundesrepublik Deutschland dar. Eine wichtige Voraussetzung für deren Bewältigung ist es, Verständnis für die Gründe für eine Flucht, für Fluchterfahrungen und die Situation von Flüchtlingen in einem fremden Land zu gewinnen. Hier können Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die am eigenen Leib erfahren haben, was Flucht bedeutet und welche Schwierigkeiten und Chancen es bei der Integration gibt, einen Beitrag leisten.
2. Eine deutsche Brieffreundschaft
Ist inzwischen „zusammengewachsen, was zusammengehört“? Auch 22 Jahre nach der Wiedervereinigung (oder Angliederung der neuen Bundesländer?) gibt es Anzeichen, dass Deutsche in Ost und West noch immer durch ihre unterschiedlichen Erfahrungen sehr unterschiedlich geprägt sind, selbst die jüngere Generation, die die beiden deutschen Staaten gar nicht mehr erlebt hat. Um unser Land zu verstehen, sollten Schülerinnen und Schüler einen Einblick in diese Problematik erhalten. Zwei unserer Zeitzeugen, der eine aus dem Westen, der andere aus dem Osten, haben sich in einem jahrelangen Briefwechsel über die je unterschiedlichen Sichtweisen zu Deutschland ausgetauscht. Vor wenigen Monaten trafen sie sich auch öffentlich, und es entwickelte sich daraus vor über 100 Besuchern im Stadtarchiv Speyer eine äußerst lebhafte Veranstaltung (unter fazarchiv.faz.net ist der FAZ-Artikel dazu [allerdings kostenpflichtig] abrufbar). Ich könnte mir vorstellen, dass eine solche Podiumsdiskussion, entsprechend vorbereitet, auch im schulischen Rahmen äußerst anregend sein könnte.