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Karbach (Landkreis
Main-Spessart)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(Seite erstellt unter Mitarbeit von Leonhard
Scherg, Marktheidenfeld)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Karbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1942. Ihre Entstehung geht
in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1699 waren bereits
sieben jüdische Familien mit zusammen 42 Personen am Ort, davon vier Familien
(26 Personen) als Würzburger Schutzjuden und zwei Familien (12 Personen) als
adelige Schutzjuden, dazu die Familie eines Rabbiners (vier Personen). Sie
bewohnten mehrere Häuser auf den Ort verteilt.
Ihre Blütezeit erlebte die jüdische Gemeinde in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, als über 100 Einwohner der jüdischen Gemeinde angehörten.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1820 werden für Karbach 23
Matrikelstellen für die folgenden Familienvorstände festgeschrieben (mit
neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Salomon Bernay (Nothandel mit
Ellenwaren), Joseph Bernay (dito), Seligmann Bernay (dito), Feist Bernay (dito),
Mayer Löb Braunold (Spezerei- und Eisenhandel, Vorsteher), Isaak Braunold
(Nothandel, Makler), Faibel Tannewald (Nothandel, Makler), Isaac Tannewald
(Nothandel mit Ellenwaren), Jacob Tannewald (Nothandel mit Ellenwaren), Sußmann
Trepp (Nothandel, Makler), Samuel Gutmann (Nothandel mit Vieh), Abraham Gutmann
(Metzgermeister), Isaac Grünewald (Nothandel mit Ellenwaren), Moses Grünewald
(Nothandel mit Ellenwaren, Makler), Juda Heippert (Nothandel mit Ellenwaren,
Seifensiederei), Jacob Mandelbaum (Nothandel mit Vieh), Oscher Rosenband
(Nothandel mit Vieh), Juda Rosenband (Nothandel mit Ellenwaren), Feiber Samuel
(Nothandel mit Ellenwaren), Juda Scheuermann (Nothandel mit Vieh), Feiber
Sternhard (Nothandel, Makler, Nathan Weinberg (Nothandel mit Ellenwaren).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen
Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück: 1867 wurden 98 jüdische
Einwohner gezählt (7,7 % von insgesamt 1.275 Personen), 1900 83 (7,0 % von
insgesamt 1.191), 1910 57 (4,7 % von 1.212).
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung der religiösen Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter (Schochet) tätig war. 1820
wird als "Ortsrabbiner und Judenschullehrer" Lazarus Rosenbusch
genannt. In besonderer Erinnerung blieb Lehrer Hirsch Eschwege, der 1896
nach 31jähriger Wirksamkeit verstarb (siehe Artikel unten). Die Gemeinde
gehörte zum Bezirksrabbinat Würzburg, zuletzt seit Frühjahr 1938 zum
Bezirksrabbinat Aschaffenburg.
1910 lebten 57 jüdische Einwohner in Karbach (4,7 % der Gesamteinwohnerschaft
von 1.212 Personen).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der Gemeinde Jakob Adler (geb. 28.4.1894
in Karbach, vor 1914 in Straubing
wohnhaft, gef. 22.6.1915), Leutnant Hermann Samuel (geb. 24.2.1892 in Karbach,
vor 1914 in Fürth wohnhaft, gef. 27.11.1914) und Gefreiter Siegmund Samuel
(geb. 17.2.1893 in Karbach, vor 1914 in Urspringen
wohnhaft, gef. 18.8.1918).
Um 1925, als in Karbach noch 36 jüdische Einwohner gezählt wurden (3,0 %
von insgesamt 1.188 Einwohnern), waren die Vorsteher der Kultusgemeinde die
Herren Julius Guttmann und Samuel Berney. Damals unterrichtete Hauptlehrer Simon
Kissinger aus Urspringen
auch die vier schulpflichtigen jüdischen Kinder aus Karbach. Im Schuljahr
1932/33 erhielten noch acht Kinder Religionsunterricht, vermutlich weiterhin
durch den Lehrer aus Urspringen. An
Stiftungen war in der Gemeinde die 1890 genehmigte Löb und Schifa
Adlersche Brautaussteuerstiftung vorhanden. Regelmäßig wurde in den überregionalen
jüdischen Zeitschriften eine Ausschreibung der der Stiftung gemacht (siehe
Texte von Ausschreibungen unten).
1933 lebten noch 45 jüdische Personen in Karbach (4,0 % von insgesamt
1.115 Einwohnern). In den folgenden vier Jahren verzogen 20 von ihnen vom Ort
oder wanderten aus (1937 25 jüdische Einwohner). Durch den wirtschaftlichen
Boykott verarmten die Familien schnell: 1937 war ein Drittel der
Gemeindemitglieder unterstützungsbedürftig. Beim Novemberpogrom 1938
drangen SS-Leute aus Marktheidenfeld und anderen Orten zusammen mit HJ-Angehörigen
in die jüdischen Häuser ein und demolierten diese. 1939 wurden nochmals 30 jüdische
Einwohner gezählt, die überwiegend am Ort geblieben sind (7. Februar 1942: 29
jüdische Einwohner). Mit dem 23. April 1942 kam das Ende der jüdischen
Gemeinde. Damals wurden die letzten 27 am Ort lebenden Juden nach Würzburg
verbracht und von dort zwei Tage später in das Vernichtungslager Izbica bei
Lublin.
Von den in Karbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alfred Aron (1873), Flora
Aron geb. Thalheimer (1892), Bär Berney (1865), Berta Berney geb. Grünbaum
(1881), Berta Berney geb. Kahn (1893), Berthold Berney (1925), David Berney
(1891), Dina Berney (1881), Eliahu Berney (1886), Elsa Berney geb. Wolf (1889),
Felix Berney (1883, vgl. Erinnerungsblatt
des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Getta Berney (1911), Hans Berney (1931), Karolina Berney (1879), Max Berney
(1883), Moses Berney (1875), Salomon Berney (1877), Samuel Berney (1875), Suse
Berney (1925), Siegfried Berney (1881), Sophie Berney (1881), Dina Friedmann
geb. Berney (1881), Sabina Gottlieb geb. Schild (1859, vgl. Dokument
aus dem Ghetto Theresienstadt über ihren Tod 1942), Helene Grünebaum geb.
Samuel (1881), Ida Guttmann (1887), Inge(borg) Guttmann (1926), Josef Guttmann
(1889), Margot Guttmann (1927), Mathilde Guttmann (1891), Meta Guttmann geb.
Hirsch (1891), Hermann Guttmann (?), Julius Guttmann (1883), Ida Heimann (1873),
Abraham Heippert (1883), Jenny Heippert geb. Schulmann (1894), Martha Heippert
(1928), Hermann Heippert (1884), Hannchen Heippert geb. Gottlieb (1889), Senta
Heippert (1925), Siegmund Heippert (1888), Emma Heippert geb. Berney (1889),
Selma Heippert (1928), Ilse Lustgarten geb. Berney (1907), Karola Mirsberger
geb. Adler (1899, vgl. biographisches
Blatt), Mina Ottensoser geb.
Heippert (1897), Resi Rauner (1902), Mathilde Schuster (1864), Zwi Schnitzer
(1885), Fanny Stein geb. Samuel (1876).
