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Friedhöfe in der Region"
Zu den
Friedhöfen im Regierungsbezirk Schwaben
Illereichen (Markt
Altenstadt, Landkreis Neu-Ulm)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe bei der Seite zur
Synagoge in Altenstadt (interner Link)
Hinweis: möglicherweise lebten in Illereichen zeitweise einzelne
jüdische Familien. In einem Ratsprotokoll der Stadt Isny vom 23. Januar 1788
findet sich der Eintrag: "...wird ein Jude aus Illereichen um 3 fl. 30 Kr.
gestraft, weil er keinen Hausierzettel hatte..." (Ausk. Stadtarchiv Isny).
Zur Geschichte des Friedhofes
Der jüdische Friedhof in Illereichen ist der Friedhof der jüdischen Gemeinde
des benachbarten Altenstadt. Das Gelände wurde 1719 von Gräfin
Maria Anna von Lymburg Styrum zu Illereichen der Israelitischen Kultusgemeinde
als Begräbnisplatz zugewiesen. 1785 und 1867 wurde der Friedhof erweitert und
1928 mit einer Mauer umgeben. Aus dieser Zeit stammt auch das Eingangstor. Ein
weiterer Zugang ist von Richtung Altenstadt her, wo ein Fußpfad den Weg zum
Friedhof hochführt. Die Gesamtfläche des Friedhofes beträgt 28,79 a. Es sind
nach einer neueren Zählung 233 Grabsteine erhalten.
Auf dem Friedhof befinden sich (entlang der Mauer des Eingangs) eine alte
Hinweistafel zur Geschichte des Friedhofes, Gefallenengedenktafeln (1870-71 und
Erster Weltkrieg) und eine 1992 angebrachte Gedenktafel mit den Namen der aus
Altenstadt deportierten und ermordeten Juden.
Über dem Eingangstor von 1928 findet sich die (hebräische) Inschrift:
"Den Geborenen zum Sterben - den Toten zum Leben".
Im Juni 1924 wurde der Friedhof erstmals geschändet.
Über den jüdischen Friedhof aus Anlass der Erstellung einer
Mauer (1928)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Dezember 1928: "Altenstadt in Schwaben. Es ist mir
angenehme Chronistenpflicht, von einem bedeutsamen und heiligen Werke zu
berichten, das Pietät und Liebe geschaffen haben, nämlich von der Erstellung
einer dauerhaften Mauer um den hiesigen altehrwürdigen Friedhof. Derselbe
gehört wohl zu den ältesten in Bayern. Schon 1650 wurden im hiesigen Ortsteile
Illereichen, wonach sich fast bis in die neueste Zeit die hiesige Kultusgemeinde
benannte, von dem damaligen Grafen und Schutzherren Hans von Rechberg fünf
Familien angesiedelt; ob denselben auch damals schon eine Grabstätte angewiesen
wurde, ist fraglich. Als aber 1719 unter der Gräfin Maria Anna von
Limburg-Styrum die Ansiedlung der Juden in Altenstadt zu Füßen des Schlossberges
an der Ulm-Kemptener-Landstraße gestattet wurde, enthält der hiezu
ausgestellte Schutzbrief folgende Stelle: "Nicht weniger soll ihnen ein
Platz zur Synagoge und Begräbnis angewiesen werden." So entstand der
hiesige israelitische Friedhof auf einem Hügel, "den Judenhügel",
gelegen auf der rechten Seite der Landstraße nach Illereichen, etwa eine
Viertelstunde von Altenstadt entfernt. Auf dieser idyllisch gelegenen Stätte in
stiller Waldeseinsamkeit haben viele Geschlechter ihren letzten Ruheplatz
gefunden. Längst schon sind die Grabhügel der ältesten Reihen in die Erde
hinabgesunken und mit ihnen die meisten ihrer Denkmäler. Aber auch die
Inschriften der übrig gebliebenen Grabsteine sind größtenteils unleserlich
geworden. Erst auf den ungefähr um das erste Drittel des vorigen (sc. 19.)
Jahrhunderts entstandenen Gräbern sind die Grabsteine erhalten geblieben.
