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Stadtallendorf mit
-Erksdorf und -Hatzbach (Kreis
Marburg-Biedenkopf)
sowie (Neustadt-) Speckswinkel
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Allendorf (in älteren Listen jüdischer Gemeinden als Allendorf Kreis
Kirchhain von den anderen Orten Allendorf unterschieden,
erst nach 1960 Stadtallendorf) bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts
zurück. Erstmals wird 1602 ein jüdischer Einwohner namens Gans genannt.
Er blieb bis 1611 am Ort. 1616/17 wird Jud Assur genannt. In der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts war nach 1657 einige Jahre der Jude Abraham am Ort. 1690
gab es keinen jüdischen Einwohner in Allendorf.
Im 18. Jahrhundert lebte seit etwa 1710 Jud Aaron mit Frau und vier Kinder
in Allendorf; seit 1735 wird er mit Beinamen/Familiennamen Aaron Haynau (Haine,
Haina, Haune) genannt. Er ist
vor 1747 gestorben. Der Schutz ging über Aarons Witwe auf den Sohn Isaak Haina
über. Im Laufe der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm die Zahl der jüdischen
Einwohner nur langsam zu: 1783 waren es zwei Familien mit zwei Söhnen und
zwei Töchtern sowie einer Witwe.
1815 waren vier jüdische Familien im Dorf: Jakob Plaut Buxbaum mit
Frau und drei Söhnen (die Familie kam 1812 aus Kirchhain
nach Allendorf), Herz (Meier) Stern mit Frau und zwei Söhnen, Gutkind Wertheim
mit Frau und Sohn (Familie kam 1813 aus Angenrod
nach Allendorf), Salomon Stern mit Frau und zwei
Söhnen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Allendorf 1830 23 jüdische Einwohner, 1885 39 (2,7 % von insgesamt 1.456
Einwohnern), 1895 41 (2,8 % von 1.454), 1905 47 (3,4 % von 1.393).
1858 werden die folgenden Familienvorstände genannt (mit Erwerbszweig):
Heli Wertheim (Manufakturwaren- und Nothandel, etwas Viehhandel), Amschel Stern
(Spezerei-, Eisenwaren- und Nothandel, etwas Viehhandel), Israel Plaut Buxbaum
(Metzgerei und Nothandel, etwas Viehhandel), Witwe von Isaak Stern
(Spezereiwaren und Nothandel, etwas Viehhandel). Meier Stern (Metzgerei und
Nothandel, etwas Viehhandel), Baruch Stern (Metzgerei und Nothandel, etwa
Viehhandel), Haune Stern (Nothandel, etwas Viehhandel).
Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in Erksdorf, Hatzbach und
Speckswinkel wohnhaften jüdischen Personen:
In Erksdorf gab es von der Mitte des 17.
Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts jeweils ein oder zwei
jüdische Familien: 1665 David, Sohn des Schutzjuden Herz - die Familie lebte
schon einige Zeit am Ort; 1684 zwei Familien (Simon Katz und Itzig), nach 1700
Arndt Hirsch und Moyses; Ende 17. Jahrhundert Levi Israel; 18. Jahrhundert ab
1742 Süskind Levi, ab 1770 Salomon Isaak; 1858 Familien Juda Rothschild und
Markus Rothschild, 1861 insgesamt 40 jüdische Einwohner, 1869 drei Familien. Im
letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sind fast alle jüdischen Familien vom Ort
verzogen. Anfang der 1920er-Jahre nur noch die Familie des Kaufmanns Siegmund Stern,
der am 29. Juli 1924 als letzter Erksdorfer Jude starb und im jüdischen
Friedhof in Stadtallendorf beigesetzt wurde.
In Hatzbach wurden von der dortigen Adelsfamilie
von Knoblauch bereits im 15./16. Jahrhundert einzelne Juden aufgenommen; Belege
für Juden am Ort finden sich jedoch erst seit dem 17. Jahrhundert. 1629 und 1684 gab es
jeweils vier Familien in Hatzbach. 1742 werden gleichfalls vier Familien genannt:
Löb Abrahams Witwe, Meyer Salomon, Hirsch Katz und Moses Spiers Witwe Sara.
Durch Einheirat kamen nach 1800 die Familiennamen Deisebach (Theisebach) und
Wertheim nach Hatzbach. 1837 hatten Eigentumsrecht an der in diesem Jahr
eingerichteten Synagoge in Hatzbach: Isaak Wertheim, Hirsch Wertheim, Liebmann
Katz-Willersdorf, Jakob Theisebach, Daniel Katz-Willersdorf, Lob Speier und
Isaak Wertheim. 1861 wurden 63 jüdische Einwohner gezählt, 1905 noch 65. In
den folgenden 20 Jahren sind jedoch alle Familien ab- oder ausgewandert, sodass
1925 keine jüdischen Personen mehr am Ort lebten.
