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"Synagogen in Oberfranken"
Aufseß (Kreis
Bayreuth)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Aufseß wohnten jüdische Personen möglicherweise bereits im
14. Jahrhundert. In einer Urkunde von 1332, in der Kaiser Ludwig die Befreiung von
Judenschulden bestätigte, werden auch Juden unter dem Schutz der Herren von
Aufsess genannt ("hintz dem von Aufsezz"). Mit dem Dreißigjährigen
Krieg erlosch die erste Zeit der jüdischen Ansiedlung, da das Dorf
völlig verwüstet wurde und die noch verbliebene Bevölkerung restlos durch die
Pest dahingerafft wurde.
1699 oder kurz danach wurden von Carl Heinrich von Aufseß einige
jüdische Familien aus Burgellern aufgenommen worden, die die Verfolgung von
1699 überlebt hatten. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl der
jüdischen Einwohner auf 62 an (1753). Im 19. Jahrhundert entwickelte
sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1809/10 85 jüdische
Einwohner (26,1 % von insgesamt 326 Einwohnern), 1837 96 (14,1 % von 680), 1840
105 (17,5 % von 600), 1852 104 (15,8 % von 659), 1867 86 (9,8 % von 879),
1875 67 (7,7 % von 871), 1880 65 (7,2 % von 906), 1900 56 (7,8 % von 770), 1910
44 (5,8 % von 755). Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Handel
beziehungsweise Handlungen mit Tuch und Leder, Schnittwaren, Spezereiwaren,
Landesprodukten. Einige waren auch Viehhändler.
An Einrichtungen waren vorhanden: eine Synagoge (s.u.),
eine Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt,
der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war (vgl. Ausschreibungen der
Stelle unten). Unter den Lehrern sind bekannt: bis 1818 Baruch
Moses, 1822 Moses Dessauer, 1826 Herrmann Fremb, 1841 Hermann Traub, 1848 A. Wormser,
1856 Joseph Lehmann, 1860 Juda Richard, 1874 Alexander Weil, 1875 bis 1928 Leopold
Schloß. Letzterer konnte 1925 sein 50-jähriges Dienstjubiläum in der
Gemeinde feiern. Nachdem seine Frau 1928 verstorben war, ist er zu seiner
Tochter nach Fürth gezogen, wo er im Sommer 1929 verstarb (siehe Berichte
unten). Nach dem Wegzug von Leopold Schloß wurde die Lehrer-/Vorbeterstelle
nicht mehr besetzt.
Die jüdische Gemeinde wurde 1825 dem Distriktrabbinat in
Hagenbach zugeteilt.
1902 wurden die noch wenigen jüdischen Bewohner von Heiligenstadt
der Gemeinde in Aufseß zugeteilt. 1910 lebten dort allerdings keine jüdischen
Personen mehr.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Adolf
Aufseeser (geb. 2.5.1892 in Aufseß, vor 1914 in Adelsdorf wohnhaft, gef.
15.9.1916).
1924 wurden noch 22 jüdische Einwohner am Ort gezählt
(3,2 % von insgesamt etwa 700 Einwohnern). Die Vorsteher der jüdischen
Gemeinde waren damals Max David, Karl Fleischmann und Martin Aufseeser. Als
Religionslehrer, Kantor und Schochet wirkte der schon genannte Leopold Schloss. Die jüdische
Gemeinde war nach Auflösung des Rabbinates Hagenbach 1894 dem Distriktrabbinat in Bamberg
zugeteilt worden. 1932 gehörten
noch 20 Personen zur Gemeinde. Inzwischen war David Moritz ihr
Vorsteher.