Soweit die Kunde zurückreicht, blieb die Grabesruhe unserer Verstorbenen stets
unbehelligt, obwohl "der gute Ort" nur mit einem Lattenzaun, auf der
östlichen Seite sogar nur mit einem Heckenzaun umgeben war. Je mehr sich aber
im Laufe der Zeiten eine Abnahme der Gemeinde ergab, zählte sie doch 1807
hundert Familien, in der Mitte des 19. Jahrhunderts 60 Familien, desto mehr war
man von der Notwendigkeit einer Friedhofsmauer überzeugt, namentlich
gegenwärtig in der Periode der sinnlosen Zerstörungen jüdischer
Grabdenkmäler. So war denn schon kurz vor dem Kriege die Errichtung einer
Friedhofsmauer geplant; doch scheiterte die gute Absicht an der harten
Kriegszeit und der ihr folgenden Inflation, durch welche bereits angesammelte
Gelder vernichtet wurden. Da griff vor einem Jahre Herr Bankier Lehmann von hier
mit aller Energie das Projekt wieder auf, das dann auch dank seiner
zielbewussten Arbeit, bestens unterstützt von der Kultusverwaltung und einem
eigens hierzu erwählten Friedhofskomitee, in diesem Herbste zu einem guten Ende
geführt werden konnte. Unter der Aufsicht des Architekten Herrn Morgenröther
aus Ulm hat die Baufirma Gebrüder Weh aus Osterberg in wenigen Wochen die
Umfriedung im besten Eisenbeton ausgeführt, wobei gleichzeitig eine Erweiterung
des Terrains vorgenommen wurde, das übrigens schon 1785 und 1867 vergrößert
worden war. So ist nach menschlicher Voraussicht die Grabesruhe in unserem Bes
olom bis in die spätestens Zukunft gewährleistet.
Inniger Dank aber gebührt allen Nedif lef, edlen Spendern, sowohl den
einheimischen als den auswärtigen, die mit größeren und kleineren Beiträgen
das gute Werk förderten, insbesondere aber der sehr verehrlichen
Gemeindeverbandsleitung, die sich mit einer namhaften Summe beteiligte. Ganz besonders
sei noch dankbar dessen gedacht, dass auch die hiesige politische Gemeinde einen
Beitrag bewilligte. Wahrlich ein schönes Zeichen des konfessionellen Friedens.
Aus der Beschreibung des Friedhofes sei noch im einzelnen hervorgehoben. Am
Haupteingange an der Ostseite steigt die Mauer zu einem imposanten Portal an, in
welches die vielsagenden Worte eingemeißelt sind: Spruch der Väter Kapitel 4.
"Hajilodim lomus wehamesim lichjos" - Die Geborenen sind bestimmt zu
sterben und die Toten wieder belebt zu werden. Eine in die östliche Wand
eingesenkte Tafel aus Marmor trägt die mahnende Inschrift: "Mi gefer
jichjeh welanjireh mofäs jemaled nafschan min scheaul säloh". - Wer wird
immer leben und nicht sterben, dass er sich vor der Gruft retten könnte? -
Ebenso sind auf derselben die wichtigsten geschichtlichen Daten des Friedhofs -
Gründung und Erweiterungen - verzeichnet. Geordnete Wege mit Zementstufen
erleichtern zu jeder Jahreszeit den besuch der geheiligten Ruhestätte, die
unser den vielen Gräbern auch diejenigen der Rabbiner Abraham und Meier Meyer, Vater
und Sohn, und Emanuel Schwab, gestorben 1870, enthält." |
Weiterer Text von Hauptlehrer Rose von 1931: "Unser Friedhof - Bees aulom"
(Haus der Ewigkeit)
Abschnitt aus:
Hauptlehrer Hermann Rose: Geschichtliches der Israelitischen
Kultusgemeinde Altenstadt. 1931 S. 90-92).
