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Friedhöfe in der Region"
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Thalmässing (Marktgemeinde,
Kreis Roth bei Nürnberg)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in
Thalmässing (interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Die Toten der jüdischen Gemeinde
wurden zunächst in Georgensgmünd
beigesetzt, bis 1832 ein eigener jüdischer Friedhof in Thalmässing angelegt
werden konnte. Die Anlage war durch Spenden der Familien Heidecker und
Niedermair möglich. Die erste Beisetzung war am 10. Februar 1833 (Abraham
Wallerstein). Die Friedhofsfläche umfasst 13,87 ar.
In der NS-Zeit wurde der
Friedhof geschändet. Die Grabsteine wurden umgeworfen, teilweise weggebracht.
1945 kam mit amerikanischen Soldaten auch der Sohn eines ehemaligen jüdischen
Thalmässingers in den Ort. Er ließ den geschändeten Friedhof von ehemaligen
NS-Parteigenossen herrichten. Sie mussten die verschleppten Grabsteine
einsammeln und im Friedhof wieder aufstellen. Ein großer Teil der etwa 130
erhaltenen Grabsteine steht dadurch nicht mehr am ursprünglichen Ort. Das
Taharahaus wurde 1968 wegen Baufälligkeit abgebrochen.
Im September 2018 wurde beim jüdischen Friedhof ein Gedenkstein
mit den Namen von 33 aus Thalmässing stammenden und in der NS-Zeit ermordeten
jüdischen Personen aufgestellt (Bericht siehe
Synagogenseite).
Lage des Friedhofes:
Der Friedhof ist erreichbar über die Merleinsgasse -
Übergang zur Badstraße, zwischen dem Neubaugebiet "An der Leiten"
und dem Sportplatz
(pdf-Datei
zum Neubaugebiet mit Eintragung des Friedhofes).
Link
zu den Google-Maps
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 4.12.2009)
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Blick über den Friedhof |
Das Eingangstor |
Die Hinweistafel |
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Blick vom Friedhof
auf die
evangelische St.-Michaels-Kirche |
Teilansichten des
Friedhofes |
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Teilansichten und
Grabsteingruppen auf dem Friedhof |
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Symbol der Löwen
auf dem Grabstein
(hebräischer Vorname des Beigesetzten
war Arieh =
Löwe; zugleich Zusammenhang
mit den Löwen Judas) |
Die Levitenkanne verweist auf
einen
Beigesetzten mit levitischer Herkunft |
Levitenkanne (links), rechts
vermutlich
Beschneidungsmesser |
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Teilansicht - im Hintergrund:
Gebäude
der Hauptschule in Thalmässing |
Auf dem linken
Grabstein (rechts Ausschnittvergrößerung): "segnende Hände"
der
Kohanim und "Krone" (gewöhnlich "Krone des guten
Namens" des hier Beigesetzten |
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Teilansichten und
Grabsteingruppen auf dem Friedhof |
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Teilansicht (Blick auf die
Rückseite der
Grabstein; im Hintergrund das
Neubaugebiet "An der
Leiten") |
Grabstein der Witwe Rösle
Schülein,
Frau von Simon Schülein, gest. 20. Schewat
5687 (= 23. Januar
1927) |
Grabstein für Mali und
Adolf Rosenfeld
(gest. 1931 bzw. 1933)
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Juli 2016:
Schüler pflegen den Friedhof
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Artikel von Tanja Stephan im
"Hilpoltsteiner Kurier" ("Donaukurier") vom 28. Juli 2016: "Mittelschüler
als Friedhofspfleger. 15 Kinder und Jugendliche kümmern sich ehrenamtlich um
jüdische Gräber in Thalmässing.
