Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Schweiz"
Interlaken
mit Unterseen (Kanton
Bern, Schweiz)
Jüdische Geschichte / Hotelsynagogen
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte in
Interlaken bis in die 1930er-Jahre
In Interlaken und Unterseen bestand zu keiner Zeit eine jüdische
Gemeinde. Nur einzelne jüdische Personen / Familien ließen sich hier seit der
Mitte des 19. Jahrhunderts nieder. Einer der ersten jüdischen Einwohner war Dr.
Weil aus dem badischen Eichstetten,
der 1841 vom Sanitätsrat als Spitalarzt nach Interlaken geschickt wurde. Lange
war Dr. Weil nicht in Interlaken: 1847 wird er als militärischer Kreisarzt in
Walkringen im Emmental genannt.
In den 1870er-Jahren gab es Bemühungen in Interlaken, für die jüdischen Kurgäste eine Israelitische Restauration
einzurichten, die auch in der Folgezeit erfolgreich waren. Damals (siehe Bericht
von 1876) gab es noch keinen weiteren jüdischen Bewohner des Ortes.
Von der Zeit um 1889 bis mindestens 1914 gab es die jüdische Pension
Levy (Adresse: Hauptstrasse 18, 3800 Unterseen), in der während der Saison bei ausreichender Zahl von männlichen
Kurgästen auch regelmäßig am Schabbat Gottesdienste abgehalten wurden. Als
Vorbeter war der von der Pension angestellte Schächter tätig (siehe unten
Bericht von 1890). Im September 1914 wurde nochmals ein Patenterneuerungsgesuch
für die Pension Levy bestätigt. Vermutlich überstand die Pension nicht die Zeit
des Ersten Weltkrieges, da in dieser Zeit der Fremdenverkehr in Interlaken
zusammengebrochen ist und verschiedene Pensionen und Hotels in existenzielle
Schwierigkeiten kamen (s. Lit. Schäppli S. 436).
Um 1900 bis vor 1914 gab es auch die israelitische Pension Hotel & Pension
Ginsbourger-Bernheim (Adresse: Bahnhofstrasse 12, 3800 Unterseen),
geführt von Florentine Ginsbourger (siehe Fotos unten).
1904 hatten die Gebrüder Lucien, Edmond, Jonas und Léon Geismar ein Warenhaus
"Zur Stadt Paris" in Interlaken eröffnet (am Centralplatz -
Concordiaplatz). Sie waren aus dem elsässischen Grussenheim
zugezogen. Jonas und Léon Geismar eröffneten neun Jahre später (1913) ein
Warenhaus "Zur Stadt Paris" in Thun.
Das Warenhaus in Interlaken wurde in den 1950er-Jahren von Gilbert Geismar
übernommen. Fotos und
weitere Informationen auf der Seite von rolandzahn.ch.
Zwischen 1914 und 1928 gab es - von einer nur kurzzeitig bestehenden koscheren
Einrichtung abgesehen - eine jüdische Pension in Interlaken. 1928
eröffnete ein aus Lugano stammender Restaurateur namens Kempler das Haus
"De la Paix" in der Bernastraße, in dem er ein streng koscher
geführtes Hotel einrichtete. Auch dieses Hotel verfügte über eine Haussynagoge
für Gottesdienste während der
Saison.
Weiteres zur jüdischen Geschichte am Ort liegt noch nicht vor (Informationen
bitte gegebenenfalls an den Webmaster; Adresse siehe
Eingangsseite)
Berichte
zur jüdischen Geschichte in Interlaken
Berichte in chronologischer
Reihenfolge
Dr. Weil aus Eichstetten ist Spitalarzt in Interlaken (1841)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. April 1841:
"Eine bessere Stellung als die Basler Juden haben die zu Bern, wo eine hochherzige Regierung ihnen mit den französischen Bürgern gleiche Rechte erteilt. Sie haben einen Lehrer, Vorsänger und Schächter in einer Person, haben wie die zu Basel eine eigene Synagoge, schicken ihre Kinder auf öffentliche Anstalten. Erfreulich ist’s hier den ausgezeichneten Prof. Dr. Valentin aus Breslau zu treffen, den die Regierung vor mehreren Jahren an die dortige Hochschule berufen, und der nunmehr seiner Tüchtigkeit und seines liebevollen Wesens halber bei Bürgern und Studenten in hohen Achtung und Liebe steht.
