Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"
Zur Übersicht "Synagogen im Kreis Marburg-Biedenkopf"
Wetter (Kreis
Marburg-Biedenkopf)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Zur jüdischen Geschichte in Wetter und die
Aktivitäten um die ehemalige Synagoge Wetter
siehe vor allem die Seiten des Träger- und Fördervereins ehemalige Synagoge Wetter e.V.
unter
www.synagoge-wetter.de
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In Wetter bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 15./17./19. Jahrhunderts zurück. Bereits im
Mittelalter werden Juden am Ort genannt (1324/25). Im 15./16. Jahrhundert werden
mehrere jüdische Einwohner namentlich genannt (Jüdin Isentrud 1444, Jude
Sibode 1470, Simon 1484 usw.)
Auch im 17. Jahrhundert lebten Juden am Ort. 1626 handelte einige von
ihnen mit Häuten und rauen Fellen. 1644 gab es vier jüdische Familien
in Wetter. In diesem Jahr wurde Meschulam Süßmann von Wetter - bei seiner
Verheiratung - in Frankfurt am Main aufgenommen. Die Familie nahm den
Familiennamen Wetter an. Im 18. Jahrhundert waren bis zu fünf jüdische Familien am
Ort. Sie bildeten noch keine eigene Gemeinde, sondern gehörten zur Synagogengemeinde in
Goßfelden. 1771 wird unter den jüdischen
Familien die Familie des Michel Lehrberger genannt, Inhaber eines Warenhandels
(Sohn Moses Lehrberger geb. 1820).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1827 16 jüdische Einwohner (1,2 % von insgesamt 1.367 Einwohnern),
1861 28 (2,5 % von 1.129), 1885 61 (5,2 % von 1.167), 1895 66 (5,7 % von 1.153),
1905 72 (6,0 % von 1.199). Die jüdischen Haushaltsvorsteher waren als
Viehhändler, Produktenhändler oder Textilhändler tätig.
Unter den im 19. Jahrhundert zugezogenen jüdischen Familien war die Familie Bachenheimer, die sephardischen Ursprungs war: Abraham Bachenheimer wird
erstmals 1765 in Bad Vilbel genannt, später lebt er mit Familie in
Rauischholzhausen. Sohn Markus Bachenheimer (geb. 1820) ließ sich in Wetter
nieder. Sein Sohn Sussmann (Meschullam) Bachenheimer heiratete Hedwig Isenberg.
Die beiden hatten elf Kinder.
Um 1880 wurde eine selbständige jüdische Gemeinde in Wetter gegründet.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, vermutlich ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1904 wurde die Stelle gemeinsam
für die jüdischen Gemeinden Wetter, Goßfelden und
Oberasphe
ausgeschrieben (siehe unten). Die Gemeinde gehörte zum Provinzialrabbinat
in Marburg.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Joseph Katz (geb.
4.9.1891 in Katzbach, Hessen, gef. 19.12.1914),
Siegfried Katz (geb. 17.11.1893 in Rauischholzhausen, gef. 22.8.1914) und Julius
Lehrberger (geb. 28.6.1893 in Wetter, gef. 29.3.1916). Ihre Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal
der Gemeinde, wurden zwar in der NS-Zeit entfernt, doch nach 1945 wieder
angebracht.
Um 1925, als zur Gemeinde 81 Personen gehörten (5,4 % von insgesamt
1.479 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Hermann Strauß und Liebmann
Katz. Als Religionslehrer kam Lehrer Jonas Gans aus Marburg
regelmäßig nach Wetter. Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde
neun Kinder. Als Schochet war Hermann Strauß tätig. An jüdischen Vereinen gab
es den Wohltätigkeitsverein Chewroh Kadischoh (1924/32 unter Leitung von Hermann
Strauß). 1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Hermann Strauß (1. Vors.); als
Schriftführer wird Gustav Lehrberger genannt.
1933 lebten 83 jüdische Personen in Wetter (5,0 % von insgesamt 1.654
Einwohnern, in 17 Familien). Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden
Entrechtung und der Repressalien, ist ein großer Teil von ihnen in der
Folgezeit aus- oder abgewandert. Bis 1938/39 konnte sechs Familien
emigrieren (darunter die Familien Bachenheimer und Plaut): eine nach Palästina,
die anderen in die USA. Insgesamt 54 der 1933 in Wetter lebenden jüdischen
Personen konnten vor Beginn der Deportationen auswandern. 28 Personen wurden
über Marburg und Kassel deportiert.
Von den in Wetter geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hedwig Abt geb.
