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Bockenheim (Stadt
Frankfurt am Main)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Bockenheim (seit 1895 Stadtteil von Frankfurt am Main) bestand eine
eigenständige jüdische
Gemeinde bis 1905 (bis dahin selbständige Körperschaft) beziehungsweise bis
1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts
zurück, als Bockenheim noch zur Grafschaft Hanau gehörte. Erstmals wird 1658 der Jude Samuel (Schmuel) genannt. 1670 waren
zwei jüdische Personen (Familien) am Ort.
Um 1700 werden mehrere jüdische
Einwohner genannt, die sich nach ihrem Herkunftsort nannten: 1692 Löw
Eberstadt, 1707 Meyer Wisloch, Jud Rödelheimb, Joseph Ginsheim, Löw Frankfurt,
Itzig Windecker u.a.m. 1750 werden acht handeltreibende Juden am Ort genannt:
Schmul Wickert, Schlome Flörsheim, Jac. Hertz, David Schuster, Seligmann Elkan,
Schmul Heyum, Itzig Windecker und Aler Süßkind. Bereits 1707 hatten drei Juden
Hausbesitz: Jacob Moses, Löser, Wörrstadt und Isaak Präger.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie
folgt: 1816 190 jüdische Einwohner, 1825 ca. 297 jüdische Einwohner (etwa 15 %
der Einwohnerschaft), 1830 42 jüdische Familien, 1842 339
jüdische Einwohner, 1853 346 (in 53 Familien), 1861 289 (von insgesamt 4.995
Einwohnern), 1888: 358, 1890 356, 1895: 365 (noch 1,5 % von insgesamt 20.500 Einwohnern).
Die
jüdischen Familien lebten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein insbesondere vom
Vieh- und Pferdehandel, von der Schlachterei, vom Textil- und Kurzwarenhandel,
Eisenhandel, Handel mit alten Büchern, Weinhandel. Seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts eröffneten viele von ihnen kleinere und mittlere Detail-Geschäfte
am Ort (insbesondere in der Leipziger Straße). Seitdem
gab es auch etliche jüdische Handwerker (1843 werden aufgezählt: neben 12 Metzgern
damals 5 Schuhmacher, 7 Schneider, 2 Schreiner, 2 Verfolger, 1 Seifensieder, 1
Sattler und 1 Mechaniker). Bekannte jüdische Geschäfte waren u.a. die später
von Frankfurt aus weltbekannte Buch- und Antiquariatsfirma Joseph Baer &
Co., die Buchhandlung mit Antiquariat J.B. Levi, die "Joseph Strauss'sche
Buchhandlung und Antiquariat (1836 in Bockenheim gegründet, seit 1864 in
Frankfurt), die Weinhandlung F. Lindheimer-Böhm (bekannt für ihre
"Palästina-Weine"). Es gab mehrere jüdische Rechtsanwälte und
Ärzte (Dr. Zadok Strauss, mit internistischer Praxis in der Leipziger Straße;
Dr. Elias Rosenheim, der in Bockenheim ein Pflegeheim für Nervenkranke betrieb;
Dr. Otto Loewe, gest. 12.11.1938 an Suizid, nach ihm ist in Bockenheim die
Otto-Loewe-Straße benannt).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Schule
(Religionsschule), ein rituelles Bad und einen Friedhof. Eine jüdische
Elementarschule gab es nicht. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde
war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter tätig war (vgl.
Ausschreibungen der Stelle unten). Lehrer an der Religionsschule der Gemeinde
waren Henoch (Enock) Epstein (1819-1828), Jakob Bär (Beer) Levi (1828-1837), Lippmann
Horschmann (1831-1851), Gabriel Kunreuther (1851-1857), L.M. Mannsbach
(1857-1890), Max Höchster (1891-nach 1901; gest. vermutlich 1928).
Seit der Zeit um 1900 finden sich in den meisten Darstellungen zur
Geschichte der Bockenheimer / Frankfurter Juden teilweise keine separaten
Angaben mehr zur jüdischen Gemeinde in Bockenheim. Seit Anfang des 20.
Jahrhunderts gab es mehrere jüdische Warenhäuser im aufstrebenden
Stadtteil Frankfurt-Bockenheim (Kaufhäuser Gebr. Breslau in der
Adalbertstraße, I. Seligmann, S. Wronker & Co. und C. Nawratzki & Co.
in der Frankfurter Straße). Auch die Wohnsituation der jüdischen Familien
veränderte sich mit der Eingemeindung nach Frankfurt. Bislang hatten die
jüdischen Familien vor allem im westlichen Ortsteil in der Nähe der Synagoge
gelebt (Schlossgasse, Neugasse = Friesengasse, Kirchgasse = Grempstraße,
Schöne Aussicht = Adalbertstraße). Nun zogen viele Familien in den Osten von
Bockenheim, Richtung Frankfurt. Im nördlichen Bockenheim war seit der Gründung
der Universität 1914 ein Villenviertel entstanden, in dem sich etliche
jüdische Ärzte, Anwälte und Diplom-Ingenieure, Fabrikanten, Bankiers usw.
niederließen (Sophienstraße, Georg-Speyer-Straße, Franz-Rükker- und die
Zeppelinallee). In der Leipziger Straße entstanden jüdische Geschäfte wie das
"Cafe des Westens", die Bottina Schuhe GmbH "Schuhhaus des
Westens" und Hermanns und Froitzheim "Herren und
Damenwäsche".
Um 1930 lebten etwa 600 jüdische Personen im Frankfurter Stadtteil Bockenheim
(ca. 1,5 % der Einwohnerschaft des Stadtteiles). Nach der
nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 verließ ein Teil der jüdischen
Einwohner / Familien alsbald den Stadtteil; andere verzogen von Bockenheim in
die Frankfurter Innenstadt oder nach anderen Orten in Deutschland. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge niedergebrannt, zahlreiche jüdische Geschäfte und
Wohnungen wurden demoliert. Jüdische Männer wurden in Konzentrationslager
verschleppt.
Von den in Bockenheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen:
nach Angaben bei Ehlers/Krohn S. 73: "Von 65 Bockenheimer Juden wissen wir,
dass sie in Konzentrationslagern ermordet wurden. Unter ihnen war der jüdische
Religionslehrer Simon Eschwege und seine Frau Marte aus der Sophienstraße 126,
die ihre Tochter Lilli schon 1933 nach Palästina geschickt hatten... Der
Synagogendiener Sigmund Stern aus der Schlossstraße 3 wurde ebenso wie Helene
Hess aus der Schwälmer Straße umgebracht..."
Vgl. weitere Informationen bei www.stolpersteine-frankfurt.de:
bis Juni 2014 wurden Stolpersteine verlegt (für jüdische und
nichtjüdische Opfer der NS-Zeit!): in der Sophienstraße 12 für Arthur Bienes
(1889), Hermine Bienes geb. Cohen (1893, überlebte die NS-Zeit), Marion
Bienes (1925, überlebte die NS-Zeit), René Bienes (1928), Henny Weil
(1825), Linda Weil geb. Herzfeld (1887), Ludwig Weil (1873) in der Schloßstr.