Geht man von Bern aus in das naturreiche Oberland, so trifft man zu Interlaken einen wackern jungen Israeliten – Dr. Weil aus
Eichstetten im Breisgau – der vom Sanitätsrat dorthin als Spitalarzt gesendet worden, nachdem er durch ein mehrjähriges fleißiges Studium zu Bern sich das Wohlwollen der Behörden
erworben." |
|
Aus
einem Artikel über jüdisches Leben in der Schweiz in der
"Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Januar 1847:
"In der Nähe von Bern lebt ein jüdischer Arzt - Dr. Weil aus
Eichstetten - zu Walkringen im Emmental. Der selbe bekleidet die
Stelle eines Militärarztes. Das Zutrauen, dessen Herr Weil sich bei
seiner christlichen Umgebung zu erfreuen hat, verschafft ihm eine wohl
ausgedehnte Praxis. Auch wurde derselbe in seiner Stellung als Arzt schon
oft mit Aufträgen höheren Ortes beehrt." |
Anzeige der Restauration von Michael Weiler in Bern
(1860)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. Juni 1860: "Israelitische Restauration in Bern
(Schweiz).
Unterzeichneter empfiehlt seine seit 3 Jahren neu errichtete
Speisewirtschaft No. 33 Aarbergergasse zunächst dem neuen Bahnhofe und
der neuen Synagoge den resp. Reisenden aufs Beste, mit der Versicherung
prompter, reinlicher und billiger Bedienung.
Jene verehrlichen Herrschaften, die das Berner Oberland besuchen, können
täglich 4 Mal in 2 1/2 Stunden bis nach Interlaken frisch
zubereitete Geflügel- und Fleischspeisen auf Bestellung von mir beziehen.
Michael Weiler." |
Jüdischer Reisebericht aus Interlaken (1875)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1875: "Interlaken,
3. September (1875; Anmerkung: Wir bitten das Datum zu beachten, da dem
Schreiber dieser Briefe fortwährend von seinen Freunden Briefe in die
Schweiz gesandt werden, während er lägst in die Heimat zurückgekehrt
ist). In den biblischen Schriften wird uns von den ewig mit Schnee
bedeckten Gipfeln des Libanon erzählt. So rühmt Jeremias (Kap. 14, Vers
18) das von den Felsen hernieder rinnende Wasser, welches dem von der
Sonne erwärmten Schnee jener riesenhaften Berge entfließt, die sich in
den Wolken verlieren.
An die ferne Heimat unseres Volks im Osten musste ich denken, als ich auf
dem Dampfboote über den Thuner See fahrend, die mit ewigem Schnee
bedeckten Gipfel des Berner Oberlandes erblickte. Ist doch der Name der Gebirge
derselbe. Wie der Libanon seinen Namen den weißen Gipfeln verdankt (lawon
= weiß), so auch die Alpen (von albus, weiß). Die Alpen wie der
Libanon ragen in den Himmel hinauf, ihre Gipfel verlieren sich in den
Wolken und die Sonne hat in jenen Höhen nicht Kraft genug, die ewigen
Schneemassen zu schmelzen.
Interlaken hat eine wundervoll herrliche Lage; es ist ein Flecken Erde,
das an Schönheit seines Gleichen sucht. Den Vordergrund bilden die
schneebedeckten Gipfel des Berner Hochlandes: Mönch, Eiger, Jungfrau und
die andern sich anschließenden riesigen Berge. Im Norden bildet die Aare
den Brienzer See, den sie durchfließt, um im Süden den Thuner See zu durchströmen,
während im Westen der gewaltige Harder das Tal schließt; zwischen diesen
beiden Geburtsketten und den beiden Seen liegt Interlaken (auf Deutsch:
zwischen den Seen). Es besteht fast nur aus Gasthöfen, die sämtlich mit einer
Pracht und Eleganz erbaut und ausgestattet sind, von denen man sich kaum
eine Vorstellung machen kann. Wegen seiner wunderherrlichen Lage und wegen
seines vor allen heftigen Winden geschützten Klimas wird der Ort vielfach
zum längern Aufenthalte von vornehmen Leuten gewählt. Wer Zeit und Geld
genug hat, der kann in dieser paradiesischen Gegend sehr angenehm leben;
freilich, der gesetzestreue Juden dennoch nicht, weil in
Interlaken keine Juden wohnen und israelitische Kost nicht zu haben ist.