In Speckswinkel ließ sich 1819 Moses Katz
mit seiner Familie nieder. Bis in die 1860er-Jahre lebten er bzw. seine Familie
am Ort. Nach der Darstellung von Schneider s. Lit. S. 313-314 gehörte die
Familie allerdings zur jüdischen Gemeinde in Neustadt.
An Einrichtungen bestanden in Stadtallendorf (teilweise auch in den
Erksdorf und Hatzbach) eine Synagoge beziehungsweise einen Betraum (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule),
ein rituelles Bad (1825 im Haus des Salomon Stern) und (seit 1918) ein Friedhof.
Ob zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde zeitweise ein Lehrer angestellt war (zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig), ist nicht bekannt. Möglicherweise wurde der
Religionsunterricht immer von auswärtigen Lehrern erteilt (z.B. 1920 Lehrer
Rapp aus Kirchhain). In Hatzbach war nach
1831 als Lehrer Moses Karfunkel tätig. Später unterrichteten am Ort Lehrer aus
umliegenden Orten (1908 Lehrer Menko Schirling aus Rauschenberg).
Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Oberhessen mit
Sitz in Marburg.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Julius Buxbaum
(geb. 24.1.1889 in Allendorf, gef. 11.9.1916), Leopold Buxbaum (geb. 31.8.1889
in Allendorf, gef. 25.3.1918) und Leopold Buxbaum (geb. 14.6.1893 in Allendorf,
gef. 31.12.1914).
Um 1924, als zur Gemeinde noch 29 Personen gehörten, war Gemeindevorsteher
Hermann Ransenberg. Als Kantor und Schochet war Sigmund Stern tätig, als
weiterer Schochet wird Israel Buxbaum II genannt. 1932 war Gemeindevorsteher
weiterhin Hermann Ransenberg. Im Schuljahr 1931/32 erhielten drei Kinder der
Gemeinde ihren Religionsunterricht an der Religionsschule der
Gemeinde.
1933 lebten noch etwa 30 jüdische Personen in Allendorf. In
den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1939 wurden noch 12,
1941
noch elf jüdische Einwohner gezählt.
Von der Familie Israel Buxbaum I (Hauptstraße) wurden die Eltern Israel und
Josefine sowie deren Schwester Hedwig Kallheim 1941 nach Wohra umgesiedelt und
von dort in das Ghetto Riga deportiert. Von der sechsköpfigen Familie Siegmund Buxbaum
konnte nur eine Tochter, Ruth Buxbaum, in die USA emigrieren. Alle anderen
Familienmitglieder wurden in Riga ermordet. Hermann und Frommet Fanny Ransenberg
(Hahnengasse) mussten in das Ghetto Theresienstadt umsiedeln und wurden von dort
nach Minsk in den Tod deportiert. Frieda Frachen Stern, die Schwester von
Frommet, kam in Theresienstadt ums Leben. Salomon Wertheim (Hauptstraße/Ecke
Mittelstraße) wurde 1941 nach Wohra umgesiedelt; er fand in Minsk den Tod. Max
Woschinski wurde in Auschwitz ermordet.
Von den in Stadtallendorf geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Helga Berta Buxbaum
(1924), Israel Buxbaum (1877), Johanna (Hannchen) Buxbaum geb. Katz (1891),
Josefine Buxbaum geb. Kallheim (1884), Lina Buxbaum (1879), Mathilde Buxbaum (1891), Siegmund Buxbaum (1881), Hedwig Kallheim (1886), Hilda Helene Katz geb.
Ransenberg (1895), Selma Katz geb. Buxbaum (1887), Sophie Meyer geb. Stern
(1892), Kathinka Michel geb. Stern (1884), Frommet Fanny Ransenberg geb. Stern
(1864), Hermann Ransenberg (1870), Albert Stern (1878), Arthur Stern (1896),
Fradchen (Trudchen, Friedchen) Stern (1861), Max Woschinski (1920).
Aus Erksdorf sind umgekommen: Bella Reich geb. Rothschild (1891),
Hannchen Stern geb. Rothschild (1865).
