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Kirn (Kreis
Bad Kreuznach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Kirn bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938/42.
Bereits im Mittelalter lebten jüdische Personen in der
Stadt. Bei einer Verfolgung am 21. September 1287 (11. Tischri 5048 nach
Angaben des "Martyrologiums" des Nürnberger Memorbuches) wurden in
der Stadt sechs jüdische Personen ermordet. Vermutlich war dies Teil einer
Verfolgungswelle, die mit der Ritualmordbeschuldigung gegen die Juden in Oberwesel
begonnen hatte. Die Überlebenden haben Kirn verlassen. In der 1.
Hälfte des 14. Jahrhunderts lebten wiederum Juden in der Stadt. Der Wildgraf
von Kyrburg, der damaligen Ortsherr der Stadt, nahm mit Erlaubnis von König
Albrecht 1301 drei Juden in seinen Besitzungen auf. 1330 bat Wildgraf
Johann um eine Erhöhung der Zahl auf 15 Juden beziehungsweise jüdische
Familien, was gleichfalls vom Kaiser gestattet wurde. Die Judenverfolgung in
der Pestzeit 1348/49 zerstörte das jüdische Leben in der Stadt.
Die jüdischen Familien haben vermutlich für Einrichtungen gesorgt wie
einen Betsaal und einen jüdischen Friedhof; vom 16. bis zum 19. Jahrhundert gab es
in der Gemarkung der Stadt noch den Flurnamen "Of dem Judenkirchof"
als Erinnerung an einen alten jüdischen Begräbnisplatz.
Zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert gab es offenbar keine jüdischen
Niederlassungen in der Stadt. Nur 1693 ist - in der französischen Zeit -
kurzzeitig ein jüdischer Einwohner genannt.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sind wiederum jüdische Personen /
Familien in Kirn zugezogen. Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie
folgt: 1843 noch keine jüdischen Einwohner, 1858 fünf, 1866 45 jüdische
Einwohner, 1895 104 (1,8 % von insgesamt 5.639 Einwohnern). Die jüdischen
Personen / Familien waren insbesondere aus Orten der Umgebung zugezogen, u.a. aus
Hennweiler, Bruschied,
Becherbach, Simmern unter Dhaun (heute
Simmertal), Merxheim, Meddersheim,
Sien, Laufersweiler und
Hottenbach.
Zur jüdischen Gemeinde in Kirn gehörten nach 1900 auch die in Becherbach
lebenden jüdischen Personen, die zuvor der Gemeinde in Hundsbach
zugeteilt waren.
Die jüdische Gemeinde ("Israelitische Religionsgesellschaft in
Kirn") wurde 1866 gegründet, als ein Vorstand und Repräsentanten
gewählt wurden und zugleich ein Frauen- und ein Männerverein entstanden
sind. Die in der Liste von 1866 eingetragenen Namen der "zur
Ausübung des Wahlrechtes befähigten Juden" waren: Jacob Ullmann
(Kaufmann), David Ullmann (Handelsmann), David Wolf (Spezereikrämer aus
Löllbach), Moses Lieb (Kaufmann) Abraham Scholem (Handelsmann), Marcus Loeb
(Handelsmann aus Weierbach), Jacob Mayer (Musiker, Wirt aus Hennweiler).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle
unten). Unter den Religionslehrern waren um 1880 Joseph Seligmann, um 1889
Lehrer Bachenheimer (genannt auf einer Lehrerkonferenz in Saarbrücken, siehe Seite
zu Saarbrücken) um 1892
Max Goldschmidt (geb. 1871 in Schlüchtern, umgekommen KZ Theresienstadt 1943),
1898/99 Joseph Nathan Kahn (geb. 1877 in Rieneck,
war zuvor Lehrer in Babenhausen, nach
seiner kurzen Zeit in Kirn wechselte er nach Offenbach/Main), seit 1908 Bernhard Weil (geb.
1868 in Eichstetten, umgekommen 1943 in
Noé in Südfrankreich, war bis Februar 1939 in Kirn, danach bis zur Deportation
im Oktober 1940 in Karlsruhe, weitere Angaben siehe unten).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Alfred Moritz (geb.
16.5.1890 in Meisenheim, gef. 20.6.1916).