Wie ich jedoch höre, soll in nächster Saison eine jüdische Restauration
dort eingerichtet werden. So war freilich der Genuss der Schönheit der
Gegend mit mancherlei Entbehrungen verknüpft und nicht ohne Gène. Kommt
der gesetzestreue Jude in Deutschland in ein Hotel, so fragt ihn der
Kellner, ob er zur table d'hote kommen wird; sagt man dann kurzweg 'nein',
so wird man nicht weiter belästigt. Anders in der Schweiz; da wird man
nicht allein im Hotel täglich zweimal gefragt, sondern auch an jedem Absteigequartier,
wo Post und Dampfboote anhalten, wo der Kutscher vorfährt, um die Pferde
zu füttern; da springen die Kellner höflich herbei, öffnen den
Kutscherschlag und fragen: 'Wie viele Plätze an der table d'hote befehlen
Sie' und man muss trotz so vieler Höflichkeit ablehnend erwidern; die
Herren Kellner machen dann verdrießliche Gesichter und man bekommt am Ede
für vieles Geld nur schwer und unwillig die einfachen Lebensmittel
vorgesetzt, die man genießen |
darf.
In der Schweiz, wo im Allgemeinen wenig Juden wohnen und die meisten
Glaubensgenossen, welche zu der großen Zahl, der die Schweiz bereisenden
Fremden gehören, das jüdische Religionsgesetz missachten, kann man nicht
begreifen, warum der Fremde nicht an der table d'hote speisen will; man
denkt sich das Seine und sucht den Schaden anderweitig einzubringen. Trotz
alledem ist es wohl der Mühe wert, diese Entbehrungen zu ertragen und das
trunkene Auge an den Schönheiten dieses unvergleichlichen Landes zu
weiden. Wenn man in Interlaken eine nur mäßige Höhe, den kleinen Rugen
oider die Heimweh-Fluh besteigt, so genießt man einen Ausblick, der
wahrhaft entzückend ist. Und nun gar das Alpenglühen während des Sonnenunterganges!
Es ist dies eine Naturerscheinung, die nur sehr selten sich darbietet.
Rings im Tale schreitet die Nacht heran, denn die Sonne ist untergegangen;
nur die schneebedeckten Gipfel der Berge erglänzen noch im hellen
Sonnenscheine; dann beginnt der Schnee sich zu röten und immer tiefer und
dunkler wird die Glut, bis sie plötzlich verschwindet und die schneeigen
Spitzen erschienen wieder weiß-grau in der Dämmerung.
'Wie viele sind deine Werke, o Herr, alle hast mit Weisheit du sie
gemacht, voll ist die Erde von deinen Gütern (Psalm 104,24).'" (Forts.
folgt). |
Eine israelitische Restauration soll eröffnet werden
(1876)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. März 1876:
"Jüdische Restauration in Interlaken (in der Schweiz).
In Interlaken, einem der schönsten Punkte der Schweiz, gleich
ausgezeichnet durch seine wundervolle Lage wie durch seine klimatischen,
der Gesundheit zuträglichen Verhältnisse, von vielen Tausenden
alljährlich zum mehrwöchentlichen Aufenthalte benutzt, soll eine
israelitische Restauration, welche den Anforderungen
streng-religiöser Glaubensgenossen genügt, errichtet werden. Einer der
ersten Hôtelbesitzer daselbst ist bereit, geeignete, abgesonderte
Räumlichkeiten zu diesem Zwecke pachtweise zu überlassen. Es ist zu
vermuten, dass bei der alljährlich zunehmenden Reiselust und bei der
Beliebtheit, welcher sich gerade Interlaken als mehrwöchentlicher
Aufenthalt erfreut (Interlaken ist ein Kurort, hat eine
Molken-Kur-Anstalt, ein Kurhaus und eine Kur-Kapelle), eine daselbst
errichtete echt-jüdische Restauration eine glänzende Zukunft haben
wird.
