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Blieskastel (Saarpfalz-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Blieskastel bestand eine zeitweise (im 19. Jahrhundert)
relativ große jüdische Gemeinde bis 1935/40.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück.
1688/90 wird erstmals der jüdische Friedhof am Ort genannt.
Im 18.
Jahrhundert konnten zunächst vier jüdische Familien in der Stadt leben, 1782
wurden jedoch schon neun Familien gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1834 193 jüdische Einwohner, 1861 178, 1900 noch 57.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule, in einem Schul- bzw.
Gemeindehaus mit Lehrerwohnung), ein rituelles Bad sowie einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war. An jüdischen Lehrern werden genannt: seit 1882 bis 1904 Isaak Wolf (vgl. Bericht
bei Zweibrücken; Wolf zwar zuvor jüdischer Lehrer in Bergzabern,
er starb am 29. Novebmber 1904 in Blieskastel und wurde auf dem Friedhof
der Gemeinde beigesetzt). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Zweibrücken.
Im Ersten Weltkrieg ist von den jüdischen Kriegsteilnehmern keiner
gefallen.
Um 1924, als zur
Gemeinde nur noch neun Personen gehörten, war Gemeindevorsteher Leopold Joseph.
1932 wurden noch acht jüdische Gemeindeglieder gezählt.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: acht Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im März 1935 lebten
10 jüdische Personen in der Stadt. Nach der
Annektierung des Saargebietes durch das Deutsche Reich 1935 ging die Zahl durch Aus- und Abwanderungen zurück.
Drei der insgesamt 16 in der NS-Zeit in Blieskastel - teilweise nur
vorübergehend - lebenden jüdischen Personen kamen nach den Deportationen in
Auschwitz oder Theresienstadt ums Leben. Eine Frau starb während der "Euthanasie"-Aktion,
vier weitere Personen sind verschollen.
Von den in Blieskastel geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alvine Bändel geb. Wolf (1879),
Ferdinand Jakob (1881), Blandina Joseph
geb. Adler (1865), Edgar Joseph (1893), Fanny Joseph (1860), Myrtil Joseph (1882),
Klara Katz (1876), Dr. Robert Levy (1881), Clara Lust (1859), Laura
Marks geb. Wolf (geb. ?), Martha Neuberger geb. Joseph (1903), Eugen Oppenheimer
(1875), Blonine Strauss (1876), Elvire Stutinski (1883), Adolf Ullmann (1877), Albert Ullmann (1885),
Ferdinand Ullmann (1875), Fritz Wolf (1881), Ottmar Wolf (1883), Richard
Wolf (1885), Alice Zimpelmann (1888).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1861 /
1892 / 1893 / 1900 / 1907
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Februar 1861:
"Schuldienst-Erledigung. Die israelitische Lehrer- und
Vorbeterstelle in Blieskastel in der Pfalz ist erledigt und wird folgender
Gehalt festgesetzt: 1) Bar aus der Kultuskasse Gulden 450. 2) Anschlag der
Wohnung im Schulhause Gulden 20. 3) Anschlag der Kasualien als
Vorbeter Gulden 60. Zusammen Gulden 530. Bewerber welche einen
Gottesdienst mit Chor musikalisch leiten können, wollen sich alsbald
melden. Der Synagogen-Ausschuss: Zacharias Oppenheimer, Zacharias Levi,
Abraham Levy." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1892:
"Gesucht wird von der israelitischen Kultusgemeinde
Bliescastel in der bayrischen Pfalz ein mit guten Zeugnissen versehener
Mann als Religionslehrer, Schächter und Vorbeter bei einem fixen Gehalt
von 600 Mark nebst freier Wohnung und nicht unbedeutenden
Nebeneinkünften. Nur im deutschen Reiche Beheimatete können bei der
Prüfung der Meldungen berücksichtigt werden. Hierauf Reflektierende
belieben schriftliche Offerten und Zeugnisse an den Vorstand zu richten. Lion
Levi." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1893: "Kantor-Gesuch.
Die israelitische Kultusgemeinde Blieskastel in der Rheinpfalz, sucht
einen Kantor, seminaristisch geprüften Religionslehrer und Schochet,
Fixer Gehalt 750 Mark, garantierter Nebenverdienst 100 Mark, jedoch bringt
derselbe mehr ein, sowie freie Wohnung im Schulhause. Nur verheiratete
Bewerber werden berücksichtigt.
Anmeldungen mit Zeugnissen sind bis längstens 1. April dieses Jahres an
den Kultusvorstand zu richten." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1900:
"In der Religionsgemeinde Blieskastel soll die Stelle eines Kantors,
Schächters und Religionslehrers nebst Synagogendieners besetzt
werden. Gehaltsbezüge bar aus der Gemeindekasse Mark 550,
Schächterdienst Mark 350, für Beten am Versöhnungstage Mark 20,
Nebeneinkünfte circa Mark 150, freies Logis im Gemeindehaus, Meldefrist
drei Wochen.