Stern (1887), Salomon Arensberg (1862), Adolf Bachenheimer (1882), Hildegard
(Hilde) Bachenheimer (1921), Moritz Bachenheimer (1888), Rosa Bachenheimer geb.
Lehrberger (1893), Siegfried Bachenheimer (1900), Tobias Bachenheimer (1890), Elieser Baum (1863), Mathilde
Baum geb. Winterberg (1870), Selma Baum (1897), Moses Block (1862), Ella
Buchheim geb. Katz (1897), Inge Buchheim (1929), Joseph Buchheim (1890), Adolf
Cahn (1901), Lina Cahn geb. Freudenthal (1873), Julius Dannenberg (1908), Karl
Dannenberg (1877), Klara Dannenberg geb. Reinheimer (1876), Sally Dannenberg
(1891), Carl Freudenthal (1875), Julius Freudenthal (1900), Berta Goldstein geb.
Lehrberger (1897), Auguste Gonsenhäuser geb. Bachenheimer (1893), Henriette
Haas geb. Hess (1888), Frieda Hess geb. Krämer (1873), Moses Hess (1875), David
Hess (1869), Oskar Hess (1909), Erna Lehrberger (1902), Fanny Lehrberger geb.
Freudenthal (1868), Moritz Lehrberger (1888), Moses Lehrberger (1864), Berta
Reinheimer (1885), Rosa Rosenthal (1880), Berta Sichel geb. Lehrberger (1890),
Moritz Sichel (1893), Rosa Sonnenberg geb. Dannenberg (1882), Olga Weissbacher
geb. Bachenheimer (1898).
Anmerkung: es kann zu einzelnen Verwechslungen mit jüdischen Personen aus
Wetter (Ruhr) kommen; im Gedenkbuch wird Adolf Bachenheimer versehentlich Wetter
(Ruhr) zugewiesen, die anderen Bachenheimers zum hessischen Wetter.
Nach 1945 kehrte Fred Buchheim nach Wetter zurück (geb.
22.10.1922). Nach dem Novemberpogrom 1938 war er mit seinem Vater in Kirchhain
in "Schutzhaft" genommen worden. Ihm gelang die Flucht in die
Niederlande, von dort nach Großbritannien, wo er Soldat der britischen Armee
wurde. In Wetter war er mit einer christlichen Frau verheiratet. Über mehrere
Jahre war er nach 1945 stellvertretender Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Marburg.
Fred Buchheim starb bereits 1968 und wurde als vorläufig letzter im jüdischen Friedhof
in Wetter beigesetzt. Auch Leopold Wachenheimer kehrte nach Deutschland,
jedoch nicht nach Wetter zurück, nachdem er 1936 nach Palästina emigriert war.
Nach dem Tod seiner Frau zog er nach Lemgo, wo er am 12.6.1970
starb.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1904
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Januar
1904: "Vakanzen. Wetter - Goßfelden -
Oberasphe. Religionslehrer und
Schächter per sofort. Einkommen 1.050 Mark. Meldungen an das
israelitische Vorsteheramt in Marburg." |
Zur Geschichte einzelner Personen aus der Gemeinde
70. Geburtstag von Abraham Lehrberger (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1928: "Marburg,
8. August (1928). Im nahen Wetter beging gestern Herr Abraham
Lehrberger seinen 70. Geburtstag." |
80. Geburtstag des Gemeindeältesten Herr Katz (aus Vetter
[Lahn] = Wetter?)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1937:
"Vetter (= Wetter?) (Lahn), 14. März (1937). Der Gemeindeälteste,
Herr Katz, beging seinen 80. Geburtstag. Auf Veranlassung des
Kreisvorstehers Herrn Bankdirektor Rothschild wurde aus diesem Anlass ein
Gottesdienst in der Gemeinde Wetter abgehalten, bei dem Herr
Provinzialrabbiner Peritz aus Marburg die Festrede hielt und Herr Bankdirektor
Rothschild als Kreisvorsteher den Dank des Kreises zum Ausdruck brachte.
Wir wünschen dem Altersjubilar, der seit vielen Jahren den Vorbeterdienst
in der Gemeinde ehrenamtlich versieht und auch sonst die Seele des
Gemeindelebens ist, einen frohen Lebensabend in rüstiger Gesundheit. (Alles
Gute) bis 120 Jahre." |
Über den aus Wetter stammenden Walter Bachenheimer
und seine Erinnerungen an Wetter
(Quelle: Volker Resing: Deutsche Juden in New York. Frankfurt
on the Hudson oder. Die Liebe für Amerika, die Sehnsucht für Europa.
2004.
Auszüge auf einer Seite
des Bildungsservers Hessen).