Thalmässing (DK) Thalmässinger Mittelschüler pflegen seit dem Frühjahr
den jüdischen Friedhof, der in der Nähe ihrer Schule liegt. Sie engagieren
sich damit nicht nur ehrenamtlich, sondern lernen nebenbei so einiges über
die fremde Kultur. 'Herr Misoph, Mütze aufsetzen!', fordert Kevin seinen
Schulleiter auf, als sie das kleine weiße Türchen, in dessen Gitter ein
Davidstern eingelassen ist, erreichen. Ottmar Misoph holt aus einem Eimer
grüne Kappen heraus und verteilt sie an Kevin und Tim, die sich für den
heutigen Arbeitseinsatz freiwillig gemeldet haben. 'Männer dürfen den
Friedhof nur mit einer Kopfbedeckung betreten', erklärt der Leiter der
Thalmässinger Mittelschule und sperrt das Tor für seine Schüler auf. 'Das
mussten wir erst einmal lernen.' Die Schule hat die ehrenamtliche Pflege des
Gräberfelds im Frühjahr übernommen, als der Vorgänger aus Altersgründen
aufhören musste. 'Dass der Friedhof gleich in unserer Nachbarbarschaft ist,
ist praktisch', stellt Misoph fest. Etwa 15 Kinder und Jugendliche
unterstützen ihn, die Gräber hinter einer kleinen, unscheinbaren Mauer
unweit der Sporthalle tadellos rein zu halten. Sie haben Misoph zufolge
bereits das hohe Gras heruntergeschnitten, altes Laub weggeschafft, Hecken
gestutzt und die Grabsteine von Moos gesäubert. Hier war allerdings Vorsicht
geboten: 'An den Steinen darf nichts verändert werden, deshalb waren wir mit
den Wurzelbürsten da ganz behutsam', sagt Misoph.
Der jüdische Friedhof in Thalmässing hat eine bewegte Geschichte. 'Die
Steine stehen nicht auf ihrem Originalplatz, sie sind im Dritten Reich von
den Nazis entfernt worden', weiß der Schulleiter. Nach 1945 hätten die
Amerikaner sie wieder aufgestellt - in willkürlicher Reihenfolge, da sie
natürlich nicht gewusst hätten, wo welcher Tote begraben liegt. 'Sie haben
die alten Steine einbetoniert, deshalb können sie nicht umfallen, und so
dürfen unsere Schüler auch hierher.' Diese brauchen gar keine große
Anleitung. Während Kevin die heruntergefallenen Äste aufsammelt, schmeißt
Tim schon einmal den Rasenmäher an und dreht Runde um Runde. 'Kevin ist vor
Kurzem hier vorbeigeradelt und hat erzählt, dass das Gras schon wieder so
hoch ist', sagt Misoph. Er freut sich, dass seine Schüler Eigeninitiative
zeigen - und auch Interesse an der fremden Kultur. 'Das Judentum ist immer
wieder Thema im Religionsunterricht', verdeutlicht der Schulleiter. Er könne
sich deshalb vorstellen, einmal eine Schulstunde an der Gräberstätte
abzuhalten. 'Der Friedhof hat etwas Meditatives, alle Steine sind relativ
gleich, und keiner versucht, den anderen zu übertreffen', bemerkt Misoph mit
Blick auf die schlichten Grabstellen mit den hebräischen Inschriften. Gerade
in dieser unruhigen Zeit schade es nicht, die Schüler für die Geschichte der
Juden zu sensibilisieren, 'ihnen aber auch zu zeigen, dass es das Judentum
immer noch gibt und es zudem immer noch lebendig ist'. Um dies auch
Spaziergängern, die ab und an auf dem Wanderweg entlang des Friedhofs
vorbeikommen, zu verdeutlichen, plant Misoph, mit seinen Schülern eine
Informationstafel zu gestalten. 'Um das religiöse Brauchtum und die
jüdischen Beerdigungsrituale zu erklären', ergänzt der Schulleiter. Er
behaupte von sich selbst, viel über das Judentum zu wissen, habe aber noch
einiges dazugelernt. 'Am Sabbat und an jüdischen Feiertagen darf der
Friedhof zum Beispiel nicht betreten werden, das ist bei uns eigentlich ganz
anders', erläutert Misoph. In seinem Büro hänge deshalb nun ein Kalender mit
den jüdischen Feiertagen, um keinen Fehler zu begehen. Die großen Bäume auf
dem Friedhof werfen lange Schatten auf die etwa 80 Grabsteine. '47 Sekunden
38', ruft Tim seinem Mitschüler zu, der diese Zeit für eine Runde mit dem
Rasenmäher unterbieten will. Sie wissen, dass sie sich hier benehmen müssen.
'Auf einem christlichen Friedhof würden sie auch nicht rumrennen und Fußball
spielen', beteuert Misoph. 'Schimpfwörter darf man hier auch nicht sagen',
wirft Tim ein. Er beteiligt sich gerne beim Rasenmähen. 'Das ist befreiend',
sagt der Zwölfjährige geradezu philosophisch. Auch Kevin hat sich freiwillig
gemeldet. 'Weil ich bei allem helfen will, was draußen ist', sagt der
Zwölfjährige und wirft den Rasenmäher wieder an."
