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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Eschenau (Gemeinde Obersulm, Landkreis
Heilbronn)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts
reichsritterschaftlichen Ort Eschenau bestand eine jüdische Gemeinde bis 1900,
danach bildeten die Affaltracher und Eschenauer Juden bis 1938 eine gemeinsame
Gemeinde.
Die Entstehung der Eschenauer Gemeinde geht in das 17./18. Jahrhundert
zurück. Erstmals wird 1658 ein Jude am Ort genannt (Jud Aaron). 1672
handelten Eschenauer Juden nach einem Bericht des deutsch-ordischen Amtmannes
auch in Neckarsulm. 1725 waren zwei
jüdische Familien am Ort, die des Isaac Haim (drei Kinder) und des Feist (vier
Kinder). Vor 1749 zog Mändel von Horkheim
nach Eschenau.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde - soweit nicht die
Einrichtungen in Affaltrach mitbenutzt wurden (siehe unten zur Synagoge) -
zeitweise eine eigene Synagoge, eine jüdische Schule (ab 1843 bis um 1860
israelitische Konfessionsschule, seit 1880 gemeinsame israelitische
Konfessionsschule mit Affaltrach) sowie ein rituelles Bad. Auch war im 19.
Jahrhundert zeitweise ein eigener jüdischer Lehrer in der Gemeinde (vgl.
Ausschreibung der Stelle von 1874). So wird 1828 Lehrer Löw Lippmann
genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl jüdischer Einwohner wie
folgt: 1807 55 jüdische Einwohner, 1818 73, 1845 Höchstzahl mit 112
Personen; in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl durch
Aus- und Abwanderung stark zurück: 1869 81, 1900 nur noch 19 jüdische
Einwohner. Die in Öhringen in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehende jüdische Gemeinde war noch um 1890
Filialgemeinde zu Eschenau (vgl. Ausschreibung der Lehrerstelle von 1874).
1828 wurden von den damals am Ort lebenden jüdischen Familien die
folgenden Familiennamen angenommen: Falk, Löwenstein, Falkenauer,
Gronauer, Bamberger, Ullmann, Rotschild, Edlinger, Neumann, Berliner,
Rosenberger, Lindner, Calmann.
Die jüdischen Familien lebten im 19. Jahrhundert überwiegend vom Vieh-, Pferde
und Hausierhandel.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Vizefeldwebel Hugo
Rothschild (geb. 1888 in Eschenau), Sohn des Rosenwirts und Metzgers Max
Rothschild, Träger des Eisernen Kreuzes I. und II. Klasse sowie der
Württembergischen Goldenen Verdienstmedaille. Der Name von Hugo Rothschild
steht auf dem Gefallenendenkmal in der Einsegnungshalle des Ortsfriedhofes
1933 wurden noch sieben jüdische Einwohner gezählt. Jüdischen Familien
gehörten damals die Gastwirtschaft "Zur Rose" (Inh. Max Rothschild und Simon Dames,
Bei der Wette 2; Inschrift zur Erbauung von der jüdischen Familie Lindner noch
am Gebäude vorhanden) sowie die Viehhandlung Bamberger (Schlossstraße
16). In Eschenau verstarb 1934 Julie Rotschild. Die fünfköpfige Familie
Dames (Schwager von Hugo Rothschild) emigrierte 1936 über Österreich nach Erez
Jisrael. Hedwig Weißburger wurde 1941 nach Riga deportiert und ist dort
umgekommen.
1941/42 wurden mindestens 110 ältere Juden aus
Stuttgart und anderen Orten in das Eschenauer Schloß einquartiert ("Zwangsaltersheim").
Von ihnen starben elf, die auf dem jüdischen Friedhof Affaltrach beigesetzt
wurden. Die anderen wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert und kamen dort
oder in den Vernichtungslagern des Ostens ums Leben.
Von den in Eschenau geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Klara Adler geb. Rotschild
(1855), Amalie Bechhöfer geb. Rosenberger (1877), Rosa Rahel Kuhn geb.
Kaufmann (1872), Ida Levy geb. Rosenberger (1882), Karoline Liebermann geb. Weil
(1854), Sophie May geb. Bamberger (1871), Helene Richheimer geb. Lindner (1858),
Rosa Rosenthal geb. Berliner (1875), Anna Strauß geb. Rosenberger (1884), Klara
Süßmann geb. Kaufmann(1866), Mathilde Weil geb. Rotschild (1878), Hedwig
Weißburger (1880).