120 für Klara Breslau geb. Auerbacher (1892), Lore Breslau (1923), Paul Breslau
(1877), in der Marburger Straße 9 für Hagar Martin Brown (1889), in der
Gräfstraße 49 für Alma Hoexter geb. Schmidt (1894), Ernst Höxter (1894),
Werner Höxter (1926), in der Rödelheimer Landstraße 130 für Gustav Rosenthal
(1873) und Rosa Rosenthal geb. Odenheimer (1874), in der Robert-Mayer-Str. 48
für Paul Sonntag (1890), in der Broßstraße 7 für Moritz J. Steinthal (1869),
in der Varrentrappstraße 47 für Walter Höxter, in der Varrentrappstraße
49 für Emma, Ruth und Sigmund Wetterhahn, in der Varrentrappstraße 57 für Georg Wagner (1892), Am Weingarten 10 für
Ellinor Zamorje (1889), Josef Zamorje (1921) und Marcus Zamorje
(1893).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stellen des Lehrers / Vorbeters /
Schächters 1884 / 1890 / 1902
Nachfolgende Ausschreibungen beziehen sich auf drei verschiedene
Stellen: die erste auf einen anzustellenden Schochet (Schächter), der neben dem
Lehrer/Vorbeter tätig war (in den meisten anderen Gemeinden war hierfür nur
eine Person angestellt), die zweite auf einen anzustellenden Lehrer/Vorbeter
(ohne Amt des Schochet), die dritte auf einen Hilfsvorbeter, der zur Entlastung
des hauptamtlichen Lehrers/Vorbeters nur zu den Hohen Feiertagen im Herbst
eingestellt wurde.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
23. Juni 1884: "Für die Gemeinde Bockenheim bei Frankfurt am Main
wird ein tüchtige Schochet gesucht. Einkommen circa Mark 2000.
Reflektierende belieben Offerten mit Zeugnissen und Chiffre K. 35 an die
Annoncen-Expedition von A. J. Hofmann, hebräische Buchhandlung in
Frankfurt am Main einzusenden." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
27. Oktober 1890: "Bekanntmachung.
In der Synagogen-Gemeinde
Bockenheim ist in Folge der Pensionierung des bisherigen Lehrers die
Religionslehrerstelle, mit der der Vorsängerdienst verbunden ist, zum 1.
Januar 1891 zu besetzen. Das Gehalt beträgt jährlich 1.500 Mark, wozu
noch nicht unbedeutende Nebeneinkünfte kommen. Geeignete Bewerber wollen
ihre Meldungen unter Hinzufügung von Abschriften ihrer Zeugnisse bis zum
10. November anher einsenden.
Hanau, 23. Oktober 1890. Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Koref." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. August 1904: "Hilfsvorbeter, mit guter Stimme, für die
hohen Feiertage gesucht. Probevortrag erwünscht. Gefällige
Offerten mit Honoraransprüchen erbittet
Der Vorstand der Synagogen-Gemeinde
Bockenheim - Frankfurt am Main." |
25-jähriges Ortsjubiläum des Lehrers L. Mannsbach (1882)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1882: "Bockenheim,
im Juni (1882). Ein schönes Fest feierte am 15. dieses Monats der Lehrer
und Kantor der israelitischen Gemeinde zu Bockenheim, Herr L. Mannsbach,
der 25 Jahre lang im Dienste dieser Gemeinde in treuer Pflichterfüllung
seiner Stelle bekleidet hat. Derselbe verstand es, während dieser Zeit
die Gemeinde in jeder Weise würdig zu vertreten. Es wurden ihm daher auch
an seinem Ehrentage von Seiten seiner Behörde in Hanau, sowie von Seiten
der Gemeinde und seiner Schüler und selbst von christlichen Mitbürgern
Anerkennungen und Ehrenbezeigungen von hier und auswärts gezollt. Ein
solennes, feierliches Ständchen, ausgeführt von einem der besten
Männergesangvereine dahier beschloss die Feier seines Ehrentages. Am
darauffolgenden Sabbat hielt Herr Mannsbach in der hiesigen Synagoge eine
darauf bezügliche, gediegene und gut durchdachte Rede, welche sich eines
allgemeinen Beifalls zu erfreuen hatte. Möge es dem Jubilar vergönnt
sein, in Gesundheit und ungeschwächter Kraft, auch seine goldene Feier
einst begehen zu können." |
Einzug des Lehrers zum dreijährigen Militärdienst (1891)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. Dezember 1891:
derselbe Text wie unten im Bericht des "Israelit" |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1891: "Bockenheim.
Der Lehrer unserer jüdischen Gemeinde, welcher noch nicht lange das
Seminar verlassen hat, musste sich in diesem Frühjahr zum Militär
stellen. Er glaubte, wie seine Kollegen, die in staatlichen Stellungen sind,
nur eine zehnwöchentliche Übung durchmachen zu müssen. Allein es wurde
ihm mitgeteilt, dass für ihn diese Vergünstigung nicht bestehe, da seine
Schule nur eine Religionsschule, jene aber nur für die Lehrer an
öffentlichen Volksschulen Geltung habe, er daher drei Jahre dienen
müsse, falls er sich nicht nach einer anderen Stellung umsehe. Diese Praxis
wird in Preußen allenthalben gehandhabt, und eine ganze Reihe Lehrer war
aus diesem Grund gezwungen, ihre Stellungen zu verändern, oft unter den
schwierigsten Verhältnissen." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Über das Israelitisch-französische Institut in
Bockenheim (1847)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. April
1847: "Israelitisch-französisches Institut zu
Bockenheim bei Frankfurt am Main unter der Direktion des Herrn Mayer, dem
älteren, Professor der Universität zu Paris, in Verbindung mit einem
Lehrer der hebräischen Sprache, sowie mit noch drei anderen deutschen
Lehrern.
Man beklagt sich seit längerer Zeit nicht ohne Ursache, dass in der
wahren Bedeutung des Wortes kein Erziehungshaus für Israeliten bestehe,
oder dass diejenigen, welche bestehen, teils zu unvollkommen, teils zu
kostspielig sind. Um daher einem in vielen Familien gehegten Wunsche
entgegen zu kommen, haben wir ein Institut für junge israelitische Knaben
vom 6. bis 15. Jahre eröffnet. Wir haben die in Frankreich allgemein
befolgte wechselseitige Schuleinrichtung nach den Prinzipien Jacotot's
eingeführt und gedenken durch sie die Schwierigkeiten des Lernens zu
ebnen, die Tränen der Kinder zu vermeiden und rasche Fortschritte zu
erhalten. Alle unsere Sorgen und unser eifrigstes Streben zielt dahin, den
Eltern gute und gehorsame Kinder, der menschlichen Gesellschaft und dem
Staate für die Zukunft tüchtige und würdige Mitglieder zu erziehen.
Dieses Ziel hoffen wir zu erreichen:
1) Durch eine wohlverstandene religiöse Erziehung,
durch einen anschaulich gründlichen Unterricht in französischen,
deutschen und hebräischen Sprache, der Arithmetik und Geometrie, der
Naturgeschichte und Stenographie, dem Gesange, dem Zeichnen, der
Buchführung und dem kaufmännischen Rechnen.
2) Durch Entwicklung der physischen Kräfte vermittelst gymnasiastischer
Übungen, welche täglich in dem Garten und auf den Exkursionen in die
Umgegend stattfinden werden. - Nur in einem gesunden Körper kann eine
gesunde Seele wohnen.
3) Durch eine sorgfältige Beobachtung des Charakters der uns anvertrauten
Zöglinge, um ihre kleinen Fehler bei ihrer Erscheinung zu unterdrücken,
wobei jedoch körperliche Strafen unseren Maximen zuwider sind und nicht
geduldet werden, auch werden wir eben so sehr große Lobeserhebungen,
welche die Eitelkeit reizen, wie zu ernsten Tadel, welcher entmutigt,
vermeiden. Um in den Charakter des Einzelnen klar einzudringen, führen
wir ein Tagebuch, in welches täglich Alles eingeschrieben wird, was auf
den Charakter und die Neigungen des Zöglings Bezug hat. Die Eltern werden
jeden Monat ein aus diesem Tagebuch gezogenes Zeugnis über die
Aufführung und Fortschritte der Ihrigen erhalten.