"Im Verlaufe dieser geschichtlichen Arbeit ist wiederholt betont worden, unter
welch erdrückenden und verächtlich machenden Ausnahmegesetzen unsere Vorfahren
selbst noch im 17. und wohl auch noch im 18. Jahrhundert zu leiden hatten. Doch
nicht nur der lebende Jude war der Rechtlosigkeit und Verachtung preisgegeben,
selbst auf den toten übertrug die Mitwelt ihren Hass, indem sie ihm kaum einen
Platz zur dauernden Ruhestätte gönnen wollte. So war es fast überall in
Deutschland, besonders in Franken und Hessen. Infolge der Schwierigkeiten, die
den einzelnen Kleingemeinden bereitet wurden bei der Erwerbung von Grund und
Boden zu einem "guten Ort", entstanden die sogenannten
Bezirksfriedhöfe, wie z.B. Bechhofen und Schnaittach
in Mittelfranken, Kleinbardorf, Laudenbach
am Main, Allersheim in Unterfranken, Buchen/Bödigheim
in Baden, Altengronau in Hessen und noch andere mehr. In dieser Beziehung
scheint in Schwaben zu jener Zeit eine mildere Gesinnung gewaltet zu haben. Da
konnte sich fast jede Gemeinde einen eigenen Friedhof anlegen, so Fellheim,
Osterberg, Hürben,
Krumbach, Ichenhausen,
Buttenwiesen, Harburg,
Wallerstein.
Diese humanere Anschauung herrschte auch bei dem Grafen Max Wilhelm von
Limburg-Styrum zu Illereichen, als er 1719 den Juden erlaubte, sich hier
niederzulassen. In dem erteilten Schutzbriefe von 1719 heißt es: "Nichts
weniger soll ihnen ein Platz zu einer Synagoge und einem Begräbnis angewiesen
werden" und zwar geschah dieses auf dem bewaldeten "Judenhügel",
gelegen an der Straße nach Illereichen. Die Abtretung scheint unentgeltlich
geschehen zu sein; jedenfalls weisen die Akten keinen Betrag aus. Die Belegung
des Friedhofes erfolgte von Westen her, woselbst sich auch das kleinere
Eingangstor befindet, gegen Osten, während die einzelnen Gräberreihen von
Norden nach Süden laufen. Zur Zeit der Entstehung des Friedhofes herrschte
unter unseren Vorfahren größtenteils große Armut. Daher musste man von der
Aufstellung steinerner Grabdenkmäler, die in der hiesigen Gegen doch nicht als
Natursteine vorhanden sind, aus Ersparnisgründen absehen und benützte an ihrer
Stelle schwere Eichenbohlen. Es ist bedauerlich, dass von ihnen allen nur zwei
dem Zahne der Zeit trotzten, doch sind auch sie kaum zu entziffern. Erst nach
Verlauf des ersten Fünftels des verflossenen (sc. 19.) Jahrhunderts gelangten
Grabsteine zur Verwendung. Da die noch vorhandenen älteren Grabsteine zu lange
schon dem Einflusse der Verwitterung ausgesetzt waren, sind sie vielfach nur
noch schwer zu entziffern, ja teilweise überhaupt unleserlich geworden. Doch
bietet ein im Anfang freilich nur hebräisch geführtes und die Zunamen nicht
nennendes Grabregister einigen Aufschluss über die ältere Zeit. An Grabsteinen
von allgemeinem Interesse sind zunächst zu erwähnen die der einstigen hiesigen
Rabbinerfamilie Meyer. Sie befinden sich hart an der südlichen Mauer und sind
gut erhalten, da sie erst im verflossenen Sommer wieder von der Gemeinde
restauriert wurden. Es sind diese die Gräber von dem einstigen Kultsführer (Parnes)
Josef bar Meir, der ein großes talmudisches Wissen besaß, ehrenamtlich als
Baal tokea und Mohel viele Jahre wirkte und 1812 gestorben war. Rechts von
diesem ruht sein Sohn, der Rabbiner Abraham Josef Meyer, gestorben 1849. Drei
Reihen weiter nach vorn trifft man die Ruhestätte des Rabbiners und Oberlehrers
Emanuel Schwab, gestorben 1870; das Grabmal ist leicht zu erkennen durch eine
ander Rückseite befindliche griechische Inschrift. Gerner ruhen auf dem
hiesigen Friedhofe die Gemeinde des Elementarlehrers Aron Fränkel, gestorben
1851, und der Vorsänger Josef Bär, gestorben 1860, und Zacharias Reutlinger,
gestorben 1874. Secher Zadik levrocho: "Das Andenken der Gerechten sei zum
Segen!" So schlummert denn eine große Totengemeinde auf dem hiesigen Bes
aulom dem Tage der Auferstehung entgegen. Jeder Leser dieser Zeilen aber wird in
pietätvoller Erinnerung aller seiner einstigen Vorfahren und Lieben gedenken
und ihr geistiges Bild tritt wehmutsvoll vor seine Seele, seien sie Vater,
Mutter, Bruder, Schwester, Sohn, Tochter oder sonstige Verwandte entfernteren
Grades gewesen.