1933 lebten noch elf jüdische Personen am Ort (1,5 % von 730). Erste
Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes bekamen die jüdischen Einwohner
schnell zu spüren. Im Frühjahr 1933 wurde Siegfried David wegen Beziehungen zu
seiner "arischen Braut" verhaftet. Bis November 1938 verzogen auf
Grund der zunehmenden Repressionen und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts
vier jüdische Einwohner in andere Ort Deutschlands, einer emigrierte in die
USA, einer starb in Aufseß. Beim Novemberpogrom 1938 kamen etwa 20
SA-Leute aus Heiligenstadt, dazu SS-Leute aus Bayreuth nach Aufseß, um die hier
noch fünf lebenden jüdischen Einwohner (die Ehepaare David und Fleischmann,
Witwe Günter) zu verhaften und in das Dorfgasthaus zu bringen. Hier mussten sie
Erklärungen unterschreiben, dass sie auf die Rückzahlung aller Schulden
verzichteten, die andere noch bei ihnen hatten. Ein 70-jähriger Jude, der die
Unterschrift verweigerte, wurde verprügelt. Während die fünf jüdischen
Personen festgehalten wurden, wurden ihre Wohnungen geplündert und verwüstet.
Nach den Ausschreitungen verließen alle fünf Aufseß, zwei konnten noch in die
USA emigrieren, drei zogen in andere Ort Deutschlands.
Von den in Aufseß geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Mathilde Adler
geb. Günther (1898), Julius Aufseeser (1878), David Fleischer
(1862), Heinrich Fleischer (1877), Ignaz Fleischer (1873), Karl Fleischmann
(1867), Berta Günther geb. Fleischmann (1864), Fanny Haymann geb.
Oppenheimer (1865), Betty Hopfenmaier geb. Aufseeser (1891), Marie Kaufmann geb.
Dittmann (1859), Fanny Löwenstein geb. Fleischmann (1896), Jakob Oppenheimer
(1874), Michael Oppenheimer (1886), Adolf (Abraham) Richard (1860), Siegfried Schloss
(1882), Katti Silbermann geb. Dittmann (1864).
Bei einem Prozess gegen 24 der an den Ausschreitungen im November 1938
Beteiligten vor dem Landgericht Bayreuth im April/Mai 1949 wurden acht zu
Gefängnisstrafen von acht Monaten bis zu einem Jahr verurteilt, die übrigen
freigesprochen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Stelle des Religionslehrers/Vorsängers/Schächters
1871
Anzeige in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 18. Oktober 1871: "Die hiesige
israelitische Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle ist mit
dem 15. Oktober erledigt. Bei freier Wohnung ist mir dieser Stelle ein
jährlich fixer Gehalt von 300 Gulden sowie 33 Gulden für Holz, und
bedeutende Nebenverdienste, welche teils garantiert sind, verbunden.
Qualifizierte Bewerber haben ihre Gesuche nebst Beilage der Zeugnisse
innerhalb 4 Wochen an die unterzeichnete Verwaltung einzureichen.
Aufseß, den 10. Oktober 1871. Die Kultus-Verwaltung: Samuel Fleischmann,
Vorstand." |
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Anzeige in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 27. Dezember 1871: "Erledigte
Stelle.
Die hiesige israelitische Religionslehrer-, Vorsänger- und
Schächterstelle ist erledigt.
Mit dieser Stelle ist ein jährlich
fixierter Gehalt von 300 Gulden, 33 Gulden für Holz, 60 Gulden für die
Schächterfunktion, freie Wohnung und bedeutende Nebeneinkünfte- welche
teilweise garantiert sind - verbunden. Zu Privatunterricht ist Gelegenheit
geboten.
Qualifizierte Bewerber haben ihre Gesuche nebst Beilegung der
Zeugnisse innerhalb 14 Tagen an die unterzeichnete Verwaltung
einzureichen.
Aufseß in Oberfranken, den 15. Dezember 1871. Die Kultusverwaltung:
Samuel Fleischmann, Vorstand." |
80. Geburtstag des Lehrers Leopold Schloss
(1927)
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Januar 1928:
"Aufseß. Herr Schloß, Lehrer a.D. beging seinen 80. Geburtstag und
60. Dienstjahr in guter Gesundheit und Rüstigkeit am 21. Dezember
1927." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Dezember 1927:
"Aufseß (Bayern), 8. Dezember. Am 17. Dezember feiert Lehrer a.D.