1925 gehörten zur jüdischen
Gemeinde 106 Personen (1,4 % der Gesamteinwohnerschaft). 1932 waren die
Gemeindevorsteher Ferdinand
Schmelzer (1. Vors., war seit 1911 Inhaber eines Geschäftes mit
Bürstenwaren und Haushaltsgegenständen in der Radergasse 1), Dr. med.
Richard Asch (2. Vors., hatte seit 1918 in der Bahnhofstraße 11 eine
Arztpraxis, war Vertrauensarzt der Deutschen Reichsbahn, galt auf Grund seiner
wohltätigen Einstellung als "Armenarzt") und Wilhelm Vogel I (3.
Vors., Handelsmann, wohnte in der Neuestraße 9). Als
Lehrer, Kantor und Schochet war weiterhin der bereits genannte Bernhard Weil angestellt. Er erteilte im
Schuljahr 1931/32 12 jüdischen Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: über 100 Personen) auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938
wurde die Inneneinrichtung der Synagoge durch SA-Leute völlig zerstört; dazu
wurden 13 jüdische Wohnhäuser überfallen und demoliert. 1939 wurden
noch 39 jüdische Einwohner gezählt. Die letzten elf jüdischen Einwohner
wurden im Juli 1942 deportiert.
Von den in Kirn geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", abgeglichen mit den Angaben
bei Furch / Ziemer s.Lit. S. 15-19): Johanna Allmeyer geb.
Köhler (1880), Julius Allmeyer (1884), Erwin Baum (1918), Erwin Baum (1918),
Johanna Baum geb. Liebmann (1878), Siegmund Baum (1883), Julius Berg (1899),
Martha Blasius geb. Koppenhagen (1892), Otto Brück (1873, vgl. Erinnerungsblatt
des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Otto Dornhard (1886),
Else Dornhard (1914), Ernst Dornhard (1917), Selma Dornhard geb. Hanau (1891), Johanna
Gottschalk geb. Fried (1881), Maurice Gottschalk (1896), Max Gottschalk (1878),
Moritz Gottschalk (1893), Paul Gottfried Gottschalk (1909), Theo Gottschalk (1915),
Julius Grebe (1881), Hertha Greve geb. Weingarten (1897), Erich Haas (1914), Helene Haas geb. Gudenberg
(1879), Leo Haas (1878), Willy (Wilhelm) Haas (1888), Felix Joseph (1905), Gustav Joseph (1866),
Rosa (Rosina) Joseph geb. Scholem (1867), Anni Kahn (1921), Amalie Leib (1872), Elise Leib geb.
Sender (1874), Leopold Leib (1875), Erna Levy geb. Vogel (1899),Max Ernst Levy (1908), Berta Levy geb.
Kaufmann (1870), Leopold Levy (1895), Loritz Levy (1909), Erna Lob (1919), Frieda
Paula Moritz (1890), Jette (Henriette) Moritz geb. Rosenfeld
(1859), Henriette Römer geb. Sender (1902), Siegfried Römer (1924), Bertha
Rothschild geb. Bärmann (1856), Albert
Schmelzer (1903), Fritz Sigismund Schmelzer (1904), Herbert Sternheimer (1898),
Rosa Vogel geb. Michel (1879), Wilhelm Vogel I (1872), Bernhard Weil (1868), Otto Weil (1894), Else Weiss geb. Dornhard
(1914).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879 /
1884 / 1885 / 1887 / 1892 / 1897 / 1900 / 1903
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Oktober 1879:
"Gesucht ein leistungsfähiger Religionslehrer, der zugleich
Vorbeten und Schechita übernehmen kann, und auch alle Monate einen
Vortrag in der Synagoge abzuhalten hat.
Gehalt-Fixum 600 M. An Schächter-Einkommen 300 M.
An Wohnungsentschädigung 100 M. Zus, 1.000 M.
Derselbe kann auch, wenn er sich darum bewerben will, an der höheren
Schuhe dahier, wozu von der Zivil-Gemeinde ein besonderes Schullokal
angewiesen ist, Unterricht erteilen. Schochet zu sein ist gerade
nicht notwendig, weil 3 Schochtim hier sind. Die Schechita bringt
aber Geld ein. Reformer werden zur Konkurrenz nicht zugelassen.
Unverheiratete Bewerber werden vorgezogen.