Walter Bachenheimer: Das Grenzegangsfest.
Die U-Bahn mag er nicht. »Ach, das ist zu kompliziert«, sagt er. Welche Station die nächste zu seiner Wohnung in Riverdale/Bronx ist, weiß er nicht. Damit kennt er sich nicht aus. »Es ist bestimmt schon 25 Jahre her, dass ich das letzte Mal mit der Subway runter nach Manhattan gefahren bin«, meint Walter Bachenheimer. »Was soll ich da unten?« Seit 60 Jahren lebt er in New York. Den Weg nach Wetter in Hessen findet er noch immer spielend. Da zieht es ihn mehr hin.
Seine Eltern hatten einen Hof mit einem florierenden Geschäft in dem Dorf. Der Vater ließ sich von einem Chauffeur fahren. Mehrere Mägde waren im Haus angestellt. »Klar war da mancher neidisch.« Es gibt ein Foto, als das erste Auto durch Wetter rollte, es gehörte den Bachenheimers. »Aber wir waren anerkannt.« Die Eltern seien sozialdemokratisch eingestellt gewesen, so nennt er das. »Die Bediensteten haben mit am Tisch gesessen.« Gewählt hätten die Eltern deutsch-national. Die Religion wurde bei Bachenheimers nicht so groß geschrieben. »Wir haben unser Judentum nicht verleugnet, aber auch nicht gepflegt.« Er musste zur Synagoge zur Vorbereitung auf die Bar Mizwa. Der Großvater hat darauf gedrängt. Aber der Enkel tat es sehr ungern. Zuhause wurde nicht koscher gekocht. Auch die Feiertage fanden nicht statt. »Ich glaube, wir waren die einzige Familie, die zu Jom Kippur nicht gefastet hat.« Walter Bachenheimer schüttelt den Kopf, als ob er sich selbst widersprechen will. Er erzählt gerne, aber er will nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht. »Ich bin nicht stolz darauf, aber so war es.« Die Dorfgemeinschaft war wichtiger als die religiöse.
Alle sieben Jahre findet in Wetter das Grenzegangsfest statt. Traditionell marschieren die Dorfbewohner die historischen Grenzen der Gemeinde ab. »Wetter ist bekannt dafür«, sagt Walter Bachenheimer. Nur in wenigen Orten in Deutschland wird dieser mittelalterliche Brauch noch gepflegt. 1931 war sein Vater Vorsteher des Komitees des Grenzegangsfestes. Eine wichtige Position im Dorf. Walter Bachenheimer hat die Fotos von damals noch. »Ich werde zu den Festen von Wetter immer noch eingeladen.« Alle sieben Jahre. »Und immer wieder gibt es Streit darüber mit meiner Frau.« Sie will nicht, dass er fährt. Es liegt wieder eine Einladung auf dem Tisch. 70 Jahre, nachdem sein Vater Vorsitzender des Komitees war. Wahrscheinlich fährt er nicht.
Walter Bachenheimer war in New York erfolgreich. Mit den Waren aus seiner Großbäckerei hat er eigene und andere Geschäfte beliefert. In der 181st Street in Washington Heights haben Koreaner seinen Laden übernommen, mit eigener Bäckerei. Den Walter kennen sie gut, der hat ihnen Backen beigebracht. Inzwischen ist er im Ruhestand und hat viel Zeit. Ein Ferienhaus wollte er kaufen. »Das wäre doch was«, sagte er zu seiner Frau. »Einen kleinen Bungalow in der schönen Landschaft Hessens.« Das kam für seine Frau nicht in Frage. In den Ferien fahren sie jetzt in die Catskill Mountains. Dort haben viele New Yorker ein Feriendomizil.
