Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"
Zur Übersicht
"Synagogen im Kreis Bergstraße"
Groß-Rohrheim (Kreis
Bergstraße)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Groß-Rohrheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17.
Jahrhunderts zurück. 1568 werden bereits Juden am Ort genannt. Nach
dem Dreißigjährigen Krieg (1659) erhielt Groß-Rohrheim Marktrecht. 1649
wird
in Eberstadt (bei Darmstadt) Jud Gerson aus Groß-Rohrheim genannt. Um 1770
lebten drei jüdische Familien am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1828 40 jüdische Einwohner (2,9 % von insgesamt 1.384 Einwohnern), 1861
78 (4,8 % von 1.622), 1871 55, 1880 61 (3,5 % von 1.751), 1900 49 (2,7 % von
1.803), 1910 22 (1,1 % von 1.923). Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die
Zahl vor allem auf Grund der Auswanderung in die USA zurückgegangen. Die
jüdischen Haushaltsvorsteher verdienten den Lebensunterhalt als Vieh- und
Pferdehändler oder als Händler mit Häuten, Getreide und Futtermittel. Fast
alle jüdischen Familien bewohnten eigene Häuser.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und
ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurde auf dem jüdischen Friedhof in Alsbach
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe die
Ausschreibungen der Stelle unten). Unter den ersten Lehrern der Gemeinde war der
1827/28 genannte Lehrer Moses Ehrmann. Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen
Bezirksrabbinat Darmstadt II.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde: Jakob Gutmann (geb.
19.6.1885 in Groß-Rohrheim, vor 1914 wohnh. in Memmelsdorf, gef. 31.10.1914).
Um 1924, als noch 15 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (0,7 % von
insgesamt 2.111 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Adolf Feitler (Inhaber
eines Textilgeschäftes und Getreide- und Futtermittelhandel), Adolf Moch
(Viehhandlung; stammte aus dem Schwarzwald) und Josef Sundheimer (Kaufmann, vor
1933 verstorben; drei ledige Töchter lebten nach 1933 noch in Groß-Rohrheim).
Als Rechner ist J. Baumann eingetragen. Zwei Kinder der jüdischen Familien
erhielten damals privaten Religionsunterricht durch Lehrer Jonas Mayer aus Lampertheim. 1932 ist als Gemeindevorsteher H. Feitler eingetragen.
1933 lebten noch Angehörige der Familien Moch, Feitler und Sundheimer in
Groß-Rohrheim. In
den folgenden Jahren sind diese auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die drei Schwestern
Sundheimer verzogen im Dezember 1938 nach Frankfurt. Von dort aus emigrierten
sie nach Holland. Vermutlich wurden sie von hier aus deportiert. Familie Moch
emigrierte 1937-38 in die USA. Adolf Feitler - der letzte Vorsitzende der
Gemeinde - emigrierte 1937 mit seiner Frau; die Drei Töchter des Ehepaares
waren schon zuvor weggezogen.
Von den in Groß-Rohrheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emma (Ella)
Braun geb. Sundheimer (1874), Isaak Guckenheimer (1866), Ida Gutmann geb.
Gutmann (1873), Pauline Gutmann (1882), Amalie Jäger geb. Feitler (1877),
Hermann Rheinstein (1885), Fanny Flora Sundheimer (1870), Johanna Sundheimer
(1880), Karl Sundheimer (1884), Mina Sundheimer (1891), Sigmund Sundheimer
(1885), Therese Sundheimer (1890).
Nach 1945 kehrte Hermann Moch, der Sohn des Viehhändler Adolf Moch, aus
den USA zurück (1954). Er war jedoch leidend und krank und verstarb 1966. Seine
Mutter war 1959 in Köppern verstorben.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1888 / 1869 /
1871 / 1876 / 1882 / 1891
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1868:
"Konkurrenz-Eröffnung.
Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters in der
israelitischen Religionsgemeinde Groß-Rohrheim, mit welcher ein
fixer Gehalt von 150 Gulden jährlich nebst freier Kost, Wohnung und
Heizung, sowie Akzidenzien im Betrag von etwa 30 Gulden jährlich
verbunden, ist erledigt. Konkurrenzfähige Bewerber werden aufgefordert,
sich binnen 6 Wochen, unter Vorlegung ihrer Legitimationspapiere und
Zeugnisse, bei unterzeichneter Behörde anzumelden.
Bensheim, den 4. Februar 1868. Großherzogliches Kreisamt
Bensheim. Knon." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1869:
"Die Stelle eines Religionslehrers und Vorsängers in der Gemeinde Großrohrheim, Kreis Bensheim, ist vakant und sofort zu besetzen. Fixer
Gehalt 200 Gulden, freie Kost, Wohnung nebst den üblichen Emolumenten.
Qualifizierte Bewerber wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse bei dem
Vorstande, Herrn Gugenheimer, baldigst
melden." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juni 1869:
"Die Stelle eines Religionslehrers und Vorsängers in der Gemeinde Großrohrheim, Kreis Bensheim, ist vakant und sofort zu besetzen. Fixer
Gehalt 200 Gulden, freie Kost, Wohnung nebst den üblichen Emolumenten.
Qualifizierte Bewerber wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse bei dem
Vorstande, Herrn Gugenheimer, baldigst melden." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30.August 1871:
"Konkurrenzeröffnung.
Die Stelle eines Religionslehrers und Vorbeters in der israelitischen
Religionsgemeinde Groß-Rohrheim, mit welcher ein fixer Jahrgehalt von 150
Gulden nebst freier Wohnung und Kost verbunden, ist erledigt.