Der Vorstand: Sylvain Levy." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1907: "Zum
Antritt per 1. Februar 1907 suchen wir einen Kantor und Schächter. Festes
Gehalt 600 Mark, Nebeneinnahmen circa 400 Mark und freie Wohnung.
Meldungen an den Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde. Sylvain
Levy, Blieskastel, Rheinpfalz." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Erinnerung an die Auswanderungen im 19.
Jahrhundert - Grabstein für Jacob Cahn aus Blieskastel in New Orleans
(1822-1883)
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd.,
aufgenommen.
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Hier ruht
Jacob Cahn
Born in Bliescastel Bavaria Feby. 23, 1822
Died in New Orleans Aug. 12, 1883.
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
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Zum Tod von Abraham Levi (1885)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1886:
"Aus Blieskastel vom 4. Dezember (1885) wird vom Tode eines
sehr angesehenen Bürgers Herrn Abraham Levi in seinem 76. Lebensjahre
geschrieben (Zweibrücker Zeitung). Von seiner Toleranz möge als Beispiel
angeführt werden, dass er schon vor Jahren schriftlich niederlegte, im
Falle seines Ablebens sollen bei seiner Leiche drei Männer bis zur
Beerdigung die Wache halten, ein Israelit, ein Katholik und ein
Protestant, brave Leute, die dann entsprechend zu honorieren seien. Da er
im Leben keinen Unterschied unter den Konfessionen gemacht, wolle er dies
auch im Tode nicht tun. Immer sah er in jedem Menschen ein Ebenbild seines
Schöpfers, dem er dennoch als gesetzestreuer Israelit aufrichtig
diente." |
Über den späteren Bürgermeister von Vancouver David Oppenheimer (1834-1897)
Anzeigen
jüdische Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Kultusvorstandes Sylvain Levy
(1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1901:
"Zur Pflege einer älteren Dame wird gesetztes jüdisches
Mädchen
gesucht. Ausführliche Offerten mit Gehaltsansprüchen erbittet
Sylvain Levy, Kultusvorstand, Blieskastel." |
Anzeige von Mayer Joseph (1902)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 20. November 1902:
"Eine ältere Person,
eventuell Witwe zur Führung des Haushalts, zu einem alleinstehenden
Witwer zu sofortigem Eintritt gesucht.
Mayer Joseph, Blieskastel (Pfalz)." |
Zur Geschichte des
Betsaales / der Synagoge
Zunächst war ein Betsaal in Haus eines
Rabbiners vorhanden (18. Jahrhundert). 1815 wird eine Synagoge genannt, die
jedoch genauso wenig wie das Rabbinerhaus lokalisiert werden
kann.
1826 kaufte die jüdische Gemeinde ein Haus am heutigen Luitpoldplatz. Im
Erdgeschoss wurden eine Schule und die Lehrerwohnung eingerichtet, im
Obergeschoss der Synagogenraum. Im früheren Einfahrtsbereich zum Gebäude wurde
das rituelle Bad eingebaut.
Bis 1908 wurden in dem Gebäude Gottesdienste abgehalten. 1921 war es im
Eigentum der Stadt. In den 1950er-Jahren wurde das Gebäude an Privatpersonen
verkauft. Beim folgenden Umbau wurde an Stelle des Untergeschossfensters der
Mikwe ein Garagentor eingebaut.
Standort der Synagoge: Am
Luitpoldplatz 1
Fotos / Darstellungen
(Plan und historisches Foto: Landesamt s.Lit. S. 436-437)
Historischer Plan
und Foto |
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Von Bauschaffner Mohr 1931
gezeichneter "Plan über die Sinagoge
der Juden zu Bliescastel" |
Fassadenansicht der
ehemaligen Synagoge
um 1919/20 |
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Das Gebäude
der ehemaligen Synagoge im Juni 2009
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 16.6.2009) |
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Blick auf das
Gebäude der ehemaligen Synagoge |
Hinweistafel |
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Erinnerung an die jüdische
Geschichte |
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Am Torbogen des
Gebäudes Kardinal-Wendel-Straße 62 befindet sich eine hebräische
Inschrift (mit Jahreszahl nach jüdischer Zählung) |
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Andernorts entdeckt
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Im
jüdischen Friedhof in Speyer:
Grabstein für Max
Joseph aus Blieskastel (1829-1909) und Rosalie Joseph geb. Scharff (1839-1931) |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Mai 2009:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Blieskastel |
Am 30. Mai 2009 wurden in Blieskastel
(und in Niederwürzbach für nichtjüdische Personen) "Stolpersteine"
verlegt. In der Kardinal-Wendel-Str. 62 für Anna Oppenheimer (1863), in der
Gerbergasse/Ecke Zweibrücker Straße für Fanny Joseph geb. Sinai (1860),
Blandina Joseph geb. Adler (1865), Edgar Joseph (1893), Myrtil Neuberger
(1882) sowie Martha Neuberger geb. Joseph (1903).
