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Darmstadt-Dieburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Seite "Stolpersteine in Ober-Ramstadt" www.stolpersteine-ober-ramstadt.de
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Ober-Ramstadt
bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit
des 18. Jahrhunderts zurück. 1746 gab es fünf jüdische Haushaltungen, 1775
und 1798 gab es jeweils vier jüdische Familien am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1828 29 jüdische Einwohner, 1861 50 (2,1 % von insgesamt 2.429
Einwohnern), 1871 Höchstzahl von 95, 1880 74 (2,7 % von 2.745), 1900 76,
1910 87 (2,0 % von 4.367). Zur Gemeinde in Ober-Ramstadt gehörten auch die in Nieder-Ramstadt
lebenden jüdischen Personen (um 1775 vier jüdische Familien, 1830: 9 Personen,
vgl. unten Artikel zu Jette Gutmann aus Nieder-Ramstadt). Seit der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts gab es mehrere für das Wirtschaftsleben des Ortes
bedeutsame jüdische Geschäfte und Handlungen am Ort, die jüdischen Familien /
Personen gehörten.
In Ober-Ramstadt lebten hauptsächlich vier Familienstämme der Familien Muhr,
Wartensleben, Bendorf und May. Am meisten verzweigt waren die Familien Wartensleben,
von denen es im 20. Jahrhundert acht Familien gab. Sie leiteten sich her von
Wolf und Herz Wartensleben, möglicherweise Brüder (Wolf starb 1845 in
Ober-Ramstadt). Die Vorstände der Familien Wartensleben waren meist Vieh- und
Pferdehändler. Die Vorstände der Familien Muhr (im 20. Jahrhundert Gustav
[gest. 1930 siehe Bericht unten], Abraham und Moses) waren Altmetallhändler.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof
in Dieburg beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Nur
wenige der jüdischen Lehrer sind namentlich bekannt: 1888 verstarb nach dem
Beerdigungsbuch von Dieburg der Lehrer Samuel Nathan Pagel von Ober-Ramstadt,
der aus Russland stammte. Die Stelle musste häufig neu besetzt werden (siehe
unten Vorbemerkung zu den Ausschreibungen). Die Gemeinde gehörte bis um 1910
zum orthodoxen Bezirksrabbinat Darmstadt II, dann zum liberalen Bezirksrabbinat
Darmstadt I.
Um 1924, als 86 jüdische Einwohner gezählt wurden (1,8 % von insgesamt
4.747 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Gustav Muhr (gest. 1930,
siehe Bericht unten), Abraham Wartensleben und Ferdinand Mai. 1932 waren
die Gemeindevorsteher Abraham Wartensleben (1. Vors.), Josef Bendorf II (2.
Vors.) und Ferdinand May (3. Vors.). Von den jüdischen Vereinen ist der
Israelitische Frauenverein zu nennen (Ziel: Wohlfahrtspflege; 1932 unter
Leitung von Lina Bendorf, Darmstädter Straße).
1924 hatte die Gemeinde 12 schulpflichtige Kinder, die von dem Religionslehrer
Raphael Scheer aus Rossdorf unterrichtet wurden. Im Schuljahr 1931/32 gab es
acht schulpflichtige jüdische Kinder, die Religionsunterricht erhielten. 1933
wurde nochmals ein eigener Lehrer für Ober-Ramstadt angestellt (ein Herr
Voremberg).
1933 lebten noch 72 jüdische Personen am Ort (1,4 % von insgesamt
5.354). In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf
Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und
der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Mehrere Familien
konnten auswandern: die beiden Familien May nach Nordamerika, ebenso einige
Angehörige der Familien Bendorf und Wartensleben (zuerst nach Palästina). Beim
Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), auch die
Wohnungen der noch am Ort lebenden jüdischen Familien wurden überfallen,
demoliert, teilweise durch Brandstiftung zerstört. An den Ausschreitungen
beteiligte sich eine mehr als 200-köpfige Menschenmenge. Bis Ende 1939 war die
Zahl der jüdischen Einwohner auf 26 zurückgegangen. Die letzten jüdischen
Einwohner wurden teilweise im März 1942 von Ober-Ramstadt aus
deportiert, darunter vor allem Mitglieder der Familie Wartensleben (Heinrich W.
geb. 1883, Ida, Jettchen, Karoline/Käthe, Thekla, Theodor, Josef und
Erna Heidelberger geb.