Kein Ort aber ist uns Israeliten heiliger und unantastbarer als die
Ruhestätte unserer Ahnen. Der Gedanke, dass Unholde sie schänden könnten,
erfüllt uns mit Grauen und Entsetzen. Eine derartige verächtliche
Handlungsweise, die selbst das dunkelste Mittelalter nicht hervorbrachte, blieb
unserer aufgeklärt sein wollenden, aber von Klassen- und Rassenhass erfüllten
Gegenwart vorbehalten. Zählt man doch im deutschen Reiche gegenwärtig über
100 Schändungen jüdischer Friedhöfe. Zwar blieb uns Israeliten dank des
gesunden und toleranten Sinnes der Ortsbevölkerung eine derartige Schmach
erspart und ist zu hoffen, dass es auch für die Zukunft so bleiben werden.
Dennoch war es schon lange Herzenssache aller einsichtigen Gemeindemitglieder,
die geheiligte Ruhestätte unserer teueren Toten, welche bisher nur mit einem
hölzernen Lattenzaun umgeben war, durch eine dauerhafte Mauereinfriedung für
alle Zukunft vor ähnlicher Verunglimpfung zu schützen. Aber auch der
gewichtige Umstand, dass sich die Kultusgemeinde mehr und mehr verkleinerte,
musste zur Ausführung des Vorhabens drängen.
Tatsächlich bestand schon vor dem (sc. Ersten) Weltkriege dieses Projekt zur
Erörterung, doch die schwere Zeit verhinderte die Verwirklichung. Im Frühjahr
1920 wurde der löbliche Plan erneut aufgegriffen und das Ergebnis einer
Sammlung bei hauptsächlich auswärtigen Spendern betrug rund 3.700 Mark. Doch
die alles verschlingende Inflation machte auch dieses Vorhaben zunichte. Endlich
wurde in einer Gemeindeversammlung am 18. November 1927 der Beschluss gefasst,
die Ummauerung des Friedhofs durchzuführen. Die Gemeinde stellte selbst 1.200
Mark für den Zweck bereit. Die Aufbringung der übrigen Mehrkosten durch eine
Sammlung übernahm der leider 1929 verstorbene Herr M. Lehmann. Mit dem
nachbarlichen Anwesensbesitzer, Herrn Wanner, einigte man sich im
Tauschverfahren, dass die östliche Seite um drei Meter vorgerückt werden
könnte. Herr Lehmanns Energie schaffte die benötigten Geldmittel herbei aus
der Nähe und Ferne; selbst aus England, den Vereinigten Staaten von Nordamerika
und Südafrika liefen größere und kleinere Beiträge ein, die wegen
Raummangels hier nicht im einzelnen aufgeführt werden können. Doch sollen
nicht unerwähnt bleiben der Beitrag des Bayerischen israelitischen Gemeindeverbandes
in der Höhe von 2000 Mark und von der hiesigen politischen Gemeinde zu 200
Mark, als Beweis der hier herrschenden Toleranz. Neben der Kultusverwaltung
wirkten als besonderer Bauausschuss die Herren M. Lehmann, H. Neuburger und J.
Wassermann. Die Architekten Rettich und Morgenröther aus Ulm waren beauftragt,
Bauentwürfe vorzulegen; nach dem Gutachten des Landbauamtes Memmingen gelangte
der Morgenröther'sche Entwurf zur Ausführung. Als Mindestnehmender erhielt die
Baufirma Weh aus Osterberg auf dem Wege der Submission den Zuschlag. Am 28.
August 1928 wurde der erste Spatenstich getan und schon Mitte Oktober war das
ganze Werk vollendet, ohne dass sich irgend ein Unfall ereignet hatte. Die Mauer
ist aus bestem Beton hergestellt, zu welchem Sendener Kies verwendet wurde, und
wir aller Voraussicht nach den Unbilden der Witterung für alle Zeit trotzen.