Besonders werden deutsche Zöglinge in unserem Institute Gelegenheit
finden, sich schnell in der französischen Sprache, deren Kenntnis in fast
allen Klassen der Gesellschaft unerlässlich geworden ist, zu
vervollkommnen, ohne dass darüber die anderen Zweige des Unterrichts
vernachlässigt werden, ebenso wird die Anstalt französischen und
englischen Zöglingen den Vorteil bieten, schnell das Deutsche zu
erlernen. Wir hoffen, dass mit dieser Einrichtung und durch den Eifer und
die Liebe zu unserem ernsten Berufe unsere Anstalt den Familienvätern in
jeder Beziehung alle Vorteile eines guten Instituts darbieten wird, denn
wir sagen es mit Zuversicht, wir wollen, dass unsere Schule eine
Musterschule sei.
Die reizende Lage Bockenheims, eine viertel Stunde von Frankfurt am
Main entfernt, ist bekannt und bedarf keiner besonderen Empfehlung. Dies
Städtchen vereinigt die Reize des Landlebens mit den Vorteilen einer
großen Stadt.
Jedes Jahr findet eine öffentliche Prüfung und eine feierlicher
Preisverteilung statt.
Der Preis der Pension beträgt 342 Gulden fürs Jahr, vierteljährig und
voraus zahlbar. Bücher, Papier, Tinte und Federn gehören zur Rechnung
der Anstalt und die Eltern zahlen dafür Nichts.
Ein Musiklehrer und ein Lehrer der englischen Sprache sind für das
Institut engagiert, ihre Stunden müssen jedoch besonders bezahlt
werden.
Briefe und Pakete erbittet man sich franko mit der
Adresse:
An Herrn Mayer den älteren, Professor der französischen Sprache
in Bockenheim bei Frankfurt am Main."
|
Über die überraschende Wirkung einer Predigt in
der Synagoge (1860)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. September
1860: "Bockenheim in Kurhessen, 29. August (1860). Vergangenen
Sonnabend hielt der Religionslehrer der hiesigen israelitischen Gemeinde,
Herr M. (Mannsbach), in deren Synagoge, wie dieses gewöhnlich zu geschehen pflegt,
einen Vortrag in deutscher Sprache und zog darin unter anderem einen Vers
aus den Psalmen, Kap. 146, an, lautend: 'Verlasset Euch nicht auf Fürsten
und auf Menschen, denn bei ihnen ist keine Hilfe' etc. Einer der Zuhörer
muss in seiner Untertanentreue hierin einen Hochverrat gewittert haben;
denn kaum eine halbe Stunde nach Beendigung des Gottesdienstes kam der
hiesige Polizeikommissar, Herr Dr., mit Polizeibegleitung in die Wohnung
des erschreckten harmlosen Lehrers, der sich so lange als verhaftet
betrachten musste, bis er, um einer angedrohten Haussuchung zu entgehen,
den Text seines Vortrage vorlegte, welcher, obgleich Herr M. sich
bemühte, die Unschuld obiger Verse darzutun, die in den Psalmen, selbst
in den täglichen Gebeten der Israeliten enthalten seien, zum Zweck einer
Untersuchung mit Beschlag belegt wurde. Die Hoffnung des Herrn M. beruht
nun darauf, dass der Herr Kommissar bei Beurteilung kirchlicher Vorträge
nicht kompetent sei und die Untersuchung wird ergeben, ob Ersterer sich
durch obige Zitate eines Kriminalverbrechens schuldig gemacht, oder ob
Letzterer seine Amtsgewalt missbraucht und vielleicht besser getan hätte,
einen solchen Denunzianten gebührendermaßen zurückzuweisen. Der Fall
hat hier allgemeine Sensation
hervorgerufen." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September
1860:
Derselbe Text wie oben, allerdings kommentiert von der Redaktion:
"Anmerkung der Redaktion. Diese Mitteilung erscheint uns
unbegreiflich und der Tatbestand doch wohl ein etwas anderer zu
sein". |
Über das Sanatorium von Dr. Rosenbaum -
Berichte von 1886 und 1902
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. September
1860: "Bockenheim, bei Frankfurt am Main. Wenn in diesen
geschätzten Blättern schon häufig von Anstalten für israelitische
Nervenleidende die Rede war, so fühlt man sich gedrungen auch des
Sanatoriums für israelitische Nervenleidende in Bockenheim bei Frankfurt
am Main Erwähnung zu tun. Diese Anstalt verbunden mit Wasserheilanstalt,
Elektrotherapie, geleitet von dem rühmlichst bekannten Arzte Herrn Dr.
Rosenbaum in Frankfurt am Main kann in jeder Beziehung für die leidende
Menschheit empfohlen werden. Gesunde Lage am Fuße des Taunus und in der
Nähe eines hübschen Waldes komfortabel eingerichtet, Arzt im Hause.
Hauptsache aber ist noch, dass die Kost echt koscher ist. Die
Kranken, für welche auch in religiöser Beziehung Beruhigung gesucht
wird, können mit gutem Gewissen der genannten Anstalt anvertraut
werden." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Februar 1902: "Frankfurt
am Main. Wenn es für Nervenleidende von besonders großer Wichtigkeit
ist, dass jeder erregende äußere Einfluss fern gehalten wird, so
entspricht dieser Forderung in hohem Maße das 'Sanatorium für
israelitische Nervenleidende' in Frankfurt am Main - Bockenheim, das
der Leitung des bekannten Frankfurter Arztes Dr. E. Rosenbaum unterstellt
ist. Am Fuße des Taunus, direkt an dem hübschen schattigen Biegwald
gelegen, vereinigt diese Anstalt alle die Vorzüge, die ein Landaufenthalt
bieten kann, mit den Annehmlichkeiten der Großstadt. Die Anstalt selbst
ist komfortabel eingerichtet. Die Beaufsichtigung und die Pflege liegen in
durchaus bewährten und zuverlässigen Händen.
Dass allerstrengstes Kaschrus obwaltet und alle Fleischsachen nur von
unter Aufsicht streng orthodoxer Rabbiner stehenden Metzgern bezogen
werden dürfen, ist gewiss für viele ein nicht zu unterschätzender
Vorzug. Denn wohl gar manchen, der sich in einer solch schweren Lage
befindet, ist es eine große Genugtuung, sich auch bezüglich der
religiösen Pflichten wohl geboren zu wissen." |
Gottesdienst zum 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I.
Lokal-Nachrichten,
18. März (18..). Für die, mit dem Familienabend des Bürger- und
Bezirks-Vereins am 21. März verbundene 100-jährige Geburtstagsfeier
Kaiser Wilhelms I. sind die Vorbereitungen abgeschlossen. Das Programm ist
aufgestellt und zeigt eine reiche Abwechslung. Der erste Teil ist
ausschließlich dem Andenken des ersten Kaisers gewidmet, während der
zweite Teil Vorträge und Aufführungen heiteren Inhalts bringt. Daran
schließt sich der Tanz. Da diese Feier, neben der Verbandsfeier der
Kriegervereine, die einzige an unserem Platze sein wird, |
General-Versammlung der Chewro G'millus Chassodim (=
Wohltätigkeitsverein),
Frankfurt-Bockenheim (1929)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 30. Januar 1929: "Die Bockenheimer Chewro. Die Chewro
G'millus Chassodim, Frankfurt-Bockenheim, hielt im Hotel Ullmann ihre
General-Versammlung mit anschließendem Essen ab.