Aus Hatzbach sind umgekommen: Sophie Adler geb. Wertheim (1861), Rosa
Bendix geb. Wertheim (1879), Jettchen Fränkel geb. Wertheim (1882), Emma Heiser
geb. Wertheim (1884), Berta Höchster geb. Wertheim (1889), Franziska Illfeld
geb. Vogel (1857), Clara Justus geb. Wertheim (1881), Berta Dora Ida Lilienstein
geb. Katz (1889), Ida Seligmann geb. Wertheim (1895), Jenny Spier geb. Wertheim
(1890), Dina Thekla Walldorf geb. Theisebach (1886; für sie liegt ein
"Stolperstein" in Ebsdorf), Adolf Wertheim (1893),
Anschel Adolf Wertheim (1865), Aron Wertheim (1884), Frieda Wertheim (1876),
Gustav Wertheim (1901), Heli Wertheim (1859), Isaac Wertheim (1867), Isaak
Wertheim (1892), Isaak Wertheim (1894), Max Wertheim (1897), Meier Wertheim
(1884), Willy Wertheim (1892).
Hinweis auf das KZ-Außenkommando Allendorf: von August 1944 bis Ende März
1945 bestand in Allendorf ein Außenkommando des KZ Buchenwald als
Frauenkommando "Nobel Allendorf" bzw. als "Fabrik Allendorf" oder als "Lager
Münchmühle". Es handelte sich um ein Frauenaußenkommando mit 1000 jüdischen
Frauen, die aus Ungarn, ein Teil auch aus der Slowakei stammten. Das Lager
befand sich in der Nähe der Münchmühle, nördlich des Werksgeländes der Fabrik
Allendorf, eine Tochterfirma der Dynamit-Nobel AG. Die Frauen arbeiteten
hauptsächlich in den Granatenfüllstellen, einige in der Landwirtschaft und im
Lager. Seit 1994 erinnert an die Geschichte des Lagers die Dokumentations- und
Informationszentrum Stadtallendorf, eine Gedenkstätte mit Museum und Archiv:
https://www.diz-stadtallendorf.de/
Informationen vgl. auch:
http://aussenlager.buchenwald.de/index.php?article_id=48; Namenslisten
von 1945 und erste Berichte vom Juli 1945 siehe unten.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Antisemitische Versammlung mit Dr. Böckel in Allendorf (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1901: "Allendorf
(an der Main-Weser-Bahn), 30. April (1901). In einer Versammlung, die der
antisemitische Reichstagsabgeordnete Dr. Böckel dieser Tage hierselbst
abhielt, äußerte er sich u.a. auch über seine ihm vorgehaltene
Verbindung mit dem 'jüdischen Journalisten Hamburger'. Diese für ihn so
heikle Affäre suchte er dadurch abzutun, dass er seinen Zuhörern
erzählte, er müsse als Schriftsteller froh sein, wenn er einen
Zeitungsartikel los werden könne und könne nicht erst danach fragen, ob
ein Jude sein Abnehmer sei, ebenso wenig wie ein Gastwirt, der an einen
Juden ein Glas Bier verkaufe. Dazu bemerkt die 'Hessische
Landeszeitung':
'Böckel hat sich mit seinen Äußerungen selbst moralisch vollständig
preisgegeben. Er stellt sich als Politiker ganz auf den Standpunkt des
Bierwirts, der da sagt: 'Geschäft ist Geschäft, wer mein Bier haben
will, bekommt es.' Jedenfalls ein höchst idealer Standpunkt! Aber in den Ausführungen
Böckels steckt noch mehr als das Zugeständnis, ein reiner
Geschäftspolitiker zu sein. Es handelt sich bei dem Geschäft
Böckel-Hamburger nicht darum, dass Böckel etwa Artikel schreibt, für
die er dann Abnehmer sucht. Nein, umgekehrt: er hat erst eine Vereinbarung
mit Dr. Hamburger getroffen auf Lieferung von Artikeln (besser gesagt, von
große, geistige Arbeit nicht erfordernden Kommissionsberichten) und dann,
diesem Abkommen entsprechend, die 'Artikel' geliefert. Böckel befindet
sich also nicht in der Lage des unglücklichen Schriftstellers, der irgend
etwas geistig produziert hat und nun herumsuchen muss, wo er es verwerten
kann, sondern er ist ein von vornherein fest fixiertes literarisches
Verhältnis eingegangen." |
Zum
Außenkommando Allendorf "Münchmühle" des KZ Buchenwald
Weitere Informationen:
https://de.wikipedia.org/wiki/KZ-Außenlager_Münchmühle mit Literaturangaben
und Links
Namenslisten vom Mai/Juni 1945
Artikel
in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 18. Mai 1945: "Im Lager Allendorf bei
Marburg a.d. Lahn befreite jüdische Frauen aus Ungarn... |
Artikel
vom 26. Mai 1945: Fortsetzung des Artikel vom 18. Mai 1945. |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 8. Juni 1945: "Frauen aus Allendorf
suchen..." |
Bericht über das Lager im Juli 1945
Artikel
in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 6. Juli 1945: "Die Frauen von
Allendorf.
