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Babenhausen (Kreis
Darmstadt-Dieburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Babenhausen bestand eine jüdische
Gemeinde bereits im Mittelalter. Erstmals werden 1318 Juden in der
Stadt erwähnt (Fromman, Jude zu Babenhausen), die in enger Verbindung mit
Christen und Juden in Aschaffenburg
standen. Das Kloster Fulda hatte in dieser Zeit Schulden bei Furmann von
Babenhausen, vermutlich derselbe wie der 1318 genannte Fromann. 1320 werden
Isaak, Kalmann und Rechelin zu Babenhausen genannt. Frankfurter Gerichtsbücher
erwähnen Darlehensgeschäfte von Juden aus Babenhausen in den Jahren 1335-1340.
Durch die Judenverfolgung 1337 ("Armleder-Verfolgung") und die
Verfolgung während
der Pestzeit 1348/49 wurde das jüdische Leben in Babenhausen vernichtet.
1351 lebten keine Juden mehr in der Stadt.
Seit 1362 werden wieder Juden in
Babenhausen genannt. Bis Ende des 15. Jahrhunderts (1480) waren ständig mindestens
zwei bis drei jüdische Familien in der Stadt. In diesem Zeitraum wird auch eine
"Judenschule" genannt (1357, 1403, 1418), womit auch ein
bereits in der Zeit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Synagoge
genutztes Gebäude gemeint sein kann. Einzelne jüdische Familien zogen zu aus
Bergen (bei Frankfurt), Dieburg und Neustadt
(Odenwald). Juden aus Babenhausen wiederum verzogen nach Aschaffenburg,
Miltenberg oder Frankfurt. Ihren
Lebensunterhalt verdienten die jüdischen Familien aus Geld- und
Pfandleihgeschäften. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts werden zwei
jüdische Ärzte in der Stadt genannt: Daniel von Babenhausen (1468-74,
gestorben 1479 in Frankfurt), Lazarus in Babenhausen (versorgte u.a. 1454 den
5jährigen Grafen Philipp I. von Hanau mit Arznei). Die in Babenhausen
verstorbenen Juden sind auf dem Friedhof in Frankfurt beigesetzt worden (bis zum
16. Jahrhundert).
Von einer Vertreibung der Juden aus der Stadt zu Beginn der Neuzeit ist nichts
bekannt. Möglicherweise lebten bis zum 20. Jahrhundert mit nur wenigen
Unterbrechungen jüdische Personen/Familien in Babenhausen. Die jüdischen
Familien wohnten insbesondere in der Amtsgasse und in der Fahrgasse.
Im 18. Jahrhundert wurden 1707 sieben jüdische Familien gezählt
(4,1 % von insgesamt 160 Familien in der Stadt), 1754 32 jüdische Einwohner,
1775 waren es acht Familien. 1762 wird von der Taufe des jüdischen Lehrers
berichtet, der freilich auf Grund von üblen Nachreden und wegen gegen ihn
verhängten Strafmaßnahmen aus der Stadt geflohen ist.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1828 80 jüdische Einwohner, 1861 84 (4,0 % von 2.122), 1871 100,
1880 88 (3,3 % von 2.667), 1890 80 (3,4 % von 2.326), 1910 63 (2,1 % von
2.947). Zur Gemeinde gehörten auch die in Langstadt (1830: 25, 1905: 22)
und in Kleestadt (6) lebenden jüdischen Familien. Unter den Familiennamen
kamen insbesondere vor: Kahn, Frank, Löb, Götz, Strauß, Seewald, Mannheimer,
Idstein, Arnsberg, Schack, Katten, Fuld.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, ein rituelles Bad (in der Amtsgasse) und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellte,
der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war (vgl. Ausschreibungstexte der
Stelle unten). Die Gemeinde gehörte zunächst zum Rabbinat Offenbach am Main,
seit 1872 zum orthodoxen
Rabbinat Darmstadt II (siehe Bericht unten von 1872).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde
Hermann Fuld (geb. 27.3.1885 in Sickenhofen, gef. 16.4.1917) und Isidor Kahn
(geb. 4.3.1895 in Sickenhofen, gef. 25.9.1915).
Um 1924, als noch 54 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten (1,8
% von insgesamt etwa 3.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Max
Arnsberg, Julius Seewald und Löser Kahn. Als Lehrer, Kantor und Schochet
war Sally Katz angestellt (auch noch 1932). Er erteilte damals fünf jüdischen
Kindern den Religionsunterricht (1932 vier Kinder). An jüdischen Vereinen
bestanden der Männer-Krankenverein (ursprünglich bis zum 19.