Nach Verrichtung des Maariw-Gebetes eröffnete Hugo Heß die Versammlung,
begrüßte die Mitglieder, gedachte des verschiedenen Mitgliedes Lehrer M.
Höchster, beglückwünschte den Jubilar Maron Müller, der 50 Jahre
Mitglied des Vereins ist, und begrüßte das jüngste Mitglied Kantor und
Lehrer Eschwege, bisher Oberkantor und Lehrer in Saarlouis, mit dem
Wunsche, dass es ihm bei den Bockenheimern recht gut gefallen möge.
Der
Schriftführer, Julius Herrmann, verlas das Protokoll, und der Kassierer,
Moritz Breslau, erstattete den Kassenbericht. Der Vorstand wurde per
Akklamation wiedergewählt.
Nun schritt man zum gemütlichen Teil.
Max Müller dankte für die seinem Herrn Vater gewordene Ehre und
herzlichen Wünsche des Vorsitzenden. Sodann ergriff Kantor und
Lehrer Eschwege das Wort. Er bat am Schluss seiner Ausführungen, das
Andenken des Lehrers Höchster durch eine Sammlung zur Beschaffung einer
Sefer Thora (Torarolle) zu ehren. Die herzgewinnende Ausführung hatte
solchen Erfolg, dass sofort von den anwesenden Mitgliedern annähernd Mark
7000.- zu diesem Zwecke gezeichnet wurden. Die Versteigerung des Benschens
ergab die schöne Summe von Mark 780.-.
Mit dem Bewusstsein, einer Chewro anzugehören, in welcher echt jüdischer
Sinn für G'millus Chassodim herrscht, konnte jedes Mitglied aus der
Versammlung scheiden. J.H." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über Dr. Gabriel Riesser in Bockenheim (1838)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Januar 1838:
"Frankfurt am Main, 29. Dezember (1838). Der bekannte Dr. Riesser,
welcher fortwährend in dem naheliegenden kurhessischen Städtchen Bockenheim
wohnt, hat dieser Tage eine trefflich geschriebene Broschüre erscheinen
lassen, deren Ertrag zur Beisteuer für Lessing's Denkmal bestimmt ist,
und welche den Titel führt: 'Einige Worte über Lessings Denkmal, an die
Israeliten Deutschlands gerichtet.' Der Verfasser bezweckt durch diese
Schrift die Teilnahme seiner Glaubensgenossen an dem Lessing-Denkmale
besonders anzuregen. (Leipziger Allgemeine Zeitung)." |
100-jähriges Bestehen der Buch- und
Antiquariatshandlung Josef Baer & Co. (1885)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. September 1885: "Bonn, 29. August (1885) (Literarische
Notizen). Heute feiert die in weitesten Kreisen rühmlichst bekannte Buch-
und Antiquariatshandlung Josef Baer & Co. ihren
100-jährigen Bestand. Die 'Frankfurter Zeitung' enthält zur Feier
des Tages Einiges über die Geschichte dieses Instituts, das wir hier
wiedergeben:
Unter die älteren Buchhändlerfirmen Frankfurts zählt auch die Firm
Joseph Baer & Co., welche heute die Feier des hundertjährigen
Bestandes begeht. Wir sind in der Lage, einige authentische Mitteilungen
über den Gang dieses Geschäftes, welches zur Zeit auf dem Gebiete des
Antiquariats-Buchhandels einen unbestrittenen Weltruf genießt, unseren
Lesern zu bieten. - In dem letzten Dezennium des vorigen Jahrhunderts
hatte eine von Hanau verzogene jüdische Familie mit Namen Baer in dem
benachbarten Bockenheim ihren Wohnsitz genommen. Nach den damaligen
Frankfurter Gesetzen konnte dieselbe nicht das Bürgerrecht unserer Stadt
erlangen und durfte hier kein offenes Geschäft betreiben. Der
Familienvorsteher Joseph Baer fand jedoch Mittel und Wege, in dem
Dominikanerkloster im Jahre 1785 in einem kleinen Lokale ein
buchhändlerisches Antiquariats-Geschäft zu gründen, worin
gewissermaßen unter der Hand gekauft und verkauft wurde. Die Umsichtigkeit
des Besitzers ließ trotz der ungünstigen Lage des Geschäftes dasselbe
einen raschen Aufschwung nehmen und der durchaus ehrenhafte Charakter
Joseph Baer's gewann ihm bald einflussreiche Gönner, welche es ihm
ermöglichten, die ihm entgegenstehenden gesetzlichen Schwierigkeiten zu
überwunden und als Bürger nach Frankfurt überzusiedeln. Er erweiterte
das Geschäft und verlegte es in die Steingasse, wo er es jetzt offen
betreiben durfte. - Joseph Baer war bestrebt, seinen Kindern eine
sorgfältige Erziehung angedeihen zu lassen. Sein Sohn Leopold Joseph
Baer, geboren am 2. Oktober 1804 in Bockenheim, besuchte in den
Jahren 1815 bis 1920 das Frankfurter Gymnasium und trat dann in das
väterliche Geschäft ein, welches zu jener Zeit bereits eine große
Ausdehnung erfahren hatte. Vier Jahre später, im Jahre 1824, verband sich
sein Bruder Hermann Joseph Baer mit ihm zur Übernahme der Handlung.
Selten wohl vereinigten sich zwei so strebsame und tüchtige Männer in
rastloser Tätigkeit und in der Bemühung, dem Hause eine fortwährende
Ausdehnung und Bedeutung zu geben. Der Erfolg war auch ein ausgezeichneter
und es ist eine nicht zu leugnende Tatsache, dass die Gebrüder Baer die
ersten waren, welche dem Antiquariatsgeschäfte in Deutschland eine
weitere und höhere Bahn ebneten..." |
Zum
weiteren Lesen bitte Textabbildungen anklicken. |
25-jähriges Jubiläum von Levi Höxter als Vorsteher der Gemeinde (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1901:
"Frankfurt am Main - Bockenheim, im Januar (1901). Am 1.
Januar dieses Jahres waren es 25 Jahre, dass Herr Levi Höxter als
Vorsteher an der Spitze der hiesigen Synagogengemeinde steht. Die
vielfachen Verdienste, die Herr L. Höxter um unsere Gemeinde sich
erworben, veranlassten dieselbe, diesen Tag nicht ungefeiert vorübergehen
zu lassen. Deshalb erschien im Hause des Jubilars eine Deputation der
Gemeindemitglieder, unter Führung des Lehrers und Kantors der
Synagogengemeinde, Herrn Max Höchster, die eine Ehrengabe, einen
silbernen Tafelaufsatz, überreichte und die Glückwünsche der Gemeinde
darbrachte. Vom Vorsteheramte in Hanau, der vorgesetzten Behörde, war
dessen Vorsitzender, Herr Hirsch, erschienen, der in warmen Worten die
Verdienste des Jubilars feierte und ihm noch eine lange ungetrübte
Amtsdauer wünschte. Diesem Wunsche schließen auch wir uns von ganzem
Herzen an. Möge Herr Levi Höxter noch lange zum Wohle unserer Gemeinde
tätig sein." |
Isidor Adler wird zum Gemeindevorsteher gewählt (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28.
