Die jahrzehntelange Partnerschaft mit der Kirche Boliviens hat für viele Menschen im Bistum Trier eine tiefe Verbundenheit mit den Menschen des Partnerlandes angestoßen, die zugleich die Aufmerksamkeit für die sozialen und gesellschaftlichen Problemlagen schärft.
Bolivien hat in den vergangenen sechs Jahren, seit dem erzwungenen Abtreten von Präsident Sanchez de Lozada 2003, eine Phase intensiver Umbrüche und Veränderungen durchgemacht, die zum Teil von gewalttätigen und für die Menschen schmerzhaften Zusammenstößen und Konflikten begleitet waren.
2005 wurde mit Evo Morales ein Präsident der sozialen Bewegungen und des wachsenden Selbstbewusstseins der indigenen Bevölkerung gewählt. Am kommenden Sonntag stellt er sich nach dem verfassunggebenden Prozess und den Spannungen um regionale Autonomien erneut in der nationalen Präsidentenwahl dem Votum der Bevölkerung.
In ihrer Botschaft zum Abschluss der halbjährlichen Vollversammlung haben die bolivianischen Bischöfe in der vergangenen Woche auf Licht- und Schattenseiten in der Situation des Landes aufmerksam gemacht. Als Partnerkirche teilen wir die Sorgen und Hoffnungen der bolivianischen Kirche, stehen an ihrer Seite und bekräftigen, dass wir die Anliegen und Initiativen mittragen.
Zu den positiven Entwicklungen zählen die bolivianischen Bischöfe, dass für diskriminierte und ausgeschlossene Bevölkerungsgruppen Verbesserungen erreicht wurden. Die Neuorientierung an der indigenen Bevölkerungsmehrheit und an den Herausforderungen der Armutsbekämpfung sind die Stichworte hierfür. Die soziale Frage, die Bekämpfung der Armut ist ein zentrales Anliegen der bolivianischen Kirche und so schätzt sie die Entwicklungen in diesem Bereich.
Ein weiterer positiver Punkt wird mit der gestiegenen Wahlbeteiligung angeführt. Die gestiegene gesellschaftliche und demokratische Beteiligung wird als Ausdruck von Verantwortung und persönlicher Entschiedenheit gewertet.
Der Blick auf die Schattenseiten weist auf die nach wie vor bestehenden strukturellen Ursachen von Armut und auf die Probleme um Drogenanbau und -konsum hin.
Mit Sorge weisen die Mitbrüder auf sinkenden Respekt vor Gesetzen und auf die Schwächung der Dritten Gewalt, der Gerichtsbarkeit hin. Auch beklagen sie die wachsende Unsicherheit und steigende Gewalt in der Gesellschaft und im familiären Bereich. Das hängt mit der Relativierung von gesetzlichen Rahmenvorgaben zusammen.
Die zentrale Sorge vieler Menschen in Bolivien und ebenso der bolivianischen Bischöfe ist die Spaltung und Konfrontation in der Gesellschaft. Diese hat in den letzten Jahren zugenommen und wurde von den politischen Kräften forciert.
Mit der bolivianischen Partnerkirche möchte ich Erwartungen und Hoffnungen für die Entwicklung in Bolivien benennen. Die Präsidentenwahl und die im Frühjahr anstehenden Kommunalwahlen können Marksteine für die weitere Entwicklung setzen. Dabei geht es aus meiner Sicht vor allem um die Stärkung der gesellschaftlichen Beteiligung der Menschen in Bolivien:
Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft Boliviens steht, halte ich es für wünschenswert, dass die Mitwirkung der Kirche in den verschiedenen Bereichen der sozialen Entwicklung des Landes, etwa im Bildungsbereich, in der Werteerziehung und im Gesundheitsbereich zum Wohle der Menschen respektiert und gesichert wird.