Leopold Schloß in körperlicher und geistiger Frische seinen 80.
Geburtstag, nachdem er vor zwei Jahren sein 50jähriges Amtsjubiläum
begehen konnte." |
Zum Tod der Lehrergattin Babette Schloß (1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1928:
"Aufseß (Bayern), 29. Januar. Am Schabbat wajigasch (Schabbat
mit der Toralesung Wajigasch = 1. Mose 44,18 - 47,27, Samstag 31.
Dezember 1927) verschied plötzlich und unerwartet Frau Babette Schloß im
Alter von 74 Jahren. Noch vor wenigen Wochen war es ihr vergönnt, an der
Feier des 80. Geburtstages ihres Gatten, mit dem sie über ein halbes
Jahrhundert vereint war, teilzunehmen. Als Lehrerstochter einer
angesehenen echt jüdischen Familie zu Goßmannsdorf
geboren, erzog sie ihre Kinder als vorbildliche Mutter zu tüchtigen und
frommen Jehudim mit aufopfernder Liebe und Hingebung. Freundlich und
zuvorkommend war sie allezeit gegen alle Personen ohne Unterschied ihrer
Abstammung, so nahm sie sich ganz besonders der Armen und Bedrückten an.
Ob trauriges oder freudiges Ereignis in der Gemeinde sich zutrug, immer
war sie beflissen, ihre innigste Teilnahme zu bekunden. Wie sie sich auch
für das Gemeinwohl bereitstellte, so war sie im Gegensatz für sich sehr
bescheiden und anspruchslos. Unter allgemeiner großer Beteiligung der jüdischen
und nichtjüdischen Bevölkerung fand die Beisetzung zur ewigen
Ruhestätte statt, an der Herr Rabbiner Dr. Salomon - Bayreuth
in ergreifender Rede die seltenen Vorzüge dieser wackeren Frau
rühmte. Herzliche Worte des Dankes für die Familie widmete noch der
jüngste Sohn der Verblichenen zum Abschiedsgruß. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum 50jährigen Ortsjubiläum von Lehrer Leopold Schloß (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1925:
"Aufseß, 9. November (1925). Herr Lehrer Leopold Schloß von hier
beging vor einigen Wochen das seltene Fest seines 50jährigen
Ortsjubiläums. Herr Schloß - aus Oberlauringen
in Unterfranken stammend - war einige Jahre in Hessen angestellt und wirkt
seit 1. September 1875 in hiesiger Gemeinde zur größten Zufriedenheit
der Gemeinde und der vorgesetzten Behörden. Am Jubeltage wurde er daher
mit Geschenken und Anerkennungsschreiben überhäuft. Namens der
Kultusgemeinde gratulierte vom Vorstand Herr David und überreichte ein
sehr schönes Geschenk. Der Herr Bürgermeister des Ortes sowie der
Schloßherr von und zu Aufseß erschienen selbst unter den Gratulanten.
Möge dem greisen Jubilar in steter Rüstigkeit des Körpers und Frische
des Geistes weiteres gesegnetes Wirken beschieden sein." |
Zum Tod von Lehrer Leopold Schloß (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1929:
"Aufseß / Fürth, 30. Juli (1929). Nach kurzem Leiden im Alter von
bereits 82 Jahren verschied Herr Lehrer Leopold Schloß - gebürtig aus Oberlauringen
- in Fürth, wo er 1 1/2 Jahre bei seiner Tochter seinen Lebensabend
verlebte. Vor 52 Jahren kam er, nachdem er schon in anderen Gemeinden
amtiert hatte, als Lehrer, Kantor und Schochet nach Aufseß, wo er durch
seine Pflichterfüllung und Tüchtigkeit im Beruf großes Ansehen genoss.