Link zum Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Blieskastel
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Artikel im "Pfälzischen Merkur" vom 1. Juni
2009: "Stolpersteine wider das Vergessen.
Blieskastel. Wider das Vergessen: Am Pfingstsamstagmorgen hatten sich
viele Bürger, Politiker aller Parteien und Initiator Dieter Geis an der Ecke
Zweibrücker Straße/Gerbergasse eingefunden. Dort wurde vollzogen, was
bereits in 448 anderen Kommunen sichtbar ist: Der aus Köln stammende
Künstler Gunter Demnig verlegte Pflastersteine, so genannte Stolpersteine
gegen das Vergessen. In Blieskastel wurde ein Projekt des Künstlers
fortgesetzt, welches die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der
Zigeuner, politisch Verfolgter, Zeugen Jehovas und Euthanasieopfern während
des Nazi-Regimes lebendig erhält. Dieter Geis hatte die Aktion initiiert,
unterstützt von seinen Parteifreunden der Linken. Aber im Vorfeld hatte Geis
im Gespräch mit unserer Zeitung betont, dass es sich nicht um eine
Parteiangelegenheit handele, sondern dass diese Aktion für alle Bürger der
Stadt eine große Bedeutung haben müsse. Und in einer kurzen Rede bedankte
sich der Studienrat auch bei den vielen Bürgern von Blieskastel, die durch
eine Spende oder Patenschaft das Kunstprojekt möglich gemacht hatten.
Konkret heißt dies, dass der Künstler aus Köln Betonsteine verwendet, auf
deren verankerter Messing-Oberfläche die Namen und die Begleitumstände ihres
Todes oder Verschwindens mit Schlagbuchstaben eingehämmert sind. Die Steine
werden in der Straße des letzten Wohnortes der Ermordeten oder Deportierten
verlegt. Der Künstler war am Samstagvormittag selbst auf Einladung von
Dieter Geis anwesend und verlegte eigenhändig die 'Stolpersteine'. Dieter
Geis zeigte sich 'unglaublich froh, dass, wir dieses Projekt so relativ
schnell hatten verwirklichen können'. Die Verlegung der Steine solle zum
Nachdenken anregen, vielleicht sei es ja auch ein Anstoß für weitere
Nachforschungen zu bislang ungeklärten Schicksalen. Auch Künstler Gunter
Demnig würdigte das Engagement der Bürger für die Aktion. Sie ruhe immer auf
zwei Säulen: Zum einen ergriffen die Bürger die Initiative und finanzierten
die Steine, welche sie dann (zweite Säule) der Stadt anschließend schenkten.
Die Aktion sei somit nicht 'aufgedrängt' und käme von den Bürgern selbst. Er
widersprach auch dem oft gemachten Vorwurf, nun würden die Bürger ja selbst
auf den Toten 'herumtrampeln'. Demnig: 'Mit Trampeln haben sich die Nazis
nicht begnügt, da wurde gemordet'. Bürgermeisterin Annelie Faber Wegener
stellte in ihrer Begrüßungsansprache ebenfalls klar, dass die Stadt und sie
selbst eine solche Aktion für sehr wichtig erachteten. 'Es besteht die
Gefahr in den Schulen, dass dieses Thema durch andere überlagert wird.
Deshalb sind solche Aktionen sehr wichtig. Sie machen uns wieder deutlich,
dass wir derzeit in Frieden und Freiheit selbst bestimmt leben können',
unterstrich die Verwaltungschefin. Auch Fred Oberhauser und Konrad David,
letzterer aus Blieskastel stammender Jude, zeigten sich erfreut über diese
Aktion wider das Vergessen. 'Hier werden endlich auch die vielen Namenlosen,
Vergessenen gewürdigt, die unter diesem Gräuelregime mit ihrem Leben sinnlos
bezahlen mussten', so Fred Oberhauser."
Link zum Artikel |
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Januar 2019:
Reinigung der "Stolpersteine"
in Blieskastel
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Artikel
von Joachim Schickert in der "Saarbrücker Zeitung" vom 25.
Januar 2019:
"Blieskastel : Die Erinnerung wird wach gehalten.
Blieskastel Für diesen Sonntag ruft Blieskastels Linke wieder alle
Bürger dazu auf, beim Reinigen der Stolpersteine dabei zu sein – zum
Gedenken an Nazi-Opfer.