Ein Hohelied des jüdischen Wiederstandswillens.
k.h. Irgendwo auf einer Landstraße in Mitteldeutschland stießen kürzlich
zwei amerikanische Soldaten, Leutnant William R. Perl (New York,
früher Wien) und M/Sergeant Lutz Hanschner (Chicago Ill., Früher
Breslau) auf jüdische Frauen, die die Nazis von Auschwitz nach Deutschland
gebracht hatten. Zuerst reagierten die beiden Soldaten, die in ihrem Jeep
fuhren, nicht auf das Winken einer kleinen Gruppe von Frauen am Weg. Als sie
aber eine zweite, größere Gruppe von Frauen passierten, bemerkten sie, dass
sie blau-weiße Armbinden trugen und hielten an. Die Frauen erzählten, dass
sie Jüdinnen seien. Ihre Freude kannte keine Grenzen, als sie erfuhren, dass
die beiden Amerikaner ebenfalls Juden waren. Sie fielen den beiden um den
Hals und küssten sie ab. Dann berichteten sie:
Im Frühjahr und Sommer 1944 wurden die Frauen, von denen die meisten in der
Slowakei und in Ungarn gelebt hatten, mit ihren Familien nach Auschwitz
deportiert, wo sie von den Deutschen in zwei Gruppen geteilt wurden: in
Arbeitsfähige und in Arbeitsunfähige. Die eine Gruppe Arbeitsfähiger - rund
700 Frauen im Alter von 15 bis 55 Jahren (ihren Namen hat der 'Aufbau' vor
kurzem veröffentlicht, siehe oben) - wurde zur Sklavenarbeit in die
Allendorfer Munitionsfabrik gebracht. Dort waren sie unter Bewachung von
SS-Männern und Frauen; die Frauen zeigten sich in ihrer Behandlung den
Sklavinnen gegenüber vielleicht noch brutaler als die Männer. Die Sklavinnen
mussten um halb vier Uhr früh aufstehen und um vier Uhr zur Fabrik
marschieren, wo sie bis sechs Uhr abends arbeiten mussten.
Leiterin der Gruppe war Elisabeth Schreiber aus Jelsava war, eine junge
Jüdin, die sich ihrer schweren Verantwortung vollauf bewusst war. Viele
Frauen verdanken ihr ihr Leben; sie verhinderte, dass manche von Ihnen unter
der schweren Last, die sie leisten mussten, zusammenbrachen und gab ihnen
leichtere Arbeit - denn jede Frau die arbeitsunfähig geworden war, wurde
nieder geschossen. Es gelang ihr so zu verhindern, dass innerhalb eines
ganzen Jahres auch nur eine einzige Frau wegen Schwäche getötet wurde.
Einige jedoch, bei denen angeblich Schwangerschaft festgestellt wurde,
verschwanden - sie waren wertlos geworden…
Aus allen diesen Frauen hatte das bittere Schicksal gläubige Juden gemacht.
Sie brachten es |
fertig,
geheim die jüdischen Feiertage zu feiern, ja, sie bereiteten sogar unter den
Augen der SS Matzen für den Sederabend vor! Die meisten von ihnen hatten
einer jüdischen Jugendorganisation angehört. Sie kannten viele jüdische und
hebräische Gesänge, und wenn sie marschierten - marschieren mussten - sangen
sie diese Lieder, die ihnen Mut gaben. Den sie bewachenden SS Männern sagten
sie, es seien slowakische oder ungarische Volkslieder.
Die Geschichte ihrer Rettung ist ein Wunder für sich. Kurz bevor die
Amerikaner in die Nähe von Allendorf kamen, sollten die Frauen evakuiert -
und jene, die zu schwach zum Transport waren, getötet werden. Der Zug, in
den sie wie Sardinen hineingezwängt worden waren, war schon in Bewegung, als
sich Elisabeth Schreiber mit dem SS-Haupt-Scharführer, der die Frauen
beaufsichtigte, ins Benehmen setzte und ihn überzeugte, dass jetzt, nachdem
die Nazis den Krieg verloren hätten, er wenigstens seine Haut retten könne,
wenn er den Frauen erlaube, vom fahrenden Zug abzuspringen. Durch die
passive Hilfe dieses SS Mann es gelang es den Frauen, sich zu retten.