Wartensleben), teilweise im September 1942 (Johanna
Altheimer, Betty Bendheim geb. Hirsch und sechs Mitglieder der Familie
Bendorf).
Von den in Ober-Ramstadt geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Altheimer geb.
Mayer (1891), Betty Bendheim geb. Hirsch (1863), Dina Bendorf geb. Junker
(1889), Emanuel Bendorf (1858), Henriette Bendorf geb. Bendorf (1855), Josef
Bendorf (1882), Kätchen Bendorf geb. Bendorf (1884), Manfred Bendorf (1919),
Max Bendorf (1889), Moritz Bendorf (1885), Moses Bendorf (1887), Samuel Simon
Bendorf (1863), Selma Diewald geb. Wartensleben (1890), Emma Dreyfuss geb.
Wartensleben (1892), Mathilde Amalia Hainebach geb. Bendorf (1879,
"Stolperstein" in Seligenstadt), Erna
Heidelberger geb. Wartensleben (1903), Rosa Heyum geb. Wartensleben (1871),
Settchen Höchster geb. Wartensleben (1887), Meta (Martha) Lehrberger geb.
Wartensleben (1898), Fanny Meyer geb. Simon (1882), Betty Schäfer geb. Bendorf
(1904), Henny Schermann (1912), Rosa Strauss geb. Wartensleben (1867), Emilie
Wartensleben (1869), Ferdinand Wartensleben (1880), Heinrich Wartensleben
(1878), Heinrich Wartensleben (1883), Ida Wartensleben geb. Wolf (1892),
Jettchen Wartensleben geb. Wartensleben (1875), Josef Wartensleben (1864),
Karoline (Katharina, Käthe) Wartensleben (1900), Ludwig Wartensleben (1878),
Thekla Wartensleben geb. Sondheimer (1876), Theodor Wartensleben
(1884).
Zwei der aus Ober-Ramstadt deportierten jüdischen Personen haben überlebt: Wolf
Wartensleben konnte durch den Loskauf einiger hundert Deportierten aus
Theresienstadt in die Schweiz gerettet werden (Kopie eines Briefes von ihm
befindet sich im Museumsarchiv Ober-Ramstadt); er starb später im Alter von
94 Jahren in den USA. Ein anderer Überlebender, Julius Bendorf (geb.
1915), wanderte
1948 in die USA aus, wo er in Phoenix/Arizona lebte; er kam 2010 zur Verlegung
von "Stolpersteinen" in seine Geburtsstadt zurück (siehe unten - Berichte
unter Erinnerungsarbeit vor Ort).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1877 /
1878 / 1886 / 1887 / 1892 / 1893 / 1897 / 1898 / 1901 1903 / 1904 / 1911
Vorbemerkung zu den Ausschreibungen: die
jüdische Gemeinde in Ober-Ramstadt hatte nicht gerade Glück mit einer
kontinuierlichen Besetzung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet.
Häufig war die Stelle neu auszuschreiben, teilweise konnte über mehrere
Monate (1892/93) offenbar gar kein geeigneter Bewerber gefunden werden.
Andere Lehrer blieben nicht lange: der 1897 eingestellte Lehrer fiel schon
im folgenden Jahr wegen Krankheit aus; der 1901 eingestellte Lehrer wurde
1903 Stadtschochet in Darmstadt. Die Anzeigen sind von Interesse auch im
Blick auf die jeweils unterzeichnenden Gemeindevorsteher: David Bendorf
(1877), Liebmann May (1878), Julius Bendorf (1886/87), Meyer Wartensleben
II (1892) und Joseph Wartensleben III
(1897/1904). |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juli 1877:
"Die hiesige israelitische Religionslehrer- und Vorsängerstelle ist
vakant und sogleich zu besetzen; der Gehalt ist 300-400 Mark. Kost und
Logis frei. Neben-Einkünfte sind nicht bedeutend.
Bewerber wollen ihre Zeugnisse frei an den Vorstand einsehen. Reisekosten
werden nicht vergütet.
