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Münster mit
Altheim (Kreis
Darmstadt-Dieburg)
Jüdische Geschichte / Betraum
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Münster bestand eine kleine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts
zurück. Erstmals werden 1668 jüdische Einwohner in Münster genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1829 77 jüdische Einwohner, 1840 82, 1861 48 (2,6 % von insgesamt
1.842 Einwohnern), 1871 40, 1880 26 (1,3 % von 2.063), 1895 36, 1900 29 (1,3 %
von 2.280), 1905 27 (1,0 % von 2.580), 1910 11 (0,4 % von 2.809). Der starke
Rückgang der jüdischen Einwohner bereits seit den 1840er-Jahren war vor allem
durch Auswanderungen nach Nordamerika bedingt. Die jüdischen Familienvorsteher
verdienten den Lebensunterhalt als Viehhändler, Metzger und
Textilwarenhändler; mehrere hatten auch eine kleine
Landwirtschaft.
Auch die im Nachbarort Altheim lebenden
wenigen jüdischen Familien gehörten zur jüdischen Gemeinde in Münster.
An Einrichtungen war ein Betraum vorhanden (s.u.). Die Toten der Gemeinde
wurden auf dem jüdischen Friedhof in Dieburg
beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Bezirksrabbinat Darmstadt
II.
Um 1924, als 18 jüdische Einwohner gezählt wurden (0,5 % von 3.346
Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher David Simon, Wolf May und Isaak May. 1932
werden als Gemeindevorsteher noch David Simon (1. Vors.) und Wolf May (2. Vors.)
genannt.
1933 lebten 19 jüdische Personen am Ort (0,5 % von 3.660). In
den folgenden Jahren sind zunächst nur wenige vom Ort weggezogen beziehungsweise ausgewandert.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde der Betraum verwüstet (s.u.); SA-Trupps
und weitere Personen ("eine größere Menschenmenge") überfielen und
demolierten die Wohnungen der jüdischen Familien (Familie Leopold Simon und
Familie Vogel in der Frankfurter Straße, Familie Isaak May in der Borngasse 2,
Familie Eduard Vogel mit der über 90-jährigen Elka Schiff in der Schulstraße
2). Mehrere der jüdischen Einwohner wurden misshandelt. Eduard Vogel und
Leopold Simon wurden in das KZ Buchenwald verschleppt. Nach ihrer Entlassung
verließen die meisten jüdischen Einwohner Münster und verzogen nach
Frankfurt. In Münster blieben noch zurück: Franziska May (galt als sehr
wohltätig, obwohl sie selbst arm war; sie hatte in ihr Haus in der Schulstraße
8 jüdische Waisenkinder aufgenommen) und ihre Pflegetochter Friedel von Hall.
Beide wurden am 24. März 1942 mit dem Viehwagen eines Dieburger
Großschlächters aus Dieburg abgeholt, nach Auschwitz deportiert und dort
ermordet.
Von den in Münster geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den
Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ida Gernsheimer geb.
Vogel (1897), Frieda (Friedel) von Halle (1917), Elisabetha Königsbuch geb. von
der Walde (1896), Bertha Mathiasen geb. Vogel (1883), Bella May (1889),
Franziska May (1884), Joseph May (1884), Eduard Vogel (1887) und seine Frau
Frieda Vogel geb. Schiff (1885) mit den Töchtern Erna und Ilse, Leopold Vogel
(1883) und seine Frau Sophie Vogel geb. Schiff (1882).
Nach Eduard Vogel ist in Münster seit 1988 eine Straße benannt. Seit 1997
ist an der ehemaligen Mädchenschule, dem "Storchenschulhaus"
(Frankfurter Straße 3) eine Gedenktafel zur Erinnerung an die jüdischen
Einwohner der Gemeinde angebracht.
Aus Altheim ist umgekommen: Max Krämer (1873).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Goldene Hochzeit von David Simon und seiner Frau (1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1930: "Münster
bei Dieburg, 27. November (1930). Am 16. November konnten Herr David Simon
und Gemahlin im Kreise ihrer zahlreichen Kinder und Enkel das Fest der
goldenen Hochzeit begehen. Herr Simon, seit langen Jahren der Führer
unserer kleinen Gemeinde, ist ein eifriger Bekenner und Verfechter des
toratreuen Judentums, für dessen Förderung und Erhaltung er in seinem
Kreise stets mit jugendlichem Feuereifer eintritt. Möge es dem Jubelpaare
gegönnt sein, der hiesigen Jugend noch lange Jahre ein Vorbild echt
jüdischen Familienlebens zu geben. (Alles Gute) bis 100 Jahre." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeige von Frieda Simon (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1903: "Wochenbettpflegerin
sucht Stelle.
Frieda Simon, Münster bei Dieburg." |
Verlobungsanzeige von Hedwig Michel
und Fritz Simon (1921)
Anzeige
in "Der Israelit" vom 5. Mai 1921: "Statt Karten.
Hedwig Michel - Fritz Simon
Verlobte. Herrenalb
Münster in Hessen
Karlsruhe, Kriegsstraße 70 - Karlsruhe, Friedrichsplatz 8" |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Altheim geboren sind |
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Kennkarte für Max
Krämer (geb. 26. April 1873
in Altheim), war später Kaufmann in Dieburg,
im September 1942 in das Ghetto Theresienstadt
deportiert und dort am 4. Mai 1943 umgekommen |
Kennkarte für Moritz
Krämer (geb. 18. Juni 1870
in Altheim), war später auch als Kaufmann in
Dieburg tätig.