Juni 1912: "Isidor Adler wurde auf 3 Jahre zum Vorstande der
Synagogengemeinde Frankfurt-Bockenheim gewählt. Hierdurch hat die
Bockenheimer jüdische Gemeinde ein weiteres eifriges Mitglied in ihrer
Vorstandschaft erhalten." |
Zum Tod von Hannchen Oppenheim geb. Heß (1909)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom
26. November 1909: "Frankfurt am Main. Im Alter von 78 Jahren
verschied in unserer Vorstadt Bockenheim Frau Hanchen Oppenheim Witwe
geb. Heß, eine Frau, die es verdient, dass ihrer an dieser Stelle
gedacht wird. Denn sie war noch der Typus einer jüdischen Frau, wie wir
sie früher häufig in unserer Mitte sahen, wie sie aber in unserer Zeit
selten geworden sind: einfach und bedürfnislos, was ihre Person anbetraf,
gütig gegen ihre Mitmenschen, nach den Forderungen der jüdischen
Tradition, in deren Sinne sie zu leben bestrebt war. Den Nachruf an der
Bahre hielt in warmen Worten Herr Rabbiner Dr. Jacob Horovitz."
|
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Werbung für die Mazzes-Maschinen und
Mühlen von Heß Levy (1847)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. November 1847: "Die von mir neu verbesserten Mazzes-Maschinen
und Mühlen empfehle ich zu den billigsten Preisen unter Garantie für
deren Güte.
Heß Levy, Mechanikus in Bockenheim bei Frankfurt am
Main". |
Anzeige von "Forells Garten" (1906)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Juni 1906:
"Forells Garten, Bockenheim.
Frankfurterstrasse 30, Großer schattiger Garten. Angenehmer
Familien-Aufenthalt". |
Sonstiges
Bericht über eine Jahresversammlung der israelitischen
Lehrerkonferenz Hessens in Bockenheim (1896)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. September 1896: "Bericht über die 28. Jahresversammlung
der israelitischen Lehrerkonferenz Hessens am 6. Juli 1896. Entsprechend
unserer bisherigen Gepflogenheit, unsere Versammlung abwechselnd in Kassel
und einem im Süden unseres Regierungsbezirkes gelegenen Orte abzuhalten,
fand die diesjährige Versammlung an der äußersten Grenze desselben, in
Bockenheim statt...."
Zum Lesen des weiteren Textes bitte Textabbildungen
lesen.
Anmerkung: es wirkten bei der Jahresversammlung durch Referate und weitere
Aktivitäten mit: Seminardirektor Dr. Stein aus Frankfurt, Herr Gutkind
aus Kassel, Rabbiner Dr. Munk aus Marburg, Lehrer Rosenbaum aus
Zierenberg, Lehrer Flörsheim aus Wolfhagen, Lehrer Amram aus Borken,
Lehrer Goldschmidt aus Brakel, Anwesend waren außerdem die Rabbiner
Dr. Jakob aus Göttingen, Dr. Horowitz aus Frankfurt, Realschuldirektor
Dr. Bärwald. Genannt werden unter anderem die Lehrer Spiro aus
Schenklengsfeld, Strauß aus Gelnhausen, Elisas aus Darmstadt, Lehrer
Oppenheim aus Treysa.. |
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Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
der in Bockenheim
geborenen Else Rosenberg |
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Kennkarte
(ausgestellt in Mainz 1939) für Elsa Rosenberg (geb. 8. August
1883 in Bockenheim) |
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Zur Geschichte des Betraums / der Synagoge
Zunächst (um 1700) war vermutlich ein Betraum in einem der
jüdischen Häuser vorhanden. Wann eine erste Synagoge gebaut wurde, ist
unbekannt. Sie befand sich bereits in den 1830er-Jahren in einem baulich
schlechten Zustand. 1836 bemühte sich die Gemeinde um finanzielle Mittel für
den Neubau einer Synagoge. 1843 bestand Einsturzgefahr der Synagoge, worauf ein
Betraum im Haus des S. Gerson Hess (Rödelheimer Straße 27) eingerichtet wurde.
1844 wurde die Renovierung der Synagoge genehmigt, da die Finanzmittel nicht
für einen Neubau reichten. Aus der Zeit der alten Synagoge liegt ein
Bericht die Feier der jüdischen Konfirmation in Bockenheim aus dem Jahr 1837
vor:
Konfirmation (Bar Mizwa und Bat Mizwa) in
der Synagoge Bockenheim (1837)
Hinweis: der Bericht wurde von der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" aus der "Schlesischen Zeitung" übernommen. Er wurde
vermutlich nicht von einem jüdischen Berichterstatter geschrieben. Interessant
war er für die AZJ damals dennoch vor allem dadurch, dass er in einer der
damals namhaftesten Tageszeitungen Preußens erschienen ist.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Juni
1837: "Bockenheim, 7. Mai (1837). Gestern fand in hiesiger
Synagoge eine Feier statt, welche hier und in der ganzen Provinz Hanau die
erste in ihrer Art ist. Sechs Mädchen und zwei Knaben, welche bis zu
ihrem 14ten Lebensjahre die hiesige Stadtschule und die israelitische
Religionsschule besucht hatten, wurden vor versammelter Gemeinde über
ihre Religionskenntnisse durch ihren würdigen Lehrer, H. Horschmann (sc.
Hirschmann?), sodann durch den Herrn Provinzial-Rabbiner Felsenstein
aus Hanau geprüft und hierauf durch Letzteren konfirmiert. Die eben so
gediegenen als schön stilisierten und sachgemäßen Reden, sowie die
Gebete des Rabbiners Felsenstein, die väterlichen Mahnungen des Lehrers
Horschmann, die auf des alten Bundes heilige Schriften gegründeten
Antworten und Bekenntnisse der sehr gut unterrichteten Konfirmanden,
insbesondere aber die hohe Einfachheit und Würde der ganzen Handlung, zu
der die echt geistliche Haltung des genannten Rabbiners, wie auch das
gemessene Benehmen des Lehrers Horschmann wesentlich beitrug, sprachen den
religiösen Sinn ungemein an und erhoben die Feier zu einer wahrhaft
erbaulichen. Solche Zeichen geistiger Emanzipation sind die rechten
Mittel, die Gegner bürgerlicher Gleichstellung der Israeliten zu
widerlegen, der in Kurhessen gesetzlich verbürgerten politischen
Emanzipation sich würdig zu beweisen, und die Widersacher
gottesdienstlicher Verbesserungen mit dem zu versöhnen, was die
dermaligen kirchlichen und bürgerlichen Verhältnisse Israels so dringend
erheischen. Wo man, wie gestern hier, schon aus dem Munde der jungen
Kinder edle Bekenntnisse, namentlich über Vaterland und
Untertanenpflicht, vernimmt, da lassen sich die gerechten Ansprüche auf
bürgerliche Gleichstellung nicht ferner bezweifeln. (Schlesische
Zeitung)." |
Beschreibung der alten Synagoge - namhafte Spenden und
Beiträge für einen Synagogenneubau (1852)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Dezember 1852:
"Bockenheim, 22. November (1852). Die hiesige, an 90 Familien
zählende Synagogengemeinde besitzt zur Abhaltung des Gottesdienstes eines
jener engen, ungesunden, im Äußern wie im Innern aller Ästhetik
hohnsprechenden Lokale, wie solche uns von unseren Urgroßvätern als
traurige Erbe in so vielen Gemeinden hinterlassen wurden. Ein bei hellem
Tage dunkler Eingang führt zu einer faulholzigen Stiege, die erklommen
werden muss, um in das Heiligtum zu gelangen, welches kaum für die
Hälfte der Gemeinde den nötigen Raum bietet. Längst fühlte die
Gemeinde das Bedürfnis nach einem räumlichen, würdigen Bethause, und
sehr war es ihr zum Bewusststein gekommen, dass das eigene Haus beschäme
das Haus des Einig-Einzigen. Leider aber gestattete die Mittellosigkeit
der Gemeinde nicht, dieses Bedürfnis, sei es auch nur durch eine
Erweiterung der bestehenden Synagoge zu befriedigen, in der, je höher der
Festtag, desto zahlreicher der Besuch, der Anblick einer wie Schafe im
Pferch zusammengedrängten, fast erstickenden Gemeinde der Gläubigen, in
seiner Andacht gestört, tief betrübte. - Da fügte es
der Allgütige, dass im September dieses Jahres Herr B. Leja aus Stockholm
in hiesige Stadt kam, seine Verwandten zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit
ließ Herr Leja sich unsere Synagoge zeigen, deren Anblick den edeln Mann
derart entrüstete, dass derselbe allsogleich zu Vorstand sich verfügte,
welchem er eine Summe von 500 fl. als Fonds zu einer neuen Synagoge einhändigte.