Anmerkung: Ein großer Teil dieser Personen lebte schon einige Zeit bis lange
vor 1933 nicht mehr in Karbach.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1902
Anzeige
in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 27. Februar 1902:
"Die hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle, ist mit
einem seminaristisch gebildeten Lehrer sofort zu besetzen. Die fixen
Erträgnisse belaufen sich auf Mark 700 exklusive Schechitoh und
sonstigen Nebengefällen. Meldungen mit Zeugnisabschriften, die nicht
zurückgeschickt werden, wollen bis längstens 10. März an Unterzeichneten
eingereicht werden.
Karbach bei Marktheidenfeld, Unterfranken, 21. Februar
(1902).
Abraham Guttmann, Kultusvorstand." |
Zum Tod von Amalie Löwenthal (1928), Witwe des Lehrers
J. Löwenthal (gest. um 1908)
Anmerkung: es ist nicht klar wann J. Löwenthal als
Lehrer in Karbach tätig war, sicher vor Lehrer Eschwege, der 1865 nach Karbach
kam.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1928:
(Frankfurt). "Frau
Amalie Löwenthal - sie ruhe in Frieden. Im hohen Alter von
fast 87 Jahren verschied plötzlich am ersten Tag der sieben Wochen des
Trostes (erster Tag ist der 10. Aw = 27. Juli 1928) Frau Amalie
Löwenthal, die Gattin des ihr um etwa zwei Jahrzehnte im Tode
vorausgegangenen, als besonders gottesfürchtiger Mann allbekannten
Lehrers und Schochets J. Löwenthal - seligen Andenkens.
Unermüdlich war sie darauf bedacht, ihr Haus zu einem kleinen Heiligtum
zu gestalten und die von ihr und ihrem Gatten gehegten Ideale zur
Entfaltung zu bringen, was ihr auch gelungen ist. In den Gemeinden Karbach,
Lohr und Sommerhausen
in Bayern hatte sie reichlich Gelegenheit, mustergültig und
beispielgebend zu wirken. Später zog sie mit ihrem Gatten hierher (=
Frankfurt). Nach dem Heimgang ihres Gatten und der Verheiratung ihrer
Kinder zog sie sich zurück, sich an dem Gedeihen ihrer Kinder und Enkel
erfreuend. Möge ihnen allen der Verdienst der frommen Frau
beistehen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Unter Lehrer Hirsch Eschwege - Besuch seines Sohnes in Karbach
(1872)
Anmerkung: Lehrer Hirsch Eschwege ist nach den Recherchen von Leonhard Scherg
in Fulda als Sohn des Kaufmanns Simon Eschwege und seiner Frau Bertha geb. Lion
geboren. Als er am 12. Mai 1896 in Karbach starb, war er 76 Jahre und 8 Monate
alt. Vor seiner Zeit in Karbach war er in Bad
Neuhaus als Lehrer tätig.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1872: "Karbach.
Vor einiger Zeit ward in Ihrer sehr geschätzten Zeitschrift die
israelitische Lehrer-Bildungsanstalt Würzburg rühmlichst erwähnt. Im
Interesse dieser Anstalt glaube ich zu handeln, wenn ich von einer
Tatsache berichte, die genügend bezeugt, wie die in ihr gebildeten Lehrer
in allen Beziehungen tüchtig ausgebildet werden.
Herr Lehrer Eschwege zu Zeitlofs, der in erwähnter Anstalt seine
Ausbildung genoss, erfreute vor einigen Wochen seine Eltern dahier durch
seinen Besuch und verweilte bei denselben über Schabbat
Paraschat wajigasch (Schabbat mit der Toralesung wajigasch = 1. Mose
44,18 - 47,27, es war am Schabbat 23. Dezember 1871). Sein Herr Vater,
Lehrer dahier, der jeden Sabbat zwei Vorträge im Beisein sämtlicher
Gemeindemitglieder hält, war jenen Sabbat durch Katarrh verhindert, den
Nachmittagsvortrag abzuhalten und forderte seinen würdigen Sohn auf,
statt seiner einen solchen zu halten. Wiewohl unvorbereitet, genügte
letzterer dieser Aufforderung, und gelang es ihm, durch einen freien,
gediegenen Vortrag religiösen Inhalts die Zuhörer zu fesseln und den
ungeteilten Beifall aller Anwesenden zu ernten.
Das nun sind die Früchte einer Anstalt, die stets bestrebt war und ist,
Lehrer auszubilden, die vermögend sind durch Wort und Tat zu wirken, um
unsere heilige Religion, die unverfälschte, zu kräftigen und zu heben.
Solche Tatsachen sind die besten Beweise und Zeugnisse, dass durch
genannte Anstalt erzielt wird, was die Welt von ihr verlangen kann, dass
der verehrliche Vorstand derselben, der ehrwürdige Herr Rabbiner
Bamberger – sein Licht leuchte – gerade der Welt sendet, was fürs
Judentum und die Jetztzeit so notwendig: ordentlich und tüchtig gebildete
Lehrer; wir können ihm dafür nicht genug Danke zollen.
Gott lohne seine Arbeit." |
Enge christlich-jüdische Dorfgemeinschaft beim Tod von Lehrer Hirsch Eschwege im Mai
1896
Karbach. Ein schwerer Schlag traf die israelitische
Gemeinde durch das Dahinscheiden ihres allgemein bekannten und verehrten Lehrers
H. Eschwege. Derselbe hat fast 31 Jahre in derselben als geistiges Oberhaupt
segensreich gewirkt. Nicht nur bei den jüdischen, sondern auch bei den
nichtjüdischen Bürgern erfreute sich der Verblichene einer allgemeinen
Beliebtheit. Diese verschafften ihm seine Leutseligkeit, seine Liebe zu jedem
Nebenmenschen. Diese Beliebtheit erhielt ihren vollen Ausdruck bei dem
Trauerzug, der am Donnerstag stattfand. Von Nah und Fern hatten sich Leute
eingefunden, um dem Dahingeschiedenen die letzte Ehre zu erweisen. Um 3/4 11 Uhr
fand der Trauerzug vom Leichenhaus aus statt. Vor dem Leichenhause war ohne
Unterschied der Konfession die ganze Gemeinde Karbach und die übrigen Leute,
welche aus der Ferne herbeigeeilt waren, versammelt. Vor dem Sarge sprach der
älteste Sohn des Verblichenen, Herr Lehrer Eschwege aus Thüngen, der die
Eigenschaften seines verstorbenen Vaters in ergreifendster Weise geschildert,
wie es demselben namentlich am Herzen lag, wie es sich derselbe zur Hauptaufgabe
seines Lebens machte, der Jugend die Religion einzupflanzen, damit sie später
als würdige Glieder des Judentums und der Menschheit dastünden, wie er
namentlich auch stets seine Gemeinde ermahnte, das Hauptgebot der Israeliten,
die Nächstenliebe, nach Vorschrift zu beobachten und hat diese Mahnung auch in
Wirklichkeit in der Gemeinde, die fast sämtlich Schüler des Verblichenen sind,
reichliche Früchte getragen. Mit rednerischer Begabung wusste Herr Eschwege
einige Momente aus dem leben seines allgemein verehrten Vaters hervorzuheben,
die den Charakter des Dahingeschiedenen durchschauen ließen. Kein Auge der
Anwesenden blieb unbenetzt, ein jeder fühlte so recht die Größe und
Unausfüllbarkeit der Lücke, welche durch das Dahinscheiden des großen Mannes
gerissen wurde. Nachdem Herr Eschwege geendet, dankte der Schwiegersohn des
Verblichenen, Herr Rothschild aus Frankfurt im Namen der Hinterbliebenen
sämtlichen Anwesenden für die liebevolle Beileidsbezeigung in herzlichen
Worten. Sodann ergriff Herr Josef Fromm von Frankfurt a.M.. das Wort. Nach
Beendigung seiner Rede stimmte der Gesangverein einen Choral an unter der
vortrefflichen Leitung des Herrn Lehrers Apfelbacher. |
Hierauf bewegte sich der
Trauerzug, der fast die Straße des Dorfes ausfüllte. Wohl selten hat ein
Trauerzug auf einem Dorfe mit einer solch' zahlreichen Beteiligung
stattgefunden. Auf dem Friedhofe angelangt, ergriff zunächst Herr Rabbiner
Bamberger von Würzburg das Wort und betonte in inhaltsreichen Worten die
zahlreichen Eigenschaften, die der Verblichene in sich vereinigt hatte. Hierauf
sprach abermals Herr Rothschild und hob hervor, wie seine Gattin, die Tochter
des Verschiedenen, nur der verständigen Erziehung ihres Vaters es zu verdanken
hat, dass ihre Brust ein eisernes Kreuz ziert, welches sie nebst einem
Dankschreiben vom huldvollen Kaiser Wilhelm erhielt wegen den hervorragenden
Leistungen bei der Krankenpflege des siegreichen 1870er-Krieges. Ihm reihte sich
die vortreffliche Rede des Herrn Hauptlehrers Eschwege von Höchberg
(= Nathan Eschwege), des
zweiten Sohnes des Verblichenen an, Derselbe hob besonders hervor, dass sein
Vater, um das Gebot der Nächstenliebe zu erfüllen, sein eigenes Leben der
Todesgefahr aussetzte, dass derselbe nicht weniger denn drei Menschenleben vor
dem Tode des Ertrinkens gerettet. Zwei Menschen rettete er aus den
Mecklenburgischen Seen, da kein anderer hilfebereit war und einen aus der
angeschwollenen Saale, wofür er vom König Ludwig durch Verleihung des
bayerischen Heimatrechts, da der Verblichene von Fulda stammt, belohnt wurde.