Ober-Ramstadt bei Darmstadt, 21. Juni 1877. Der Vorstand David Bendorf." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1878:
"Vakanz. Die hiesige Vorsänger- und
Religionslehrerstelle ist vakant und kann bis den 1. August laufenden
Jahres besetzt werden. Mit derselben ist verbunden ein jährlicher Gehalt
von 400 Mark nebst freier Wohnung. Einige Nebenverdienste sind gesichert.
Reflektanten belieben sich gefälligst an den unterzeichneten Vorstand zu
wenden.
Ober-Ramstadt bei Darmstadt, im Juli 1878. Liebmann May,
Israelitischer Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1886:
"Die israelitische Religionsgemeinde zu Ober-Ramstadt sucht einen
tüchtigen Vorbeter und Lehrer für Kinder; am liebsten verheiratet.
Gehalt 4-500 Mark mit gutem Nebenverdienst und freier Wohnung. Auch ein
junger Mann, der das Seminar besucht hat, kann angestellt werden zum
sofortigen Eintritt.
Anmeldungen bei Julius Bendorf, Vorsteher in Ober-Ramstadt bei
Darmstadt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1887:
"Die hiesige Religionsgemeinde wünscht einen tüchtigen Lehrer, Vorbeter
und Schochet. Es wird hauptsächlich auf einen guten Baal Kore
(Toraleser) ledigen Standes reflektiert. Gehalt ca. 500 Mark, freie
Wohnung und Nebenverdienste. Russen und Polen sind ausgeschlossen.
Ober-Ramstadt, 23. August 1887. Briefe und Zeugnisse wollen man richten an
Julius Bendorf, 1. Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1892:
"Die israelitische Religionsgemeinde zu Ober-Ramstadt bei Darmstadt,
wünscht zum sofortigen Eintritt einen geprüften Lehrer, Vorbeter und
Schochet. Gehalt 600 Mark bei freier Wohnung und ca. 3-400 Mark
Nebeneinkünfte. Reflektanten wollen ihre Zeugnisse an den Vorstand
Meyer Wartensleben II.
einsenden." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni 1892:
"Die israelitische Religionsgemeinde zu Ober-Ramstadt bei Darmstadt,
wünscht zum sofortigen Eintritt einen geprüften Lehrer, Vorbeter und
Schochet. Gehalt 600 Mark bei freier Wohnung und ca. 3-400 Mark
Nebeneinkünfte. Reflektanten wollen ihre Zeugnisse an den Vorstand
Meyer Wartensleben II.
einsenden." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Oktober 1892:
"Die hiesige Lehrer-, Vorbeter- und Schochet-Stelle ist vakant und
sofort zu besetzen mit einem jährlichen Gehalt von 600 Mark nebst 300
Mark Nebenverdienst. Lediger Bewerber haben freie Wohnung (möbliert).
Verheiratete Lehrer bekommen 80-100 Mark Wohnungsvergütung. Bewerber
wollen ihre Zeugnisse an den unterzeichneten Vorstand
einschicken.
Der Vorstand Meyer Wartensleben II (statt Meyer Wartinsheim II.)
Ober-Ramstadt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1892:
"Die hiesige Lehrer-, Vorbeter- und Schochet-Stelle ist bis zum 1.
Januar 93 zu besetzen. Jährlicher Gehalt 700 Mark, freier Wohnung und ca.
300 Mark Nebenverdienst. Bewerber wollen ihre Zeugnisse an den
unterzeichneten Vorstand einschicken. Staatlich geprüfte Lehrer haben den
Vorzug.
Der Vorstand Meyer Wartensleben II.,
Ober-Ramstadt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1893:
"Die hiesige Lehrer-, Kantor- und Schochet-Stelle ist vakant und
sofort zu besetzen bei einem jährlichen Gehalt von 700 Mark nebst freier
Wohnung und circa 300 Mark Nebenverdienste. Bewerber wollen ihre Zeugnisse
an den unterzeichneten Vorstand einsehen.
Der Vorstand: Meyer Wartensleben II.,
Ober-Ramstadt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1897:
"Die Stelle für einen geprüften Religionslehrer, Kantor
und Schochet ist mit einem Gehalt von 720 Mark per Jahr, freie
Wohnung und ca. 300 Mark Nebenverdiensten sofort zu besetzen.
