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Planig mit
Bosenheim (Stadt
Bad Kreuznach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Planig bestand eine jüdische
Gemeinde bis Anfang des 20. Jahrhunderts Ihre Entstehung geht in die Zeit
des 18. Jahrhunderts zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 58 jüdische Einwohner, 1824 76, 1830 100, 1861 19.
1808 nahmen die jüdischen Familien feste Familiennamen an. In der in
französischer Sprache abgefassten Liste wird unter Nummer 1 Moises Ely genannt,
der für sich und seine Familie (13 Personen) den Namen Wolf annehmen wollte.
Andere neu angenommene Familiennamen waren u.a. Mordochai Brill (vorher Mordge
Lazarus), Josef Beckard (vorher Joseph Abraham), Salomon Adler (vorher Salomon
Emanuel), Jakob Ginder (vorher Jakuf Sander), David Baer (vorher David Berme),
Jakob Laeber (vorher Gumbrich Loeb), David Weinheimer (vorher David Weinheim),
Gabriel Goldschmidt (vorher Gerson Levi), Barbara Wolf (vorher Besge Lazarus),
Rebekka Hirsch (vorher Rifge Schlome), Anna Maria Serf (vorher Marianna Hirsch),
Sibilla Serf (zuvor Belle Moises).
Zur jüdischen Gemeinde in Planig gehörten auch die wenigen in Bosenheim
lebenden jüdischen Personen. 1824 wurden hier sieben, 1830 acht jüdische
Einwohner gezählt. Um 1900 gab es in Planig und Bosenheim zusammen noch 14
jüdische Personen.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad (um 1830 war die Einrichtung eines neuen Bades geplant) und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts ein Lehrer am Ort, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war.
Später wurden die Aufgaben (vor allem der Religionsunterricht) vermutlich durch
den Lehrer aus Bad Kreuznach übernommen (zwischen 1900 und 1910 gab es
allerdings nur noch ein schulpflichtiges Kind in der Gemeinde).
1909 löste sich die jüdische Gemeinde auf; die hier noch lebenden
jüdischen Personen wurden der Gemeinde in Bad
Kreuznach zugeteilt.
1933 lebten noch zwei jüdische Familien mit je fünf Angehörigen am
Ort. Sie hatten bis dahin zwei Gewerbebetriebe inne: einer der Familienväter
war Viehhändler, der andere (Edmund Wolf) war Kaufmann und handelte mit
Landesprodukten, Düngemitteln und mit Wein (er war selbst Besitzer von
Weinbergen).
Eine der beiden Familien konnte emigrieren (Familie des Viehhändlers), die
andere (Familie Edmund Wolf) verzog 1938 nach Köln. Von ihr hat nur eine
Tochter die Deportation (nach Riga) überlebt und ist nach 1945 nach Amerika
ausgewandert. Eine Frau (Witwe) wurde - obwohl getauft - 1942 nach
Theresienstadt deportiert. Sie ist umgekommen.
Von den in Planig geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bertha Eilrich geb. Braun
(1882), Helene Koch geb. Wolf (1866), Ida Mayer geb. Wolf (1895), Johanna Mayer
geb. Wolf (1890), Edmund Wolf (1884), Eugen Wolf (1893), Johanna Wolf geb.
Koschland (1869), Ruth Wolf (1925).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod des aus Planig stammenden Max Adler - dem
"ältesten und angesehensten jüdischen Einwohner Kreuznachs" (1896)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1896: "Kreuznach,
am 1. Tag der Selichot. Ein unabsehbares Kondukt bewegte sich heute
nach dem Friedhof. Dem ältesten und angesehensten jüdischen
Einwohner Kreuznachs wurde das letzte Geleit gegeben. Fast sämtliche
jüdische und viele christliche Mitbürger, Honoratioren und auswärtige
Verwandte und Freunde beteiligten sich an demselben. Max Adler – seligen
Andenkens – ist am vergangenen Donnerstag im Alter von nahezu 90
Jahren heimgegangen. Der hiesige Rabbiner gab dem Lob seiner Tugenden als
Mensch in kurzen Worten Ausdruck. Uns erübrigt seiner herrlichen
Eigenschaften als Jehudi zu gedenken. Früher in Planig
ansässig, war der Verblichene bereits vor langen Jahren hierher
übersiedelt und sein Haus sowohl hier, wie seine frühere Wohnstätte
gestaltete er zu einem offenen Haus in des Wortes vollster
Bedeutung. Weit und breit war er auch bekannt dafür. Aber nicht im
Wohlwollen allein suchte er seine Religion zu betätigen, nein, auch in
der Ausübung jeder Mizwa (Gebot, Weisung). So groß oder gering
sie auch scheinen möchte, war er stets eifrig bemüht, sie ganz zu
vollführen und damit die altangestammte wahre Religiosität zu wahren.