Ferner sprachen noch Herr Lehrer Blumenthal von
Homburg im Namen der anwesenden
Kollegen und Herr Simon Eschwege - Höchberg als ältester Enkel des
Verschiedenen. Nach Beendigung der Reden folgte abermals ein ergreifender
Trauerchoral von dem Karbacher Gesangverein. Hierauf, um 1 1/2 Uhr, wurden die
sterblichen Überreste dem Schoße der Erde übergeben. Wenn wir es hier
unterlassen, auf die Eigenschaften und Tugenden des Verblichenen näher
einzugehen, so geschieht dies deshalb, weil die großartige wohl auf einem so
kleinen Orte noch nie dagewesene Beteiligung am Trauerzug volles Zeugnis ablegt
von der Trefflichkeit des Dahingegangenen. S.W.E."
Anmerkung: Lehrer Hirsch Eschwege dürfte identisch sein mit dem Lehrer
Hirsch Eschwege, der 1864 in Bad Neuhaus
genannt wird. |
Neujahrsgrüße von Salomon Eschwege (1898, Lehrer in Karbach seit 1896)
Anmerkung: 'Ein vom 6. 9. 1896 erstellter Schuldienstvertrag lautet:
'Dienstvertrag zwischen der israelitischen Cultusgemeinde dahier, vertreten durch die unterzeichneten Cultusverwaltungsmitglieder und Herrn Lehrer Eschwege aus
Thüngen ist heute folgender Vertrag abgeschlossen worden:
Die hiesige Cultusgemeinde nimmt den Herrn Lehrer Salomon Eschwege als Religionslehrer und Vorsänger auf und übernimmt derselbe auch die Schächterfunktion. 1. Herr Lehrer Eschwege hat die Stelle eines Lehrers und Vorsängers pflichtgemäß zu versehen mit der Bemerkung, dass am Neujahrs- und Versöhnungstage ein Gehilfe als Vorbeter beigegeben wird. 2. Die Gemeindeschreiberei und die einschlägigen Publikationen zu besorgen. 3. Die Beaufsichtigung des Friedhofs zu geeigneten Zeiten. 4. Einen passenden Vortrag an Sabbat und Feiertagen zu halten..."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1898:
"Allen Verwandten, Freunden und Bekannten wünscht herzlichst ein
gutes Neues Jahr (wörtlich eine gute Einschreibung und Versiegelung).
Salomon Eschwege, Karbach, zur Zeit Lehrerkompanie
Eichstätt." |
Zum Tod von Nathan Eschwege, Lehrer an der
Präparandenschule in Höchberg, Sohn des Lehrers Hirsch Eschwege in
Karbach (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1908:
Artikel
ist noch nicht ausgeschrieben, zum Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
Hinweis auf Lehrer Samuel Silbermann (gest. 1912)
Nach Angaben von L. Scherg starb in Karbach am 24. Januar 1912 der Lehrer Samuel
Silbermann (geb. November 1853). Er war verheiratet mit Eva geb. Lion aus
Westheim bei Haßfurt.
Jüdischer Wanderlehrer gesucht (1926)
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7.
Oktober 1926: "Der Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden
beabsichtigt in Unterfranken für die Gemeinden Karbach, Marktheidenfeld
und Homburg einen Wanderlehrer anzustellen, der den
Religionsunterricht und die Schechita in diesen drei Gemeinden zu
übernehmen und abwechselnd in jeder dieser Gemeinden als Vorbeter zu
wirken hat. Seminaristische Vorbildung, wenn auch ohne
Anstellungsprüfung, wird verlangt. Die Besoldung erfolgt nach den
Leitsätzen des Verbandes in Anlehnung an die Reichsbesoldungsordnung. Die
durch die Betreuung mehrerer Gemeinden erwachsenden Unkosten werden
gesondert vergütet. Bewerbungen mit Lebenslauf und Zeugnissen an den
Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden, München, Herzog-Max-Str.
7/I." |
Ausschreibung der Lehrerstelle in Urspringen mit Betreuung der Gemeinde Karbach
(1929)
Zeitschrift "Der
Israelit" am 13. Juni 1929: "Die Israelitische Kultusgemeinde
Urspringen (Unterfranken) beabsichtigt möglichst sofort ihre frei
gewordene Lehrerstelle wieder zu besetzen. Bewerber, die der
gesetzestreuen Richtung angehören, die Schlussprüfung an einem
staatlichen anerkannten Lehrerseminar abgelegt haben und das Kantorat
sowie den Schächtdienst zu übernehmen in der Lage sind, werden ersucht
Bewerbungen unter Vorlage von Zeugnissen bei dem unterfertigten Vorstand
einzureichen. Der Gehalt bemisst sich nach der Besoldungsordnung des
Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Dem Beamten obliegt neben
dienstlichen Verpflichtungen in der Gemeinde Urspringen auch der
Religionsunterricht, die Schechita sowie die religiöse Betreuung der
Gemeinden Karbach und Marktheidenfeld nach Maßgabe näherer Vereinbarung.