Für den Anfang sind einige hervorragende Glaubensgenossen bereit, durch
tatkräftige Unterstützung die Realisierung des Unternehmens zu
befördern.
Geeignete Bewerber wollen Franko-Offerten sub Nr. 174 an die Expedition
dieses Blattes senden.
Es wird zugleich bemerkt, dass in Interlaken bis jetzt kein Israelit
wohnt, dass also der Restaurateur auch für einen Schauchet zu sorgen
hätte." |
Anzeigen der Pension Levy (1889 / 1903) (Adresse
der früheren Villa Risold: Hauptstraße 18, 3800 Unterseen; heutiges "Hotel und
Restaurant Post Hardermannli" direkt vor der Altstadt Unterseen, war seit 1889
in Betrieb; das an der Hauptstraße stehende Haus fällt wegen seiner reich
verzierten Frontseite auf)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 23. Mai 1889:
"Interlaken [Schweiz] Interlaken. Pension Levy.
Eröffnung 15. Mai 1889. Streng koschere Küche.
Fleischbezug von Luzern." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. Juni 1903:
"Hôtel & Pension Levy (Villa Risold). Schweiz
Interlaken Schweiz.
Wiedereröffnung 1. Juni." |
Über die jüdische Pension Levy (1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1890:
"Interlaken, 20. Juli (1890). Von einem angesehenen jüdischen
Kurgaste erhalten wir folgende Zuschrift:
Es dürfte die Leser Ihres geschätzten Blattes interessieren, dass jetzt
hier eine recht gute jüdische Restauration (Pension Levy) ist,
wodurch Gelegenheit geboten ist, für kürzere oder für längere Zeit
diesen herrlichen Teil der Schweiz aufzusuchen und neben den schönen
Naturgenüssen auch für leibliche Pflege zu sorgen.
Interlaken eignet sich bekanntlich, als Mittelpunkt des Berner Oberlandes,
umgeben von einer Kette mächtiger Schneeberge, ebenso wohl zu zahlreichen
Ausflügen, als auch zum ruhen längeren Aufenthalt, indem sowohl der Ort
selbst als auch die Kurverwaltung vielseitige Zerstreuung bietet. In der
Saison ist hier auch Sonnabends regelmäßiger Gottesdienst, bei
dem der vom Restaurateur unter Approbation Seiner Ehrwürden des Herrn
Rabbiners Dr. Cohn, Basel angestellte Schächter als Vorbeter
fungiert. Zahlreiche, gute Privatlogis zu billigen Preisen machen den
Aufenthalt zu einem wenig kostspieligen. Die hiesige Restauration im
Verein mit der recht guten Pension Moos in Luzern
bieten gute Verpflegungsstationen für jüdische Besucher der
Schweiz." |
Während der Wintermonate betreibt die "Pension Levy" das Hotel "Joli
Site" in Montreux
(1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Februar
1900: "Aus der Schweiz. Wir glauben den zahlreichen, während
der Frühlingsmonate nach der Riviera reisenden, jüdischen
Erholungsbedürftigen einen Gefallen zu erweisen, wenn wir sie auf eine
Zwischenstation aufmerksam machen, die von vielen Ärzten mit Recht als
eine überaus günstig gelegene klimatische Übergangsstation von dem
rauen, deutschen Winter, zu dem warmen Süden erachtet und empfohlen wird.
In anmutigster Lage, zwischen Weinbergen eingebettet, liegt dicht am Ufer
des Genfer Sees das seit Jahrhunderten von Erholungs- und Ruhebedürftigen
mit Vorliebe aufgesuchte Städtchen Montreux. Auf der Nordseite von den
hohen Bergen des Berner Oberlandes begrenzt, ist es so völlig geschützt
gegen die rauen Winde, während von Süden her die milden Lüfte des
unfernen Italiens über den lieblichen See herüberwehen. das fast immer
wolkenlose blaue Firmament erhöht den landschaftlichen Reiz dieses von
Mutter Erde so besonders bevorzugten Fleckchens Erde.
