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Münzenberg (Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
2014: Publikation
zur Geschichte der jüdischen Familien in Münzenberg, Gambach und
Fauerbach II ist erschienen |
Hanno
Müller / Helma Kilian / Monica Kingreen: Juden in
Münzenberg 1800-1842, Gambach 1750-1942, Fauerbach II 1800-1874. Fernwald
2014.
Das Buch enthält auf 197 Seiten Familienbücher der bis 1942 in den Orten Münzenberg, Gambach und (bis 1876 in Fauerbach II) lebenden Juden. Bei den Familien/Personen werden auch die auf den Friedhöfen in Münzenberg und Gambach erhaltenen Grabsteine erwähnt. Jeder Grabstein wurde fotografiert und ist im Buch abgebildet.
Der Teil über die Juden in Gambach fußt auf den Juden- und Standesamtsregistern und bindet das von Helma Kilian erarbeitete große Wissen über die Gambacher Juden ein. Aufgeführt werden auch die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Frau Monica Kingreen, die am Fritz Bauer Institut in Frankfurt a.M. arbeitet, geht in ihrem Beitrag auf das Schicksal der Münzenberger und Gambacher Juden, die dem Holocaust zum Opfer fielen, ein.
Zu beziehen ist das Buch zum Preis von 10 € (plus Versandkosten) über:
Buchhandlung Bindernagel, Wetzlarer Straße 25, 35510 Butzbach www.bindernagel.shop-asp.de
Gemeindeverwaltung Münzenberg, 35516 Münzenberg www.muenzenberg.de
Helma Kilian, Obergasse 3, 35516 Münzenberg-Gambach
und Hanno Müller, Röntgenstraße 29, 35463 Fernwald-Steinbach www.fambu-oberhessen.de/ |
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Münzenberg bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938/42.
Bereits im Mittelalter lebten Juden spätestens seit der 2. Hälfte des
12. Jahrhunderts in der Stadt. Zu Beginn des Jahres 1188 floh (am 2.
Februar 1188) nach einem Bericht von Eleasar ben Jehuda aus Worms der größte
Teil der Mainzer Juden in die feste Stadt Münzenberg, von wo aus sie erst am
26. April 1188 nach Mainz zurückkehrten. Während der Zeit ihres Aufenthaltes
in Münzenberg waren sie jedoch auch großer Gefahr ausgesetzt, nachdem am 2.
März 1188 eine Christin in einen Brunnen gefallen war, der sich auf einem
öffentlichen Platz befand, wo Juden wohnten. Die Christen beschuldigten die
Juden, die Frau in den Brunnen geworfen zu haben. Burgherr Graf Kuno I. von
Münzenberg nahm die Juden jedoch in Schutz.
Auf Grund der Tatsache, dass die Mainzer Juden 1188 nach Münzenberg flohen,
kann davon ausgegangen werden, dass schon längere Zeit in der Stadt eine jüdische Ansiedlung bestand. Kuno I. von Münzenberg hatte um das Jahr
1180 den Juden David-ha-Kohn als Münzmeister in Diensten. Dieser stammte
vermutlich aus Frankfurt. 1195 siedelte ein bedeutender jüdischer Gelehrter -
David ben Kalonymos ben Meir ben Kalonymos - vermutlich aus Speyer nach
Münzenberg über und nannte sich nun David aus Münzenberg. Er war einer
der bedeutendsten jüdischen Gelehrten seiner Zeit und stand mit anderen
hervorragenden jüdischen Gelehrten in engem Kontakt. Er verfasste neben
gelehrten halachischen Ausführungen auch liturgische Lieder, in denen er u.a.
die durch Christen geschehenen Entweihungen heiliger jüdischer Orte beklagte.
Durch David aus Münzenberg und vermutlich noch andere jüdische Gelehrte war
Münzenberg in dieser Zeit ein geistiges Zentrum des Judentums in der weiteren Region.
Die Juden lebten in der Stadt unterhalb der Burg - zwischen Burg und der
heutigen evangelischen Kirche.
Auch im 13. Jahrhundert lebten Juden in der Stadt. 1277 versetzte
Rudolf von Habsburg dem Ulrich I. von Hanau die Steuer der Juden zu Assenheim,
Münzenberg und Nidda für 300 Mark Kölner Pfennige, zahlbar in Jahresraten von
30 Mark. König Albrecht I. bestimmte im Juli 1306, dass die Steuer der Juden in den
Orten Münzenberg, Assenheim und Königstein je zur Hälfte ihm und den Grafen
von Falkenstein zufallen sollte. Die Juden lebten vor allem vom Geldverleih.