Urspringen, den 7. Juni 1929. Der Vorstand der Israelitischen
Kultusgemeinde Urspringen. Bernhard Dillenberger. |
|
Dieselbe
Ausschreibung in der "Bayerischen Israelitischen
Gemeindezeitung" vom 15. Juni 1929. |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Schwierigkeiten im christlich-jüdischen Miteinander im Sommer 1860
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Oktober 1862:
"Aus Unterfranken. In dem Orte Karbach in Unterfranken, wo die
israelitische Jugend die katholische Elementarschule besucht, ereignete sich
jüngstens Folgendes: Am 12. August suchte der Lehrer Dorsch ein jüdisches
sechsjähriges Knäbchen zu bewegen, seine Hände während des Gebetes nach
christlicher Sitte zusammen zu legen, als aber dieses nicht Folge leistete, so
misshandelte derselbe das zart gebaute Kind derart, dass es 11 Tage weder sitzen
noch liegen konnte, ja auch jetzt noch sich übel befindet. In den nächsten Tagen
schon wird diese Tyrannei, wie die dabei geäußerten intoleranten Invektiven
vor den Schranken des Königlichen Bezirksgerichts Lohr zur öffentlichen
Verhandlung kommen." |
Ausschreibung der Löb und Schifa Adler'schen Brautaussteuerstiftung 1920
Über viele Jahrzehnte war die Löb und Schifa Adlersche
Brautaussteuerstiftung eine für arme jüdische Bräute in Bayern eine
großartige Möglichkeit der Unterstützung.
Anzeige in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1920:
"Bekanntmachung. Aus der Löb und Schifa Adler'schen
Brautaussteuerstiftung in Karbach sind pro 1920 die Rentenanfälle im Betrage
von ungefähr Mk. 800-900 an eine israelitische Braut, welche in Bayern ihnen
Wohnsitz hat und deren sittliches und religiöses Verhalten ein gutes ist, zu
vergeben. Unter den Stiftungsberechtigten haben Doppelwaisen, nach diesen
einfache Waisen den Vorzug.
Bewerberinnen haben ihr schriftliches Gesuch bis zum 31. Mai dieses Jahres bei
der unterfertigten Kultusverwaltung einzureichen. Dem Gesuche sind beizufügen:
1. ein Geburtszeugnis, 2. eine Bescheinigung über die Zugehörigkeit zur
israelitischen Religionsgemeinschaft, 3. der Nachweis über rechtskräftige
Verlobung unter Angabe der Personalien des Verlobten und des Zeitpunktes der in
Aussicht genommenen Verehelichung, 4. ein Nachweis über den Wohnsitz in Bayern,
5. ein vom Kultusvorstand ausgestelltes und von dem zuständigen
Distrikts-Rabbiner beglaubigtes Zeugnis über sittliche und religiöse Führung,
6. der Nachweis, ob die Eltern noch leben, verneinendenfalls die Sterbeurkunden,
7. ein Geldbetrag von 1 Mark.
Gesuche, welche später als am 31. Mai dieses Jahres einlaufen, werden nur dann
berücksichtigt, wenn sie vollständig sind, oder wenn ihre Vervollständigung
bis zur Beleihung des Rentenanspruchs tunlich ist. Die Rentenverleihung erfolgt
nur unter der Voraussetzung der vollzogenen Eheschließung im Kalenderjahr der
Gesuchstellung. Es wird ferner darauf aufmerksam gemacht, dass nur diejenige
Bewerberin einen Anspruch auf eine Rente machen kann, deren Verehelichung erst
nach Ablauf des Monats Juni stattfindet.
Karbach, Bezirksamt Marktheidenfeld (Unterfranken), 4. Februar 1920. Die
Israelitische Kultusverwaltung J.A.Jul. Guttmann"
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Weitere Ausschreibungen der
Löb und Schifa Adler'schen Brautaussteuerstiftungen aus den Jahren 1890 /
1915 / 1927 / 1928 / 1919 / 1930 / 1936 / 1937 (!) sowie Titelblatt der
Satzungen der Stiftung von 1901: |
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Aus der Zeitschrift "Der
Israelit"
vom 17. Juli 1890 |
Aus der
Zeitschrift "Der Israelit"
vom 18. Februar 1915 |
Aus der Zeitschrift "Der
Israelit"
vom 10. März 1927 |
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Aus der
Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. März 1928 |
Aus der
Zeitschrift "Der Israelit"
vom 14. März 1929 |
Aus der
Zeitschrift "Der Israelit"
vom 13. März 1930 |
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Aus der
"Bayerischen Israelitischen
Gemeindezeitung" vom 15. August 1936 |
Aus der "Bayerischen
Israelitischen
Gemeindezeitung" vom 1. Mai 1937 |
Titelblatt
der "Satzungen der
Braut-Aussteuer-Stiftung der Eheleute Löb und
Schifa Adler von Karbach. Druck von B. Dürr in
Marktheidenfeld,
1891" (erhalten von L. Scherg) |
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Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Amalia Grünewald (1907)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1907:
"Karbach, 23. März (1907). Am 10. Adar schied hier Frau Amalia
Grünewald im Alter von 80 Jahren aus dem Leben. Sie war eine edle Frau im
wahren Sinne des Wortes. Ihr ganzer Lebenswandel war ausgezeichnet durch
echte, innige Frömmigkeit und unerschütterliches Gottvertrauen. Wo sich
ihr die Möglichkeit bot, suchte sie sich an Werken der Liebe anregend und
beispielgebend zu beteiligen. Am Grabe gab ihr Sohn, Lehrer Grünewald aus
Neumagen an der Mosel, seinem und seiner Geschwister Verlust in
schmerzbewegten Worten Ausdruck. Ihre Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens." |
Zum Tod
des aus Karbach stammenden Lehrer Moses Grünewald (1928 in Neumagen)
Nach den Recherchen von Wolfgang Appell, Erlangen (Mitteilung vom 10.7.2012)
ist Moses Grünewald ca. 1867 in Karbach geboren und am 6.5.1928 in Neumagen
gestorben (seine Mutter Amalia geb. ? ist ca. 1827 geboren und am 24.2.1907 in Karbach
gestorben). Moses Grünewald war in 1. Ehe verheiratet mit Götta geb. Sichel
(geb. ca. 1870 in Kleinheubach, gest.
18.11.1905 in Neumagen), mit der er eine
Tochter Maria (Mira) hatte (geb. 7.1.1889 in Neumagen); in 2. Ehe war er
verheiratet mit Cerline geb. Grünfeld, über die noch keine weiteren Angaben
vorliegen.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928: "Neumagen
bei Trier, 1. Juli (1928). Vor kurzem starb hier, allgemein betrauert,
Herr Lehrer Moses Grünewald - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen. Er entstammte einer frommen Familie aus Korbach (gemeint: Karbach)
in Bayern. Alt und jung schauten zu dem selten frommen und
menschenfreundlichen Manne mit Bewunderung und Verehrung empor. 35 Jahre
lang oblag er in hiesiger Gemeinde mit vorbildlicher Pflichttreue und
heiliger Begeisterung seinem Berufe als jüdischer Volksschullehrer; es
war ihm, dem streng gesetzestreuen Manne nicht immer leicht, seinen Standpunkt
bei der fast ausschließlich liberalen Gemeinde durchzusetzen. 'Mit
Laban habe ich gewohnt und die 613 Gebote habe ich bewahrt' (sc. nach
1. Mose 32,5, nach Auslegung bei Raschi durch Gematria des garti).
Seine wahre, tiefe Frömmigkeit zeigte sich erst im ganzen Umfange, als
ihn eine langwierige Krankheit aus seinem Schaffen riss. Sechs Jahre
ertrug er, gestützt durch die liebevolle, aufopfernde Pflege von Frau und
Tochter, mit der Dulderkraft eines Hiob die ungemein schmerzvolle
Krankheit, die er als Liebesqualen auffasste. Die Beerdigung war
ein beredtes Zeugnis dafür, welche Achtung und Liebe diesem wahrhaft
edlen Menschen entgegengebracht wurde. Die vier Schulen des Städtchens
gingen voraus, es folgten die Geistlichkeit und Vertreter aller Behörden,
zuletzt die Bürger aus allen Kreisen der Bevölkerung. Eine Trauerrede
hatte sich zwar der Verstorbene in seiner bekannten Bescheidenheit
verbeten. Aber die stille Trauer auf dem Angesicht aller Anwesenden zeigte
besser als große Trauerreden den Schmerz um den Verlust dieses seltenen
Mannes. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
Seit dem 18. Jahrhundert war in einem der jüdischen Häuser war ein Betsaal ("Judenschule")
eingerichtet. Aus dem Jahr 1829
sind Dokumente vorhanden, die die Mitbenutzung der Synagoge durch die Juden aus
dem benachbarten Bergrothenfels regeln.