Kirn a.d. Nahe, 13. Oktober 1879. Der Vorstand E. Brück." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November
1884:
"Die israelitische Religionsgesellschaft zu Kirn a.d. Nahe
wünscht per sofort oder auch bis zum 1. Januar 1883 einen
unverheirateten, seminaristisch gebildeten Religionslehrer, tüchtigen
Vorbeter und Schochet. Auch muss derselbe befähigt sein, einen
deutschen Vortrag zu halten und haben solche, die außerdem auch
musikalisch sind, den Vorzug, sowie auch lohnenden Nebenverdienst nebst
einem fixen Gehalt von Mark 7-800 und die Schechita, die sich
zwischen 200 und 400 Mark beläuft.
Bewerber der Stelle mögen sich unter Zusendung ihrer Zeugnisse und
Qualifikation voerst schriftlich an Herrn David Haas, Kassierer,
oder an Herrn Jacob Michel, Beivorstand, wenden.
Kirn, den 23. November 1884. Jacob Michel.
Anmeldungen oder Bewerbungen auf die ausgeschriebene Stelle unter Nr. 5519
im 'Israelit', gezeichnet E. Brück, finden kein Engagement." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai
1885:
"Eine kleine Gemeinde auf dem Lande wünscht einen Lehrer unter
bescheidenem Gehaltsanspruch, welcher im Stande ist, 6 bis 8 Kindern den
nötigen jüdischen Religionsunterricht zu erteilen, zu engagieren.
Bewerbung und nähere Auskunft bei
L. Rothschild in Kirn a.d. Nahe." |
Obige Stelle bezieht sich sicher nicht
auf die jüdische Gemeinde in Kirn; die Ausschreibung wurde durch L.
Rothschild in Kirn vermittelt. |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli
1885:
"Infolge Berufswechsels gelangt die hiesige Religionslehrer-, Kantor-
und Schächterstelle zur Ausschreibung und sofortigen Wiederbesetzung.
Gehalt 700-800 Mark, Ertrag der Schechitah 300 Mark und Kasualien 150
Mark. Außerdem stehen einem tüchtigen Beamten sehr erhebliche
Nebenverdienste in Aussicht. Bewerber müssen Reichsangehörige,
seminaristisch gebildet oder mindestens zum Religionslehrer-Fach
autorisiert, musikalisch, im Besitze einer guten Stimme sein und einen
guten deutschen Vortrag halten können. Reisekosten werden nicht
vergütet. Nur unverheiratete Bewerber werden bevorzugt. Meldungen sind
einzureichen an den jetzigen Inhaber
Max Cahn, Lehrer in Kirn a.d. Nahe." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November
1885:
"Die hiesige Kultusbeamtenstelle ist sofort oder auch per 1. Januar
1886 zu besetzen. Unverheiratete geprüfte Lehrer, welche gleichzeitig
gute Redner, Schochet und Baal Tokea (Schofarbläser) sind,
wollen sich bei dem Unterzeichneten melden. Gehalt je nach Leistung bis zu
Mark 1.400 und Gelegenheit für Nebendienste.
Jacob Michel Söhne, Kirn a.d. Nahe." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai
1887:
"Per 1. Juli oder August soll die hiesige Lehrerstelle wieder besetzt
werden. Nur solche, welche die Berechtigung zur Erteilung des
Religionsunterricht haben, guter Vorbeter, musikalisch gebildet sind, und
außerdem einen deutschen Vortrag halten, mögen sich bei dem
unterzeichneten Vorstande melden. Gehalt je nach Leistung, von Mark
800-1.000, Schechita Erträgnis Mark 300, sowie sonstige Nebenverdienste.
Unverheiratete oder solche mit kleiner Familie finden nur
Berücksichtigung.
Kirn a.d. Nahe, 18. Mai 1887.
Der israelitische Gemeindevorsteher Michel Michel II." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober
1892:
"Kirn (Nahe).
Wir suchen zum sofortigen Eintritt einen tüchtigen Religionslehrer,
Vorbeter und Schächter.
Gehalt 800 bis 900 Mark. Nebenverdienst 200 bis 300 Mark.
Nur solche Bewerber können Berücksichtigung finden, die seminaristisch
gebildet sind.
Offerten unter Beifügung von Zeugnis-Abschriften nimmt entgegen.
Der Vorstand der Synagogen-Gemeinde Kirn a.N." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März
1897:
"Die Israelitische Religions-Gesellschaft Kirn sucht per 1.