Die bisherigen eisernen Tore, 1887 gestiftet vom damaligen Kultusvorstand Josef
Meyer, konnten wieder benutzt werden, und tragen das Emblem des Mogen dovid
(Davidsschild). Die Durchführung des ganzen Werkes, das seinem Erbauer sowie
der Gemeinde zur Ehre gereicht, kostete rund 8.000 Mark.
Ergänzend sei noch in geschichtliche Hinsicht eingeschaltet, dass die erste
Friedhofserweiterung schon 1785 erfolgte und die zweite 1867, letztere unter
einem Kostenaufwande von 450 fl., von denen 200 fl. dem Armenfonds entnommen
wurden, während man den Rest aus der laufenden Kultuskasse beglich.
So stellt sich nun unser Waldfriedhof in einem vorteilhaft veränderten
Gewande dem frommen Besucher dar. Die östliche Mauer erhebt sich über der
Einfahrt zu einem imposanten Portal, das die vielsagende Inschrift trägt:
"Hachajim lomus, wehamesim lichjans" - "Die Lebenden sind bestimmt
zu sterben und die Toten wieder zum Leben erweckt zu werden." Spr. d.
Väter 4. Zur linken Seite des Einganges ist in die Mauer eine Marmorplatte
eingesenkt, auf welcher das mahnende Schriftwort eingegraben ist: Migever
jichjeh welau jiräh mosäs jemaled nafschau min scheaul seloh - "Wer wird
immer leben, dass er nie den Tod sehe und sich vor der Gruft retten
könnte?" Psalm 89. Auch sind auf dieser Platte die Daten der Gründung, Erweiterung
und der jetzigen Umfriedung eingehauen. Gute und geordnete Wege führen zum
Friedhofe und auch innerhalb desselben um die Gräberreihen und drei Ruhebänke
laden den frommen Pilger zur beschaulichen Ruhe und besinnlichen Einkehr
ein.
So möge unser "guter Ort" für immer eine Stätte des dauernden Erdenfriedens
sein, vor welcher allem Hass und Streit Halt geboten ist. Er sei und bleibe für
alle Zeit ein Platz des Trostes und der Erbauung für die Lebenden und der
ungestörten Grabesruhe für die Entschlafenen. Möge niemals sich frevelnde
Hand erkühnen, die allen Menschen geheiligte Stätte der Ahnen zu verletzen und
zu verunglimpfen, at ascher jokizu jechene ofor, bis einstens Gottes geheiligter
Wille "die im Staube Schlafenden" zu neuem Leben erwecken wird.
Die feierlichen Stimmungen und Gefühle aber, welche ein so altehrwürdiger
Friedhof im Herzen des Besuchers auslöst, sind wohl nirgends eindringlicher zum
Ausdruck gebracht, als in den nachfolgenden Worten eines zeitgenössischen
Dichters:
Waldfriedhof
"In deine kühle Schatten tret ich wieder,
Du stilles, heilig-ernstes Reich;
Aus dunklen Tannen rauscht es heimlich nieder
Wie Träume, friedvoll, heimatgleich.
Ich hör' die Brunnen leise - wie im Schlafe - gehen
In weltverlor'ner Einsamkeit
Und wundersam durch alle Wipfel wehen
Den sanften Hauch der Ewigkeit.
Mich dünkt, ich sei von aller Welt geschieden
Und weither aus dem öden Land
Zurückgekehrt, wo ich nun hier den Frieden
Für meine Seele fand."
|
Lage des Friedhofes
Der Friedhof liegt auf einem bewaldeten
Hügel am Ortseingang von Illereichen, von Altenstadt her kommend.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 23.7.2004)
Einzelne Presseberichte
November 1988:
Gedenken anlässlich des Novemberpogroms 1938 auf
dem Friedhof |
Pressebericht
vom November 1988: "Auf dem Altenstadter Judenfriedhof der
Kristallnacht gedacht. Altenstadt. Mit einer Feierstunde auf dem
jüdischen Friedhof in Altenstadt-Illereichen gedachte gestern morgen der
Landrat des Kreises Neu-Ulm, Franz Josef Schick, der Kristallnacht in
Altenstadt, deren Jahrestag sich heute zum 50. Mal
jährt..." |
|
September 2010:
Eine neue Informationstafel wird angebracht |
Artikel von Petra Ast in der
"Südwestpresse" vom 7. September 2010 (Artikel):
"Stille Zeugen jüdischen Lebens
Altenstadt. Erinnern, nicht vergessen - das hat sich das Netzwerk Historische Synagogenorte zur Aufgabe gemacht. In Illereichen wurde eine Infotafel zur Erinnerung an die jüdische Gemeinde in Altenstadt
eingeweiht.