1844 kaufte die Gemeinde ein Haus ("Stettener Adelshof"), das für 1.000 Gulden zu einer
Synagoge mit Schulzimmer und Lehrerwohnung umgebaut wurde. Da
die eigenen finanziellen Mittel der wenigen jüdischen Familien für diesen Umbau
des Hauses zur Synagoge nicht ausreichten, wurde die Durchführung einer Kollekte
bei der Regierung beantragt. Diese wurde im Juli
1844 genehmigt und in den folgenden Wochen durchgeführt. Zur Kollekte selbst liegen
zwei
Artikel aus dem "Intelligenzblatt von Unterfranken..." vor:
Kollekte zum Bau der Synagoge in Karbach (1844/45)
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 4. August 1844: "(31. Juli 1844). an die fürstlich
Löwensteinische Regierungs- und Justiz-Kanzlei zu Kreuzwertheim und an
sämtliche Distrikts-Polizei-Behörden von Unterfranken und Aschaffenburg.
(Die Bitte der Israeliten zu Karbach um Bewilligung einer Kollekte zum
Zwecke ihres Synagogen-Baues betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Majestät haben
zu Folge eines unterm 1. dieses Monats an die fürstlich Löwensteinische
Regierungs- und Justizkanzlei in Kreuzwertheim erlassenen und unter
demselben Datum in Abschrift zur Wissenschaft anher mitgeteilten höchsten
Ministerial-Reskripts den Juden zu Karbach die Veranstaltung einer Kollekte
unter ihren Glaubensgenossen im Königreiche zum Zwecke ihres Synagogen-Baues
allergnädigst zu bewilligen geruht.
Die Distrikts-Polizei-Behörden des Regierungs-Bezirkes von Unterfranken und
Aschaffenburg werden daher angewiesen, die Kollekte durch die israelitischen
Kultusvorsteher vornehmen zu lassen und das Resultat binnen 4 Wochen anher
anzuzeigen.
Die eingehenden Beträge sind - mit Ausnahme der bei der fürstlich
Löwensteinischen Regierungs- und Justizkanzlei Kreuzwertheim eingegangenen -
an das Expeditions-Amt der unterfertigten Stelle einzusehen.
Würzburg den 26. Juli 1844. Königliche Regierung von Unterfranken und
Aschaffenburg, Kammer des Innern. Graf Fugger. Thaler."
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Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 8. April 1845: "(3. April 1845) (Die Kollekte für den
Synagogenbau zu Karbach betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Der den Juden zu Karbach zugekommene Gesamtertrag der denselben zu folge
höchsten Ministerial-Reskriptes vom 1. Juli 1844 (Kr.-Intelligenzblatt S.
477) bewilligten Kollekte wird in der nachstehenden Übersicht zur
öffentlichen Kenntnis gebracht.
Würzburg den 28. März 1845.
Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern.
Graf Fugger.
Thaler.
Übersicht des Ertrags der den Israeliten zu Karbach, Herrschaftsgerichts
Rothenfels, bewilligten Kollekte zum Synagogenbau..."
Aus der Übersicht gehen die Erträge der Sammlung der einzelnen
Behörden/Ämter hervor. |
Hinweis: die oben gezeigten Dokumente
beziehen sich nur auf die Sammlung in Unterfranken und Aschaffenburg.
Weitere Erträge gab es aus den anderen Regierungsbezirken Bayerns und der
Pfalz. |
Alsbald nach Abschluss der Kollekte (Frühjahr 1845) wurde der Umbau des
gekauften Gebäudes zur Synagoge durchgeführt.
1903 wurde die Synagoge renoviert. Am
3. September 1903 wurde die Synagoge durch Distriktsrabbiner Nathan Bamberger
aus Würzburg feierlich eingeweiht:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1903:
"Karbach. Am 3. September (1903) fand dahier die Einweihung der
vollständig umgebauten Synagoge statt. Von der Heippertschen Wohnung
bewegte sich ein Festzug durch das Dorf zur Synagoge, an welchem der Herr
Distriktsrabbiner N. Bamberger aus Würzburg, der Herr Bezirksamtsassessor
von Marktheidenfeld, die Ortsbehörde und ein zahlreiches, aus der Ferne
herbeigeeiltes Publikum teilnahm. Vor der Synagoge hielt der Herr
Bezirksamtsassessor eine Ansprache, die er mit einem Hoch auf den
allwärts beliebten Regenten, Prinz Luitpold, schloss. Hierauf sprach die
Schülerin Dora Adler einen Festprolog und überreichte den Schlüssel dem
Herrn Rabbiner. Dieser öffnete das Gotteshaus und ein Chor sang mehrere
jüdische Melodien. Der Herr Distriktsrabbiner sprach das Königsgebet und
hielt eine Festrede. Ein Jigdal-Chor beendete die erhebende Feier. Am
Schabbat den 5. dieses Monats fand ein Festgottesdienst statt, bei dem
Herr Lehrer Silbermann die Festrede hielt. Last not least waren auch zwei
Bankette auf dem Programm.
Der 31jährigen Tätigkeit des in weiten Kreisen bekannten Lehrers Mauroh
Haurooh Hirsch Eschwege an hiesigem Orte ist es zu verdanken, dass man
dahier noch Tauroh (Tora), Awaudo (Gottesdienst) und Gemilus
Chesed (Wohltätigkeit) zu üben versteht und dass ein Chilul
Schabbot (Entweihung des Schabbat) fast nicht vorkommt. Möge des
genannten Zadik (Gerechten) Vorbild auch weiter der Gemeinde im
Gedächtnis bleiben und jede Uneinigkeit in derselben bannen. Ein
Mann aus dem Hause Levi." |
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Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. September
1903: "Karbach. Die feierliche Einweihung der Synagoge fand
bei herrlichem Wetter am Donnerstag, den 3. und Samstag, den 6. September
unter Anwesenheit einer zahlreichen Bevölkerung von in- und auswärts in
freudiger und gehobener Stimmung statt, Alles prangte in Festschmuck. Die
Synagoge war prachtvoll mit Kränzen, Fahnen und Wappen dekoriert. Seine
Ehrwürden, Herr Distriktsrabbiner Nathan Bamberger in Würzburg hielt die
Festpredigt. Seitens der Königlichen Regierung war Königlicher
Bezirks-Amts-Assessor Korn, Marktheidenfeld erschienen. Die Sologesänge,
sowie das Dirigieren des geschulten Chores hatte Herr Lehrer Kissinger, Urspringen,
in liebenswürdiger Weise übernommen.