August oder 1. September einen Religionslehrer, Vorbeter und
Schochet. Derselbe muss gute Stimme besitzen, etwas Musik verstehen
und monatliche einen deutschen Vortrag halten können. Der fixe Gehalt
beträgt Mark 900 bis 1.000, das Schächten ca. 300 Mark, auch ist
Gelegenheit zu Nebenverdiensten geboten. Für unverheirateten Herrn freie
Wohnung.
Bewerber wollen die Abschrift ihres Seminar-Zeugnisses und andere nötige
Papiere einsenden und detaillierte Mitteilung über ihre Leistungen geben.
Ausländer bleiben unberücksichtigt.
Der Vorstand: August Michel." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. September
1897: "Die israelitische Religionsgesellschaft Kirn a. Nahe
sucht per 1. November dieses Jahrs einen seminaristische gebildeten Religionslehrer,
Vorbeter und Schochet. Derselbe muss angenehme Stimme haben, etwas
Musik verstehen und monatlich einen deutschen Vortrat halten können. der
fixe Gehalt beträgt Mark 900 bis Mark 1.000. Das Schächten bringt ca.
Mark 300 ein, außerdem ist Gelegenheit zu Nebenverdiensten geboten.
Den Offerten sind unter Angabe bisheriger Tätigkeit, Zeugnisabschriften
beizufügen.
Ausländer bleiben unberücksichtigt.
Der Vorstand: August Michel." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Oktober
1900:
"Die israelitische Religionsgesellschaft in Kirn a.d. Nahe sucht
per 1. Januar 1901 einen seminaristisch gebildeten
Religionslehrer, Vorbeter und Schochet.
Derselbe muss angenehme Stimme haben, etwas Musik verstehen
und monatlich einen deutschen Vortrag halten können. Der feste
Gehalt beträgt 1.000-1.200 Mark - das Schächten etc. bringt 200 -
300 Mark ein. Den Offerten sind unter Angabe bisheriger Tätigkeit,
Zeugnisabschriften und Photographie beizufügen.
Der Vorstand:
Gustav Haas". |
|
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2.
November 1900: ""Die israelitische Religionsgesellschaft
in Kirn a.d. Nahe sucht per 1. Januar 1901 einen seminaristisch
gebildeten
Religionslehrer, Vorbeter und Schochet.
Derselbe muss angenehme Stimme haben, etwas Musik verstehen
und monatlich einen deutschen Vortrag halten können. Der feste
Gehalt beträgt 1.000-1.200 Mark - das Schächten etc. bringt 200 -
300 Mark ein. Den Offerten sind unter Angabe bisheriger Tätigkeit,
Zeugnisabschriften und Photographie beizufügen.
Der Vorstand:
Gustav Haas"." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. März
1903:
"Die israelitische Religionsgesellschaft in Kirn a.d. Nähe sucht per
1. Mai dieses Jahres, eventuell auch 1. Juni, einen seminaristisch
gebildeten
Religionslehrer, Vorbeter und Schochet.
Derselbe muss angenehme Stimme haben, etwas Musik verstehen
und monatlich einen deutschen Vortrag halten können. Das
feste Gehalt beträgt Mark 1.000 bis 1.200. Das Schächten
etc. bringt ca. Mark 200 ein.
Den Offerten sind unter Angabe bisheriger Tätigkeit, Zeugnisabschriften
und Photographie beizufügen.
Der Vorstand." |
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Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Mai 1903:
"Kirn a.d.Nahe. Gesamteinkommen Mark 1.700.- bis Mark 1.800.-.
Meldungen an den Vorstand." |
Ausschreibungen der Stelle des Vorbeters zu den Hohen
Feiertagen (1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September
1902: "Für Rosch Haschono und Jom-Kippur suchen wir einen
tüchtigen Vorbeter.
Bei Bewerbungen Angabe der Ansprüche erbeten.
Der Vorstand der Israelitischen Religions-Gesellschaft Kirn an der Nahe." |
Über den Lehrer Bernhard Weil (1868 bis 1943)
(zu Bernhard Weil nach den Angaben bei Furch/Ziemer s.Lit. S. 19)
Bernhard
Weil ist am 19. Juni 1868 in Eichstetten
als Sohn von Isaak Weil und Pauline geb. Rotschild geboren. Er war
verheiratet mit Julie geb. Strauß aus Karlsruhe (geb. 30. März 1873).