Aus
der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung des Lehrers, Vorbeters und Schochet
(1874)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. August 1874: "Die Gemeinde Eschenau beabsichtigt einen
Lehrer, Vorbeter und Schächter sofort anzustellen, welcher auch zweimal
wöchentlich den Religionsunterricht in der Filiale Öhringen
zu erteilen hat. Gehalt, ohne die nicht unbedeutenden Nebeneinkünfte, 500
Thaler pro anno. Qualifizierte Bewerber wollen ihre Meldungen und
Zeugnisse dem Unterzeichneten einsenden.
Heilbronn am Necker, im Juli 1874. Das Königliche Bezirksrabbinat.
Dr. M. Engelbert." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Carrie Davidsburg (1842-1904, aus Eschenau) und
Daniel H. Davidsburg (1836-1880, aus Aschaffenburg)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn;
der Geburtsname von Carrie wird nicht mitgeteilt.
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Grabstein für
"our angel mother Carrie Davidsburg
Born in Eschenau, Germany June 8, 1842,
Died Nov. 30, 1904" und für
"my beloved husband Daniel H. Davidsburg
Born in Aschaffenburg, Germany
Nov 2 1836 Died Aug. 30, 1880". |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
Im 18. Jahrhundert besuchten
die zunächst nur wenigen jüdischen Familien aus Eschenau die Synagoge in Affaltrach.
Aus dem Jahr 1751 liegt ein Vertrag zwischen den Eschenauer Juden Feiß und
seinem Schwiegersohn Mayer mit dem Affaltracher Judenschultheißen Israel Löw
über die gemeinsame Nutzung des Affaltracher Bethauses vor. Dieser wurde 1753
im Beisein des Lehrensteinsfelder
Rabbiners Abraham Halberstadt erneuert. Auch aus den folgenden Jahren sind
mehrere solcher Verträge erhalten, da es immer wieder zu Differenzen zwischen
den Eschenauer und Affaltracher Juden um die Synagogenbenutzung und wegen
anderer Probleme kam. Schwierig war für die Eschenauer Juden vor allem, dass
sie sich nach den Vertragsregelungen bei Streitigkeiten im Bereich jüdischer
Zeremonien dem Schiedsspruch des Affaltracher Judenschultheißen zu unterwerfen
hatten. Doch gab es regelmäßig auch andere Schwierigkeiten. So beklagten sich
1774 die Eschenauer Juden Hajum, Fälckele, David und Eisich bitter darüber,
dass sie am Neujahrstag beim Aufrufen zur Toralesung in der Affaltracher
Synagoge übergangen worden waren. Im Jahr darauf wurde David aus Eschenau sogar
daran gehindert, am Jahrestag seiner verstorbenen Mutter ein Gebet in der
Affaltracher Synagoge zu verrichten. Derartige Streitereien bestärkten bei den
Eschenauer Juden immer mehr den Wunsch nach einer eigenen Synagoge.
1795 konnte ein Gartenplatz zum Bau einer
Synagoge in Eschenau erworben werden. Der Vertrag wurde vom
Lehrensteinsfelder Rabbiner und neun Eschenauer Juden unterschrieben: David
Joseph, Tobias Benjamin, Abraham Samuel, Elias Falk, Isac Samuel, Heyum Joseph,
Benjamin Moses, Joseph David und Mayer David. 1797 wurde die Synagoge in
der damaligen Reitgasse 4 (heute Treutlinger Straße 9) mit einer Wohnung für
den Vorsänger und einem rituellen Bad im Keller erstellt. Das Bad lag im
Keller, die Wohnung des Vorsängers im Erdgeschoss, der Betsaal im ersten Stock.
1832 kam es beinahe zu einem schnellen Ende der Gottesdienste in Eschenau, da
die Eschenauer Juden bei der Neuorganisation der israelitischen
Religionsgemeinden in Württemberg der Affaltracher Gemeinde zugeteilt werden
sollten. Da die Eschenauer Juden jedoch damals schon finanzielle Belastungen
durch den sich bereits abzeichnenden Synagogenneubau in Affaltrach befürchteten,
protestierten sie energisch und konnten 1834 zumindest die Genehmigung von
eigenen Filialgottesdiensten erreichen.