Bei dem sehr feierlichen Sabbatgottesdienst hielt Herr Lehrer Silbermann
eine ergreifende und zu Herzen gehende Festrede, welche allgemeinen
Beifall fand." |
Beim Novemberpogrom 1938 zerstörten die aus Marktheidenfeld
und anderen Orten nach Karbach gekommenen SS-Leute die Inneneinrichtung der Synagoge.
Das Gebäude blieb jedoch erhalten.
Die ehemalige Synagoge ist noch
vorhanden und wird als Rathaus der Gemeinde Karbach verwendet (Umbau zum Rathaus
bereits 1951). Eine Gedenktafel wurde
an der Treppenseite des Rathauses im Frühjahr 2002 angebracht.
Neben der Synagoge befand sich das jüdische Ritualbad (Mikwe).
Das 1826 errichtete Badehäuschen wurde in der Zeit des Zweiten Weltkrieges
abgebrochen. Nach 1945 wurde nach Verfüllung des Zugangs und des
Tauchbeckens auf den Fundamenten des Badehäuschens eine Milchsammelstelle
erbaut. 2006 wurde das Milchhäuschen abgebrochen; die Zugangstreppe und
das Tauchbecken wurden im Rahmen der Dorferneuerung (Neugestaltung des
Marktplatzes) freigelegt und in Leichtbauweise
ein Gebäude darüber errichtet, in dem nicht nur die Funktion des Tauchbads
erläutert, sondern auch die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Karbach
dargestellt wird.
Standort der Synagoge: Marktplatz Nr. 1 (früher Marktplatz 181)
Fotos:
(Pläne erhalten über Leonhard Scherg - Quelle: StA
Würzburg, LRA Marktheidenfeld, Baupläne, 1902/253; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.10.2006)
Umbaupläne der
Synagoge
in Karbach von 1902 |
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West- und Südansicht des
Synagogengebäudes |
Längen- und Querschnitt des
Synagogengebäudes |
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Grundriss des Erdgeschoss mit
dem
Betraum der Männer (linke Seite) und
dem "Lehrsaal" und
einem weiteren Zimmer
der jüdischen Schule (rechte Seite) |
Grundriss der Ersten Stockes
mit der
Frauenempore (linke Seite) und der
Lehrerwohnung (rechte Seite),
dazwischen
der Platz der Laubhütte |
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Planskizze der Mikwe
(erhalten von Martin Harth) |
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Planskizze der
Mikwe (rituelles Bad), erstellt von Baumeister Johannes Schönmann aus
Pflochsbach 1826 (Quelle: Staatsarchiv Würzburg LRA Mar 2346) |
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Historische
Aufnahmen
(Scans erhalten von Martin Harth) |
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Die Synagoge um 1900
(Detail aus einer Mehrbild-Ansichtskarte) |
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Kundgebung mit NSDAP-Gauleiter
Dr. Otto Hellmuth vor
der Karbacher Synagoge (Quelle: Stadtarchiv Marktheidenfeld,
Sammlung Förderkreis Synagoge Urspringen) |
Foto einer
NS-Kundgebung (wahrscheinlich 1933) vor der Karbacher Synagoge mit
nebenliegender Mikwe.
(rechts Ausschnittvergrößerungen mit Gebäude der Mikwe und der
Synagoge)
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Das
Gebäude der ehemaligen Synagoge im Oktober 2006
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.10.2006) |
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Blick über den 2006 neu
gestalteten Marktplatz |
Die ehemalige Synagoge von
Süden,
jetzt Rathaus der Gemeinde |
Ehemalige hohe
Rundbogenfenster des Betsaales |
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Die im Frühjahr 2002
angebrachte
Gedenktafel an der Treppenseite |
Blick auf die
"Treppenseite"
(Westseite) mit angebautem Aufgang |
Ansicht der ehemaligen Synagoge
von Osten |
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Andernorts entdeckt
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Grabstein für Kaufmann
Isaak Grünewald im jüd. Friedhof
Mühlhausen (ERH) (1849 Karbach - 1928 Mühlhausen) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Januar 2011:
Bericht über die Entdeckungen beim Umbau der
ehemaligen Synagoge / des
Rathauses in Karbach |
Artikel von Josef Laudenbacher in der
"Main-Post" vom 4. Januar 2011 (Artikel):
"KARBACH - Bei Umbau Wandbemalung entdeckt. Sanierung des heutigen Rathauses offenbart die wechselvolle Geschichte des Gebäudes
1951 erwarb die Marktgemeinde Karbach die ehemalige Judenschule und baute sie zu ihrem Rathaus um. Die zweigeschossige Synagoge mit Frauenempore im Obergeschoss und Thoraschrein auf der Ostseite im Untergeschoss wurde durch eine Zwischendecke getrennt. Das Gebäude wird derzeit energetisch saniert und umgebaut.
Nach der Entkernung des Baus zeigten sich vor allem im Obergeschoss, der einstigen Synagoge, Wandmalereien, die aus der Zeit von 1903 stammen könnten und mit den damals üblichen Rollen aufgetragen wurden. An der Decke fanden sich zudem in schmalen Abschnitten, die durch Deckenbalken gesichert waren, Schablonen-Malereien, möglicherweise aus der Zeit von 1844.
Zwei Fenster zugemauert.
Dies stellte Peter Müller, Chef der Löwen-Restaurierung in Erlenbach, bei einer kurzen, ehrenamtlichen Besichtigung mit Karbachs Bürgermeister Kurt Kneipp fest.
'Es wäre erfreulich, wenn wenige Teile der Decken- und Wandbemalung freigelegt und der Nachwelt erhalten werden könnten', so Müller und Bürgermeister Kneipp unisono.
'Sie sind auf jeden Fall erhaltenswert.'
Die zwei Fenster auf der Ost- und Westseite wurden beim Umbau, den Erfordernissen für die neuen Räume folgend, zum Teil zugemauert. Die aus rotem Sandstein gefertigten Wandungen aber blieben erhalten.
Der Verfasser des Artikels hatte mehrere Stunden versucht, in diffiziler Hand- und Feinarbeit weitere Erkenntnisse über die Schablonenmalerei zu Tage zu bringen. Schicht für Schicht wurde abgetragen und so eine größere Fläche freigelegt. Demnach dürfte die gesamte Decke, mit umlaufendem Fries, einheitlich mit Schablonenmalerei, ebenso wie die gesamte Ostseite, ausgestaltet gewesen sein.
Auf der Ostseite, genau unter dem wieder freigelegten Rundfenster, befand sich der Thoraschrein, in dem die wertvollen Thorarollen aufbewahrt wurden, und der nur über fünf Stufen zu erreichen war. Davor stand die sogenannte Bima, eine erhöhte kleine Kanzel. Das Untergeschoss wurde zeitweise als Schulsaal genutzt und heute als Sitzungssaal der Marktgemeinde. In den Räumen sollen nach der statischen Sanierung Archivräume eingerichtet werden. Tapetenfragmente im ehemaligen Wohnbereich des Rabbiners auf der Südseite des Gebäudes stammen aus der Entstehungszeit um 1822. Sie sind mit Natur-Leimfarben bedruckt und mit einer den Raum umrahmenden Bordüre verziert. Eine äußerste Seltenheit, wie Peter Müller beeindruckt feststellte.
Von Mäusen zerfressen.