Bernhard Weil ließ sich zum Lehrer und Kantor ausbilden und war als
solcher von 1908 bis 1939 in Kirn tätig (zuvor u.a. in Leutershausen
(Bergstraße),
wo der Sohn Kurt Hermann Weil am 26. November 1895 geboren ist). In Kirn
lebte die Familie seit 1917 im Steinweg 41. Am 27. Februar 1939 meldete
sich das Ehepaar ab und verzog am 1. März nach Karlsruhe Wilhelmstraße
36. Das Ehepaar wurde am 22. Oktober 1940 in das KZ Gurs in Südfrankreich
deportiert. Von hier aus kam Bernhard Weil nach Noé, wo er umgekommen
ist. Seine Ehefrau wurde aus einem Lager befreit und konnte in die USA
emigrieren.
Angabe
im Karlsruher Gedenkbuch zu Bernhard Weil. |
Der Sohn - Kurt Hermann Weil - ist am
2. Januar 1992 gestorben. Er war Pilot im Ersten Weltkrieg und in den
1930er-Jahren leitender Konstrukteur bei der Flugzeugfirma Junkers, wo er
eng mit Prof. Hugo Junkers in der Konstruktion der Ju-52
zusammenarbeitete. 1933 emigrierte er nach England, von dort kam er 1938 in die USA, wo er bei General Motors
arbeitete. Nach 1945 halt er dem Verteidigungsministerium bei der
Organisation der Berliner Luftbrücke. Er war als Professor in den USA und
als Gastprofessor an der Technischen Universität Berlin
tätig.
Artikel
zu seinem Tod in der "New York Times" vom 8. Januar 1992
. |
Die Enkelin von Bernhard Weil - Kathleen
Weil-Garris Brandt (geb. 1934) ist Professorin an der New York
University.
Artikel
in Dictionary of Art Historians zu Kathleen Weil-Garris Brandt |
Anzeigen jüdischer Gewerbetriebe und Privatpersonen
Lehrlingssuchen des Metzgermeisters Salomon Berg (1899 /
1907)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Oktober 1899:
"Suche für meine Metzgerei sofort einen Lehrling.
Salomon Berg, Metzger,
Kirn an der Nahe." |
|
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 28. Juni 1907:
"Suche für sofort einen
Metzger-Lehrling
oder einen jungen angehenden Gesellen unter günstigen
Bedingungen.
Salomon Berg, Metzger, Kirn a. Nahe." |
|
Anmerkung: Salomon Berg (geb. 1872 in
Weiler) war Metzgermeister und Gastwirt (Betrieb in der Übergasse 14). Er
war verheiratet mit Karoline geb. Rothschild aus Sien (geb. 1874). Die
Metzgerei war u.a. wegen ihrer "guten Wurstwaren" bekannt. Das
Ehepaar konnte 1939 über Holland in die USA emigrieren (Cleveland, Ohio).
Das Ehepaar hatte eine Tochter Lilli (geb. 1904), die 1986 noch in
Kapstadt/Südafrika lebte. |
Zur Geschichte der Synagoge
Seit Anfang der 1870er-Jahre gab es einen jüdischen Betsaal
in Kirn. Dazu war ein "Lokal" im Hinterhof des Gasthauses "Zur
Krone" In der Übergasse gemietet wurden, das zuvor als Turnhalle
Verwendung gefunden hatte (an Stelle dieser ersten Synagoge ist heute ein
Parkplatz).
1887 wurde in der Amthofstraße der Grundstein für eine Synagoge gelegt,
deren Architekten und ausführende Bauunternehmer die Gebrüder Benkelberg aus
Korn waren. Am 24. und 25. Februar 1888 erfolgte die feierliche
Einweihung der Synagoge. Das Gebäude war traufständig in die Häuserzeile der
Amthofstraße eingebunden. Die Traufseite war durch Lisenen gegliedert, zwischen
denen sich in den beiden äußeren Feldern Rundbogenfenster und
maßwerkgefüllte Kreisfenster gefunden, in den beiden inneren Feldern große,
zweibahnige Maßwerkfenster. Zur Einweihung berichtete die
"Kirner Zeitung":
Die Einweihung der Synagoge in Kirn (1888)
Artikel
in der "Kirner Zeitung" vom 26. Februar 1888. "Kirn,
26. Februar (1888). Am 24. und 25. Februar fand seitens der hiesigen
israelitischen Religionsgemeinde die Einweihung ihrer neu erbauten
Synagoge statt. Von Nah und Fern hatten sich eine große Anzahl
Glaubensgenossen eingefunden, um diesem schönen Feste beizuwohnen. Die
Einweihung verlief programmmäßig. Um 3 Uhr Nachmittags fand in der alten
Synagoge der Abschiedsgottesdienst unter Ausheben der Torarollen statt.