Der Vorstand: Joseph Wartensleben III.,
Ober-Ramstadt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1898:
"Wegen Krankheit unseres Kantors ist die hiesige Stelle als Vorbeter,
Religionslehrer und Schochet sofort zu besetzen, und müssen Bewerber
staatlich geprüft sein. Jährlicher Gehalt Mark 720, freie Wohnung und
ca. Mark 300 Nebeneinkünfte.
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde zu Ober-Ramstadt. Joseph
Wartensleben III." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1901:
"Bei der hiesigen israelitischen Gemeinde kann per sofort ein
seminaristisch gebildeter Lehrer, der Kantor und Schochet ist,
eintreten. 720 Mark Jahresgehalt, freie Wohnung und ca. 3-400 Mark
Nebenverdienst. Unverheiratete Bewerber belieben ihre Bewerbungen
einzureichen.
Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde Ober-Ramstadt: Joseph
Wartensleben III." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juli 1901:
"Bei der hiesigen israelitischen Gemeinde kann per sofort ein
seminaristisch gebildeter Lehrer, der Kantor und Schochet
ist, eintreten. 800 Mark Jahresgehalt, ca. 400 Mark Nebenverdienst, freie
Wohnung. Bewerber wollen ihre Bewerbungen einreichen.
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde Ober-Ramstadt: Joseph
Wartensleben III." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1903:
"Lehrer-Gesuch.
Die hiesige Stelle ist für einen seminaristisch gebildeten Lehrer als Kantor
und Schochet von heute an zu besetzen. Gehalt 800-1.000 Mark pro
Jahr. Nebeneinkünfte ca. 400 Mark, freier Wohnung. Bemerkt wird, dass der
jetzige Lehrer als Stadtschochet in Darmstadt engagiert wurde.
Ober-Ramstadt bei Darmstadt. Der Vorsteher Joseph Wartensleben III." |
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Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Dezember 1903:
"Ober-Ramstadt bei Darmstadt. Lehrer, Vorbeter, Schächter per
sofort. Einkommen Mark 1.000 bis Mark 1.200 und freie
Wohnung." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1904:
"Lehrer-Gesuch.
Die hiesige israelitische Gemeinde sucht per sofort einen geprüften
Religionslehrer, Kantor und Schochet. Gehalt 800-1000 Mark nebst freier
Wohnung. Nebenverdienst ca. 400 Mark. Interessenten wollen sich baldigst
melden.
Ober-Ramstadt, 22. Oktober.
Der Vorstand: Joseph Wartensleben III." |
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Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4.
November 1904: "Ober-Ramstadt in Hessen (3.600
Einwohner, 17 jüdische Familien). Religionslehrer, Kantor und Schächter
per sofort. Einkommen 1.200 bis 1.400 Mark und freie
Wohnung." |
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Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. November 1911:
"Frankfurt am Main. Vakanzen. - Ober-Ramstadt, Lehrer,
Vorbeter und Schächter; ca. 1350 Mark
Einkommen." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die Antisemiten machen sich bemerkbar (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1891: "Ober-Ramstadt,
11. August (1891). In unserem Orte will Herr Dr. Böckel im Laufe des
Monats September eine große Volksversammlung abhalten. Der Vorstand des
Turnvereins hat es verweigert, den Turnsaal, den man in Ermangelung eines
anderen Lokales mieten wollte, zu diesem Zwecke
herzugeben." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Tödlicher Unglücksfall des Herrn Morgenstern
(1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Mai 1909: "Ober-Ramstadt,
19. Mai (1909). Von einem schweren Unglücksfall wurde die Familie
Morgenstern heimgesucht. Herr Morgenstern fuhr geschäftlich mit seinem
Fuhrwerk nach einem in der Nähe liegenden Dorfe. Unterwegs fiel das
Fuhrwerk um, wobei Morgenstern unter den Wagen kam. Nach einigen Stunden
fand man ihn tot daliegen. Der Verunglückte hinterlässt eine Frau und
zwei kleine Kinder." |
Jette Gutmann aus Nieder-Ramstadt
ist spurlos verschwunden (1921)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Februar 1921:
"Eine geheimnisvolle Entführung wurde im Wormser Israelitischen
Altersheim ausgeführt. Dort lebt seit Jahren die ledige 78-jährige Jette
Gutmann aus Nieder-Ramstadt. Dieser Tage kam im Automobil eine
Krankenschwester, die angab, dass die Überführung des Fräulein Gutmann
ins Städtische Krankenhaus angeordnet sei, nahe diese im Auto mit. Als
die Angehörigen des Fräulein Gutmann nach ihrem Ergehen sich erkundigen
wollten, stellte sich heraus, dass die alte Dame gar nicht ins Krankenhaus
gebracht worden war. Auch sonst konnte ihr Verbleib nicht ermittelt werden
und sie ist seit dieser Zeit spurlos verschwunden." |
Zum Tod des langjährigen Vorstandsmitgliedes Gustav Muhr (1930)
Artikel
in der Jüdisch-liberalen Zeitung vom 9. April 1930: "Oberramstadt.