Im Rahmen der energetischen Sanierung wurden auch einige wenige Utensilien gefunden. Das Meiste war von Mäusen zerfressen. Einige wenige Fragmente konnten dennoch gesichert werden. Darunter ist eine Doppelseite einer hebräischen Schrift. Nachdem ein Bild auch nach Israel gesandt wurde, kam jetzt die Nachricht zurück, dass es sich bei den Fragmenten um ein Gebetbuch, eigens für den Sabbat (Schabbes), handelt.
Arie Freund, wohnhaft in Kevar Weradim (Israel/Wertheimer Siedlung) unweit der südwestlichen libanesischen Grenze, hat die in Karbach gefundenen Texte im so genannten
'Machsor', dem Gebetbuch für die 'Hohen Feiertage' gefunden. Arie Freund:
'Das ist genau dieser Text'. Das tägliche Gebetbuch hingegen wird 'Sidur' genannt.
Synagoge Karbach.
Im Jahre 1580 wurde die ehemalige Karbacher Synagoge als Stettenberger Freihof erbaut. 1822 wurde das Anwesen für 1000 Gulden an die jüdische Kultusgemeinde veräußert.
1843 wurde das Gebetshaus vergrößert, 1903 erfolgte ein weiterer Umbau. Die Pläne fertigte Zimmerermeister Maurus Leichtenschlag. Nach dem Umbau erstreckte sich die Synagoge über eine Höhe von 5,50 Metern mit einem Betsaal im Erdgeschoss und der Frauenempore im ersten Stock. Außerdem gab es eine Laubhütte und den Wohnbereich des Rabbiners. Der Neubau wurde am 3. September 1903 eingeweiht.
Das Gebäude im Dorf und die Blickachse zur St.-Vitus-Pfarrkirche zeugen vom guten Miteinander von Christen und Juden in der Gemeinschaft, bis zur Zeit des Nationalsozialismus." |
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Fotos von Josef Laudenbach |
Hebräische Schrift: Zwei Seiten aus einem
Sabbat-Gebetbuch, gefunden beim
Umbau |
Mühsam ein kleines Stück freigelegt:
Wandbemalung in der ehemaligen
Synagoge |
Begutachtung auf der Baustelle: Bürgermeister
Kurt Kneipp und Peter Müller
(Löwen-Restaurierung) |
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Mai
2011: Karbach beteiligt sich am
Gedenkmarsch in Würzburg |
Artikel von "maha"
in der "Main-Post" vom 26. April 2011 (Artikel):
"URSPRINGEN. Gedenkmarsch auf dem Weg der Opfer
Förderkreis und Main-Spessart-Gemeinden unterstützen Aktion – Schilder erinnern an Deportierte
(maha) Am 10. Mai soll in Würzburg unter dem Titel 'Wir wollen uns
erinnern' ein Gedenkmarsch auf dem Weg der größten Deportation von Juden aus Unterfranken am 25. April 1942 von der ehemaligen Gaststätte
'Platz'scher Garten' am Friedrich-Ebert-Ring zum früheren Güterbahnhof Aumühle stattfinden.
Dabei soll auch der großen Anzahl von Opfern der nationalsozialistischen Rassenideologie aus dem heutigen Landkreis Main-Spessart gedacht werden. Der Förderkreis Synagoge Urspringen unterstützt diese Gedenkveranstaltung, wie dies der Vorsitzende Leonhard Scherg bei der Hauptversammlung des Vereins deutlich machte.
Für die Aktion 'Wir wollen uns erinnern' wurden die Daten der Deportationsopfer vom 25. April 1942 aus einigen jüdischen Gemeinden überprüft und zusammengestellt. Über den Stand der Vorbereitungen für den Gedenkmarsch
'Wir wollen uns erinnern' am 10. Mai in Würzburg wurde bei der Hauptversammlung berichtet.
So haben sich die Stadt Marktheidenfeld und die Gemeinde Karbach bereits um Teilnehmer bemüht, welche die Namenstafeln der neun, beziehungsweise 27 Opfer aus den Gemeinden beim Gedenkmarsch tragen werden. Auch Triefenstein wird sicher mit fünf Vertretern für die Opfer aus Homburg dabei sein.
Für Urspringen will Bürgermeister Heinz Nätscher Verbindung mit den Schulen in Marktheidenfeld aufnehmen, um Vertreter für die 42 Opfer aus seiner Gemeinde nach Würzburg schicken zu können. Georg Schnabel berichtete über den Stand der Vorbereitungen in Laudenbach.
Bürgermeister Kurt Kneipp aus Karbach will sich um zwei Busse bemühen, die für Vertreter aus dem ehemaligen Landkreis Marktheidenfeld eingesetzt werden, um die Aktion, die von 14 bis etwa 19 Uhr dauern könnte, gemeinsam abzuwickeln.
Josef Laudenbacher (Karbach) holt die Namensschilder für die vier Gemeinden vorher in Würzburg ab und verteilt sie in den Bussen. Bemerkenswert ist, dass im Fall von Karbach auch Nachkommen jüdischer Opfer zu dem Gedenkmarsch aus Israel nach Deutschland kommen wollen."
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September
2012: Regierungspräsident Beinhofer
besucht Mikwe und Friedhof in Karbach |
Artikel
von Bianca Löbbert im "Lohrer Echo" vom 7. September 2012:
"Jüdisches Erbe bewahren.
Geschichte: Regierungspräsident Paul Beinhofer besichtigt Synagoge in
Urspringen sowie Mikwe und Friedhof in Karbach.
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken. |
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November 2014:
Exkursion auf den Spuren der
jüdischen Geschichte in Karbach und Umgebung |
Artikel von Josef Laudenbacher
in der "Main-Post" vom 14. November 2014: "KARBACH. Synagoge als
Gedenkstätte
Die siebte Exkursion des Kooperationsprojekts 'Landjudentum in Unterfranken'
führte eine Gruppe von 50 Teilnehmern in den Landkreis Main-Spessart.
Besucht wurden Laudenbach,
Urspringen und Karbach. Nach einer
Pause in Laudenbach galt der
ehemaligen Synagoge in Urspringen das
Interesse. Hier übernahm der Historiker Dr. Leonhard Scherg aus
Marktheidenfeld die Führung. Wie in Laudenbach auch reicht in Urspringen die
Entstehungsgeschichte der jüdischen Gemeinde bis ins 16. Jahrhundert zurück.
Eine erste Synagoge wurde im 17. Jahrhundert als kleiner Fachwerkbau
errichtet, an dessen Stelle um das Jahr 1803 eine neue Synagoge im
frühklassizistischen Stil trat. Diese blieb bis zum Novemberpogrom 1938
Zentrum des jüdischen Gemeindelebens im Ort. Die Eingangstür war
ursprünglich kleiner, nach der Pogromnacht wurden allerdings hier
landwirtschaftliche Geräte untergebracht und ein größerer Eingang eingebaut.
Trotz der Zweckentfremdung wirkt die Synagoge verhältnismäßig intakt. In den
Jahren von 1989 bis 1991 wurden Renovierungen durchgeführt und das
unpassende Tor gegen eine durch den Darmstädter Künstler Cornelis F.
Hageboom gestaltete Tür ausgetauscht, welche an die Deportationswege der
Urspringer Juden erinnert. 42 Juden wurden damals aus Urspringen deportiert.