Der von Jahr zu Jahr steigenden Zahl der Kurgäste entsprechend, haben
Stadt- und Kurverwaltung Alles aufgeboten, um den Ansprüchen und
Bedürfnissen der Besucher in jeder Hinsicht entgegenzukommen und finden
wir dort ein sehr schönes Kurhaus, mit vorzüglichen, zweimal täglichen
Konzerten, Theater, Lese- und Spielsäle etc. Seit vorigen Herbst hat die
renommierte israelitische Restauration 'Pension Levy', welche
während der Sommermonate in Interlaken für die leiblichen
Bedürfnisse der rituell lebenden Kurgäste sorgt, ein Hotel
eröffnet, das sich trotz des kurzen Bestehens durch seine vorzügliche
Küche, peinlichste Sauberkeit, aufmerksamste Bedienung und trotz dieser
Vorzüge sehr mäßigen Preise einen zahlreichen Passanten- und Touristen-Verkehr
zu gewinnen wusste.
Das Hotel ist während der Wintersaison, also von Oktober bis März,
geöffnet und verdient in der Tat die lebhafteste Frequenz seitens der
zahlreichen, nach dem Süden pilgernden und rituell lebenden
Erholungsbedürftigen und dürfte wohl kein Besucher dieses Hotels
dasselbe und die freundliche und aufmerksame Bewirtung anders als dankbar
in Erinnerung behalten. Der Name des Hotels 'Joli Site' spricht
für dessen wunderbare Lage. Fast unmittelbar am Ufer gelegen, gewähren
die Zimmerbalkons eine herrliche Aussicht auf den glänzenden See, der bei
dem regen Verkehr der Dampf- und Segelschiffe an dieser Stelle ein stets
abwechslungsreiches Bild zeigt.
Wir können aus all diesen Gründen, zu welchen sich noch die absolute,
religiöse Zuverlässigkeit der von Interlaken ohnedies bestrenommierten
Wirte gesellt, den Besuch Montreux's aufs Wärmste empfehlen. Auch
Vergnügungsreisende werden sich bei einem Aufenthalte in Montreux
überzeugen, dass dieser Ort mit Recht seinen Beinamen 'Das schweizerische
Nizza' verdient." |
Über das jüdische Hotel mit Pension im Hause "De
la Paix" (1928)
(Hinweis: im Hotelprospekt wurde mit dem Begriff "Koscher" und dem
Symbol des "Hamburger Speisevereins" (Verein zur Förderung ritueller
Speisehäuser) für garantiert streng rituelle Haus- und Küchenführung für
das Hotel geworben)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. August 1928: "(Interlaken).
Zu den Perlen des Berner Oberlandes, zwischen saftig grüne Matten
gebettet, von den klaren und tiefen Thuner und Brienzer Seen umspült und
von bewaldeten Bergen - aus deren Mitte die mehr als 4000 Meter
himmelragende Jungfrau hervorlugt - dicht umrahmt, zählt schon seit
vielen Jahrzehnten das herrliche Interlaken. Vor dem Kriege gab es hier
die inzwischen gänzlich eingegangene Pension Levy, die sich immer großen
Zuspruches erfreute. Seit 14 Jahren gab es hier - von einer
vorübergehenden Einrichtung abgesehen, keine koschere Pension mehr. Dabei
hat sowohl die Kurverwaltung, wie auch der Verein zur Förderung mit Sitz
in Luzern, immer nach einer zeitgemäßen, streng koscheren Pension
Ausschau gehalten. Endlich ist der Wurf gelungen. Ein Bruder des bekannten
Herrn Kempler in Lugano und Schuls hat nun ein modernes Hotel mit Pension
im Hause 'De la Paix', 2 Minuten vom Hauptbahnhof, in der ruhigen
Bernastraße, die zum Rugenpark führt, eröffnet. Der Hamburger Führer (sc.
für streng rituelle Gaststätten) hat es natürlich schon verzeichnet.