(Todesfall). Hier ist das langjährige Vorstandsmitglied der Gemeinde
Gustav Muhr (statt Mahr) verstorben und unter starker Teilnahme jüdischer und
nichtjüdischer Kreise zu Grabe getragen worden. Bei der Gedächtnisfeier,
die vor der Beisetzung in der Synagoge stattfand, hob Rabbiner Dr.
Bienheim von der Darmstädter Hauptgemeinde die vorbildlichen Charaktereigenschaften
des Verblichenen hervor, der während der letzten zwanzig Jahre als erster
Vorsteher der Gemeinde ausgezeichnete Dienste geleistet habe, der sein
Leben von drei Worten bestimmen ließ: Pflichttreue, Güte und
Frömmigkeit. Als besonderes Verdienst rühmte der Geistliche noch die vom
Verstorbenen geförderte Einigkeit der Konfessionen, die ihm auch in allen
Bürgerkreisen ein treues Gedenken über das Grab hinaus gesichert
habe." |
Über Ludwig Wartensleben (1878-1945)
Ludwig Wartensleben (geb. 1878 in
Ober-Ramstadt, umgekommen im März 1945 im KZ Bergen-Belsen) war Sohn des
Handelsmannes Meyer Wartensleben I (Mitbegründer des Spar- und
Darlehenvereins - heute Volksbank - in Ober-Ramstadt) und der Sara geb.
Rosenthal. Ludwig Wartensleben ließ sich zum Ingenieur ausbilden,
arbeitete zunächst in Hamburg und war seit 1910 Direktor der Strebelwerke
in Mannheim. 1912 erhielt er die Ehrendoktorwürde der TH Karlsruhe für
seine hervorragenden Verdienste um die Förderung der
Zentralheizungstechnik. 1919 schied er aus der Firma aus; 1921 verzog er
mit seiner Familie (Frau Adele geb. Stokvis und drei Kinder) nach Den
Haag, 1923 nach Wiesbaden, ab April 1938 in Amsterdam, später Hilversum.
Im November 1942 wurde er nach Westerbork verbracht, von dort 1944 nach
Bergen Belsen. |
Beitrag über Dr. Ludwig Wartensleben in der
Website von Ober-Ramstadt: Seite
1 und Seite
2 (Kurzbiographie) |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
des in Ober-Ramstadt
geborenen Moritz Bendorf |
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Kennkarte
(ausgestellt in Mainz 1939) für Moritz Bendorf (geb. 21. Oktober
1885
in Ober-Ramstadt), Kaufmann, wohnhaft in Mainz, am 25. März 1942
deportiert ab
Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski,
umgekommen |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum oder eine erste Synagoge
vorhanden.
Eine neue Synagoge wurde Mitte der 1880er-Jahre erbaut. 1885 liest man
in einem Presseartikel davon, dass die evangelische Kirchengemeinde 150 Mark zum
Bau einer neuen Synagoge bereitgestellt hat.
Die evangelische Kirchengemeinde
gewährt zum Bau der Synagoge - trotz Widerstandes in der Gemeinde - einen
Zuschuss von 150 Mark (1885)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juni 1885: "Ober-Ramstadt,
15. Juni (1885). Gestern fand eine gemeinschaftliche Sitzung des
evangelischen Kirchenvorstandes und der Kirchenvertreter statt. Auf der
Tagesordnung stand das Gesuch der israelitischen Religionsgemeinde, eine
Unterstützung aus der Kirchenkasse zum Synagogenbau betreffend.