Aber auch in den nichtjüdischen Kreisen war der Verblichene sehr
angesehen. Herr Dr. Behrens, Fürth, entrollte in seiner Trauerrede ein
lebhaftes Bild von dem Wirken dieses Lehrers in seiner Gemeinde, in der er
sich einen unvergesslichen Namen erworben hat. Seine Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Kaufmann Moses Dittmann
(1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. Dezember 1890: "Aufseß, 5. Dezember (1890).
Durchdrungen von den Empfindungen der tiefsten Wegmut gestatte ich mir
Ihren verehrlichen Leserkreis von dem erfolgten Ableben des Kaufmannes
Moses Dittmann von hier in Kenntnis zu setzen. Der Verlebte war ca. 6
Jahre Mitglied des hiesigen Armenpflegschaftsrates, viele Jahre hindurch
Kassier der freiwilligen Feuerwehr und seit 2 1/2 Jahren Mitglied der
Gemeindeverwaltung. Als reeller Geschäftsmann war der Entschlafene
allgemein beliebt und stand in seinem Bekanntenkreise in großer Achtung.
Der Dahingeschiedene litt seit ungefähr 1 1/2 Jahren an einer unheilbaren
Krankheit, und wir sahen leider nur zu gut, dass hier menschliche Hilfe
ausgeschlossen sei. Er beschloss seine irdische Laufbaum am Donnerstag,
22. Kislew (= Donnerstag, 4. Dezember 1890; hebr. verschrieben: 82.) im
kaum vollendeten 37. Lebensjahre. Er hinterlässt eine jugendliche Gattin
mit zwei kleinen Kindern. Von der aufrichtigen allgemeinen Teilnahme
zeugte der imposante Leichenkondukt. Nicht nur dass die Korporationen der
Gemeinde vollzählig erschienen waren, sogar der erst diese Woche hierher
versetzte Herr Pfarrer Großmann und die Herren Lehrer, sowie ein
auswärtiger großer Freundeskreis haben dem Entschlafenen die letzte
Ehre. Den Gefühlen der Trauer gab Einsender Dieses vor dem Trauerhaus
Ausdruck, die Trauerrede auf dem Friedhofe hatte Herr Schloß
übernommen. 'Da sah man kein Auge tränenleer.' Die kleine israelitische
Gemeinde hat einen großen Verlust zu beklagen. Der tief gebeugten Witwe
kann es als großer Trost dienen, dass unser seliger Freund einen guten
Namen hinterlassen hat. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens. Amen." |
Zum Tod von Rosa Aufseeser geb. Ermreuther (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1923:
"Aufseß, 11. Mai 1923. Die hiesige jüdische Gemeinde hat einen
großen Verlust erlitten. Am 13. Ijjar (29. April 1923) verschied nach
kurzer Krankheit Frau Rosa Aufseeser. Aus streng frommer Familie aus Ermreuth
entstammend, hat sie die Jüdischkeit in ihrem Hause weitergepflegt und
ihre 8 Kinder in demselben Sinne erzogen. Wo Not zu lindern war, griff sie
rasch ein und übte in reichstem Maße Wohltätigkeit freudig aus. Möge
ihr der Verdienst ihrer guten Taten beistehen und ihrem Gatten und ihren
Kindern zum Troste gereichen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Zum Tod von Leopold Ermreuther (1923) -
Bruder der oben genannten Rosa Aufseeser
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1923: "Aufseß
(Oberfranken), 25. Juni (1923). Am zweiten Tag Schebuoth (Laubhüttenfest)
starb hier Leopold Ermreuther, nachdem er erst vor 4 Wochen von Ermreuth
hierher übersiedelte, an den Folgen einer schweren Krankheit. Der
Verklärte war ein in der weiteren Umgegend bekannter Mohel (Beschneider),
und scheute er bis vor einigen Jahren, wo ihn ein Augenleiden an der
weiteren Ausführung dieses Gebotes hinderte, weder Zeit, noch Geld, um
sich aus innigster Überzeugung dieser edlen Aufgabe zu widmen. Auch war
er ein echter, streng und überzeugt gläubiger Jehudi, dessen
unerschütterliches Gottvertrauen verdient, der Nachwelt als Beispiel
empfohlen zu werden. Er musste kurz nach seiner Übersiedelung hierher
seine edle Schwester, Frau Rosa Aufseeser und seinen Schwager, Herrn
Salomon Aufseeser, zur letzten Ruhe betten. So waren ihm auf dieser Welt
die Prüfungen nicht erspart geblieben und wie unser Stammvater Abraham
bestand er sie alle. Wir und seine Heimatgemeinde Ermreuth
beklagen den Heimgang dieses wahrhaften Zadik sehr. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod der fast 100-jährigen Babette Fleischmann geb.
