Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
Zur
Übersicht "Synagogen im Kreis Ludwigshafen und im Rhein-Pfalz-Kreis"
Roxheim (Gemeinde
Bobenheim-Roxheim,
Rhein-Pfalz-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Roxheim und Bobenheim bestand eine jüdische Gemeinde für einige
Jahrzehnte von der Mitte des 19. Jahrhunderts an (Gemeindegründung 1854). Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
In Roxheim werden
jüdische Einwohner erstmals 1771 genannt.
Die Zahl der jüdischen Einwohner nahm bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts langsam zu (1797 16 Personen, 1830 30, 1857 47), um danach wieder
zurückzugehen (1867 39, 1885 40, 1901 45, 1905 42, 1922 15).
In Bobenheim war
die erste Nennung 1808. Als jüdische Haushaltsvorstände werden in einer Liste
von 1810 in Roxheim Maurice Mandel und Auguste Bender genannt. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde
1901 mit 31
Personen erreicht. Bis 1854 gehörten die an den beiden Orten leben Juden der
Gemeinde in Frankenthal an. Nach Trennung von der Frankenthaler Gemeinde war
Roxheim Sitz der Gemeinde; Bobenheim galt als Roxheim "angeschlossen".
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Schule (Religionsschule) und einen Friedhof. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk
Frankenthal.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde von den insgesamt
acht Kriegsteilnehmern der kleinen Gemeinde: Alfred Bender (geb. 5.12.1895 in
Roxheim, gef. 18.6.1916) und Hugo Fränkel (geb. 7.12.1883 in Roxheim, gef.
12.9.1916).
Um 1924 war Gemeindevorsteher Adolf Blum, Anfang der 1930er-Jahre Aron Blum (2. Vorsitzender
Nathan Bender).
1933 waren an beiden Orten zusammen nur noch ca. 20 jüdische
Personen wohnhaft, von denen die meisten vor 1939 noch auswandern konnten.
Von den in Roxheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Aron Blum (1856),
Friedrich Blum (1901), Karoline (Lina) Blum geb. May (1876), Rosa Blum (1886),
Salomon Blum (1864), Franziska Fraenkel (geb.
1888), Veronika Fränkel (1856), Wilhelmina (Mina) Fraenkel (1886).
Anmerkung: die in einigen Listen zu "Roxheim" genannten (weil in
"Roxheim" geborenen), in Mandel
wohnhaften und in der NS-Zeit
umgekommenen Geschwister Emil Marx (1876) und Rosa Marx (1873) stammen nicht aus
diesem Roxheim, sondern aus Roxheim bei Bad Kreuznach.
Aus Bobenheim am Rhein sind umgekommen: Rosa (Rosalie) Adler geb. Blum (1867),
Nathan Blum (1870).
Hinweis: Bobenheim am Rhein sollte nicht mit Bobenheim
am Berg (VG Freinsheim) verwechselt werden.
Am 14. Oktober 2015 wurden durch Gunther Demnig zwei "Stolpersteine"
vor dem Gebäude Otto-Karch-Straße 29 für Wilhelmina und Franziska Fränkel
verlegt (Bericht in der "Rhein-Pfalz" Lokalausgabe vom 15. Oktober
2015).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in
Roxheim gefunden. |
Zu einzelnen
Personen aus der jüdischen Gemeinde
Erinnerung an Aron Blum (geb. 1856 in Roxheim)
Kennkarte für Aron Blum (geb. 7. Mai 1856 in Roxheim, war wohnhaft
in Roxheim und Mainz) war verheiratet mit Karoline geb. May
(geb. 26. März 1876 in Wöllstein). Die Kennkarte wurde ausgestellt am 23. Februar 1939 in
Frankenthal. Aron Blum und seine Frau verzogen um 1938/39 von Roxheim nach
Mainz. Am 27. September 1942 wurden sie von Darmstadt aus in das
Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 29. November 1942, sie am 4.
Januar 1943 umgekommen ist.
Quelle für die Kennkarte: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in
Deutschland
http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm |
Erinnerung an die Deportation in das südfranzösische
Internierungslager Gurs im November 1940 - Grabstein für Veronika Fränkels in
Gurs
Grabstein
im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs für
Veronika Fränkel,
geb. am 23. November 1856 in Roxheim, später wohnhaft in Frankenthal
(Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt),
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo sie am 14. Januar 1943
umgekommen ist.
(Foto von Bernhard Kukatzki) |
Zur Geschichte der Synagoge
Erstmals wird 1824 in Roxheim von einer "Schule", d.h. einem
Betsaal berichtet. Es handelte sich um einen früheren Stall, der umgebaut
worden war. Es ist nicht bekannt, wo sich dieses Gebäude befand. 1839 wollte
die jüdische Gemeinde ein neues Bethaus erstellt, doch kam es damals nicht
dazu. 1854 kaufte die jüdische Gemeinde trotz schwierigster finanzieller
Verhältnisse ein Haus, das zur Synagoge erbaut wurde. Es handelte sich um ein
Gebäude, das bereits auf dem Grundstück Bobenheimer Straße 10 lag. Um den in
Bobenheim lebenden Gemeindegliedern den Gottesdienstbesuch zu erleichtern, hatte
man ein Gebäude am damaligen äußersten Ortsrand in Richtung Bobenheim
gewählt. Nachdem das Gebäude im Sommer 1882 in sehr schlechtem Zustand war,
wurden im November 1882 umfangreiche Reparaturen durchgeführt. 1883 wurde das Gebäude allerdings durch ein Hochwasser so beschädigt, dass
es teilweise einstürzte und abgebrochen werden musste. Die jüdische
Gemeinde, die damals aus 12 Familien bestand, vermochte zunächst nicht, die
finanziellen Mittel für den Aufbau der zerstörten Synagoge aufzubringen. 1885
wandte man sich mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit, den notwendigen Neubau
einer Synagoge in Roxheim zu unterstützen. Der Aufruf erschien in der
Zeitschrift "Der Israelit", Ausgabe vom 15. Oktober 1885:
Aufruf!
