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Hintersteinau (Stadt
Steinau an der Straße, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Hintersteinau bestand eine jüdische
Gemeinde bis Anfang der 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts
zurück. 1686/87 wird in einer Amtsrechnung aus
Ulmbach berichtet, dass "David der Jude zu
Hintersteinau" mehrere Maß Weizen in Ulmbach gekauft habe (Quelle: Beitrag
von B.M. Röder, genannt in der Seite zu Ulmbach).
Auch in den Folgejahren kaufte "der Judt zue Hinder Steinauw"
regelmäßig Getreide in Ulmbach (so Amtsrechnung Ulmbach von 1692/93).
1754 wurden 13 jüdische Einwohner am Ort gezählt (2,6 % von
insgesamt 503 Einwohnern).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1835 38 jüdische Einwohner, 1861 72 (9,0 % von 804), 1871 90 (11,9 % von
757), 1885 89 (12,2 % von 731), 1895 72 (9,7 % von 746), 1905 47 (6,8 %). Die
jüdischen Familienvorstände betrieben Landwirtschaft und Viehhandel. Die
jüdischen Familiennamen waren vor allem Adler, Heß und Stern.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Flieden beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben war - meist
gemeinsam mit Ulmbach - ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe
Ausschreibungen der Stelle unten). Als Lehrer werden genannt: 1844 Lehrer
Grünstein. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk
Hanau.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 20 Personen gehörten (2,7 % von insgesamt
728 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher G. Adler und Gustav Stern. 1932
war Gemeindevorsteher Baruch Adler.
1933 lebten nur noch acht jüdische Personen in Hintersteinau (1,1 % von
insgesamt 701 Einwohnern). In
den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (vor allem nach Frankfurt) beziehungsweise ausgewandert
(eine Familie Stern 1935 in die USA). Als letzter verzog 1942 der früher als Makler tätige
Adolf Stern nach Frankfurt.
Von den in Hintersteinau geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Baruch Adler (1868),
Bernhard Adler (1875), Löb Adler (1861), Salomon Adler (1874), Samuel Adler
(1878), Ida Bamberger geb. Heß (1899), Mina Blömendal geb. Heß (1887), Gitta
Flörsheim geb. Adler (1872), Hilda Goldschmidt geb. Stern (1882), Jenny
Grünebaum geb. Stern (1905), Selma Hamburger geb. Heß (1884), Bernhard Heß
(1879), Hirsch Heß (1889), Naphtali Heß (1875), Vera Levi geb. Heß (1859),
Sara Östreich geb. Adler (1882, siehe Kennkarte unten), Therese Oppenheim geb. Adler (1878), Erna Pino
geb. Adler (1905), Esther Plaut geb. Adler (1882), Berta Rosenthal geb. Heß
(1887 oder 1888), Adolf Stern (1880), Max Stern (1908), Moses Stern (1885),
Regina Stern geb. Grünebaum (1878 oder 1881), Siegmund Stern (1878), Sara Wild
geb. Heß (1878).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879 / 1884 /
1892 / 1900
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1879:
"Bekanntmachung.
Die Religionslehrer- und Vorsängerstelle zu Hintersteinau ist erledigt.
Bewerber um dieselbe wollen ihre Meldungsgesuche, mit den erforderlichen
Zeugnissen versehen, innerhalb drei Wochen dahier einreichen. Gehalt 600
Mark, nebst freier Wohnung und 4 Meter Holz zur Heizung des
Schullokals.
Hanau, den 28. November 1879. Königliches israelitisches Vorsteheramt. Hamburger."
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1884:
"Bekanntmachung. Die Stelle eines gemeinschaftlichen
Religionslehrers für die Synagogengemeinden Hintersteinau und
Ulmbach soll besetzt werden. Das Diensteinkommen beträgt 800 Mark (600
Mark von Hintersteinau und 200 Mark von Ulmbach) fixer Gehalt jährlich
nebst freier Dienstwohnung in Hintersteinau und 4 Meter Holz zur Heizung
des Schullokals und 100 Mark Nebeneinkünfte, für welche jedoch keine
Garantie geleistet wird. Bewerbungsgesuche sind unter Beifügung der erforderlichen
Zeugnisse binnen vier Wochen bei uns einzureichen.
Hanau, den 5. März 1884. Königlich israelitisches Vorsteheramt.
Hamburger." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1892:
"In der Synagogen-Gemeinde Hintersteinau ist die Stelle eines
Religionslehrers, Vorsängers und Schächters mit einem jährlichen Gehalt
von 700 Mark, freier Dienstwohnung und 4 Raummeter Holz zu besetzen.
Bewerbungsgesuche sind unter Beifügung der erforderlichen Zeugnisse bis
zum 15. Juni anher einzureichen.
Hanau, 20. Mai 1892. Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Koref."
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1900:
"In den Synagogengemeinden Ulmbach und Hintersteinau ist die
Stelle eines gemeinsamen Religionslehrers mit dem Wohnsitze in der
erstgenannten Gemeinde und einem Jahresgehalte von Mark 800 zu besetzen.