Namentlich genannt werden die Brüder Samuel und Abraham von Münzenberg und
Abrahams Sohn Judeman (1328) sowie Josep und sein Schwiegersohn Falk (1329);
ein anderer Falk von Münzenberg wird 1349 als Bürger in Frankfurt erwähnt. Zwischen 1340
und 1349 ließen Jutte und Snye (Sne) von Münzenberg in Frankfurt ihre
Schuldforderungen in die dortigen Gerichtsbücher eintragen. Bei der Verfolgung
in der Pestzeit 1348/49 wurden die Juden der Stadt vermutlich Opfer der
Verfolgung, doch liegen keine Nachweise vor. 1351 ließ sich Ulrich von Hanau
seine Recht über die Juden zu Münzenberg erneut bestätigen, doch ist
unklar, ob damals schon wieder Juden in der Stadt
lebten. 1355 werden "judenhuser" (Judenhäuser) genannt, die
damals jedoch nicht mehr in jüdischen Besitz waren.
Seit Mitte des 15. Jahrhunderts lebten Juden wieder in der Stadt (1450).
1502 waren es sieben Schutzjuden und einige weitere, die keine
Schutzzusagen hatten, also insgesamt etwa 10 jüdische Familien. Auch in der
Zeit des 15./16. Jahrhunderts lebten die Juden vor allem vom Geldhandel,
hauptsächlich auf Pfänderbasis. Auch erste jüdische Viehhändler werden
erwähnt;
ein Juden war "Kartenmacher", ein anderer war vielleicht als Glaser
tätig. In der Stadt wird 1436 eine "Judenschule" (Synagoge) genannt
beziehungsweise eine "Synagoge" (1499) wie auch ein
"Judenbad" (1423, 1499). Erst 1549 wird erstmals eine
"Judengasse" erwähnt. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in
Frankfurt beigesetzt (1495), ausnahmsweise auch in Butzbach
(1455). 1508 wollten die Ganerben zu Münzenberg die Ausweisung der Juden der
Stadt erreichen. 1512 wurde diese zwar durchgeführt - in diesem Jahr war nur noch eine
jüdische Familie in der Stadt, doch konnte wenige Jahre später wieder
jüdische Familien zuziehen (1526 vier jüdische Familien aufgenommen).
Vermutlich lebten dann ohne Unterbrechung bis zum 20. Jahrhundert Juden in der
Stadt.
Im 17. Jahrhundert werden 1601 acht, 1631 fünf, 1668 zehn jüdische Familien in der Stadt
genannt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts stellte die jüdische Gemeinde etwa ein
Drittel der Gesamteinwohnerschaft des Ortes. 1751 werden als jüdische
Steuerzahler aufgeführt: Meyer Salmon Sohn, Mardachai Isaacs Sohn, Nathan
Mardachai Sohn, Simson Isaacs Sohn, Simson Isaacs Eydam, Abraham Davids Sohn,
Raphael Davids Sohn, Jacob Isaacs Sohn.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1828 97 jüdische Einwohner, 1861 138 (14,0 % von insgesamt 987), 1880 44
(4,9 % von 891), 1900 27 (3,3 % von 815), 1914 32 (3,5 % von 905). Die Zahl der
jüdischen Einwohner ging vor allem durch Abwanderung nach Friedberg und
Frankfurt zurück. Die Familienvorstände waren vor allem als Kaufleute und
Viehhändler tätig; es gab zeitweise zwei jüdische Metzger. Alle lebten in
einfachen Verhältnissen.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad (Reste wohl um 1900 beseitigt) und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer
angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war. 1860 wird als
jüdischer Lehrer am Ort ein Lehrer Fürth genannt (erwähnt in einem Bericht
über eine Lehrerkonferenz in Gießen 1860). Die Gemeinde gehörte
zum liberalen Provinzialrabbinat in Gießen.