Link zum Artikel |
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April 2019:
Dokumentation des Friedhofes
ist geplant
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Artikel
im "Hilpoltsteiner Kurier" vom 11. April 2019:
"Verbeugung vor der jüdischen Vergangenheit.
Thalmässing (HK) An einem Leaderprojekt 'Jüdisches Leben' wird sich die
Marktgemeinde Thalmässing zusammen mit Georgensgmünd und Pappenheim
beteiligen. Dazu gehören zwei Einzelbestandteile wie das Reinigen und
Erforschen der Inschriften auf den Gräbern auf dem jüdischen Friedhof und
als Kooperationsobjekt eine gemeinsame
Die hebräischen Inschriften auf den Grabtafeln des jüdischen Friedhofs in
Thalmässing sind alt und verwittert. Sie einerseits zu reinigen und zu
konservieren und andererseits zu erforschen und zu dokumentieren würde netto
rund 12000 Euro kosten. Die wissenschaftliche Aufarbeitung würde das
jüdische Salomon-Ludwig Steinheim-Institut der Universität Essen übernehmen.
Auf der Epidat-Datei des Instituts könnten Nachkommen der hier begrabenen
jüdischen Mitbürger Thalmässings die Namen ihrer Vorfahren entdecken, Damit
würde ein Besuch der Familien aus aller Welt am Grab ihrer Vorfahren am
jüdischen Friedhof in Thalmässing ermöglicht. 'Mit diesen Maßnahmen wollen
wir die Wertschätzung der jüdischen Geschichte Thalmässing und der Region
zeigen', unterstrich Bürgermeister Georg Küttinger in der jüngsten Sitzung
des Thalmässinger Marktrats.
Von dieser Verbeugung vor der jüdischen Kultur und Vergangenheit Thalmässing
hat sich auch Joino Pollak vom Landesverband der israelitischen
Kultusgemeinden in Bayern sehr angetan gezeigt. Er war im September
vergangenen Jahres in Thalmässing zu Gast, als der Gedenkstein an die
vertriebenen und ermordeten Thalmässinger Juden eingeweiht wurde. Die
Initiative für das jetzige Projekt geht von der Gemeinde Pappenheim aus, die
wegen der Leaderförderung nach Kooperationspartnern gesucht hat. Deren
Heimat- und Geschichtsverein hat sich in das Projekt schon sehr vertieft und
plant zusätzlich unter anderem einen Hörpfad, Vorträge, Ausstellungen,
Konzerte und Gespräche zum Thema und Führungen auf dem Friedhof. So weit wie
Pappenheim und in Georgensgmünd, das ebenfalls ins Boot geholt wird, ist man
in Thalmässing aus personellen und zeitlichen Gründen noch nicht. Als
Kooperationsprojekt, für das eine Leaderförderung von 70 Prozent möglich
wäre, soll es eine Broschüre geben, in der die jüdische Geschichte und deren
Zeugnisse an den einzelnen Standorten, eine Übersichtskarte und eine
Aufzeichnung der Totenwege - bis 1832 wurden die Verstorbenen von
Thalmässing zum Friedhof nach
Georgensgmünd gebracht - dargestellt werden. Diese drei Projekte sollen
nach einem einstimmigen Beschluss des Marktrats weiter verfolgt werden.
Inwieweit sich über diese Projekte hinaus noch Aktivitäten entwickeln, ist
jetzt noch nicht absehbar. Es gibt aber in Thalmässing seit einigen Monaten
auch eine Arbeitsgruppe, die eine ganze Reihe von Aktionen plant. So möchte
sie in einem leer stehenden jüdischen Gebäude ein Begegnungshaus verknüpft
mit einem historischen Spaziergang durch Thalmässing einrichten. Diese
Planungen stehen aber noch ganz am Anfang, werden aber vielleicht durch die
Leaderprojekte beflügelt."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens
in Bayern. 1988 S. 183-184; 1992² S. 194. |
| Michael Trüger: Der jüdische Friedhof in
Thalmässing.
In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern. 11. Jahrgang
Nr. 73 vom Juni 1997 S. 16-17. |
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