Walter Bachenheimer war häufig wieder in Deutschland. Das erste Mal als Soldat. In der Nähe von Bocholt ist er abgesprungen. »Fallschirmjäger war nicht mein Traum«, sagt er. Aber er wollte es allen zeigen, den Deutschen, den Amerikanern und seinem Klassenlehrer, der immer gesagt hatte, Juden seien feige. Als kleinen Jungen hat ihm die Propaganda zugesetzt. Er ging jeden Tag an den »Stürmer« -Kästen vorbei. Das zeigte Wirkung. »Ich habe irgendwann geglaubt, dass Juden schlechtere Menschen sind.« Walter Bachenheimer war ein fröhlicher Junge, spielte begeistert Fußball. Irgendwann durfte er nicht mehr mit zu den Spielen seiner Mannschaft, da hat er gemerkt, dass sich was verändert hat. »Sie haben dann auch Saujud gerufen«, berichtet er. »Man hat mir erzählt, dass, als ich ein kleiner Junge war, als meine Schwester geboren war, ich in die Wiege geguckt und gesagt habe: Sei du mal der Jud, ich will nicht mehr der Jud sein.«
Nach der Flucht wurde er Soldat. Sein Vater war auch bei der Armee gewesen. In der deutschen. Im Ersten Weltkrieg hat er, wie viele Juden, für Deutschland gekämpft. »Wir waren Deutsche«, erzählt Walter Bachenheimer. Er sitzt in Riverdale auf dem Balkon, an einem heißen New Yorker Sommerabend. So warm wird es in Deutschland nie. »Wir sind es nicht mehr«, sagt er in seiner Muttersprache. »Wir sind US-Bürger.« Die Aussicht von dort oben ist beeindruckend. Von Bachenheimers Balkon sieht man in der Ferne das erleuchtete Empire State Building. Die so genannte Assimilation war vielen jüdischen Deutschen nicht nur alltägliche Tatsache, sondern auch besonderes Bestreben und Anliegen, in der Familie Bachenheimer besonders. »Es wurde großer Wert darauf gelegt, fehlerloses Deutsch zu sprechen.« Und darauf ist er noch heute stolz. Manchmal nur schleicht sich in sein Deutsch eine Färbung ein, eine hessische, keine amerikanische. Als GI sprang er aus dem Flugzeug, als Amerikaner. Auf Feindesland. Doch er war beliebt bei den Gegnern, denn er konnte sie verstehen, mit ihnen reden. In seiner Truppe waren drei deutsche Juden. Sie kämpften sich in Richtung Münster durch. Es gab noch kleinere Kämpfe, er spricht nicht gerne darüber. Er musste auch seine Waffe benutzen, gegen die Deutschen. »Warum war er bloß so ein Idiot, dieser Offizier?« Walter Bachenheimer schüttelt den Kopf. Er hat Schuldgefühle, ob er will oder nicht. Es waren vier oder fünf Wehrmachts-Soldaten. Er hatte sie mit seinen Leuten umstellt. Da zieht der deutsche Offizier seinen Revolver. »Dieser Idiot. Was sollte ich tun? Ich war schneller.« Amelsbüren ist ihm noch im Gedächtnis geblieben. In dem kleinen Dorf vor Münster hingen die weißen Fahnen schon aus den Fenstern. »Wir haben ein Fest gefeiert.« Der westfälische Korn hatte es ihm angetan. Er schwärmt noch heute davon. Seine Aufgabe war es, die Deutschen zu vernehmen. Erst in Münster, später in Essen. An die Krupp-Villa erinnert er sich noch, die am Ende des Krieges noch gefüllte Speisekammern hatte. Er war auch in Wetter, seinem Heimat-, Geburts- und Kindheitsort. Dort, wo er laufen, sprechen, das Fürchten gelernt hat. Er ist mit dem Jeep durch die Straßen gefahren. Die Kämpfe waren längst vorbei, aber er wollte es sehen, sein Wetter. Es zieht ihn dorthin, immer wieder. Da kann er nichts machen. Auch heute noch. Zumindest alle sieben Jahre. Wenn Grenzegangsfest ist. |
Zur Geschichte der Synagoge
Bis 1880 wurden die Gottesdienste - gemeinsam mit den in
Sterzhausen und Caldern lebenden Juden - in Goßfelden besucht.
Um 1880
entschlossen sich die in Wetter lebenden jüdischen Familien, deren Zahl seit
Mitte des 19. Jahrhunderts relativ stark zugenommen hatten, in Wetter in einem
Betsaal im Haus von Levi Hess (Auf dem Wasserloch 45) ihre Gottesdienste alleine abzuhalten und eine Synagogengemeinde zu
bilden. 1890 gehörten über 60 Personen zur jüdischen Gemeinde in Wetter. Man
plante den Bau einer Synagoge. Levi Hess stellte 1886 einen Bauplatz für einen
Synagogenneubau in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses zur Verfügung.
Der Synagogenbau konnte 1896/97 verwirklicht werden: am 10.
September 1897 fand die feierliche Einweihung der neu erbauten Synagoge
durch Provinzialrabbiner Dr. Munk aus Marburg statt.
Die Oberhessische Presse (Artikel vom
11.9.1992: "Heute vor 95 Jahren: Wetter weihte neue Synagoge
ein") berichtete über die Einweihung: "Kurz nach drei Uhr
nachmittags bewegte sich ein Festzug durch Wetter hin zur neuen Synagoge.