Als zweiter Gegenstand die Errichtung einer Kleinkinderschule. Der erste
Gegenstand fand seine Erledigung dahin, dass 150 Mark, welche bereits von
unserem Kirchenvorstand bewilligt waren, obschon die Gegner eine
Unterstützung auf das Entschiedenste bekämpften, doch gutgeheißen
wurden." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
durch SA-Leute in Brand gesteckt, nachdem sie den Innenraum und die
Kultgegenstände geschändet hatten. Die Synagoge brannte völlig aus; die
herbeigerufene Feuerwehr beschränkte sich auf den Schutz der
Nachbargebäude.
1939 wurde die Brandruine abgebrochen.
Auf dem Grundstück wurde ein Parkplatz angelegt, auf dem sich seit 1983
ein Gedenkstein befindet. Die Inschrift auf dem Mahnmal unter einer
stilisierten Menora lautet: "Du sollst nicht rachgierig sein, noch Zorn
halten gegen die Kinder Deines Volkes. Du sollst Deinen Nächsten lieben wie
dich selbst."
Adresse/Standort der Synagoge: Hammergasse
7
Fotos
(Quelle für die Fotos 1938: United States Holocaust Museum: www.ushmm.org/research/collections
- courtesy of Trudy Isenberg; beziehungsweise Museum Ober-Ramstadt)
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 156-157. |
| Keine Artikel zu Ober-Ramstadt bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. |
| Ober-Ramstadt und seine Juden. Dokumente und
Berichte. Bearbeitet von Helmut Beier. Hrsg. Magistrat der Stadt
Ober-Ramstadt. 1988.
Aus dem Geleitwort: "Wir wollen mit dieser Dokumentation unserer jüdischen Bürger gedenken, die unsere Stadt, die einst auch ihre Heimat war, zu verlassen hatten, um in die Fremde zu flüchten oder, weil es dafür zu spät war, in die Tötungsfabriken verschickt zu werden.
Weil wir wissen, dass sich kein deutscher Ort aus der Vorbereitung zum Holocaust ausblenden kann, wollen wir wissen und informieren, wie es damit in Ober-Ramstadt ausgesehen hat, wie aus ganz normalem Zusammenleben leidvolle Isolierung der Juden wurde, wie diese schließlich - wehrlos und hilflos - "abgeschoben", wegtransportiert wurden."
Das Buch ist erhältlich beim Bürgerservice der Stadtverwaltung für 10,00 €.
E-Mail.
|
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 41-42. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 46-47. |
| 'Es
brennt!' Antijüdischer Terror im November 1938. Hrsg. von Andreas
Nachama, Uwe Neumärker und Hermann Simon. Berlin 2008. 167 S. ISBN
978-3-9811677-4-0 15,00 €. Informationen auf einer Seite
in der Website der "Stiftung Topographie des Terrors".
Hinweis: in diese Publikation sind die Fotos vom Novemberpogrom 1938 in
Ober-Ramstadt in besonderer Weise eingegangen (Umschlagfotos. S.
47.49-51.166) |
Hinweis auf ein familiengeschichtliches Werk:
Nathan M. Reiss
Some Jewish Families
of Hesse and Galicia
Second edition 2005
http://mysite.verizon.net/vzeskyb6/ |
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In diesem Werk
eine Darstellung zur Geschichte der jüdischen Familien May in Roßdorf,
Gräfenhausen und Ober-Ramstadt
("The MAY Families of Roßdorf, Gräfenhausen and
Ober-Ramstadt", S.
269-282) (Nachkommen bis ca. 2000) mit Abbildungen
u.a.m. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ober-Ramstadt
Hesse. Numbering 95 (over 3 % of the total) in 1871, the community had
shrunk to 26 before Kristallnacht (9-10 November 1938), when the
synagogue and Jewish property were destroyed. By Worldwar II, 48 Jews had
emigrated (37 to the United States), others moving elsewhere. Two of the 15 Jews
deported in 1942 to the Theresienstadt ghetto and Polish death camps survived
the Holocaust.
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|