Doch damit war der edle Mann noch nicht zufrieden; er begab sich noch
selbigen Tages zu dem Baron A. von Rothschild und veranlasste diesen Herrn
zur Verwilligung einer gleichen Summe. Nachdem auf diese Weise und so
brevi manu ein Fonds von 1.000 Gulden hergestellt war, erwachte in der
Gemeinde nicht minder der religiöse Geist, es wurde in derselben eine
Kollekte veranstaltet, die circa 1.400 Gulden ergab. Wenn auch diese Summe
noch weit von 10.000 Gulden entfernt ist, die eine neue Synagoge auf
hiesigem Platze kosten wird, so ist doch durch das edle Werk eines Fremden
die Gewissheit gegeben, dass wir nach Ablauf einiger Jahre zu einem Neubau
schreiten können. Herr Leja war von seiner guten Tat so begeistert, dass
derselbe beim Abschiede versprach, der Einweihung des zu erbauenden
Gotteshauses persönlich beizuwohnen, und einen silbernen Toraschmuck Kelei
kodesch nebst gesticktem Tabernakelvorhang mitzubringen. Möge
Israel solcher Männer recht viele zählen und der Segen Gottes über
dieselben und ihre Familien reichlichen Maßes sich
ergießen." |
Die alte Synagoge wurde 1865 abgebrochen. Eine neue Synagoge konnte 1873/74
erbaut und 1874 eingeweiht werden. Sie war für die nächsten knapp 65 Jahre Mittelpunkt des
religiösen Gemeindelebens der in Bockenheim lebenden jüdischen Personen /
Familien. Neben der Synagoge wurde ein kleines Gemeindehaus erstellt.
Gottesdienstzeiten 1897 / 1914
Aus
einer Tageszeitung 1897: nach den Zeiten für die christlichen
Gottesdienste:
"Synagogen-Gemeinde. Gottesdienst am Samstag den 30. Januar.
Vorabend: 4 Uhr 45 Min.
Morgens: 9 Uhr - Min.
Nachmittags: 3 Uhr 30 Min.
Sabbath-Ausgang: 6 Uhr - Min." |
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Hinweis
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. September
1914 (Hinweis auf die Gottesdienste um das Neujahrsfest Rosch HaSchana):
" Synagoge in Bockenheim. Freitag, 18. September, abends 6
Uhr. Samstag, 19. September, morgens 8 Uhr. Nachmittags 4 Uhr 30 Min.
Ausgang 7 Uhr 15 Min. Neujahresfest. Sonntag, 20 September, abends 6
Uhr 30 Min. Montag, 21. September, morgen 7 Uhrs 7 Uhr, Predigt, Rabbiner
Dr. Horovitz. Nachmittags 4 Uhr 30 Min. Abends 7 Uhr 5 Min.
Dienstag, 22. September, morgens 7 Uhr. Nachmittags 4 Uhr 30 Min.
Festesausgang 7 Uhr 10 Min." |
Bekanntgabe von Gottesdienstzeiten zu den hohen Feiertagen in der Kriegszeit
(1918)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. September
1918: "Bekanntmachung. Israelitischer Gottesdienst betreffend.
Mit Rücksicht auf die Fliegergefahr ist für das Neujahrsfest und den
Versöhnungstag Folgendes angeordnet worden.
1. Um eine Überfüllung der Synagogen zu verhüten, ist der Zutritt zu den
Synagogen unserer Gemeinde ausnahmslos nur gegen Vorzeigung der Einlasskarte
von 1918/19 gestattet.
2. In der Hauptsynagoge und der
Synagoge am Börneplatz
bleiben die Frauenemporen an den oben genannten Feiertagen im Allgemeinen
geschlossen. Für den Besuch geöffnet und lediglich am 2. Tag des
Neujahrsfestes (8. September) von 8 ½ Uhr vormittags und ab bis nach dem
Schofarblasen, und am Börneplatz auch zum Minchahgebet 4 ½ Uhr nachmittags,
wo noch einmal Schofarblasen stattfindet, ferner in beiden Synagogen am
Versöhnungstag (16. September) von 4 ½ Uhr nachmittags, ab bis zum Schluss
des Gottesdienstes.
3. Kinder unter 11 Jahren ist der Besuch sämtlicher Gottesdienste untersagt.
4. Bei Fliegeralarm werden die Garderoben in sämtlichen Gemeindesynagogen
sofort geschlossen; eine Herausgabe der abgegebenen Garderobenstücke findet
unter keinen Umständen vor Beendigung der Fliegergefahr statt.
5. Nach erfolgtem Fliegeralarm bleibt es jedem Synagogenbesucher überlassen,
in der Synagoge zu bleiben, oder einen der nahegelegenen Unterstände
aufzusuchen.
Die Kellerräume der Synagoge sind als Fliegerdeckung nicht geeignet.
Trotz dieser Vorsichtsmaßregeln kann eine Gewähr für die Sicherheit der
Synagogenbesucher natürlich nicht gegeben werden.
Der Besuch der Synagogen erfolgt auf eigene Verantwortung und Gefahr der
Besucher.
Frankfurt a. M., den 4. September 1918
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde
Israelitische Gemeinde - Gottesdienste am Neujahrsfest
Hauptsynagoge: Freitag, den
6. September abends 7 Uhr Predigt Rabbiner Lewin. Samstag, 7.
Sept., morgens 8 Uhr 30 Min. Predigt Rabbiner Dr. Seligmann, nachmittags 4
Uhr, abends 7 Uhr 30 Min. Sonntag, 8. September, morgens 8 Uhr 30 Min.
Rabbiner Lewin, nachmittags 4 Uhr. Festesausgang 8 Uhr 35 Min.
Synagoge am Börneplatz
Freitag, den 6. September 7 Uhr. Samstag, den 7. September morgens 6 Uhr 25
Min., nachm. 4 Uhr 30 Min., abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 6
Uhr 25 Min., Schofarruf 8 Uhr 30 Min., Predigt nachmittags 4 Uhr 30 Min.
Schofar. Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Synagoge an der Königsteiner
Straße: Freitag, den 6. September abends 7 Uhr. Samstag, den 7.
September morgens 7 ½ Uhr, Predigt Rabbiner Dr. Horovitz, nachm. 4 ½ Uhr,
abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 ½ Uhr, nachmittags 4 ½ Uhr.
Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Gemeinde-Synagoge Bockenheim: Freitag,
6. September, abends 7 Uhr. Samstag, 7. September, morgens 7 1/2 Uhr,
Predigt Rabbiner Dr. Horovitz, nachmittags 4 1/2 Uhr, abends 8 Uhr 40 Min.
Sonntag, 8. September, morgens 7 1/2 Uhr, nachmittags 4 1/2 Uhr, Festausgang
8 Uhr 40 Minuten.
Frankfurt-Loge: Freitag, den 6. September, abends 7 Uhr. Samstag, den
7. September morgens 7 Uhr 30 Min., Predigt Dr. May, nachm. 4 Uhr 30 Min.,
abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 Uhr 30 Min., Predigt
Rabbiner Dr. Horovitz, nachmittags 4 Uhr 30 Min., Festesausgang 8 Uhr 40
Min.