Vor 74 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Konzentrationslager Auschwitz
von sowjetischen Truppen befreit. An die Opfer des Nationalsozialismus wird
in diesem Jahr wieder vielerorts mit Gedenkfeiern erinnert, und auch in
Blieskastel wird der Ermordeten und Verschleppten gedacht. An diesem
Sonntag, 27. Januar, wird der Ortsverband der Linken Blieskastel wieder zur
Ehrung misshandelter und ermordeter Bürgerinnen und Bürger eine symbolische
Reinigung und Pflege der im Jahr 2009 verlegten Stolpersteine des Künstlers
Gunter Demnig vornehmen. Das Gedenken an die Opfer soll alljährlich wach
gehalten und neu in Erinnerung gebracht werden. Ihr Leid dürfe nicht umsonst
gewesen sein. Es müsse den Nachgeborenen eine ewige Mahnung sein, dass
Menschen- und Bürgerrechte unteilbar sind, mahnt der Blieskasteler
Linken-Politiker und ehemalige Fraktionschef im Stadtrat, Dieter Geis. Er
ruft alle Jahre wieder die Bürger dazu auf, sich an der symbolischen
Reinigung der Stolpersteine in Blieskastel zu beteiligen. Die Reinigung und
Pflege der Stolpersteine in Blieskastel und Niederwürzbach findet an diesem
Sonntag um 15 Uhr an der Ecke Gerbergasse/Zweibrücker Straße statt. Gaby
Klees wird die Veranstaltung musikalisch umrahmen, teilt Geis mit. Ende Mai
2009 hatte der aus Köln stammende Künstler Gunter Demnig diese Stolpersteine
gegen das Vergessen gelegt. In Blieskastel war damit ein Projekt des
Künstlers fortgesetzt worden, welches unter anderem die Vertreibung und
Vernichtung der Juden, politisch Verfolgter, Zeugen Jehovas und
Euthanasie-Opfern während des Nazi-Regimes lebendig erhält. Der
Blieskasteler Dieter Geis hatte die Aktion initiiert, unterstützt von seinen
Parteifreunden. Geis hatte damals jedoch betont, dass es sich nicht um eine
Parteiangelegenheit handele, sondern dass diese Aktion für alle Bürger eine
große Bedeutung haben müsse. Mit der Geschichte der Juden in Blieskastel hat
sich auch der Grüne Martin Dauber, der bis zur Kommunalwahl im Mai 2014 im
Blieskasteler Stadtrat saß, schon von Jugend an beschäftigt. Anlässlich der
Reichspogromnacht am 9. November 1938 führt er seine Gäste regelmäßig im
November zu 'Stationen jüdischen Lebens' in der Barockstadt. Auf besonders
großes Interesse war im vergangenen Jahr ein Gang auf den Spuren der
Blieskasteler Juden zum Gedenken an den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht
gestoßen. Rund 70 Interessierte, darunter viele Jüngere sowie
Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener, MdL Jutta Schmitt-Lang und Pfarrer
Mathias App hatten Martin Dauber und Jörg A. Künzer zu einer nachdenklichen
Stadtführung begleitet. Auch Landtagspräsident Stephan Toscani hatte einige
Wochen später bei einem Rundgang mit Martin Dauber sowie Schülerinnen und
Schüler die Stadt Blieskastel unter neuen, vor allem nachdenklichen Aspekten
kennen gelernt. Auch die Bürgermeisterin und Landrat Theophil Gallo waren
dabei, als Stephan Toscani im Rahmen seiner Reihe 'Saarländische
Erinnerungsorte' Blieskastel besuchte, dabei einen Beitrag zur
Erinnerungskultur leistete und Jugendlichen die Schrecken der NS-Zeit
vermittelte. Der Grüne Martin Dauber hatte in seiner Schulzeit ein Referat
über die Judenverfolgung in Blieskastel ausgearbeitet. Er konnte sich damals
nicht vorstellen, was diese im Geschichtsunterricht vermittelten grausamen
Fakten für das beschauliche Blieskastel bedeuten könnten, so Dauber. Seine
Nachforschungen führten ihn schließlich ins Landesarchiv nach Saarbrücken,
und er befragte Zeitzeugen in Blieskastel zu den Geschehnissen in der
Nazizeit. Auf Antrag der Grünen im Blieskasteler Ortsrat war im Sommer 2010
in der Straße 'An der Stadtmauer' in Blieskastel-Mitte ein Hinweisschild
angebracht worden, das darüber informiert, dass diese Straße bis ins Jahr
1935 einmal den Namen Judengasse trug. "
Link zum Artikel |
Dazu auch der Artikel von Hans Hurth in der
"Saarbrücker Zeitung" vom 2. Februar 2020: "Eine Aktion gegen das
Vergessen. Sie wienern wider das kollektive Vergessen..."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Eva Tigmann: "Was geschah am 9. November
1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen
Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des
Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 435-438 (mit weiteren Literaturangaben). |
n.e.
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