Held 1933
Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 1. März
1933: "In der bis auf vier Familien zusammengeschmolzenen
israelitischen Kultusgemeinde Aufseß in Oberfranken kann Frau Babette
Fleischmann am 15. März dieses Jahres in geistiger und verhältnismäßig
körperlicher Frische ihren 100. Geburtstag feiern. Sie ist eine geborene
Held von Wannbach in der Fränkischen Schweiz, eine nahe Verwandte des
früheren verdienstvollen Vorstandes der Kultusgemeinde Nürnberg, Herrn
Geh. Justizrat Dr. Held sel. Au. und genieß im Haushalt ihres Sohnes Karl
Fleischmann in Aufseß einen angenehmen, sorgenfreien Lebensabend. Wegen
der steten Betätigung ihres liebevollen Herzens und ihrer wahren
Nächstenliebe erfreut sich die Jubilarin bei ihren zahlreichen
Verwandten, Freunden und Bekannten wohlverdienter Wertschätzung und
Verehrung. Staunenswert ist das der Jubilarin auch im hohen Alter
treugebliebene Gedächtnis, mit dessen Hilfe sie ihre Besucher durch
Erzählung von interessanten Begebenheiten und Familiengeschichten aus
längst vergangenen Zeiten unterhält. Der Hundertjährigen unsere
herzlichen Glückwünsche für weitere gesunde und frohe Jahre!" |
Babette Fleischmann starb am 6. März 1933,
wenige Tage vor ihrem Geburtstag: |
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
März 1933: "Aufseß in Oberfranken. 'Rasch tritt der Tod den
Menschen an.' Der freudigen Ankündigung in der vorigen Nummer dieses
Blattes über das am 15. diesen Monats bevorstehende 100jährige
Geburtstagsfest der Frau Babette Fleischmann von Aufseß in Oberfranken,
zu welchem Anlass ihr große Ehrungen zugedacht waren, muss eine
schmerzliche Nachricht auf dem Fuß folgen. Am 6. März ist die
allverehrte Greisin nach kurzem Unwohlstein sanft entschlafen und wurde am
8. diesen Monats unter großer Beteiligung zur letzten Ruhe gebettet. Die
Trauerversammlung folgte gerührt den tiefempfundenen Ausführungen des
Herrn Rabbiners Dr. Kattein von Bamberg, welcher ein Lebensbild der
Verklärten entrollte, die während ihres langen Lebens sechs Generationen
- in auf- und absteigender Linie - kennen lernte und liebevoll in ihr Herz
schloss, die die wichtigsten Geschicke unseres Vaterlandes seit den
letztvergangenen hundert Jahren (1848 - 1870 - 1914) miterlebte und treu
im Gedächtnis bewahrte. Möge die teuere Entschlafene in Frieden ruhen
und ihr Andenken zum Segen bleiben!" |
Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Gerbermeister Simon Fleischmann sucht Gehilfen (1887
/ 1891)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juli 1887: "Suche
sofort einen tüchtigen, jungen Mann, der in Sohl- und Schmalleder gut
bewandert ist. Guter Lohn und familiäre Behandlung werden zugesichert.
