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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Obergrombach (Stadt Bruchsal, Landkreis
Karlsruhe)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In der bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zum Hochstift
Speyer gehörenden kleinen Stadt Obergrombach bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis 1888.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals wird
1646 ein jüdischer Einwohner am Ort genannt, dem in diesem Jahr durch
bayerische Truppen 25 Schafe gestohlen worden waren. 1665 wird ein weiterer Jude aus
Obergrombach genannt, der für ein Jahr Taschengeleit für die
baden-durlachischen Gebiete erhielt. 1683 waren drei jüdische Familien
hier wohnhaft, 1701 fünf, 1714 sechs, 1740 acht und 1788 gleichfalls acht Familien mit zusammen 33 Personen.
Namentlich werden 1714 folgende jüdischen Haushaltsvorsteher genannt (auf einer
Liste über die Mitgliedsgebühren für den Obergrombacher
Friedhof): Leser,
Heium, David, Natan der Alte und Liebmann. 1749 waren neun Häuser am Ort in
jüdischem Besitz, 81 Häuser in christlichem Besitz. Die jüdischen Besitzer
waren: Schay Nathan, Moses Nathan, Hayum, Simon Nathan, Kaufmann Mordechai,
Nathan David, Mordechai Leser, Mordechai Leser und Sohn, Salomon
Mordechai.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1825 43 jüdische Einwohner, Höchstzahl um 1839 58, 1875
26, 1900 11. 1809 hatten die jüdischen Familien folgende Familiennamen
angenommen: Drach, Goldschmidt, Groß, Karlebach, Klein, Liebmann, Schrag,
Sulzberger. Vorsteher der Gemeinde war damals Isac Samuel, der sich für den
Familiennamen "Drach" entschieden hatte. Noch in der Mitte des 19.
Jahrhunderts besorgten die jüdischen Gewerbetreibenden fast den ganzen Handel
in der Stadt: um 1850 werden 13 jüdische Handelsleute genannt, dazu zwei
Metzger.
Ein Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Schule, ein rituelles Bad (im Gebäude der alten Synagoge) und einen Friedhof (Verbandsfriedhof).
Zur Besorgung religiöser Aufgaben war - zumindest zeitweise - ein jüdischer
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl.
Ausschreibung der Stelle von 1855 unten). 1827 wurde die
jüdische Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Bruchsal zugeteilt.
Nach 1850 verzogen die jüdischen Familien alsbald vom Ort, mehrere von ihnen
nach Bruchsal. Nach Auflösung der
Gemeinde Obergrombach am 5. Juli 1888 wurden die hier noch lebenden Juden der Gemeinde
Untergrombach zugewiesen.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus Obergrombach ein jüdischer Einwohner:
Gefreiter Sigmund Falk (geb. 14.5.1892 in Obergrombach, gef. 3.7.1916).
1933 wurden noch drei jüdische Einwohner in Obergrombach gezählt:
Bernhard Falk mit seiner Tochter Ida und seiner Schwester Fanny. Falk hatte den einzigen noch bestehenden jüdischen Gewerbebetrieb
inne, die
Viehhandlung Bernhard Falk (Schlossstraße 2). Um seiner Tochter im Oktober 1938
die Auswanderung in die USA finanzieren zu können, kaufte ihm ein
Obergrombacher Landwirt sein Anwesen für 7.000 RM in bar ab. Im Sommer 1940
musste er mit seiner Schwester Obergrombach verlassen. Beide kamen noch
vorübergehend im jüdischen Altersheim Gailingen unter. Von hier aus wurde
Bernhard Falk am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert; seine Geschwister Fanny
starb 1941 in Konstanz.