Um 1924, als zur Gemeinde 31 Personen gehörten (3,2 % von insgesamt 968
Einwohnern), waren die
Gemeindevorsteher Sigmund Metzger, Louis Stein und Emil Katz. Als Rechner der
Gemeinde war Karl Katz tätig. Die damals neun schulpflichtigen jüdischen
Kinder der Gemeinde erhielten ihren Religionsunterricht durch Lehrer M. Fuld aus
Butzbach. 1932 waren die
Gemeindevorsteher Daniel Katz (1. Vors.), Simon Bing (2. Vors.) und Ludwig Karbe
(3. Vors.). Die Repräsentanz der Gemeinde stand unter Vorsitz von Emil Katz. Im
Schuljahr 1931/32 erhielten drei jüdische Kinder Religionsunterricht.
1933 lebten noch 27 jüdische Personen in der Stadt (2,9 % von 943). In
den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört (s.u.); auch das
Kolonialwarengeschäft der Familie Katz und das Geschäft Stern wurden
geplündert. 1939 wurden noch 17 jüdische Einwohner gezählt, zum 31. Dezember
1940 noch 16. Der letzte Gemeindevorsteher Emil Katz konnte noch in die
Dominikanische Republik auswandern. Die letzten elf, nach anderen Angaben sieben
jüdischen Einwohner wurden 1942 aus der Stadt deportiert.
Von den in Münzenberg geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Mathilde Adler geb. Katz
(1889), Irene Artmann geb. Katz (1912), Berta Bing geb. Rosenstein (1885), Simon
Bing (1879), Fanny Kahn geb. Katz (1887), Adolf Karbe (1911), Rosa Karbe (1901),
Susanne (Sannchen) Karbe geb. Grünebaum (1879), Adolf Katz (1914), Emil Katz
(182), Hermann Katz (1878), Karl Katz (1877), Kathinka Katz geb. Wetterhahn
(1876), Selma Katz (1884), Simon Katz (1881), Fanny Meier geb. Oppenheimer
(1851), Arnold Metzger (1921), Erna Rosenthal geb. Katz (1905), Ruth Rosenthal
(1834), Martha Stein (1888), Minna Stein geb. Katz (1892).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Berichte
Hinweis auf die Ereignisse im Jahr 1188 (Artikel zum
Darmstädter Codex von 1926)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württemberg" vom 1 April 1926: "...Der größte Teil des
Kommentars stammt von dem schon erwähnten E. Eleasar b. Jehuda aus Worms,
wie ich durch Vergleich mit verschiedenen Handschriften der Bodleina in
Oxford und des British Museum in London festgestellt habe. Bemerkenswert
ist die Erwähnung des Kommentars, dass während des 3. Kreuzzuges im Jahr
1188 die Juden von Münzenberg (Oberhessen) beschuldigt wurden,
eine Christin in einen Brunnen geworfen zu haben und von dem damaligen
Dynasten von Münzenberg beschützt wurden. Merkwürdigerweise wurde im
Jahre 1920 in der Nähe von Darmstadt bei einem größeren Münzenfund im
Odenwald auch ein Münzenbergischer Brakteat mit hebräischer Umschrift
aus dem Ende des 12. Jahrhunderts entdeckt, der das betreffende Ereignis
überraschend bestätigt..." |
Gemeindebeschreibung von Münzenberg
(1936!)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" Oktober
1936 S. 28-29: "Münzenberg. Städtchen mit kaum 1.000
Einwohnern, darunter etwa 20 jüdische Seelen. Uralte Siedlung,
wahrscheinlich schon aus vorrömischer Zeit, auf dem 'Müntzenberg', der
nach dem auf ihm wachsenden Minzen hieß: schon um 1170 krönten ihn Burg
und Schloss des Grafen Kuno I. von Müntzenberg (1151-1212), dessen
Geschlecht Jahrhunderte blühte und zeitweise sehr mächtig und den Juden
fast immer wohlgesinnt war. - Die Judenschaft ist die unter allen
Gemeinden der Wetterau am frühesten beglaubigte. Während der
Judenverfolgungen zur Zeit der Kreuzzüge fanden Juden hier Aufnahme und
Erwerbsmöglichkeit. 1188 erlebt Rabbiner Eleasar ben Jehuda, der 'Rokeach',
der aus Mainz nach Münzenberg geflohen war, auch hier eine
Judenverfolgung. Das Volk beschuldigte die Juden, eine in einen Brunnen