Aufseß, 6. Juli 1887. Simon Fleischmann." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1891:
"Suche sofort einen jungen tüchtigen Gerbergehilfen, der gut salzen
und zurichten kann, guter Lohn und familiäre Behandlung werden
zugesichert.
Aufseß bei Bamberg. Simon Fleischmann." |
Weitere Dokumente
Rechnungen der Textilhandlung Max Fleischmann (1901)
(aus der Sammlung von Christian Porzelt, Kronach)
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Links: zwei Rechnungen der Textilhandlung Max
Fleischmann an den Freiherrn von Aufseß aus dem Jahr 1901. Zu dem Geschäft
liegen folgende Informationen vor:
1888 eröffnete der Kaufmann Max Fleischmann in
Oberlangenstadt ein "Tuch-,
Schnitt- und Kurzwarengeschäft", das er bereits 1890 ins benachbarte
Redwitz an der Rodach verlegte. Um die
Jahrhundertwende scheint er nach Aufseß gezogen zu sein. Ende des
Jahres 1905 meldete das Handelsgeschäft Konkurs an. Über das weitere
Schicksal von Max Fleischmann ist nichts bekannt. |
Karte der Ledermanufaktur
Fritz Dittmann (1922)
(aus der Sammlung von Peter Karl
Müller, Kirchheim / Ries)
Die
Karte wurde am 28. September 1922 von der Ledermanufaktur von Fritz
Dittmann in Aufseß verschickt. |
Zur Geschichte der Synagoge
Ob es im Zeitraum zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert
einen Betsaal gab, ist nicht bekannt.
Die 1699 von Carl Heinrich von Aufseß aufgenommenen Familien konnten 1722
eine Synagoge einrichten. Zu diesem Zweck kaufen sie von dem Freiherrn
das "Schüthaus" für 80 Gulden und bauten dieses Gebäude um. Den
Betrag sammelte Jakob Levi aus Zeckendorf und der Bamberger Hoffaktor Moses
Isak.
1754/55 wurde eine neue Synagoge errichtet. In der Chronik der
Judenschaft hieß es: "Ist dies Treunzer Häuslein abgebrochen und der
Platz zur Judenschul verkauft worden". Zur Einrichtung von Wohnungen wurde
dieses Gebäude jedoch 1783 abgegeben. In diesem Jahr wurde eine neue
Synagoge bezogen, die bis Anfang des 1930er-Jahre das Zentrum des jüdischen
Gemeindelebens wurde. 1895 wurde die Synagoge durch Zimmermeister
Kunstmann renoviert. Damals habe sie einen baufälligen Zustand gemacht.
Bei der Synagoge handelte es sich um ein zweistockiges Gebäude. Im Erdgeschoss
befand sich die jüdische Schule mit einem eigenen Eingang an der Seite, im
oberen Stock der Betsaal.
Auf Grund der zurückgehenden Zahl der jüdischen Einwohner waren es in den
1920er-Jahren immer schwerer geworden, regelmäßig die notwendige Zahl von zehn
jüdischen Männern zum Gottesdienst zu erreichen. Um 1932 wurde wohl der
letzte Gottesdienst abgehalten. Das Synagogeninventar ging in den Besitz der
Bamberger Gemeinde über, darunter acht Torarollen, ein silberner Toraschmuck,
drei silberne Torazeiger, drei Vorhänge für den Toraschrein, ein Pult und 12
Bänke.
Im Sommer 1938 bemühte sich der letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde
- Moritz David - um den Verkauf des Synagogengebäudes. Am 28. September 1938
ging es in den Besitz der Gemeinde Aufseß für 350 RM über. Diese verkaufte es
am 11. Oktober 1938 weiter an eine Privatperson in Aufseß zum selben Preis.