Teure Glaubensgenossen! In Folge der Überschwemmungen im Jahre 1883 ist
auch leider unsere Synagoge mit heimgesucht. Unsere Gemeinde ist durch
diesen Schicksalsschlag schwer getroffen, da sie nur aus 12 Familien, die
zum Teil gering bemittelt, teils aber auch arm sind, besteht. Der Neubau
unseres Gotteshauses erfordert einen Aufwand von wenigstens 7.000 Mark,
ein Aufwand, den unsere kleine, wenig bemittelte Gemeinde, ohne
mildtätige Hilfe, aus eigenen Mitteln aufzubringen nicht vermag, da
unseres Gemeinde ohnehin schon durch die Erhaltung des Kultus schwere
Lasten zu tragen hat. Obwohl schon erhebliche Summen seitens der hiesigen
Gemeinde zum Aufbau vorhanden, genügen dieselben doch bei weitem nicht,
um auch nur den bescheidensten Anforderungen zu entsprechen.
Wir sind deshalb auf die Unterstützung unserer Glaubensbrüder
notgedrungen angewiesen, und wenden uns in dieser Notlage an Ihren oft
bewährten Wohltätigkeitssinn, teure Glaubensgenossen, Gemeinden sowohl,
als Vereine und Private, mit der ergebensten Bitte: Helfen Sie uns durch
reichliche Gaben unser zerstörtes Gotteshaus wieder aufbauen. Wir
zweifeln nicht, dass diesem Appell an die Wohltätigkeit die verdiente
Aufnahme zuteil werde und uns Hilfe respektive Unterstützung nicht
versagt werden. Wir bitten, Spenden an den Vorstand dahier oder auch an
unseren ehrwürdigen Herrn Bezirks-Rabbiner Dr. Salvendi in Dürkheim
einsenden zu wollen.
Roxheim (Pfalz), im Oktober 1885. Die Vorstände der Gemeinde Roxheim:
Moses Fränkel. Samuel Bender. |
1888/89 konnte man auf dem Grundstück der alten Synagoge einen Neubau
verwirklichen. Diese neue Synagoge war etwas größer als der Vorgängerbau. Am
16. Oktober 1889 wurde der Neubau mit der Überführung der Torarollen aus dem
Interimsbetsaal in einem jüdischen Privathaus feierlich eingeweiht.
Da bereits um 1930 kein regelmäßiger Minjan (Zehnzahl der Männer) zum
Gottesdienst mehr zustande kam, wurde die Synagoge geschlossen und das Gebäude
verkauft. Dadurch war es von den Gräueltaten in der Pogromnacht 1938 nicht
betroffen. Die ehemalige Synagoge wurde zum Wohnhaus umgebaut und ist als
solches bis heute erhalten. Äußerlich sind teilweise noch die Rundbogenfenster
des Betsaales zu sehen. Auch ist von der früheren Portalinschrift die
Jahreszahl 1889 erhalten; die hebräische Inschrift wurde abgeschlagen.
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge war das letzte Zeugnis einer Synagoge im
nördlichen Rhein-Pfalz-Kreis und im östlichen Teil des ehemaligen Landkreises
Frankenthal. Obwohl es sich mit seinem steilen Giebel, den erhaltenen
Bogenfenstern und einem Rundfenster schon äußerlich um ein markantes Gebäude im
Ort - in Sichtverbindung zur katholischen Pfarrkirche St. Maria Magdalena -
handelte, ist die Unterschutzstellung des Bauwerks, auch in Teilen, bereits 1985
gescheitert. Vor November 2017 wurde das Gebäude abgebrochen. An seiner
Stelle wurde ein Einfamilienhaus erstellt.
Adresse/Standort der Synagoge: Bobenheimer Straße
10
Fotos
(Fotos Hahn, Aufnahmedatum 2.8.2005)
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Anmerkung: Seit Anfang der 1980er-Jahre
engagierte sich insbesondere der Verein
für Naturschutz und Heimatpflege in Bobenheim-Roxheim ohne Erfolg
für ein Denkmal zur Erinnerung an das Schicksal der früheren jüdischen
Einwohner. 2004 wollten der Verein, die Gemeinde und die jüdische
Kultusgemeinde der Pfalz zu Franziska Fränkels 60. Todestag eine
Schrifttafel auf dem jüdischen Friedhof der Gemeinde anbringen. Die
Realisierung wurde durch durch Mitglieder der beiden großen
demokratischen Parteien im Ort torpediert und unmöglich gemacht.
Im Oktober 2015 wurden zwei "Stolpersteine" vor dem Haus
Otto-Karch-Straße 29 für Wilhelmina und Franziska Fränkel
verlegt. |
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Bernhard Kukatzki: Jüdisches Leben in den Rheindörfern
Roxheim und Bobenheim. Schifferstadt 1993. 24 S. In. Sachor. Beiträge zur
Jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz. Ausgabe 1/1994, Heft Nr. 6.
Online zugänglich (eingestellt
in reduzierter Qualität, eingestellt
in höherer Auflösung). |
| "...und dies ist die Pforte des Himmels" Synagogen -
Rheinland-Pfalz. Saarland. Hg. vom Landesamt für Denkmalpflege
Rheinland-Pfalz mit dem Staatlichen Konservatoramt des Saarlandes und dem
Synagogue Memorial Jerusalem. 2005. S. 118-119 (mit weiterer Lit.) |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|