Im 15. Jahrhundert wurden vier in Schriesheim
verstorbene Juden in Worms beigesetzt (1421).
In Schriesheim gab es möglicherweise im 17./Anfang 18. Jahrhundert einen
älteren jüdischen Friedhof, woran die Flur 'Judenkirchhof' im Bereich
der heutigen Autobahnauffahrt erinnern könnte. Spuren sind nicht erhalten.
Möglicherweise trat Schriesheim erst 1716 dem Friedhofsverband Hemsbach
bei, zumal der älteste noch erhaltene Schriesheimer Grabstein in Hemsbach von
1716 stammt (für Dina Frau des David, beigesetzt am 10. Januar 1716). Von den
1066 registrierten Grabsteinen in Hemsbach sind in der Folgezeit 39 Steine für
Schriesheimer Juden. Bis 1874 fanden die Beisetzungen der Schriesheimer Juden in
Hemsbach statt. Da dieser Friedhof für damalige Verhältnisse
drei Stunden (15 km) von
Schriesheim entfernt war und bei jeder Beerdigung alleine 12 bis 15 Gulden
Transportkosten anfielen, bemühte sich die Schriesheimer Gemeinde nach 1870 um
die Anlage eines eigenen Friedhofes.
1874 konnte zum Preis von 704 Mark ein Grundstück in der Plöck
in unmittelbarer Nähe des allgemeinen (christlichen) Friedhofes gekauft werden (Flurstück 617
gegenüber dem Friedhofsweg). Es war 130 Fuß lang und 48 Fuß breit mit einer
Fläche von 62 ½ Ruten = 5,78 ar. Bei durchschnittlich zwei Beisetzungen pro
Jahr rechnete man damit, dass der Friedhof für etwa 100 Jahre ausreichen
würde. Die erste Beisetzung auf dem Friedhof fand noch 1874 statt (Rosa
Oppenheimer, gestorben am 26. Juli 1874). Auf dem Friedhof wurden in den
folgenden Jahren auch die im benachbarten Dossenheim verstorbenen jüdischen
Einwohner beigesetzt.
Das heutige Erscheinungsbild des Friedhofes zeigt drei Reihen mit Grabsteinen,
wobei die dritte Reihe nur halb belegt ist (bis 1935, letzte Beisetzung Rosa
Fuld geb. Freudenberger am 10. Juli 1935). In einer besonderen Abteilung liegen
zwei Kindergräber. Bei mindestens 17 Gräbern (Lücken zwischen erhaltenen
Grabsteinen) fehlen die Grabsteine.
Bereits
vor 1933 kündigten sich die Schrecken der NS-Zeit durch eine Tat auf dem
jüdischen Friedhof in Schriesheim an. Anfang März 1931 wurde durch
einen der HJ angehörenden 17-jährigen Jungen und seinem 26-jährigen Freunde,
der bei der SA Mitglied war, zwei Kindergrabsteine umgeworfen. Zudem warfen sie
aus dem Nachbargrundstück Müll und Abfall in den Friedhof. In der jüdischen
Zeitung des Central-Vereins (CV-Zeitung vom 11. Dezember 1931 s.o.) wurde - zusammen
mit anderen Friedhofschändungen - in einem Jahresrückblick auf die Ereignisse
des Jahres 1931 - auch von dem Vorfall in Schriesheim berichtet. Zu weiteren
Schändungen und Zerstörungen des Friedhofes kam es in der NS-Zeit offenbar
nicht mehr. 1941/43 gab es Verhandlungen mit der Stadt und verschiedenen
Behörden um einen Kauf des Friedhofsgrundstückes durch die Stadt, die jedoch
kein Interesse hatte.
Berichte zur Friedhofschändung 1931
Artikel in der
"Central-Verein-Zeitung" vom 20. März 1931:
"Friedhofschändung in Schriesheim. Nationalsozialisten als Täten
ermittelt. Auf dem jüdischen Friedhof in Schriesheim an der Bergstraße
wurden in der Nacht vom 5. zum 6. März zwei Grabsteine auf Kindergräbern
umgeworfen und ein weiterer Grabstein beschmutzt. Die Täter könnten
bereits ermittelt werden; es sind zwei Mitglieder der NSDAP in
Schriesheim. Die Jüdische Gemeinde Schriesheim hat gegen die jugendlichen
Rohlinge Strafantrag gestellt.".
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 1. April 1931: "Karlsruhe. Im badischen
Städtchen Schriesheim bei Heidelberg wurden auf dem jüdischen Friedhof
zwei Grabsteine umgeworfen und ein dritter beschmutzt. Zwei festgestellte
Täter sind Mitglieder der Nationalsozialistischen Partei. Damit haben die
Friedhofschändungen in Deutschland die Zahl hundert erreicht.".
Artikel in der
"Central-Verein-Zeitung" vom 11. Dezember 1931 (Jahresrückblick
über die Schändungen der Friedhöfe): "Schriesheim, Bergstrasse. In
der Nacht vom 5. Juni 1931 (falsch für 5. zum 6. März) 1931 sind zwei
Grabdenkmäler von Kindergräbern umgeworfen und ein weiterer Grabstein
zertrümmert worden. Die Täter waren zwei Mitglieder der NSDAP in
Schriesheim, gegen die die jüdische Gemeinde Strafantrag stellte. Einer
der Täter erhielt bereits Anfang April diesen Jahres einen richterlichen Strafbefehl
in Höhe von 14 Tagen Gefängnis.".
Nach 1945 wurde das Friedhofsgrundstück zunächst von
der JRSO (Jewish Restitution Successor Organization) übernommen. Die Pflege des
Friedhofes besorgt seit 1950 die Gemeinde Schriesheim. Sie stellte 1950 die in
den Jahren zuvor umgestürzten Grabsteine wieder auf und brachte auch ein neues
Holztor am Eingang an. 1983 wurde ein neues Eisentor mit den Symbolen des
Davidsternes und der Menora angebracht. Seite 1998 ist zudem eine Hinweistafel
angebracht.
Eine Gräberliste mit den auf dem Friedhof Beigesetzten findet sich im
Beitrag von Monika Stärker-Weineck (Beitrag von 2009 s.Lit.)
Die Lage des Friedhofes
Lage des jüdischen Friedhofes Schriesheim
(durch
Pfeil markiert) (Topographische Karte aus den 1970er-Jahren)
Weitere Informationen und Fotos zur Arbeit des Grundkurses Bildende Kunst
13 des Kurpfalz-Gymnasiums Schriesheim auf Seiten des Gymnasiums: Seite
1 bzw. Seite
2
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Schriesheim
Monika Stärker-Weineck: Ein "Guter Ort" -
der jüdische Friedhof in Schriesheim. In: Schriesheimer Jahrbuch 2004 S.
203-232.
dies.: Ein "Guter Ort" - der jüdische Friedhof
in Schriesheim. Nachtrag zum Beitrag im Jahrbuch 2004. S. 203-232. In:
Schriesheimer Jahrbuch 2009 S. 125-131
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