– Bis kurz vor seinem Hinscheiden war er einer der eifrigsten Besucher
der Synagoge und gab oft seinem Bedauern darüber Ausdruck, dass er hier
in Folge mangelnden Interesses nicht täglich Minjan in der
Synagoge fände (sc. ein täglicher Gottesdienst konnte damals nicht
stattfinden, da dazu jeweils 10 religionsmündige Männer vorhanden sein
müssen). Neben dem Ausüben der jüdischen Pflichten war er bis ins
höchste Alter eifrigst um sein Geschäft bemüht und seine strenge
Reellität (sc. Ehrlichkeit, Redlichkeit) und wahre Rechtlichkeit gaben
ihm Ansehen bei seinen einflussreichen christlichen Freunden, bei denen
seine Biederkeit eine Heiligung des Gottesnamens verursachte (sc.
sie bekamen über ihn Achtung vor der jüdischen Religion). Ganz in seinem
Geiste hat er in Gemeinschaft mit seiner edlen, ihm vor Jahren im Tode
vorangegangenen Gattin seine Kinder erzogen, deren Häuser sich würdig an
das seine reihten. Hat er doch seinen Söhnen Gattinnen erwählt, die ihm
Bürgschaft waren, dass seine Enkel in gleichem jüdischen Geiste, in dem
er lebte, erzogen wurden, wusste er doch, dass die Töchter eines Raw
Benjamin Niederhofheim – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen
– die Häuser seiner Kinder zu Heimstätten wahren, unverfälschten
Judentums gestalten würden. So sah der Verblichene noch eine stattliche
Anzahl Enkel, erzogen in seinem Sinne, in Glaubenstreue und
Pflichtbewusstsein. Bis zur Stunde seines Heimgangs war er an Körperkraft
und Geistesfähigkeit fast ungeschwächt und als ihn Donnerstag nach Tisch
Schwäche anwandelte und zur ruhe mahnte, verrichtete er das Micha-Gebet,
um dann wohl ausgerüstet im Frieden mit Gott, mit sich und seinen
Nebenmenschen, in ein besseres Jenseits hinüber zu scheiden. Möge sein
Andenken unwandelbar seiner Familie bleiben und sie stets in seinem Sinn
die Wahrer des angestammten Judentums sein. Seine Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Zum Tod der 94-jährigen Frau Wolf (1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1921: "Planig,
28. Juni (1921). Im patriarchalischen Alter von 94 Jahren wurde Frau Wolf
hier zur ewigen Ruhe bestattet. Unentwegt und mit hingebendem Eifer an den
jüdischen Pflichten festhaltend, mit tätiger Liebe den Armen helfend, in
vorbildlicher Einfachheit und ruhiger Heiterkeit ihrer zahlreichen Familie
das Beispiel einer echt jüdischen Frau gebend, geachtet und geehrt bei
Juden und Nichtjuden, ist sie nach einem arbeitsamen und gesegneten Leben
dahingeschieden. In würdiger Weise zeichnete der Rabbiner des
rheinhessischen Kreises an ihrer Bahre das Bild der Heimgegangenen und
zahlreiches Trauergefolge gab ihr die letzte Ehre. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anmerkung: der Grabstein für die 1921
verstorbene Frau Wolf ist auf dem jüdischen Friedhof
der Gemeinde nicht mehr vorhanden. |
Zur Geschichte der Synagoge
In Planig gab es seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
eine Synagoge, über deren Baugeschichte nur wenig bekannt ist.
Auffallend war die Innenbemalung der Synagoge mit hebräischen Inschriften,
unterbrochen durch architektonische und florale Wandmalerei. Die Malerei
erinnert an die Ausmalung der Synagoge in Odenbach.
Bereits
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird auf Grund der zurückgegangenen
Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder kaum noch regelmäßig Gottesdienst
abgehalten worden sein - die in Planig und Bosenheim lebenden jüdischen
Personen besuchten zunehmend die Synagoge in Bad Kreuznach.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Synagogengebäude in Planig bereits
nicht mehr genutzt und geriet in einen immer baufälligeren Zustand, bis es 1950
abgebrochen wurde.
Adresse/Standort der Synagoge: keine
Angabe bei Landesamt s.Lit.
Fotos
(Quelle der Fotos: Landesamt s. Lit. S.
90)
Die Synagoge in Planig |
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Hochzeitsstein an der
Außenmauer |
Der Betsaal mit den Bemalungen |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 202-203. |
| Dokumentation Jüdische Grabstätten im Kreis Bad
Kreuznach. Geschichte und Gestaltung. Reihe: Heimatkundliche Schriftenreihe
des Landkreises Bad Kreuznach Band 28. 1995. S. 349-356. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 90-91 (mit weiteren Literaturangaben).
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n.e.
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