Nach dem Novemberpogrom 1938 forderte der neue Besitzer von Moritz David den
Kaufpreis mit der Begründung zurück, er sei durch den Kauf geschädigt worden
und habe zudem die Kosten für den Abbruch tragen müssen. David forderte
hierauf den Betrag von der Kultusgemeinde Bamberg zurück und zahlte ihn dem
neuen Besitz auf. Die Synagoge wurde 1939 (nach I. Schwierz erst um 1975)
abgebrochen. An ihrer Stelle wurde die Werkstatt einer Schreinerei
erstellt.
Adresse/Standort der Synagoge: Es ist nicht
bekannt, wo die 1722 und 1754/55 eingerichteten Synagogen standen. Die 1783
eingerichtete Synagoge war im Haus Nr. 26 auf dem heutigen Grundstück Kirchberg
25.
Fotos
Historisches Foto der
ehemaligen Synagoge
(Quelle: Encyclopedia of Jewish Life
s.u. Bd. I S. 61 sowie
Yad Vashem, Jerusalem, Photo Archive) |
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Grundstück der ehemaligen
Synagoge
im Sommer 2009
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach;
Aufnahmedatum 4.7.2009) |
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Das einstöckige
Gebäude auf den beiden Fotos ist auch auf dem historischen Foto
am
rechten Bildrand erkennbar |
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Grundstück der ehemaligen
Synagoge
im Frühjahr 2022
(Foto: Jürgen Hanke, Kronach;
Aufnahmen vom April 2022) |
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Blick auf das Grundstück
Kirchberg 25 |
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Weitere Erinnerungen
an die jüdische Geschichte
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach;
Aufnahmen vom April 2022) |
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Das Haus des Schächters
Kirchberg 21 |
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Das frühere jüdische
Badehäuschen (Mikwe)
(Fotos: Jürgen Hanke, Aufnahmen vom Mai 2022) |
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Das jüdische
Badehäuschen (kleiner Anbau rechts mit Schornstein, Mikwe)
Neuhauser Straße 44 |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen
Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 107-108. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen
Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für
politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 194-195. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 199-200.
|
| Klaus Guth (Hg.): Jüdische Landgemeinden in
Oberfranken 1800-1942. Ein historisch-topographisches Handbuch. Reihe:
Landjudentum in Oberfranken - Geschichte und Volkskultur. Bamberg 1988. Zu
Aufseß S. 92-103. |
| Eva Groiss-Lau: Jüdisches Kulturgut auf dem Land.
München/Berlin 1995.
|
| Jüdisches
Leben in der Fränkischen Schweiz. Hrsg. vom Arbeitskreis Heimatkunde im
Fränkische-Schweiz-Verein. Erlangen; Jena: Palm und Enke. 1997. (Die
Fränkische Schweiz - Landschaft und Kultur; Bd. 11.
Enthält zu Aufseß Beiträge von Peter Landendörfer: Aufseß (S.
518-557) sowie "Einzelne Familien und Persönlichkeiten der Aufseßer
Judenschaft (Samson Cronimus, Familie Aufseeser, Familien David und
Fleischmann, Judenlehrer Leopold Schloß, Auswanderer) (S. 748-763) und
"Beispiele für jüdische Besitzstände in Aufseß" (S.
796-798). |
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Aufseß S. 66-71 (die Forschungsergebnisse
konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch
nicht eingearbeitet werden).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Aufsess (also Oberaufsess) Upper Franconia.
Jews were present in the first half of the 14th century, fleeing in the Thirty
Years War and renewing the settlement in the latter 17th century under the protection of Carl Heinrich, the ruler of Aufsess, who built the community a
synagogue after the disturbances of 1699. A Jewish public school was opened in
1879 and a new synagogue around 1900, when the Jewish population was 56 (total
770). In 1933, 11 Jews remained,; three emigrated and seven left for other
German cites.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|