Von den in Obergrombach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; alle nachstehenden Personen
sind in Obergrombach geboren): Bernhard Falk (1861; später wohnhaft in
Gailingen; umgekommen 1940 in Gurs), David Falk (1870; später wohnhaft in
Karlsruhe; umgekommen 1940 in Gurs), Max Falk (1867; später wohnhaft in
Ettlingen; umgekommen 1940 in Gurs), Rosalie Haarburger geb. Liebmann (1876;
später wohnhaft in Baisingen; 1942 aus dem Ghetto Theresienstadt deportiert in
das Vernichtungslager Treblinka), Ludwig Karlebach (1870; später wohnhaft in
Wiesabden; umgekommen 1943 im Ghetto Theresienstadt), Minni Levita geb. Schrag
(1877; später wohnhaft in Worms; umgekommen 1943 im Ghetto Theresienstadt),
Sophie Liebmann (1885; später wohnhaft in Baisingen; umgekommen nach
Deportation 1941 nach Riga), Jenny Mock geb. Karlebach (1875; später wohnhaft
in Breisach; umgekommen 1940 in Gurs).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers (Religionslehrers)
(1855)
Anzeige
im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis"
vom 3. Februar 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Vakante
Schulstellen.
Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen Schulgelde
von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem
Vorsängerdienste samt den davon abhängigen Gefällen verbundene
Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde Obergrombach,
Synagogenbezirks Bruchsal, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen mittelst des
betreffenden Bezirksrabbinats bei der Bezirkssynagoge Bruchsal sich zu
melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- und Rabbinatskandidaten können
auch andere inländische befähigte Subjekte, nach erstandener Prüfung
bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen werden."
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Die Auflösung der Gemeinde (1888)
Dokument
des Großherzoglichen Oberrates der Israeliten "Die Auflösung der
israelitischen Gemeinde Obergrombach betreffend.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben mit Allerhöchster
Staatsministerialentschließung gegeben auf Schloss Baden, den 5. Juli
1888 Nr. 369 auf Grund des § 9 des II. Konstitutionsedikts und des § 19
des Gesetzes vom 5. Mai 1870, die Rechtsverhältnisse und die Verwaltung
der Stiftungen betreffend, sowie in Gemäßheit des § 3 Ziffer 3 der
Höchstlandesherrlichen Vollzugsverordnung zu diesem Gesetze vom 18. Mai
1870 gnädigst auszusprechen geruht:
1, dass die israelitische Gemeinde Obergrombach, Synagogenbezirks
Bruchsal, für aufgelöst erklärt werde;
2. dass das Vermögen dieser Gemeinde, unter dem Vorbehalte der
Rückerstattung des Kapitalbetrages desselben im Falle der Neubegründung
einer israelitischen Gemeinde an dem genannten Orte, dem israelitischen
Religionsschulfond zu Karlsruhe zugewiesen werde und
3. dass die in Obergrombach wohnenden Israeliten der israelitischen
Gemeinde zu Untergrombach zugeteilt werden.
Dies wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht.
Karlsruhe, den 24. Juli 1888. Großherzoglicher Oberrat der
Israeliten. Der Ministerialkommissär. I.V.
Joos. Willstätter." |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Zunächst war ein Betsaal in einem jüdischen Privathaus neben der Kirche
vorhanden. 1790 wurde eine erste Synagoge mit einem rituellen Bad
erbaut. Das Gebäude ist als Wohnhaus erhalten (Hinweistafel vorhanden).
1846 ersteigerte Nathan Drach für die jüdische Gemeinde die auf Abriss
angebotene ehemalige katholische Pfarrkirche St. Martin. Doch verzichtete die jüdische
Gemeinde auf den Abriss und baute die aus dem 14. Jahrhundert stammende Kapelle
zu einer Synagoge um. Der katholische Stiftungsrat hatte die Bedingung gestellt,
dass in der Kapelle kein rituelles Bad eingerichtet werden durfte; deshalb beließ
man diese Einrichtung im Gebäude der alten Synagoge. Beim Umbau zur Synagoge
wurde der Chor der Kapelle abgebrochen. Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde 1888
kam die Kapelle mit der schon seit 1885 erworbenen Burg und Schlossanlage
Obergrombach in den Besitz der Familie von Bohlen und Halbach.
Bis zur Gegenwart ist die ehemalige Kapelle / Synagoge in Privatbesitz. Für
Gottesdienste während des Sommerhalbjahres wird die Kapelle von der
evangelischen Kirchengemeinde genutzt. Ein großer Teil des Inventars (Gestühl,
Rest des Toraschreines, Leuchter) stammt aus der Zeit der Nutzung als Synagoge.