Vor dem Gebäude machte der Zug halt, worauf die Schlüsselträgerin den
Schlüssel an den Landrat überreichte. Dieser übergab die Schlüssel mit
einer Ansprache an den Provinzialrabbiner Dr. Munk, der die Synagoge nach
einer weiteren Ansprache öffnete. Mit Gesang, predigt und Gebet fand die
Feier ihren Abschluss." |
Bei der Synagoge handelte es sich um einen zweigeschossigen
Fachwerkbau mit Mauerwerksausfachung auf einem etwa 10 mal 8 m messenden
Grundriss. Das Gebäude ist bis zur Spitze des Dachreiters etwa 13,50 m hoch. Im
Erdgeschoss befand sich ursprünglich auch die Lehrerwohnung, darüber das
Schulzimmer.
Über 40 Jahre war die Synagoge das Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in
Wetter. Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Innere der Synagoge verwüstet
und zerstört. Die Inneneinrichtung wurde vor der Synagoge verbrannt. Auf Grund
der engen Bebauung wurde das Gebäude selbst nicht angezündet. Das
Synagogengebäude wurde zwangsversteigert und während der Zeit des Zweiten
Weltkrieges als Scheune und Abstellraum zweckentfremdet. Ende Januar 1945
entstanden durch eine Fliederbombe schwere Schäden, die jedoch repariert
wurden.
Nach 1945 wurde die ehemalige Synagoge weiterhin als Abstellraum
verwendet. 1954 wurde sie nach Klärung des Restitutionsverfahrens an den nach
Wetter zurückgekehrten Fred Buchheim zurückerstattet. Er verkaufte das
Gebäude zwei Jahre später. Der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich im
Laufe der Jahre so, dass die ehemalige Synagoge in den frühen 1990er-Jahren aus
Sicherheitsgründen nicht mehr betreten werden konnte. In den 1980er-Jahren war
immerhin das Dach renoviert worden. Im Jahr 2000 erwarb die Stadt Wetter
im Rahmen der Altstadtsanierung das Gebäude und sorgte bis 2005 für
eine umfassende Sanierung der ehemaligen Synagoge. Der 2005 gegründete "Träger-
und Förderverein ehemalige Synagoge Wetter e.V." hat sich zur Aufgabe
gestellt, mit einem Jahresprogramm für die Nutzung des Gebäudes als
Gedenkstätte, Lernort und Stätte kultureller Begegnungen
einzusetzen.
Über die aktuelle Arbeit und Veranstaltungen siehe die Website
des Fördervereines.
Fotos
(neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 25.3.2008)
Rathaus in Wetter mit der
1992
angebrachten Gedenktafel |
|
|
|
"Die Stadt
Wetter gedenkt der Menschen, die unter der menschenverachtenden
Gewaltherrschaft des
Nationalsozialistischen Regimes wegen ihrer
Volkszugehörigkeit, ihres Glaubens, ihrer Überzeugung oder ihres
Widerstandes verfolgt, gefoltert, verschleppt und ermordet wurden.
Die
Opfer mahnen uns: 'Wehret den Anfängen!'" |
|
|
|
|
|
|
Die ehemalige
Synagoge vor
der Restaurierung
(Fotos Altaras s.Lit. 1988 S. 107) |
|
|
|
Die
beiden Fotos wurden im August 1984 erstellt |
|
|
|
Die ehemalige
Synagoge
nach Abschluss der Restaurierung |
|
|
|
Hinweis zur ehemaligen
Synagoge |
Blick zur Synagoge |
|
|
|
|
|
|
Das Gebäude von der Ostseite |
|
|
|
|
Blick auf
den Eingangsbereich der ehemaligen Synagoge an der Westseite |
|
|
|
|
Der Eingang zur
ehemaligen Synagoge |
Hinweistafel:
"Ehemalige Synagoge Wetter: 12.09.1897 geweiht. 10.11.1938
zerstört." |
Erinnerung an die
Verleihung des
Hessischen Denkmalschutzpreises 2006 |
|
|
|
|
|
|
|
Erklärung zu den
2007/08
notwendigen Restaurierungsarbeiten |
Blick in das Innere
von
der Eingangstür |
|
|
|
Einzelne
Berichte
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Wetter
Hesse-Nassau. Affiliated with the rabbinate of Marburg, the community built a
synagogue in 1897 and numbered 83 (5 % of the total population) in 1933,
excluding members in Gossfelden and Sterzhausen. The synagogue's interior was
destroyed on Kristallnacht (9-10 November 1938) and most Jews left (43
emigrating) before 1939; 11 perished in the Holocaust.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|