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Kennkarten
zu Personen,
die in Münster geboren sind |
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Kennkarte
(Frankfurt) für Ida Gernsheimer
geb. Vogel (geb. 16.3.1897 in Münster,
später wohnhaft in Frankfurt), deportiert
im November 1941 in das Ghetto Minsk
und umgekommen. |
Kennkarte
(Dieburg) für Hilde Kahn
geb. May (geb. 18.7.1893 in Münster)
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Kennkarte
(Hamburg) für Elisabetha Königsbuch
geb. von der Walde (geb. 12.4.1896 in Münster,
später wohnhaft in Hamburg), deportiert ab
Hamburg im Oktober 1941 in das Ghetto
Litzmannstadt und dort am 7.12.1943 umgekommen |
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Kennkarte
(Frankfurt) für Bertha Mathiasen
geb. Vogel (geb. 5.9.1883, später wohnhaft in
Frankfurt), deportiert im September 1942 in das
Ghetto Theresienstadt und im Mai 1944 in das
Vernichtungslager Auschwitz, ermordet |
Kennkarte
(Dieburg) für Franziska May
(geb. 31.1.1884 in Münster), deportiert
ab Mainz über Darmstadt im März 1942 in
das Ghetto Piaski und umgekommen
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Kennkarte
(Gießen) für Bella May
(geb. 5.10.1889 in Münster, später in der
Heil- und Pflegeanstalt Gießen), ermordet 1940
in der Tötungsanstalt Brandenburg a.d. Havel
("Euthanasie") |
Kennkarte
(Hildesheim) für Joseph May
(geb. 7.7.1888 in Münster, später wohnhaft
in Hildesheim), im März 1942 deportiert
ab Gelsenkirchen über Hannover in das
Ghetto Warschau und umgekommen |
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Kennkarte
(Frankfurt) für Johanna Moses
geb. Simon (geb. 1.7.1893 in Münster)
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Kennkarte
(Dieburg) für Frieda Neu
geb. Simon (geb. 18.10.1883 in Münster)
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Kennkarte
(Frankfurt) für Leopold Simon
(geb. 26.9.1886 in Münster)
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Kennkarte
(Frankfurt) für Eduard Vogel (geb. 17.7.1887 in Münster, später
in Dieburg und
Frankfurt wohnhaft), deportiert im September 1942
in das Ghetto Theresienstadt, Januar 1943 in
das Vernichtungslager Auschwitz, ermordet |
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Kennkarte
(Frankfurt) für Leopold Vogel
(geb. 26.11.1884 in Dieburg, später wohnhaft
in Frankfurt), deportiert im September 1942
in das Ghetto Theresienstadt, Mai 1944 in das
Vernichtungslager Auschwitz, ermordet |
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Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: Grabstein in New York für Fannie
Moos geb. ? aus Altheim (gest. 1887)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn;
der Geburtsname von Fannie Moos wird nicht mitgeteilt.
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Grabstein für "Fannie Moos
Native of Altheim
Hessen-Darmstadt
Died April 15th 1887
Aged 72 years" |
Zur Geschichte des Betraumes
Die jüdischen Familien hatten einen Betraum im Obergeschoss
des Hauses von Leopold Simon. Einmal findet sich in der jüdischen Presse eine
Notiz aus der Geschichte dieses Betraumes:
Einbruch im Betraum der Gemeinde
(1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1911: "Darmstadt,
24. Januar (1911). In dem benachbarten Münster wurde nachts in die Synagoge
eingebrochen und der Opferstock geraubt. Als der Tat verdächtig wurde ein
Händler verhaftet, der sich auf der Durchreise befand." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von
SA-Männern überfallen und verwüstet.
Das Wohnhaus von Leopold Simon mit dem Betraum wurde einige Jahre später
(1945?) abgebrochen.
Adresse/Standort des Betraumes: Frankfurter
Straße
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur jüdischen Geschichte in Münster vorhanden; über Hinweise und
Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica";
Adresse siehe Eingangsseite. |
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Gedenken an die jüdische
Gemeinde
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 17.3.2009) |
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Gedenktafel am
"Storchenschulhaus" in der Frankfurter Straße mit der
Inschrift: "Wir gedenken unserer jüdischen Mitbürger, die im
Dritten Reich vertrieben oder getötet wurden: Eduard Vogel, Ilse Vogel,
Frieda Vogel geb. Schiff, Erna Vogel, Isaak May, Jeanette May geb.
Lehmann, Franziska May, Friedel von Halle, Johanna Simon geb. Moses,
Leopold Simon, Johanna Simon, Josef Simon. 'Schmiede keine bösen
Pläne gegen deinen Mitmenschen, der neben dir wohnt und dir vertraut.
Streite nicht grundlos mit einem, der dir nichts getan hat. Sprüche
Salomons 3,29-30. Das Lernen aus der Vergangenheit ist notwendig auf dem
Weg zum Frieden." |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 97-98. |
| Karl J. Müller: Juden in Münster. Eigenverlag
Münster 1983. |
| Keine Artikel in Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 bzw. in dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 41. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 256-257. |
| Webportal
"Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in
Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Münster |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Muenster, Hesse. The community
numbered 48 (3 % of the total) in 1861 and 19 in 1933. Most of the remaining
Jews left after Kristallnacht (9-10 November 1938). Six emigrated, but
eight were deported to Auschwitz and the Theresienstadt ghetto in 1942.
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