gefallene Christin hineingeworfen zu haben. Kuno I., ein aufgeklärter
Dynast, dem damals oder schon einige Jahre vorher auch der jüdische
Münzenmeister David ha Cohen dient, rettete sie. 1223 nimmt an einer
bedeutsamen Rabbinersynode in Mainz Rabbi David ben Kalonymos, genannt
David Münzberg, teil, der einst vor Unruhen aus Speyer nach Mainz
geflohen war. - Die Gemeinde hat eine stattliche Synagoge und ihren
eigenen Friedhof. - In der Synagoge, 1848 eingeweiht, etwa 120 Plätze - 2
Frauen-Emporen - zählend, steht eine Torarolle, 1771 in Münzenberg
ausgebessert, aber viel älter; auch einige Wimpel deuten auf höheres
Alter der heutigen Gemeinde hin, die 1848 reichlich 30, heute noch 5
Familien zählt. Auskunft durch Vorsteher Emil Katz. - Sehr sehenswert die
Ruine der 1689 zerstörten Burg, teils romanisch, teils gotisch, mit
außerordentlicher Aussicht von der oberen Plattform auf Westerwald,
Taunus und Vogelsberg, Rhön, Spessart und Odenwald. Die einstige
Nikolauskapelle, heute Scheune, hat interessante Überreste frühgotischen
Stils. Daneben ein uralter Ziehbrunnen (wohl jener aus der Zeit des
Rokeach) mit Barock-Überbau aus 1776. - Eine halbe Stunde südöstlich
von Münzenberg vereinigen sich, aus Südwest und Südost kommend, zwei
Römerstraßen. Von hier aus fast genau nördlich in 45 Minuten oder von
Münzenberg (blauer Kreis) durch Trais-Münzenberg, bei einem Haus mit
ganz besonders schönen Giebelschnitzeien auf die Römerstraße treffend,
dann nordwärts, am Wetterbergskopf - davor Dolmengrab - vorbei, kommen
wir in 40 Minuten zum teilweise gut erhaltenen Römerkastelle Alteburg und
zur großartigen gotischen Klosterruine Arnsburg (besichtigen!), die von
den Münzenberger Herren angelegt wurde. - Nun auf schönem Weg in 1 Stunde
(rotes Kreuz) bis Garbenteich und (roter Strich) in einer weiteren Stunde
bis (Giessen)".
(Untertext zum Foto: Alter Brunnen in Münzenberg. Er stammt aus der
Zeit vor 1188, der Überbau erst 1776. In diesem Brunnen kam 1188 die
Christin um, weshalb dann eine Judenverfolgung in Münzenberg ausbrach.
Die Scheune neben dem Brunnen 13. Jahrhundert, als Kapelle anstelle einer
älteren erbaut, die Zeitgenossin jenes Geschehnisses war."
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Zur Geschichte der Synagoge
Über die mittelalterliche Synagoge wurde bereits oben
berichtet. Es ist nicht bekannt, wo sie sich befand. Auch über die Beträume
der Folgezeit ist kaum etwas bekannt. Möglich ist, dass die Synagoge des 19. Jahrhunderts
auf dem Platz einer alten Synagoge bzw. weiterer Vorgängerbauten stand. Nach
anderen Angaben stand zumindest die mittelalterliche Synagoge näher an der
Burg. Um 1600 wurde eine neue Synagoge gebaut, da 1601 von
Kellerschreiber Wendel Rott berichtet wurde, dass er für seine Behausung,
"so ein Juden Schul gewesen" einen Gulden Jahresmiete zahlte. Die
Angabe weist auch darauf hin, dass sie der Standort der Synagoge verändert
hat.
Zwischen 1843 und 1848 wurde eine neue Synagoge in der damaligen Mittelgasse
(heute Am Junkernhof) erbaut und
eingeweiht. Erstellt wurde ein zweigeschossiger massiver Steinbau mit einem
Satteldach giebelseitig zum Straßenzug. Sie hatte 120 Plätzen (zwei
Frauenemporen) und barg wertvolle alte Kultgegenstände (vgl.
Gemeindebeschreibung von 1936 oben). Etwa 90 Jahre war das Gebäude Mittelpunkt des religiösen
Lebens der jüdischen Gemeinde in der Stadt.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge zerstört. Ein etwa 15 Mann starker Nazi-Trupp
hatte die Eingangstüre aufgebrochen, die Fenster zerschlagen und schließlich
die Kultgegenstände und die Inneneinrichtung auf einen vor der Synagoge
errichteten Scheiterhaufen geworfen.