Der jüdische Friedhof im Altenstadter Teilort Illereichen liegt versteckt zwischen Bäumen, an einem Hang gelegen. Am Ende des Ortes, wo die Straße hinunter führt nach Altenstadt. Über dem weißen Eingangstor steht in hebräischer Schrift: "Den Geborenen zum Sterben - den Toten zum Leben." Dahinter, auf dem hügeligen Gelände, stehen die 293 verwitterten Grabsteine der jüdischen Frauen, Kinder und Männer, die dort seit Gründung der Grabstätte, vor über 200 Jahren, beerdigt worden sind. Zum letzten Mal wurde dort 1942 jemand bestattet. Kurze Zeit danach deportierten die Nationalsozialisten die noch verbliebenen 23 Altenstadter Juden in Konzentrationslager. Lange Zeit war die Marktgemeinde Altenstadt eine der größten jüdischen Siedlungen im Illertal gewesen.
Am Spätsommernachmittag des vergangenen Sonntags, an dem jüdische und nichtjüdische Organisationen zum elften Mal den europäischen Tag der jüdischen Kultur begangen haben, stand Rolf Kießling vor dem Eingang des verwaisten Friedhofs in Illereichen. Der Initiator des Netzwerks Historische Synagogenorte sagte, diese Grabstätte erzähle von der "tragisch endenden Geschichte der jüdischen Bewohner Altenstadts". An die 50 Menschen hatten sich mit ihm vor dem Eingangstor versammelt, um bei der Einweihung einer Tafel dabei zu sein, die über diesen Ort informiert. "Jüdische Friedhöfe sind Orte jüdischer Kultur, Orte der Erinnerung und seit der Shoa für Nichtjuden Zeugnisse einer untergegangenen Kultur jüdischen Lebens," sagte der Augsburger Geschichtsprofessor. Es gelte, die Erinnerung an die ehemals jüdischen Gemeinden aufrecht zu erhalten und sie im Bewusstsein der Menschen zu verankern.
Vor sechs Jahren hat Rolf Kießling das Netzwerk in Augsburg gegründet. Seither kümmert sich die Arbeitsgemeinschaft darum, dass frühere jüdische Begegnungsstätten in Bayerisch Schwaben nicht in Vergessenheit geraten: zum Beispiel mit Infotafeln an jüdischen Friedhöfen zwischen Augsburg und Memmingen. Illereichen ist eine von 14 Grabstätten, an deren Eingang nun über Gründung, Geschichte und jüdische Friedhofskultur berichtet wird. Auch über Gepflogenheiten: dass Männer zum Beispiel eine Kopfbedeckung tragen sollten und die Einnahme von Getränken und Speisen unerwünscht ist.
Manfred Worm, der Vizepräsident der israelitischen Kultusgemeinde in Schwaben, erinnerte an das "unsägliche Leid der Juden nicht nur in Altenstadt" und appellierte an die Zuhörer, den Friedhof in Illereichen als einen Ort der Geschichte zu bewahren. In diesem Zusammenhang lobte er die Marktgemeinde Altenstadt für ihren Einsatz um den Erhalt des Friedhofs in Illereichen. Bürgermeister Wolfgang Höß sagte, die Infotafel erweitere das Wissen um die ehemals jüdische Gemeinde und fördere das Verständnis für einen wesentlichen Teil der Orts- und Kulturgeschichte
Altenstadts.