Hierauf erfolgte der Zug zur neuen Synagoge, welcher wie folgt,
zusammengesetzt war. Schuljugend und Lehrer, Musik, Synagogenchor, die
Gemeindeältesten mit den Torarollen, begleitet von den Festjungfrauen,
Rabbiner und Kantor, der Herr Bürgermeister und Synagogenvorstand, die
Ehrengäste, die Mitglieder der Kultusgemeinde und eine große Anzahl
Festteilnehmer. An der neuen Synagoge angelangt, hielt zunächst Herr
Rabbiner Dr. Goldschmidt eine kurze, aber treffende Ansprache, worauf das
Töchterchen des Herrn Michel II., welches den Schlüssel zur neuen
Synagoge auf einem Kissen beim Festzuge getragen hatte, denselben Herrn
Bauunternehmer Benkelberg übergab. Dieser überreichte sodann den Schlüssel
Herrn Bürgermeister Rau, welch Letzterer, als Vertreter der Stadt,
denselben weiter an den Synagogenvorstand und durch diesen an den Rabbiner
behufs Eröffnung der Synagoge aushändigte. Nach Einzug sämtlicher
Festteilnehmer in das neue Heiligtum fand die Einweihung und
Festgottesdienst statt, wobei wir nicht unterlassen können, Herrn
Rabbiner Dr. Goldschmidt für seine überaus schwungvolle Einweihungsrede
volle Anerkennung auszusprechen. Nach Schluss dieser Feier war
Abendgottesdienst und hierauf folgte im Gesellschaftshaus ein großes
Festessen, an welchem sich außer den Festgenossen auch eine große Anzahl
hiesiger Bürger beteiligten. Das Festessen verlief in schönster Weise
und trug die Gregorius'sche Musikkapelle zur Verschönerung derselben viel
bei. Die Speisewirtschaft war einem israelitischen Restaurateur von
Kreuznach übertragen, während die Schenkwirt von einem hiesigen Wirte
ausgeführt wurde. Gestern Vormittag fand wieder Festgottesdienst in der
neuen Synagoge statt. Das für gestern Nachmittag 4 Uhr angekündigte
Konzert im Gesellschaftshause war recht zahlreich besucht und breitete
durch präzisen Vortrag der einzelnen Musikpiecen seitens der
Gregorius'schen Kapelle einen besonderen Genuss. Zu dem für Abends
festgesetzten Ball waren ebenfalls recht viele Teilnehmer erschienen und
hielt in Folge des schönen Verlaufs Jung und Alt bis zur frühen
Morgenstunde gemütlich
beisammen." |
Im Februar 1928 konnte ein Gedenkgottesdienst zum 40-jährigen Bestehen
der Synagoge gefeiert werden. An der Feier nahmen die Honoratioren der Stadt,
angeführt von Bürgermeister Bongartz teil.
Artikel
in der "Kirner Zeitung" vom 28. Februar 1928: "Gedenkgottesdienst
in der Synagoge anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Gotteshauses.
Unter dem 26. Februar 1888 berichtet die 'Kirner Zeitung' von den
Einweihungsfeierlichkeiten der neu erbauten Synagoge, die unter großer
Anteilnahme der gesamten Bürgerschaft einen schönen Verlauf nahmen. Das
ehemalige israelitische Gotteshaus befand sich vor 1888 in der ehemaligen
Turnhalle, Übergasse (Besitzer Herr Nonweiler). Von der damaligen
Generation, die das Gotteshaus errichteten, ist Herr L. Rothschild vor
kurzer Zeit als Letzter gestorben. In der Predigt am Samstag, den 25.