Das Synagogengebäude ging in den Besitz der Stadt über, die es zu einem
Feuerwehrhaus umbaute. 1985 wurde eine Gedenktafel am Gebäude
angebracht.
1996
wurde der Neubau eines Feuerwehrgerätehauses beschlossen.
Gleichzeitig begannen Überlegungen im Blick auf eine künftige Nutzung des
ehemaligen Synagogengebäudes. 2003 wurde vom "Freundeskreis der
Burg und Stadt Münzenberg e.V." ein Sanierungs- und Nutzungskonzept für
das Synagogengebäude erarbeitet. 2005 beschloss der Gemeinderat der Stadt
Münzenberg (nach Auszug der Feuerwehr aus dem Gebäude), die als "Kulturdenkmal" unter Denkmalschutz stehende
ehemalige Synagoge zu sanieren und einer
künftigen öffentlichen Nutzung als eines kulturelles Zentrums
zuzuführen. 2007/09 wurde die Restaurierung unter großem Engagement des
Vereins "Freundeskreis der Burg und Stadt Münzenberg e.V." -
gemeinsam mit der Stadt Münzenberg - durchgeführt.
Am 29. Mai 2009
konnte das Gebäude als "Kulturhaus Alte Synagoge" eingeweiht
werden. Es dient seitdem für kulturelle Veranstaltungen in der Stadt (aktuelles
Programm siehe unten über Links).
Adresse/Standort der Synagoge: Am
Junkernhof 14 / Ecke Pfarrgasse
Fotos
(Quelle: Plan sw-Fotos von Altaras 1988 S. 189; Farbfotos:
Website des "Freundeskreises Burg und Stadt Münzenberg e.V.", siehe
unten bei Links)
Lageplanskizze |
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"Stadt
Münzenberg - Burg und Neustadt nach 1300. 1. Burg a) östlicher
Bergfried,
b) westlicher Bergfried 2. Stadtmauer c. Pforte 3) Pfarrkirche
mit Friedhof
4) Rathaus, 5) Gerichtslinde 6) Standort des ehemaligen
Synagoge. |
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Das Synagogengebäude nach
1945 |
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Die ehemalige
Synagoge wurde bis nach 1996 als Feuerwehrgerätehaus verwendet |
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Während der
Restaurierung der ehemaligen Synagoge - Aufnahmen von 2008 |
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Die ehemalige Synagoge nach Abschluss
der Restaurierung im Mai 2009 |
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Außenansicht |
Aufgang zum
Obergeschoss |
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Obergeschoss auf
Höhe der
früheren Frauenempore |
Bereich des
Erdgeschosses - unterer Bereich des früheren Betraumes |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Dezember 2007:
Regionalpolitiker besuchen die ehemalige Synagoge |
Artikel
in www.hallo-wetterau.de vom
17.12.2007 (Artikel):
"SPD-Landratskandidat Arnold: 'Mahnendes Andenken bewahren'.
Kürzlich hat sich SPD-Landratskandidat Joachim Arnold in Münzenberg auf die Spuren jüdischer Vergangenheit begeben. Gemeinsam mit dem langjährigen SPD-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag Karl-Heinz Schneider sowie Wolfgang
Effinger, Manfred Tschertner und Horst Metzger besuchte er die ehemalige Synagoge und den Gedenkstein für die aus Münzenberg stammenden jüdischen Bürger, die während der Nazi-Zeit ermordet wurden oder emigrieren mussten.
Die Münzenberger Synagoge wurde am 10. November 1938 von den Nazis gestürmt und teilweise zerstört. Außerdem wurden die Thorarollen geraubt, geschändet und verbrannt. Die Synagoge, die momentan renoviert wird, soll nicht als solche wieder aufgebaut werden, sondern nach ihrer Fertigstellung als Kulturzentrum genutzt werden. Eine Gedenktafel soll jedoch an die Verbrechen der Vergangenheit erinnern, was Landratskandidat Joachim Arnold begrüßt:
'Die Erinnerung an die Schrecken der Vergangenheit dürfen nicht verblassen. Daher sind solche Projekte wie hier in Münzenberg von großer Bedeutung, um ein mahnendes Andenken zu bewahren. Die Menschen müssen sich daran erinnern, wohin es führt, wenn man verblendeten Menschenhassern wie der NPD und Gleichgesinnten
folgt.'" |
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Juni
2008: Spenden unterstützen
die Restaurierung der Synagoge |
Artikel von der Website des Freundeskreises Münzenberg (Artikel):
"Synagoge wird 'Haus der Begegnung'
MÜNZENBERG. (pe. 3. Juli 2008) Die Stiftung der Sparkasse Oberhessen unterstützt mit 13.000 Euro die Sanierung der ehemaligen Synagoge in Münzenberg. Die finanzielle Förderung der Stiftung wird für die Renovierung des Eingangsportals genutzt. Nach der Scheckübergabe an den Freundeskreis Burg und Stadt Münzenberg e. V. gab es eine
'Lieder-liche Stadtführung'.