Was aber wichtig ist und hervorgehoben zu werden verdient, das ist wohl
der Umstand, dass hier ein wirklicher Fachmann das Haus leitet und die
Küche dem verwöhntesten Geschmacke Rechnung trägt. Der Leiter hat das
Haus käuflich erworben und ganz modern ausgestattet. Ein schöner
Speisesaal wie auch eine gedeckte Veranda bieten Platz für 80 Tischgäste;
auch eine kleine Haus-Synagoge für den Gottesdienst am Sabbat fügt sich
harmonisch in das ganze ein. Mit Genugtuung darf heute festgestellt
werden, dass das Hotelwesen mit Kaschrus unter Aufsicht in der Schweiz, in
den letzten Jahren sich sehr stark gehoben
hat." |
Weiterer Bericht über das jüdische Hotel de la Paix
(1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1935: "Interlaken,
das Zentrum des Berner Oberlandes, am Fuße des 4166 m hohen, ewig
schneebedeckten Jungfraumassives gelegen, ist derjenige Platz, der allen,
auch den verwöhntesten Ansprüchen nach Erholung entspricht: Nicht zu
hoch gelegen, für die, die die Höhenluft nicht vertragen und nicht zu
niedrig, um nicht alle Vorzüge der Hochgebirgswelt genießen zu können.
Die herrlichen Ausflüge mit den Bergbahnen, auch bis 3450 m
(Jungfraujoch, höchste Bergbahn Europas) und die bezaubernden Dampfschifffahrten
auf den Thuner- und Brienzersee sind dazu angetan, die Reiseroute nach
Interlaken zu lenken. Das Hotel de la Paix in Interlaken, das
streng koscher geführt wird, gibt nun den jüdischen Reisenden während
ihres Ferienaufenthaltes nicht nur die Möglichkeit, diese einzigen
Naturschönheiten des Berner Oberlandes zu bewundern, sondern verschönert
ihnen durch seine Komfort, seine ideale Lage und seine erstklassige Küche
die Ferien derart, dass die ein dauerndes Erlebnis
bleiben." |
Hotelprospekt (undatiert, siehe unten)
Selbstvorstellung: "Hotel de
la Paix, Interlaken. Ruhig, staubfrei und doch zentral gelegen, von
gepflegtem Garten umgeben. Sonnige Zimmer mit fließend Kalt- und
Warmwasser. Geräumige Terrassen. Erstklassige rituelle Küche,
sorgfältige Diät. Aufmerksame Bedienung. Besonders für längern
Erholungsaufenthalt geeignet. Geöffnet April bis Oktober. Telefon 428.
Telegramm-Adresse Paixhotel. Ch. Schleichkorn, Besitzer.
Interlaken ist weltbekannt und bietet alles für einen genußreichen
Ferienaufenthalt. Modernes Schwimm- und Sonnenbad, Kursaal,
gesellschaftliche Anlässe jeder Art. Reiche Ausflugsmöglichkeiten per
Bahn, Schiff und Auto." |
|
Hinweis: das Hotel de la Paix besteht
bis zur Gegenwart in Interlaken, Bernastraße 24, ist jedoch kein rituell
geführtes Hotel mehr.
Website des Hotels: www.hotel-de-la-paix.ch/ |
Fotos
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hans Heimann: Artikel: Wo sind die jüdischen Gäste? In:
"Berner Oberländer" vom 4. Juli 2013: eingestellt
als pdf-Datei (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers). |
| Unterseen, vom mittelalterlichen Städtchen zum heutigen
Gemeinwesen, II. Teil Im neuen Kanton, dokumentiert und dargestellt von Ernst Schläppi. Hrsg. Einwohnergemeinde
Unterseen, Druck/Verlag Schlaefli & Maurer AG, Interlaken, 2008.
Hier finden sich S. 435 Angaben zum Hotel & Pension Levi. ehemals
Villa Risold, gebaut um 1890. Heute: Hotel Post Hardermannli
mit Restaurant Arcobaleno an der Hauptstrasse, 3800 Unterseen.
Dazu S. 431 Angaben zum Hotel & Pension Ginsbourger-Bernheim,
Israelitische Pension, stammt von 1902. Heute:
Wohnliegenschaft an der Bahnhofstrasse mit Coiffeusegeschäft, 3800 Unterseen. |
| Markus Krebser: Interlaken. Eine Reise in die
Vergangenheit. Verlag Krebser Thun. Zweite, überarbeitete Auflage 1991.
Seite 231. Hier finden sich Fotos zum
Hotel & Pension Ginsbourger. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|