Die Funktion der Synagoge ist deutlich: Sie ist eine Gedenkstätte. Zugleich
dient sie auch als Museum, welches die Geschichte des unterfränkischen
Landjudentums am Beispiel Urspringen erläutert und (auf der Frauenempore)
Genisa-Funde präsentiert. Hierbei handelt es sich um gut verwahrte
liturgische Schriften und weitere sakrale Gegenstände, die bei der
Reichspogromnacht übersehen wurden. Damals stürmten Nationalsozialisten auch
die Urspringer Synagoge, zerstörten ihr Inneres und verbrannten die heiligen
Schriften.
Die jüdische Geschichte in Karbach beginnt im 17. Jahrhundert mit der
Entstehung einer jüdischen Gemeinde, die dort bis zur Deportation von 27
jüdischen Mitbürgern 1942 existierte. Bürgermeister Bertram Werrlein
begrüßte die Gruppe am Marktplatz und gab eine Einführung in die Geschichte
des Ortes. Anschließend übernahm Josef Laudenbacher die Führung. Auf dem
Karbacher Marktplatz befinden sich zwei Zeugen lokaler jüdischer Geschichte:
Das Rathaus war früher die Synagoge – erbaut als Stettenberger Freihof 1580.
Heute erinnert eine Gedenktafel an das jüdische Erbe. Direkt daneben stand
die Mikwe, das rituelle Bad, 1826 erbaut. Über ihren sichtbaren Fundamenten
wurde ein Informationspavillon errichtet, der den geschichtlichen
Hintergrund liefert. Abschließend besichtigte die Gruppe den
jüdischen Friedhof von Karbach, der sehr
versteckt im Wald gelegen ist. Ein eigener Friedhof wurde hier spätestens
seit dem Jahr 1812 angestrebt, war aber umstritten. Errichtet wurde er 1819.
Zuvor wurden die Karbacher Juden traditionell in
Laudenbach beigesetzt. Von 1803
bis 1819, als Karbach zum Amt Steinfeld und dadurch zum Großherzogtum Baden
gehörte, in Külsheim. Die erste
Beisetzung in Karbach ist im März 1819 verzeichnet; die letzte Belegung fand
im Jahr 1938 mit Max Guttmann statt. Von den etwa 340 vorhandenen Gräbern
sind einige Grabsteine besonders schön verziert. Hier finden sich auch
klassische Motive, wie die Levitenkanne oder die segnenden Priesterhände.
Beide stehen für je einen bedeutenden jüdischen Stamm: Die Kanne für den
Stamm der Leviten, die Priesterhände für den der Kohanim.
Einmal mehr diente auch diese Exkursion dazu, Interessierten die Möglichkeit
zu bieten, die sichtbaren Spuren jüdischer Geschichte im Raum Unterfranken
kennen zu lernen. Bislang wurden Ausflüge in die Landkreise Haßberge,
Würzburg und Main-Spessart sowie in die Stadt Aschaffenburg und den Raum
Schweinfurt unternommen. Exkursionen erfüllen für das Kooperationsprojekt
jedoch zugleich die Funktion, die Grundlagen für eine touristische
Erschließung des Themas zu leisten und zu erproben. Deren weiterer
Konzeption, sei es in Gestalt von Themenwegen, Broschüren oder Apps, wird
die nächste Sitzung des Arbeitskreises Landjuden gewidmet sein. Eine weitere
kostenfreie Exkursion in den Landkreis Kitzingen findet am 16. November
statt und führt in das jüdische Wiesenbronn, Rödelsee und Obernbreit. Die
Teilnahme steht allen Interessierten offen."
Link zum Artikel |
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Juni
2015: Zum 90. Geburtstag von Nelly
Heippert (Nomie Lawie) |
Artikel in der
"Main-Post" vom 9. Juni 2015: "Karbach - Nelly Heippert
wurde 90. Nelly Heippert, verheiratete Nomie Lawie, einzige noch lebende Zeitzeugin der einst blühenden jüdischen Kultusgemeinde Karbach, konnte am 6. Juni im Kreise ihrer Familie – Tochter Miriam, die Söhne Yehuda und Avi, neun Enkel und sechs Urenkel – in Mischmar Haschiwa bei Tel Aviv ihren 90. Geburtstag feiern. Die älteren Karbacher können sich noch gut an die Jubilarin erinnern. Geburtstagswünsche übermittelten aus ihrem einstigen Heimatort der ehemalige Bürgermeister Kurt Kneipp, die Familien Helga Balzert und Josef Laudenbacher, die weiter mit Nelly in Kontakt stehen. Zu Gast waren die Freunde aus Karbach auch schon 1994 bei Lawies Familie in Israel.
Die 90-Jährige zeigt sich am Telefon geistig sehr rege: 'Ja, manchmal vergesse ich auch schon mal was, aber das geht Jüngeren auch
so', scherzte sie. Ihren Humor hat sie trotz des schweren Lebensweges und der Tatsache, nach einem Oberschenkelhalsbruch auf Pflege und einen Rollstuhl angewiesen zu sein, nicht verloren.
Die Familie Abraham Heippert (geb. 8.3.1883) mit Ehefrau Jenny, (geb. 25.4.1894) sowie die Kinder Paul (geb. 9.5.1922), Martha (17.3.1928) und Nelly (geb. 6.6.1925) wohnte in Karbach am Aufgang zum
'Kist', im Anwesen Hausnummer 142. Vater Abraham betrieb einen kleinen Viehhandel, vornehmlich im Raum Schweinfurt. Die gesamte Familie Heippert, mit Ausnahme von Nelly und Paul – sie konnten noch nach Palästina ausreisen – wurde mit insgesamt 27 jüdischen Karbacher Mitbewohnern im Juli 1942 deportiert und kam in den Vernichtungslagern im Osten um...."
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern.
Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 71-72. |
| Michael Trüger: Der jüdische Friedhof Karbach. In: Der
Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Jg. 1998 13.Jg. Nr.
77 vom September 1998 S. 29-30. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in
Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 327-328. |
| Michaela Juhr: Das Leben der jüdischen Gemeinde in Karbach und
ihre Vernichtung im Dritten Reich. Fachwissenschaftliche Grundlegung und
Umsetzung in einer Unterrichtseinheit für das historische Lernen in der
vierten Klasse der Grundschule. Schriftliche Hausarbeit für das Lehramt an
Grundschulen. Universität Würzburg 1999. |
| Leonhard Scherg: Jüdische Gemeinden und Einrichtungen. In: Juden
im Landkreis Marktheidenfeld. Marktheidenfeld 1993 (=Schriftenreihe des
Historischen Vereins Marktheidenfeld und Umgebung Bd. 13.) S. 7-70. |
| ders.: Jüdisches
Leben im Main-Spessart-Kreis. Reihe: Orte, Schauplätze, Spuren. Verlag
Medien und Dialog. Haigerloch 2000 (mit weiterer Literatur). |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 192-193. |
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband
III: Unterfranken, Teil 1.
Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg.
von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff
in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu (mit umfassenden Quellen- und
Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite
von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Karbach S. 207-224.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Karbach. Jews are mentioned in 1699 and 1729, with an organized community existing in the early 19th century and a synagogue
dating from 1844. The Jewish population was 98 in 1867 (total 1,275) and 45 in
1933. Owing to generally good relations with the local population, no Jews left
until 1936. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue and Jewish
homes were vandalized. Eleven Jews left in 1936-39 and 27 were deported to
Izbica in the Lublin district (Poland) via Wuerzburg on 25 April 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|