dieses Monats gedacht u.a. Herr Kantor Demant der Zeit vor 40 Jahren, als
man unter großen Opfern den Bau aufführte. Reichlich flossen die
Spenden. Es wurde als besonders schöner Zug edler Menschlichkeit
empfunden, dass sich auch die andersgläubigen Mitbürger an der Spende im
großen Maße beteiligten und sich dadurch den dank der israelitischen
Gemeinde für immer erwarben. Gewiss ein Zeichen des guten Einvernehmens,
das unter der hiesigen Bürgerschaft gleich welcher Konfession, damals wie
heute waltet. Im Anschluss an die Predigt verrichtete man aus Dankbarkeit
ein Gebet für das Seelenheil, in das man alle seligen Spender jedweden
Glaubens einschloss." |
Zehn Jahre später - beim Novemberpogrom
1938 - drangen SA-Leute in die Synagoge ein und zerstörten die gesamte
Einrichtung. Bänke und Ritualien wurden nach außen getragen und verbrannt. Am
13. April 1939 musste die jüdische Gemeinde das Anwesen mit der Synagoge
für 5.358 RM zwangsweise verkaufen. Im Zusammenhang mit dem Restitutionsverfahren
1950 musste eine Nachzahlung von 4.000 DM getätigt werden. 1950 wurde das
Gebäude abgebrochen. Auf dem Grundstück wurde ein Kino erstellt.
In der Stadt erinnert seit dem 9. November 1988 ein Denkmal an das
Schicksal der jüdischen Gemeinde in der Synagoge (am Steinweg zwischen Neuer Straße
und Langgasse). Eine weitere Gedenktafel ist - bereits seit 1978 -
neben dem Gefallenen-Denkmal auf dem Friedhof.
Adresse/Standort der Synagoge:
Amthofstraße 2
Fotos
(Quelle: Landesamt s. Lit. S. 212)
Zeichnung der
Synagoge
(erstellt von Stadtbaumeister
Ewald Lehnen) |
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Die Zeichnung zeigt die
straßenseitige Ansicht |
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Abbruch der Synagoge |
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Die Aufnahme ist von 1950 |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
November 2008:
Gedenken zum 70. Jahrestag der Pogromnacht 1938
in Kirn |
Artikel von Nikolaus Furch in der
"Allgemeinen Zeitung" ("Main-Rheiner" vom 12.11.2008, Artikel)
Windlicht leuchtet als ein Zeichen der Hoffnung - Gedenken an Reichspogromnacht / Gang der Erinnerung durch Kirn
KIRN Trotz des kalten November-Niesel-Wetters fanden sich in der evangelischen Kirche viele Besucher zum ökumenischen Gottesdienst im Gedenken an die unheilvollen Geschehnisse der Reichspogromnacht ein..." |
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Herbst 2008:
Projekt von Schülern der Hauptschule in
Kirn |
Artikel von Lena Müller in der
"Allgemeinen Zeitung" vom 11. Dezember 2008 ("Rhein-Mainer";
Artikel):
Zeitgeschichte mit Kamera auf der Spur. "Wie war das denn damals?" / Hauptschule stellt Ergebnisse in Form von drei DVDs vor.
Kirn. "Wie war das denn damals?" Diese Frage stellen sich seit 2005 insgesamt 30 Schüler in einer Arbeitsgemeinschaft und an Projekttagen. Die Ergebnisse wurden nun dem Schulelternbeirat der Hauptschule in Form von Kurzfilmen präsentiert.
Begonnen hatte das Projekt während der Projektwoche 2005..." |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 400-401. |
| Nikolaus Furch / Hans-Werner Ziemer: Auf den
Spuren jüdischer Geschichte in Kirn. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 9. Jahrgang, Ausgabe 1/1999. S. 5-28. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 211-212 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Kirn Rhineland. Jewish settlement
already existed in the 13th century, but the Jews left after six were killed in
riots in 1287, apparently in the wake of the Oberwesel
blood libel.
Jews began to settle again in the first half of the 19th century, ther number
rising from five in 1843 to 59 in 1871 and a peak of 109 in 1905 (total 6.588).
A synagogue was consecrated in 1888. In June 1933, about four months after the
Nazi rise to power, the Jewish population in Kirn numbered 78. By 1938, 45 Jews
remained in Kirn, most of them elderly people. On Kristallnacht (9-10
November 1938), 12 Jewish homes and the synagogue were destroyed. Of the 27 Jews
who emigrated from June 1933, 13 reached the United States; another 38 moved to
other German cities. Eleven jews were deported in July 1942.
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