Bewerber haben ihre Gesuche unter Hinzufügung von Zeugnisabschriften bis
zum 21. Mai anher einzusenden.
Hanau, 7. Mai 1900. Das Vorsteheramt der Israeliten. I.V.:
Hirsch". |
Der jüdische Lehrer A. Roßmann berichtet als
Schriftführer von einer Lehrerkonferenz des Bezirks Hanau (1891)
Anmerkung: der Artikel wird nicht ausgeschrieben, da er im Blick auf
die jüdische Geschichte in Hintersteinau keine weiteren Informationen enthält.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar
1891: "Hintersteinau, 20. Oktober (1891). In der diesmaligen
Lehrerkonferenz des Bezirks Hanau hielt Lehrer Neu - Hanau nach Erledigung
des geschäftlichen Teils einen Vortrag: 'Die Erziehungsaufgabe des
jüdischen Hauses'. In der Einleitung sprach der Referent von der
Notwendigkeit und Wichtigkeit der Erziehung, um dann sofort zur
Hauptstätte der Erziehung, zur Familie, überzugehen. In formschöner und
logischer Weise zeigte er nun an den Geboten der Tora, wie eine stete Beschäftigung
mit dem Kinde, eine fortschreitende Einwirkung auf dasselbe in ihrem Sinne
mit sich bringt.... A. Roßmann,
Schriftführer."
Der Artikel wird nicht ausgeschrieben, weil er nicht in Zusammenhang
mit der jüdischen Geschichte in Hintersteinau steht. Bei Interesse bitte
Textabbildung anklicken." |
Aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf für einen verarmten jüdischen Handelsmann
(1879)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1879: "Dringende
Bitte!
Ein in Hintersteinau, Kreis Schlüchtern, wohnhafter jüdischer
Handelsmann befindet sich schon seit einigen Jahren in den dürftigsten
Verhältnissen. Derselbe hat sich und seine Familie früher redlich
ernährt, ist aber durch eine langjährige inkurable Krankheit so verarmt
und mittellos, dass der Hunger vor der Türe steht, wenn nicht rasche
Hilfe geschafft wird. Die Gemeinde ist so klein, dass es derselben, wenn
sie auch einige bemittelte Mitglieder zählt, unmöglich ist, die arme
Familie ausreichend zu unterstützen. Durch seine Krankheit stets an Bett
gefesselt, ist der Mann nicht imstande, auch nur das Geringste zu
verdienen und sieht er schon der nächsten Zukunft mit Schrecken entgegen,
wenn nicht mildtätige Herzen sich seiner erbarmen.
Der Unterzeichnete ist gern bereit, die Gaben in Empfang zu nehmen und
bittet alle Glaubensgenossen, dieselben recht reichlich fließen zu
lassen.
Schlüchtern, den 6. Dezember
1879. More Schwarzschild, Lehrer.
(Auch die Expedition des 'Israelit' ist bereit, Gaben in Empfang zu
nehmen.) |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Schuhmachermeister G. Adler IV.
(1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1890: "Unterzeichneter
wünscht für sein Schabbat und Feiertag streng geschlossenes Geschäft
einen zuverlässigen Schuhmachergesellen zu engagieren.
B. Adler IV., Hintersteinau Regierungsbezirk
Kassel." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Hintersteinau geboren sind |
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Kennkarte (Dieburg) für
Sarah Östreich geb. Adler (geb. 23. Mai 1882 in Hintersteinau),
wohnhaft später in Frankfurt, Langstadt und
Dieburg; 1941 nach unbekannt
deportiert und umgekommen. |
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Zur Geschichte der Synagoge
Über die Geschichte der Synagoge am Ort liegen noch keine Informationen
vor.
Die Synagoge wurde spätestens um 1930
geschlossen, da auf Grund der zurückgegangenen Zahl der jüdischen
Gemeindeglieder kein Gottesdienst mehr abgehalten werden konnte. Die
Kultgegenstände wurden nach Schlüchtern gebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Arnsberg
s. Lit. S. 369: Haus Nr. 51.
Fotos
Fotos zur
jüdischen Geschichte in Hintersteinau bzw. zur ehemaligen Synagoge
sind
noch nicht vorhanden. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 369. |
| Kein Artikel zu Hintersteinau in: Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 und dies.: Neubearbeitung der
beiden Bände. 2007². |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 227. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S.447-448. |
| Benedikt Mario Röder / Horst Kempel:
Erinnerung an jüdisches Leben in Hintersteinau und Gedenken an die Opfer des
NS-Regimes. In: Bergwinkel-Bote 2022. Heimatkalender, 73. Jahrgang, S.
98-107. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Hintersteinau
(now part of Steinau an der Strasse), Hesse-Nassau. From 13 in 1754, the
community grew to 90 (12 % of the total) in 1871, but dwindled to eight in 1933.
All the Jews left before Worldwar II.
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