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Oberstreu
(VG Mellrichstadt, Landkreis
Rhön-Grabfeld)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Oberstreu
bestand möglicherweise vom Mittelalter bis um ca.
1912 eine zeitweise relativ große jüdische Gemeinde.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Oberstreu auf
insgesamt 16 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände
genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): David Wolf Gutmann (Handel
mit Vieh und Schmuserei), Samuel Mittel (Feldbau, seit 1820), Alexander
Seeligmann Strauß (Handel mit Vieh, Viehschlachten), Isaak David Groß (Handel
mit Vieh), Isaak Meier Reiß (Schmuserei und Handel mit Vieh), Joseph David
Klein (Handel mit Vieh), Isaak Joel Luner (Handel mit Schnitt- und
Spezereiwaren), Moses Samuel Schloß (Handel mit Schnittwaren), Menasses
Seeligmann Rupp (Handel mit rohen Häuten und Vieh), Abraham Jüdlein Heß (Kremplerhandel
mit Eisen und alten Kleidern), Jonas David Frank (Handel mit Vieh), Eva, Witwe
des Meier Lippmann Gutmann (lebt von Unterstützung durch ihre Kinder),
Lämmlein Falk Sommer (Kremplerhandel), Rahel, Witwe des Jacob Hirsch
Fleischmann (Handel mit Schnittwaren), Benjamin Joseph Adler (Handel mit
Farbenwaren), Gerson Meier Fechheimer (Handel mit Eisen- und Ellenwaren), Simon
Seligmann Scheuer (Handel mit Schnittwaren). Auch einer älteren Liste ist
zusätzlich von Scheile, die Witwe von Seligmann Jacob Eckstein genannt (lebt
von Handarbeit und wird von ihren Kindern unterstützt).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1832 80 jüdische Einwohner, 1848 62 (in 16 Haushaltungen).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.),
einen Schulraum für den Unterricht und ein rituelles Bad. Die Toten der
Gemeinde wurden zunächst auf dem jüdischen Friedhof
in Kleinbardorf, seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermutlich
auch in den damals angelegten Friedhöfen der Nachbargemeinden Unsleben
oder Mellrichstadt beigesetzt.
Zumindest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war ein jüdischer Lehrer
in der Gemeinde tätig, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war. Genannt
wird u.a. Lehrer Joseph Silbermann, der in den 1840er-Jahren in Oberstreu wirkte.
Die jüdische
Gemeinde gehörte von 1840 bis 1892/93 zum Rabbinatsbezirk Gersfeld,
danach zum Distriktsrabbinat Bad
Kissingen.
Seit Mitte des 19.
Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück. Zur Oberstreuer Gemeinde gehörten ab 1871 auch
die in Mittelstreu lebenden jüdischen Personen. Anfang
des 20. Jahrhunderts (um 1912) wurden die in Oberstreu und Mittelstreu noch
lebenden jüdischen Personen der Gemeinde in Mellrichstadt
zugeteilt.
Von den in Oberstreu geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Flora Adler (1884),
Fromma (Frumet) Adler (1880), Paula Gutmann geb. Adler (1886), Rosel (Rosa, Reisle) Oppenheimer
geb. Adler (1892), Adolf Strauß (1881).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Zum Tod des Lehrers Joseph Silbermann
(1817-1896)
War in den 1840er-Jahren Lehrer in Oberstreu - siehe Bericht auf Seite
zu Altenschönbach
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf für die Pflege für ein uneheliches
Mädchen (1878)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1878: "Aufruf!
Das uneheliche Kind eines jüdischen Mädchens aus Oberstreu (3/4
St. von hier), in welchem Orte nur 5 zum großen Teil unbemittelte
Familien wohnen, wurde bisher in Fürth, wo die Mutter in Diensten stand,
verpflegt. Die Pflegemutter kündigte der politischen Gemeinde Oberstreu
die Pflegschaft, weil die Mutter, welche nach Amerika flüchtete, kein
Pflegegeld bezahlte und die Gemeinde sich weigerte, solches ferner zu
entrichten. So ist dieses Kind (Mädchen) seit gestern in Oberstreu
angelangt und steht in Gefahr, dem Judentum entfremdet zu werden. Einer
jüdischen Seele brauche ich mehr nicht zu sagen, um eine der Hilfe
bedürftigen zu retten, damit sie keine verlorene Seele werde. Den
Indifferenten, den Reformer dürfte es unberührt lassen, ob jüdische
Kost oder christliche gereicht werde. Aber Ihr, Männer und Frauen in
Israel, die Ihr jüdisch denkt und handelt, Ihr habt für eine Heiligung
Gottes stets offene Hand. Letzteres ist es, um welches es sich handelt.
Tretet heran, spendet, damit Pflegemittel beschafft werden auf 3-4 Jahre.
Der Unterzeichnete und die löbliche Expedition dieses Blattes sind gerne
zur Empfangnahme der Spenden bereit, welche zur Sicherung des guten Werkes
und des Erfolges solch an das königliche Landgericht dahier als Kuratelbehörde
aushändigen werden. Gott - er sei gepriesen -, der das Gute nicht
unbelohnt lässt, wird auch lohnen in der Vermehrung von Tagen und Jahren.
Mellrichstadt, 27. März 1878. Ottensoser,
Direktor." |
Wohngebiet und Synagoge
In Oberstreu wohnten die jüdischen
Familien im sogenannten "Judenhof" in der Nähe des ehemaligen
Schlosses. Hier befanden sich fünf "Judenhäuser", eine Synagoge
("Judenschule"), eine Mikwe und ein eigener Brunnen. Nach der Auflösung
der Gemeinde Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Gebäude an Privatpersonen
verkauft. Der Toraschrein der Gemeinde Oberstreu kam in die Synagoge nach Mellrichstadt.
Das Areal des Judenhofes ist heute noch erhalten.
Die Synagoge wurde Ende des 18. Jahrhunderts erbaut. Sie wurde 1930
teilweise abgebrochen. Mauerreste - vor allem im Erdgeschossbereich - sind noch
erhalten, ebenso Teile der Mikwe. Im Gebäude der ehemaligen Synagoge
befindet sich heute eine Scheune. Eine Hinweistafel an der Außenmauer
des ehemaligen Synagogengebäudes ist angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Dorfgrabenweg 9 (früher
Schenkengasse 37)
Fotos
(Fotos Hahn, Aufnahmedatum 15.8.2005)
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Blick auf den ehemaligen
"Judenhof" - im Vordergrund
der Bereich der ehemaligen Synagoge |
Hinweistafel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern.
1988. S. 101; 1992² S. 110. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 369 (zu Mittelstreu, vgl. zu Mellrichstadt). |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 203-204. |
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