Loge Adler: Freitag, den 6. September abends 7 Uhr. Samstag, den 7.
September morgens 7 Uhr 30 Min., Predigt Dr. Mainzer, nachm. 4 Uhr 30 Min.,
abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 Uhr 30 Min., nachmittags 4
Uhr 30 Min., Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Synagoge an der Unterlindau: Freitag, den 6. September abends 7 Uhr,
Predigt Rabbiner Dr. Horovitz. Samstag, den 7. September morgens 7 Uhr,
nachm. 4 Uhr 30 Min., abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 Uhr,
Predigt nachmittags 4 Uhr 30 Min. Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Anmerkungen: Neujahrsfest:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosch_ha-Schana
Versöhnungstag:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jom_Kippur
Schofar:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schofar
Rabbiner Lewin:
https://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Lewin_(Rabbiner)
Rabbiner Dr. Seligmann: Rabbiner Dr. Cäsar Seligmann, Böhmerstraße 9
https://de.wikipedia.org/wiki/Caesar_Seligmann
Rabbiner Dr. Horovitz: Rabbiner Dr. Jakob Horovitz,
Staufenstraße 30
https://frankfurter-personenlexikon.de/node/4231
Dr. May: Lehrer Dr. Benjamin May. Unterer Atzemer 14 I (geb.
Westhofen, Elsass 23. Mai 1882, gest.
29. Mai 1929 Frankfurt/Main).
Dr. Mainzer: Lehrer Dr. Moritz Mainzer, Rhönstraße 2.
"Stolperstein" Rhönstraße 2 |
Enthüllung einer Gedenktafel für die Gefallenen in
der Synagoge (1921)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 9. Juni 1921: "Gedenktafel-Enthüllung in der Synagoge in
Bockenheim. Sonntag Vormittag versammelte sich in der Synagoge Bockenheim
auf Einladung des Vereins Freundschaftsbund eine große Festversammlung,
an der städtische sowie Vertreter aller Konfessionen und Vereine
beteiligt waren, um Zeuge dieser erhabenen Feier zu sein. Der Entwurf der
Gedenktafel stammt von dem Architekten der Israelitischen Gemeinde
Frankfurt, Schragenheim und wurde von dem Bildhauer Jos.
Schwarzschild ausgeführt. Die Gedenktafel enthält die Namen von neun
Kriegern, die ihr Leben auf dem Felde der Ehre für Deutschlands Wehr
lassen mussten.
Die Feier selbst wurde mit 'Ases Tod' von Peer Gynt eingeleitet. Alsdann
folgte ein Psalm, vorgetragen von Kantor Eschwege. Der Vorsitzende
des Vereins Freundschaftsbund, Harry Kanter, übergab mit
einleitenden Worten der Gemeinde die Tafel; er führte u.a. aus:
'Westwärts schweift der Blick, dort wo in Frankreichs Erde die
toten Leiber deutscher Krieger ruhen. Ostwärts wendet sich das Auge nach
dem einstigen Zarenreiche, dessen Boden mit deutschem Blut getränkt ward.
Himmelwärts strebt der Gedanke, in der Erinnerung an die, die ihre Liebe
zum Vaterland mit ihrem Blute besiegelten. Das feindliche Geschoss fragte
nicht, wes Standes und welcher Religion der Krieger sei, dem es galt.
Tausende von jüdischen Soldaten haben opfermütig ihr Leben für ihr
deutsches Vaterland in die Schanze geschlagen.
Auch unsere Gemeinde hat den Verlust von wackeren Kriegern zu beklagen.
Wir wollen jetzt eine Gedenktafel enthüllen, die kommenden Geschlechtern
künden wird von dem Heldenmut der Angehörigen Bockenheimer jüdischen
Gemeinde, welche im Weltkriege ihr Leben ließen. Kaum braucht's einer
solchen Ehrentafel, denn unvergesslicher als Erz und Stein wird der Name
der Gefallenen in unseren Kreisen fortleben. Und doch sei die Gedenktafel
eine Erinnerung an verdienstvolle Tote, ein Ansporn für die Lebenden,
mitzukämpfen, wenn es sich um das Wohl unseres geliebten deutschen
Vaterlandes handelt, mitzufechten, wenn es gilt den Kampf für unser
Recht. Und so fällt jetzt die Hülle von der Ehrentafel: hierbei lasst
uns jeder im Stillen der Toten gedenken. Auch sie sind gefallen als
jüdische Blutzeugen für Deutschlands Ehre! Sie ruhen in
Frieden.'
Nach Übergebe ergriff der Gemeindeälteste, Moritz Breslau das
Wort, um den Dank der Gemeinde auszusprechen mit dem Gelöbnis, dass
dieses Ehrenzeichen für alle Zeiten in teure Obhut genommen
werde.
Rabbiner Dr. Horowitz führte in seiner Rede folgenden Gedanken
aus: 'Die in fremder Erde ruhenden Helden haben mit dem heutigen Tage ihre
Heimat wiedergefunden, indem sie für ewige Zeiten als leuchtendes
Beispiel für kommende Generationen im Gotteshause verewigt sind.
Mit einer Variation über das Lied 'Ich hatt' einen Kameraden' schloss die
Feier, die für die Teilnehmer stets in Erinnerung bleiben
wird." |
Spende von Toraschmuck durch Max und Simon Rothschild (1927)
Mitteilung
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" Februar
1927: "Von der Schenkung eines Toraschmuckes der Herren Max und Simon
Rothschild für die Synagoge Bockenheim wird mit Dank an die
Spender Kenntnis genommen." |
Bekanntgabe der Gottesdienstzeiten in den Frankfurter
Synagogen (1928)
Anzeige in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 10. Februar 1928: "Israelitischer Gottesdienst in
Frankfurt/Main.
Liberaler Ritus: Hauptsynagoge.
Freitag, den 10.2., abends 5.15, Jugendgottesdienst: Rabbiner Dr. Lazarus.
Sonnabend, den 11.2., morgens 9, nachmittags 4, Sabbat-Ausgang 6.25.
Wochengottesdienst: morgens 7.30, nachmittags 4.
Synagoge an der Königsteiner
Straße. Freitag, den 10.2. abends 6.30, Predigt: Rabbiner Dr.
Seligmann. Sonnabend, den 11.2., morgens 9.30, Sabbat-Ausgang 6.25.
Wochengottesdienst: morgens 7.30, abends 7.
Konservativer Ritus: Synagoge
am Börneplatz Freitag, den 10.2. abends 5.10. Nach dem
Gottesdienst Vortrag Rabbiner Dr. Hoffmann. Sonnabend, den 11.2.,
Frühgottesdienst 7, morgens 8.15, nachmittags 4, nach Mincho für junge Leute
'Die Grundlehren des Judentums im Anschluss an Maimonides', Rabbiner Dr.
Hoffmann. 1 Stunde vor Nacht Vortrag 'Moses und Esra', Dr. Ernst Simon.
Sabbat-Ausgang 6.25. Wochengottesdienst: morgens 6.45, nachmittags 5.
Synagoge Bockenheim. Freitag, den 10.2., abends 5.10, Vortrag Dr.
Horowitz. Sonnabend, den 11.2., morgens 8.45, nachmittags 4, Sabbat-Ausgang
6.25. Wochengottesdienst: morgens 7.15. Israelitisches Krankenhaus
Gagernstr. 36. Freitag, den 10.2., abends 5.10. Sonnabend, den 11.2.,
morgens 8.15, nachmittags 4."