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte an
den Webmaster, E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Die alte Synagoge
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 15.9.2003 bzw. mit *) 9.5.2004) |
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Blick auf die ehemalige
Synagoge in der Burggasse* |
Das Gebäude stand direkt am
Stadttor
an der alten Stadtmauer* |
Eingangstüren* |
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Das Treppenhaus |
Hinweistafel zur
Geschichte
des Hauses |
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Die "neue" Synagoge
in der Burgkapelle
(sw-Fotos: Hahn, aufgenommen Mitte der 1980er-Jahre) |
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Die ehemalige Burgkapelle St. Martin, 1846-1888 Synagoge in Obergrombach,
seitdem
evangelische Kirche beziehungsweise als Burgkapelle in
Privatbesitz |
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Fotos 2003/04
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 15.9.2003
bzw. mit *) 9.5.2004) |
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Blick von Norden auf die
Kapelle* |
Blick von Südwest* |
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Die Hinweistafel an der
Kapelle |
Innenaufnahme. Blick zum
ehemaligen Toraschrein, jetzt mit Kreuz versehen* |
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Die Bänke mit
charakteristischen Läden
stammen aus Synagogenzeiten* |
Die Leuchter sind
gleichfalls aus der
Zeit als Synagoge* |
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Weitere Fotos (Evangelische Kirchengemeinde Unter- und
Obergrombach): www.christusgemeinden.de
bzw. www.christusgemeinden.de/schlosskirche.htm
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
September 2010:
Auf den Spuren der jüdischen Geschichte in
Obergrombach |
Pressemitteilung der Stadt Bruchsal vom 14. September 2010: "Führung zur jüdischen Geschichte von Obergrombach.
Stadt Bruchsal unterstützt künftig den Verein Jüdisches Leben Kraichgau e. V.
Bruchsal (pa). Bruchsal selbst und drei seiner heutigen Stadtteile können zurückblicken auf eine reiche jüdische Geschichte, die mit der Auslöschung des noch verbliebenen israelitischen Bevölkerungsanteils im Nationalsozialismus erbarmungslos beendet wurde. Bis zu zehn Prozent der Einwohner waren jüdischen Glaubens - so auch in Obergrombach, wo sich am Freitag, 24. September, eine öffentliche Führung speziell dieser Facette der Ortsgeschichte widmet. Treffpunkt ist um 18.30 Uhr vor dem Gasthaus Grombacher Stuben (Helmsheimer Straße 20), die Teilnahme ist kostenfrei (Informationen: Stadt Bruchsal, Tel. 07251/79-380).
Unter sachkundiger Führung des Heimathistorikers Dietmar Konanz erschließt der Rundgang die Spuren jüdischen Lebens in Obergrombach, zu denen auch die gotische Kirche St. Martin im
'Städtl' mit ihren ungewöhnlichen konfessionellen Wandlungen zählt: In vorreformatorischer Zeit als katholisches Gotteshaus errichtet, diente sie im 19. Jahrhundert als Synagoge und seit weit über hundert Jahren als evangelische Kirche. Auch ihre über 500 Jahre alten Wandgemälde geben Hinweise auf das christlich-jüdische Verhältnis im Spätmittelalter.
Im Anschluss an die Führung, die vom Verein Jüdisches Leben Kraichgau ausgerichtet wird, kommen die Teilnehmer in den Grombacher Stuben zum Ausklang zusammen. Dabei wird der Partnerschaftsvertrag zwischen dem Verein und der Stadt Bruchsal unterzeichnet, die künftig die Erforschung jüdischer Geschichte in der Region auf diese Weise mit unterstützen will." |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 279-280. |
| Hans Rott: Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Bruchsal, in: Die
Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden IX,2 1913 S. 268ff. |
| Jürgen Stude: Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe. 1990. |
| Josef Lindenfelser: Judenfriedhof Obergrombach (Heimatverein
Untergrombach. Beiträge zur Heimatgeschichte 1). 1998. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 224. |
| Jürgen
Stude: Geschichte der Juden in Bruchsal. Veröffentlichungen
zur Geschichte der Stadt Bruchsal Band 23. Verlag Regionalkultur 2007. (umfassende
Darstellung zur jüdischen Geschichte der Stadt und der Stadtteile) |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Obergrombach Baden.
The Jewish community in 1825 numbered 43 and maintained a synagogue and cemetery
dating from 1632. The last Jew was deported by the Germans to the Gurs
concentration camp on 22 October 1940.
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