Münzenberg, im Juni 2008. Günter Sedlak geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Stiftung der Sparkasse Oberhessen traf sich jüngst zur feierlichen Scheckübergabe mit Münzenbergs Bürgermeister Hans Jürgen Zeiß sowie den beiden Vorsitzenden des Freundeskreises Burg und Stadt Münzenberg e. V., Uwe Müller und Walter
Stromeyer, vor der alten Synagoge in Münzenberg. Anlass hierzu gab die Sanierung der alten Synagoge, welche die Stiftung der Sparkasse Oberhessen mit einer Fördersumme von 13.000 Euro unterstützt. Mit der finanziellen Zuwendung werden insbesondere die Gestaltung des Portals und des Eingangsbereichs mit Treppe, Türelementen und Rundfenstern saniert. Nach der Scheckübergabe folgten der Sparkassen-Vorstandsvorsitzende und Bürgermeister Zeiß der Einladung des Freundeskreises an einer der momentan stattfindenden historischen
'Lieder-lichen Stadtführungen' teilzunehmen, die am Samstag mit einem gemeinsamen Abendessen ausklang. Der Freundeskreis Burg und Stadt Münzenberg e. V. arbeitet eng mit den Gremien der Stadt Münzenberg und der Denkmalpflege daran, die ehemalige Synagoge einer denkmalverträglichen Nutzung zuzuführen. Dabei soll kein museales Schaustück geschaffen werden, sondern ein Ort, der in einem lebendigen Dialog mit der Vergangenheit und der Gegenwart steht. Hinter der vorgesehenen Nutzung der alten Synagoge steht die Vision von einem
'Haus der Begegnung'. Herr Sedlak erklärte abschließend: 'Die Stiftung der Sparkasse Oberhessen engagiert sich auf vielen Ebenen in der Region und unterstützt zahlreiche Projekte auch im kulturellen Bereich. Die Sanierung der alten Synagoge ist ein Kulturprojekt, das den Spagat zwischen historischer Verantwortung und innovativen Ideen für die Zukunft meistert. So freut es uns, dass mit der Fördersumme von 13.000 Euro die Münzenberger Synagoge von einem Lagerraum in ein Haus der Begegnung und des Dialogs umgewandelt wird." |
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August
2009: Anerkennung durch Politiker für
die gelungene Restaurierung |
Artikel in der "Wetterauer Zeitung" vom 21. August 2009 (Artikel):
"Geschichte und Gesellschaft verträglich kombiniert
Münzenberg (pm/dab). 'Zu diesem Kulturhaus kann man nur gratulieren.' Das war die übereinstimmende Auffassung der früheren hessischen Wissenschaftsministerin Ruth Wagner (FDP), die mit dem liberalen Bundestagskandidaten Achim Güssgen zu Besuch in Münzenberg war.
Gemeinsam mit Bürgermeister Hans-Jürgen Zeiß und Uwe Müller, dem Vorsitzenden des Freundeskreises Burg und Stadt Münzenberg, erkundeten die beiden Besucher das Kulturhaus Alte Synagoge.Wagner und Güssgen ließen sich anhand der Baupläne und einer Fotodokumentation den Verlauf der Restaurierungsarbeiten erläutern.
'Man kann anhand dieser Dokumentation sehr gut erkennen, wie viel Arbeit und welche enorme Leistung in diesem Gebäude stecken', sagte Güssgen. Die vom Stadtparlament formulierte Vorgabe, die historische Bausubstanz des denkmalgeschützten Hauses zu erhalten und eine neue Nutzungsform herauszubilden, ist nach Wagners Urteil bestens erfüllt worden.