Vor 160 Jahren lebten noch mehr als 400 Juden in dem Dorf - die höchste Bevölkerungszahl in der 300-jährigen Geschichte der jüdischen Enklave. 1931 war ihre Zahl auf 50 geschrumpft. Viele waren ausgewandert, geflohen vor den immer unsicherer werdenden politischen Verhältnissen. Die Infotafel trage dazu bei, "dass wir uns dankbar an die einstigen Mitbürger mosaischen Glaubens erinnern", sagte der frühere Landrat des Kreises
Neu-Ulm, Franz-Josef Schick. Der Altenstadter Heimatkundler Günther Backhaus zitierte Hermann Rose, den letzten Volksschullehrer, der jüdische Kinder in Altenstadt unterrichtete: "In Deinen kühlen Schatten tret ich wieder, Du stilles, heilig-ernstes Reich." Rose hatte kurz vor seinem Tod noch in einem Gedicht von seiner Heimat Altenstadt geschwärmt, ist dort seit 1936 begraben. Seine Ruhestätte fand er direkt am Eingang des Friedhofs. Grabstätten seien für Juden heilige Orte, ergänzte Backhaus.
Vergangenes Jahr hat er im Rahmen der Erwachsenenbildung eine Führung durch Altenstadt angeboten und über die Geschichte jüdischen Lebens im Ort berichtet, das Mitte des 17. Jahrhunderts seinen Beginn und im 19. Jahrhunderte die Blütezeit hatte: über Häuser, Familien und die einstige Synagoge, die 1938 von den Nationalsozialisten beschädigt wurde. 1955 wurde die schwer beschädigte Synagoge abgerissen - laut Backhaus "eine der schönsten in ganz Süddeutschland". Eine Gedenktafel und Granitstelen weisen heute auf den Grundriss des Bethauses hin.
Für die Juden, die in der Marktgemeinde gelebt haben, seien Friedhöfe gute Orte, erklärte der Heimatforscher zum europäischen Tag der jüdischen Kultur. Der kleine Friedhof in Illereichen dürfte ebenfalls ein guter Ort sein, um sich an die einstigen Bewohner der Bayerisch Schwäbischen Marktgemeinde im Illertal zu erinnern." |
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Juni 2024:
Führung über den jüdischen
Friedhof in Altenstadt |
Artikel in landkreis-nu.de vom 28. Juni
2024: "Jüdischer Friedhof als Manifest gegen das Vergessen.
1807 lebten in Altenstadt noch hundert jüdische Familien. Alwin Müller
erinnerte bei einer Führung über den jüdischen Friedhof an sie.
In Altenstadt blühte bis zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft das
jüdische Leben. 1807 lebten dort noch hundert Familien jüdischen Glaubens.
Der jüdische Friedhof in Illereichen, dem früheren Sitz der Ortsherrschaft,
gibt Zeugnis davon. Bei einem Rundgang mit etwa 15 interessierten
Landkreisbürgerinnen und -bürgern bekräftigte Alwin Müller einmal mehr
seinen Einsatz gegen das Vergessen. Alwin Müller gibt seit 2012 regelmäßig
Führungen für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Vereine über
Altenstadts jüdische Geschichte. Der jüdische Friedhof wurde im Jahr 1719
von Gräfin Maria Anna von Lymburg Styrum zu Illereichen der Israelischen
Kultusgemeinde angewiesen. Malerisch am Hang gelegen, beeindruckt die
Nekropole ihre Besucherinnen und Besucher durch seine lange Geschichte und
seine besondere Atmosphäre. Das Kleinod ist von alten, großen Bäumen umgeben
und umfasst Gräber, die vielfach stark verwittert sind. Auf fast 3.000
Quadratmetern sind über 200 Grabsteine erhalten. Die letzte Beerdigung fand
1942 statt. Diese Kulisse sorgte bei der Führung, die Margarete Fischer,
Integrationsbeauftragte des Landkreises Neu-Ulm, organisierte, für eine
einzigartige Stimmung. Alwin Müller teilte mit dem Publikum sein großes
Wissen über die Geschichte der Juden in Altenstadt und erläuterte, wie und
wo die jüdische Gemeinde lebte. Er berichtete außerdem von einzelnen
Schicksalen der Menschen, die auf dem jüdischen Friedhof bestattet wurden.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schätzten diese besondere Gelegenheit,
den alten jüdischen Friedhof unter fachkundiger Anleitung zu besichtigen.
Das schöne Wetter trug das Übrige zu einem beeindruckenden Nachmittag bei.
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