Konkurrenzfähige Bewerber werden aufgefordert, sich binnen 6 Wochen,
unter Vorlegung ihrer Legitimationspapiere und Zeugnisse, bei
unterzeichneter Behörde anzumelden.
Bensheim, am 10. August 1871. Großherzogliches Kreisamt Bensheim: Knorr.
Nachbemerkung: Der Vorstand ist geneigt, die Genehmigung des löblichen
Kreisamts vorausgesetzt, den Gehalt zu erhöhen. |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1876:
"Vakanz.
Die hiesige israelitische Gemeinde sucht per 1. Januar 1877 einen
Religionslehrer, der zugleich als Vorbeter und Schächter fungieren
müsste.
Gehalt 700 Mark nebst freier, schöner Wohnung, sowie angrenzendem
Garten.
Reflektierende wollen sich an den Unterzeichneten wenden.
Großrohrheim (Kreis Bensheim). Abraham Sundheim, Vorsteher der
israelitischen Gemeinde." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1882:
"Die hiesige Lehrer- und Vorbeter- und Schächterstelle kann sofort
besetzt werden mit einem Gehalt per Jahr von 600 bis 700 Mark nebst
schöner Wohnung und Heizung. Nebenverdienste 150-200 Mark.
Der Lehrer muss noch ledig sein.
Großrohrheim, Kreis Bensheim, Großherzogtum Hessen. S. Hochschild,
Vorsteher." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20.Juli 1891:
"Die israelitische Gemeinde Groß-Rohrheim sucht einen Lehrer,
Vorbeter und Schochet zum sofortigen Eintritt.
Gehalt Mark 500 mit circa Mark 200 Nebeneinkünften, nebst freiem Licht,
Wohnung und Heizung. Meldungen sind zu richten an den Vorstand:
M. Sundheimer." |
Lehrer Wolf Joseph wird Agent des Institutes zur
Förderung der israelitischen Literatur (1859)
Anzeige in der "Allgemeinen Jüdischen Zeitung"
vom 18.4.1859: "Als neue Agenten haben wir zu bezeichnen:
Herrn L. Löwenthal in Wormditt.
Wolf Joseph, Religionslehrer in Großrohrheim, Kreis Bensheim, Großherzogtum
Hessen.
Lehrer Reckendorf in Schnaittach
(Bayern). Institut zur Förderung der israelitischen
Literatur." |
Berichte
zu einzelnen Personen / Familien aus der Gemeinde
Über Max Hochschild und die Familie Hochschild aus Groß
Rohrheim - ausgewandert um 1869
Bericht von Paul Arnsberg s.Lit. S. 293:
"Max Hochschild wanderte als 14jähriger Junge, zusammen mit
einem Bruder, nach den USA aus (um 1869, geboren 1855). Der Bruder kehrte
jedoch bald nach Deutschland zurück, während Max es in Baltimore als
Kaufmann zu bedeutendem Ansehen und einem Millionenbetrieb brachte. Er zog
sich 1927 von seiner Tätigkeit zurück; in diesem Jahre stiftete er
seiner Heimatgemeinde einen bedeutenden Betrag als Spende für Dorfarme,
die dann alljährlich gezahlt wurde. Bis 1933 hing im Amtszimmer des
Bürgermeisters ein Bild von Max Hochschild; nach 1933 verschwand das Bild
und die jährliche Spende wurde nicht mehr angenommen. Max Hochschild
starb im Jahre 1957, kurz vor Vollendung seines 102. Lebensjahres! Seine
Schwester Rosalie Fürst geborene Hochschuld war 100 Jahre alt geworden
(gestorben 1950 in St. Gallen / Schweiz).
Die Familie Hochschild spielte überhaupt im 19. Jahrhundert eine
große Rolle in Groß-Rohrheim: Salomon Hochschild, geboren 1832, war
später Bankier in Frankfurt, wo er 1904 verstarb; er war mit Adele Feist
(Sektkellerei) verheiratet. Das dritte Kind war Zachary Hochschild, der
später die Firma Hochschild & Co. (Bankhaus) leitete. (Adele Feists
Mutter war Jeanette Auerbach, 16. Kind von Rabbiner Auerbach in Bonn,
geboren 1827." |
Hinweis: "Stammvater" der
Familie Hochschild in Groß-Rohrheim war Zodik Hochschild, ein Bruder von
Mosche Hochschild in Biblis. |
Zur Geschichte der Synagoge
Der Betraum (Synagoge) der Gemeinde war in einem aus dem 17.
Jahrhundert stammenden zweigeschossigen Fachwerkhaus eingerichtet; das
Obergeschoss des Hauses war als Wohnung vermietet. Zu Beginn des 20.
Jahrhunderts wohnte hier die jüdische Familie Rheinstein. Bereits in den
1920er-Jahren wurde der Betsaal auf Grund der stark zurückgegangenen Zahl der
jüdischen Gemeindemitglieder nicht mehr benutzt.
Bald nach 1933 wurde das Gebäude durch die israelitische Gemeinde verkauft.
1944 wurde es durch Bomben zerstört.
Adresse/Standort der Synagoge:
Fotos
Fotos /
Abbildungen zur jüdischen Geschichte in Groß-Rohrheim sind noch nicht
vorhanden;
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der
"Alemannia Judaica";
Adresse siehe Eingangsseite. |
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 292-294. |
| Keine Artikel in Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 17.
|
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 144-145. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Gross-Rohrheim
Hesse. The community, numbering 78 (5 % of the total) in 1861, disbanded in 1933
and no Jews remained there after 1938.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|