Nur wenige von ihnen, die aus Ungarn stammen, wollen dorthin zurück. Die
meisten, vor allem alle aus der Slowakei, wollen nach Palästina. Sie haben
ähnlich nur einen einzigen Wunsch: endlich unter Freien und glücklichen
Juden zu leben….". |
Zur Geschichte der Synagoge
Über die Geschichte einer Synagoge am Ort erfährt man in
einem Bericht aus dem Jahr 1846, dass "vor etwa 40 Jahren", also
bis Anfang
des 19. Jahrhunderts Allendorf, Erksdorf und Hatzbach eine Synagogengemeinde
gebildet hätten und den Gottesdienst in Erksdorf
abgehalten haben. Dann hätten sich Allendorf und Hatzbach abgespalten und
gemeinsam Gottesdienste abgehalten. Da in Erksdorf jedoch keine ausreichende Zahl zum
Minjan vorhanden war, schlossen sich die Erksdorfer der Gemeinde in Allendorf
an. Das Betlokal in Allendorf sei jedoch so
eng gewesen, dass man "kaum in einem Buches lesen konnte". Daraufhin
richteten die jüdischen Familien in Hatzbach
1837 eine eigene Synagoge ein.
1846 wurde in Allendorf ein neuer Betraum (Synagoge) eingerichtet. Für die folgenden
Familienvorstände gab es damals Betständer: aus Allendorf: Herz Sterns Witwe
für sich und deren zwei Söhne; Salomon Stern, dessen Sohn und Enkel; Gutkind
Wertheim, Israel Plaut, Amschel Stern, Mayer Stern, Heli Wertheim; aus Erksdorf:
Markus Rothschild, Juda Rothschild für sich und seinen Sohn, Salomon
Rothschild, Zadock Rothschild und Herz Rothschild. 1855 wollte die Erksdorfer
Judenschaft eine eigene Synagoge erbauen, was jedoch nicht genehmigt
wurde.
Beim Synagogengebäude in Allendorf handelte es sich um einen zweigeschossigen
Fachwerkbau mit Steinsockel und Satteldach, das traufständig zur Straße stand.
Seit etwa 1920 wurde das Gebäude gleichzeitig als Wohnhaus verwendet (bis 1939
durch die Familie Woschinski bewohnt).
Nach 1933 wurden in der Synagoge weiterhin Gottesdienste abgehalten (bis
1938), dann wurde die Synagoge geschlossen und angesichts der bevorstehenden Auflösung der Gemeinde die
Kultgegenstände nach Marburg ausgelagert.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden nur wenige Zerstörungen am Synagogengebäude
angerichtet. Zwei kleine Fensterscheiben wurden
"zertrümmert". Das Gebäude kam in Privatbesitz und wurde
zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: Mittelstraße
Fotos
(Quelle: Altaras s. Lit. 1988 S. 101 und 2007 S. 234)
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Das
ehemalige Synagogengebäude: Straßenseite beziehungsweise westliche
Traufseite,
links Aufnahme Oktober 1984, rechts 2002 |
Die östliche Traufseite |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 27-28. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 100-101. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 85 (keine weiteren
Informationen). |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
234. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 160-163. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 368-369. |
| Barbara Händler-Lachmann / Ulrich Schütt:
"unbekannt verzogen" oder "weggemacht". Schicksale der
Juden im alten Landkreis Marburg 1933-1945. Marburg 1992. |
| Barbara Händler-Lachmann / Harald Händler
/Ulrich Schütt: 'Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim
bedeut?' - Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert. Marburg
1995. |
| Alfred Schneider: Die jüdischen Familien im
ehemaligen Kreise Kirchhain. Beiträge zur Geschichte und Genealogie der
jüdischen Familien im Ostteil des heutigen Landkreises Marburg-Biedenkopf
in Hessen. Hrsg.: Museum Amöneburg. 2006.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Allendorf (now
part of Stadt-Allendorf) Hesse-Nassau. Jews lived there in the 17th century.
Together with Jewish villagers in neighboring Hatzbach, Erksdorf, and
Speckswinkel, they established a unified community (1842) an numbered over 120
in 1861. The last 29 Jews mostly emigrated after 1933. Housed in a special
concentration camp. 1.000 Hungarian Jewish women transferred from Auschwitz were
among the slve laborers at a munitions factory in Allendorf (1944-45).
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|