1839 legte Werkmeister Kronmeyer einen Plan zur
Erweiterung der Synagoge vor. Der Plan sah vor, das Vorlesepult (Almemor) in der
Mitte der Synagoge zu entfernen und dafür an diesem Platz weitere Männerstühle
aufzustellen. Durch diese Maßnahme sei auf viele Jahre hinreichend für den
Platz der Männer gesorgt. Das neue Vorlesepult wurde dann auch vor dem
Toraschrein aufgestellt. Auch die Errichtung einer neuen Frauenempore wurde
damals diskutiert. Gemeindevorsteher Rosenberger bat jedoch das Oberamt, hierauf
zu verzichten. Der Bedarf sei nicht mehr so groß, "weil schon mehrere
Familienmitglieder ins Ausland weggezogen sind und einige entschlossen sind,
bald auszuwandern". 1843 gehörten zum Inventar der Synagoge sechs Torarollen
mit entsprechendem Zubehör (Mäntel, Kronen usw.), je 26 Betpulte für die Männer
und Frauen, eine Kanzel und ein Vorlesepult.
1849/50 wurde die Verbindung zwischen den Gemeinden
Eschenau und Affaltrach wieder gelöst, nachdem 1847 ein Vertrag über die
Beteiligung der Eschenauer Juden am Synagogenneubau in Affaltrach zustande
gekommen waren.
1864 schrieben die Gemeindevorsteher Bamberger,
Schwabbacher und Lindner an das Oberamt Weinsberg, dass die Synagoge eine
umfassende Renovierung nötig habe. Auch das Äußere des Gebäudes entsprach
nach einem damaligen Bericht "nicht mehr dem eines Gotteshauses". 1865
konnten die Arbeiten durchgeführt werden. Die Baumaßnahmen kosteten insgesamt
1.509 Gulden, wozu man einen Staatsbeitrag von 150 Gulden erhielt. Weitere 800
Gulden hatte man zwischen 1857 und 1860 angespart, da in diesen Jahren die
Lehrerstelle nicht besetzt war.
Durch die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückgehende
Zahl der Gemeindeglieder wurde es immer schwieriger, die zu den Gottesdiensten
notwendige Zehnzahl der Männer (Minjan) zu erreichen. Im März 1890 schloss man
aus diesem Grund wiederum einen Vertrag mit der Affaltracher Gemeinde. Zum einen
legte man fest, dass der Affaltracher Vorsänger jeden zweiten Schabbat und je
am zweiten Feiertag einen Gottesdienst in Eschenau halten sollte. Zum anderen
wurde den Eschenauern zugestanden, dass sie ohne besondere Vergütung den
Gottesdienst in Affaltrach besuchen könnten, wenn sich in Eschenau kein Minjan
mehr finden sollte. Schließlich könnten die Eschenauer Frauen auch das
rituelle Bad in Affaltrach benützen.
1904 wurde das Synagogengebäude zum Preis von 1.235
RM an Heinrich Rohrbach verkauft. Durch die Zusammenlegung der Synagogen in
Affaltrach und Eschenauh konnten vier Torarollen verkauft werden:
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. November 1903:
"Zufolge Vereinigung der Gemeinden Affaltrach und Eschenau haben wir
vier entbehrliche Tora-Rollen (ohne Garantie) zu verkaufen und
sehen eventuellen Angeboten entgegen. Israelitisches
Kirchenvorsteheramt: Spatz, Vorsitzender. Affaltrach
(Württemberg)." |
Das Synagogengebäude wurde zu einem Wohnhaus umgebaut und ist
als solches bis heute erhalten. Eine Inschrift über dem Eingang wurde bei einer
der Umbauten vermutlich entfernt. Ein Opferstock (Zedaka-Büchse) aus der
Synagoge befindet sich in Privatbesitz.
Fotos
Historisches Foto
(Quelle: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg. 1932 S.
73)
Inschrift über der Eingangstür: "Und Salomo baute
das Haus"
(sc. den Tempel; 1. Könige 6,14) mit hebräischer Jahreszahl für 1797 |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Foto um 1965/85:
(Quelle für linkes Foto oben um 1965: Sauer s. Lit. Abb. 39;
übrige Fotos um 1985: Hahn) |
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Die ehemalige Synagoge;
die Rundbogenfenster des Betsaales
sind noch
erkennbar |
Nach der Fassadenverkleidung wurde
aus der ehemaligen
Synagoge
ein "normales" Wohnhaus |
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Blick von der
Treutlinger Straße |
Blick von Südwesten |
Der Eingangsbereich - auch hier sind die
Erinnerungen an
die Synagoge beseitigt |
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Fotos 2003/05:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.9.2003 bzw. 19.3.2005*) |
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Das ehemalige
Synagogengebäude Treutlinger Straße 9 (links *) |
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Das Eschenauer Schloss -
Zwangsaltersheim für ältere Juden auf dem Weg in die Deportation 1941/42
(Mitte und rechts *) |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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