'Damit berücksichtigt man nicht nur die historische Rolle des Gebäudes, sondern es wird auch den gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung getragen', sagte die frühere Ministerin.
'Der historische Altstadtkern ist durch die Restaurierung erheblich aufgewertet worden', ergänzte
Güssgen..." |
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Juli
2013: Auszeichnung für das
Ehepaar Petra und Uwe Müller |
Presseartikel: „Würdige Preisträger“ (Kreis-Anzeiger, 31.07.2013)
Anmerkung: Den Kulturpreis des Wetteraukreises 2013 erhält am 7.
November bei einer Veranstaltung in der Alten Synagoge Münzenberg das
Münzenberger Ehepaar Petra und Uwe Müller. Beide sind seit 25 Jahren
ehrenamtlich auf vielen kulturellen Gebieten in Münzenberg und der Region
aktiv. Gemeinsam mit einem Freundeskreis waren sie wesentlich an der
Wiederbelebung der alten Synagoge in Münzenberg und deren Umbau zu einer Kulturstätte
tätig. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica I S. 239-242; II,2 S. 566; III,2 S.
914-919. |
| Fritz H. Hermann: Zur Geschichte der Juden in
Münzenberg. Wetterauer Geschichtsblätter. 23 1947 S. 23-30. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 98-99. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 152 (Abbildung des alten Brunnens, in dem 1188 die
christliche Frau gefallen ist) |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 153. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007 S.
215. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 328. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 257-258. |
| Gail Schunk: Die Entwicklung der jüdischen Gemeinde
von Münzenberg vom 12. bis 18. Jahrhundert. Online
zugänglich (pdf-Datei) |
| Hanno
Müller / Helma Kilian / Monica Kingreen: Juden in
Münzenberg 1800-1842, Gambach 1750-1942, Fauerbach II 1800-1874. Fernwald
2014.
Das Buch enthält auf 197 Seiten Familienbücher der bis 1942 in den Orten Münzenberg, Gambach und (bis 1876 in Fauerbach II) lebenden Juden. Bei den Familien/Personen werden auch die auf den Friedhöfen in Münzenberg und Gambach erhaltenen Grabsteine erwähnt. Jeder Grabstein wurde fotografiert und ist im Buch abgebildet.
Der Teil über die Juden in Gambach fußt auf den Juden- und Standesamtsregistern und bindet das von Helma Kilian erarbeitete große Wissen über die Gambacher Juden ein. Aufgeführt werden auch die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Frau Monica
Kingreen, die am Fritz Bauer Institut in Frankfurt a.M. arbeitet, geht in ihrem Beitrag auf das Schicksal der Münzenberger und Gambacher Juden, die dem Holocaust zum Opfer fielen, ein.
Zu beziehen ist das Buch zum Preis von 10 € (plus Versandkosten) über:
Buchhandlung Bindernagel, Wetzlarer Straße 25, 35510 Butzbach www.bindernagel.shop-asp.de
Gemeindeverwaltung Münzenberg, 35516 Münzenberg www.muenzenberg.de
Helma Kilian, Obergasse 3, 35516 Münzenberg-Gambach
und Hanno Müller, Röntgenstraße 29, 35463 Fernwald-Steinbach www.fambu-oberhessen.de/
|
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Mathilda Wertheim Stein: The Way it Was: The Jewish World of Rural Hesse. 427
pages.
FrederickMax Publications 2000. ISBN 978 0 967 3282 01.
Weitere Informationen: siehe eingestellte
pdf-Datei mit Bestellmöglichkeit über www.israeled.org
bzw. http://www.amazon.com/The-way-was-Jewish-world/dp/0967328209
Darin u.a. in Kap. 2: "The Kalonymus Family and the Jews of
Münzenberg". |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Muenzenberg
Hesse. Townsfolk instigated a blood libel against the medieval community in
1188, but Jews from Mainz, Worms, and Speyer found temporary shelter there
during the Third crusade (1189-92). Having become a regional Torah center, the
community flourished until the Black Death persecutions of 1348-49, when the
Jews were expelled. They returned about 100 years later and comprised a third of
the population in 1700. Numbering 138 (14 %) in 1861, they dwindled to 32 by
1914. Nazis organized a pogrom in advance of Kristallnacht (9-10 November 1938)
and destroyed the synagogue's interior. Most Jews had left by 1939; seven were
deported in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|