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Lazarus: Rabbiner Dr. phil. Paul Lazarus,
Cronberger Straße 30
https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Lazarus_(Rabbiner)
http://www.judengasse.de/dhtml/P146.htm
- Rabb. Dr. Seligmann: Rabbiner Dr. Cäsar Seligmann,
Böhmerstraße 9
https://de.wikipedia.org/wiki/Caesar_Seligmann
http://www.judengasse.de/dhtml/P145.htm
- Rabbiner Dr. Hoffmann: Rabbiner Dr. phil. Jakob Hoffmann,
Gemeinderabbiner, Börneplatz 16 I
http://www.judengasse.de/dhtml/P139.htm
- Mincho:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mincha
- Maimonides:
https://de.wikipedia.org/wiki/Maimonides
- Dr. Ernst Simon: Dr. phil. Ernst Simon, Redakteur,
Bockenheimer Landstr. 115
- Rabb. Dr. Horovitz: Rabbiner Dr. Jakob Horovitz, Staufenstraße
30
https://frankfurter-personenlexikon.de/node/4231 |
Abschied von der Bockenheimer Synagoge (1938)
Artikel
im "Jüdischen Gemeindeblatt für die Israelitische Gemeinde zu
Frankfurt am Main" vom September 1938 S. 17: "Abschied von der
Bockenheimer Synagoge. Der schlichte Bau der Synagoge in Bockenheim sah am
Schabbos Balak eine zu dieser Sommerzeit ungewöhnlich große Zahl
von Besuchern. Es galt, Abschied zu nehmen von dem Gotteshaus, das 65
Jahre lang Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Bockenheim gewesen war,
zwei Menschenalter hindurch die nicht unbeträchtliche Gemeinde in
Bockenheim hatte wachsen und schwinden sehen. Der Schabbos bedeutete
gleichzeitig Abschied von der Gemeinde Bockenheim, die zwar seit 30 Jahren
zur Großgemeinde gehört, sich aber in ihrem inneren Leben noch eine
gewisse Freiheit und Besonderheit erhalten hat. Wenn auch das Wort
'Frankfurt ist nicht Bockenheim' die Größe und Vornehmheit der
Großgemeinde anerkannte, so hieß es doch auch 'Bockenheim ist nicht
Frankfurt', und es hat mitunter an Widerstand nicht gefehlt, wenn
liebgewordene Bräuche aufgegeben werden sollten. Die starke Tradition,
die sich in Bockenheim vielfach bewährt hat, erklärt sich aus der
Geschlossenheit dieser Gemeinde, die durch Verwandtschaft der alten
Familien stark und viel verzweigt verbunden war: um 1700 werden in
Bockenheim bereits 17 jüdische Familien nachgewiesen, deren Namen sich
teilweise auch noch heute finden. Ein winziges Wohnhäuschen gegenüber
der Synagoge gibt heute noch Zeugnis, wie es in der halb ländlichen
Gemeinde ausgesehen hat: die Juden wohnten in der Nähe der Synagoge, und
wenn nötig, wurden die fehlenden Minjanleute aus den benachbarten
Häusern geholt. Die Änderung der Wohnlage und der Wegzug aus dem
eigentlichen Städtchen in die 'Stadt' hatten die Synagoge schon lange aus
ihrer Mittelpunktstellung verdrängt, aber die Bockenheimer scheuten auch
weitere Wege nicht, in 'ihre' Synagoge zu gehen. Erst die starke
Abwanderung der neuesten Zeit und die Notwendigkeit der Einsparung
erforderten endgültig die Schließung der Bockenheimer Synagoge.
Die Besucher des Abschiedsgottesdienst mochten noch einmal im Geist alle
Erlebnisse durchlaufen, die sie mit dem Haus verbanden, Erlebnisse, die in
der Kleinstadt oft stärker nachwirken. Ihren Gefühlen gab Rabbiner Dr.
Jacob Horovitz in bewegten Worten Ausdruck, den selbst eine 30-jährige
hingebende Tätigkeit mit jedem einzelnen Gemeindemitglied in Freude und
Leid verband. Er gedachte der Menschen, die in der Synagoge gewirkt
hatten, ihrer Vorbeter und Vorstände und all der Andächtigen, die in
diesem Haus geweilt hatten.
Das ewige Wort des Propheten Micha, das die Haftara dieses Schabbos
schloss, stand auch über dem Leben und Beten der Bockenheimer Gemeinde,
die an diesem Tag ihr Ende fand: 'Recht zu tun, Barmherzigkeit zu lieben
und demutvoll vor Gott zu wandeln.'" |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Bockenheimer Synagoge niedergebrannt.
Die Brandruine wurde wenig später abgebrochen. Nach 1945 wurde das
Grundstück neu bebaut.
1986 wurde zur Erinnerung an die Synagoge in der U-Bahnstation Kirchplatz
eine Abbildung der früheren Synagoge angebracht. In den 1980er-Jahren gab es
Bemühungen um die Installation einer Gedenkstätte für die zerstörte
Synagoge. Anfang November 1988 wurde am Platz der alten
Synagoge eine durch den Künstler Willi Schmidt gestaltete Gedenktafel
(runde Bronzetafel, 110 cm, ebenerdig in den Bürgersteig eingelassen) enthüllt.
Die Gedenktafel enthält den Text: "Hier stand die alte Bockenheimer
Synagoge, die 1865 wegen Baufälligkeit abgetragen wurde. Die 1874 errichtete
neue Synagoge wurde in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938
verwüstet und in Brand gesteckt."
Adresse/Standort der Synagoge: alte
Synagoge Schlossstraße 3-5 - neue Synagoge Ecke Rödelheimer Straße / Schlossstraße 1-5
Fotos:
Die
Synagoge in Bockenheim
(Quelle: Ehlers/Krohn s.Lit. S. 41) |
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Das Foto
wurde 1934 erstellt |
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Sitzordnung
in der Synagoge
(Rekonstruktionsplan von 1959;
Quelle: Ehlers/Krohn s. Lit. S. 46) |
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Gedenktafel
für
die Synagogen
(Quelle: Institut für Stadtgeschichte) |
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Gedenktafel für
die
Synagogen von Bockenheim |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juni 2014:
Verlegung von
"Stolpersteinen" in Bockenheim |
Artikel von Greta Zimmermann in der
"Frankfurter Rundschau" vom 22. Juni 2014: "Stolpersteine Erinnerung an Klassenkameradin
Mit ein paar wenigen routinierten Handgriffen entfernt Gunter Demnig zwei große Pflastersteine aus dem Boden in der Varrentrappstraße 47 in Bockenheim. Vorsichtig lässt der Künstler stattdessen vier der mit Messingplatten überzogenen Stolpersteine in den Boden und schließt vorsichtig die Lücken zwischen ihnen. Wehmütig aber erleichtert beobachtet Magda Schulz das Geschehen. Auf einem der Steine ist der Name ihrer ehemaligen Klassenkameradin Ruth Wetterhahn zu lesen. Die 89-jährige hatte damals gemeinsam mit dem jüdischen Mädchen die Varrentrapp-Schule besucht..."
Link
zum Artikel |
Weitere Informationen auf www.stolpersteine-frankfurt.de |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Ludwig Rosenthal: Die Geschichte der Juden in der
Grafschaft Hanau. 1963. |
| Paul Arnsberg: Die Geschichte der Frankfurter Juden
seit der Französischen Revolution. Bd. 2 1983 S. 508-530. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 76-87. |
| Lisbeth
Ehlers / Helga Krohn: Juden in Bockenheim. Reihe: Die
vergessenen Nachbarn (Hrsg. vom Jüdischen Museum im Auftrag der Stadt
Frankfurt am Main). Frankfurt 1990. |
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