Jahrhundert war es die 'Männer-Kippe', Chewra Kadischa,
langjähriger Vorsteher der 1897 verstorbene Moses Strauß, siehe Artikel unten;
1924 unter Leitung von Max Arnsberg,
12 Mitglieder) und der Frauen-Krankenverein (1924 unter Leitung von Frau
J. Seewald, 22 Mitglieder). Noch 1934 wurde von sechs jüdischen
Kriegsteilnehmern eine Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten
gegründet (Vorsitzender Kaufmann Jakob Fuld).
1933 lebten noch 18 jüdische Familien in Babenhausen; viele von ihnen
wohnten in der Fahrgasse. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert, darunter auch der frühere
Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Max Arnsberg. Er verzog nach
Offenbach, wo er sich 1937 das Leben nahm. Seine Frau und seine Tochter wurden
nach der Deportation ermordet. Der letzte Vorsitzende der Gemeinde, Viehhändler
David Kahn wurde von Babenhausen aus deportiert. 1939 lebten noch 12 jüdische Personen in
Babenhausen.
Von den in Babenhausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jetta (Jetti, Jettchen) Arnsberg geb. Westheimer
(1877), Martha (Mathilde) Fuld (1888), Hermann Götz (1884), Fanny Heß geb.
Idstein (1872), Kalmann Idstein (1856), Elias (Emil) Kadden (1880), Selma Kadden geb. Arnsberg
(1886), Siegfried Kadden (1923), Betty Rosa Kahn (1878), David Kahn (1883), Jakob Kahn (1922),
Jenny Kahn geb. Götz (1880), Karl Kahn
(1890), Liesel Kahn (1926), Mirjam Kahn (1925), Paula Kahn geb. Lorch (1902),
Ruth Kahn (1923), Suse Kahn (1929), Adolf Kassel (1879), Rosa (Rebekka)
Löwenberg geb. Seewald (1865), Berta Mayer (1885), Rosa Meyer geb. Strauss (1855),
Jette Neumann geb. Hecht (1874, weitere Informationen zu ihr auf der Seite
zu Thüngen), Erna Reis (1905), Ida Rosenfeld
geb. Ullmann (1874), Zillie Schack geb. Oppenheimer (1862), Ida (Ilse) Seewald (1879),
Else Strauss geb. Arnsberg (1899), Meta (Amalie) Voehl geb. Fuld (1883), Guda (Gutta)
Wiesbaden geb. Istein (1870).
Anmerkung: bei den Einzelnachweisen (insbesondere in den Listen von Yad Vashem)
gibt es auf Grund von unklaren
Schreibweisen immer wieder Verwechslungen mit Bobenhausen!
Nach 1945 haben sich nur wenige jüdische Personen in der Stadt
niedergelassen, um 1970 waren es zwei jüdische Familien. 1997 kam es zu einem Brandanschlag auf das Anwesen eines
jüdischen Einwohners, das überregional großes Aufsehen erregte.
Über das große Lager mit jüdischen "Displaced Persons" in Babenhausen
(1946-1950) siehe Beitrag von Holger Köhn. Zweierlei Raum, zweierlei
Wirkung - Displaced Persons-Lager in Babenhausen und Dieburg 1946-1950.
Magisterarbeit TU Darmstadt.
Online lesbar.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers /
Vorbeters / Schächters 1868 / 1870 / 1885 / 1901 / 1902
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1868:
"Vakante Stelle. Die Lehrerstelle bei der israelitischen
Religionsgemeinde Babenhausen ist zu besetzen. Reflektierende wollen sich
an den unterzeichneten Vorstand wenden. - Außer fixem Gehalt von 270
Gulden sind demselben noch 50 Gulden Akzidenzien, inklusive des
Schächteramtes, nebst freier Wohnung gesichert.
Babenhausen, 22. Mai 1868. Der israelitische Vorstand M. Hecht." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Dezember 1870:
"Die hiesige Lehrer, Kantor- und Schächterstelle, verbunden mit
einem jährlichen fixen Gehalt je nach Leistungsfähigkeit bis zu 250
Gulden nebst freier Wohnung und noch anderen Gefällen, wird mit dem 1.
Januar 1871 vakant.
Babenhausen an der Hessischen Landesbahn, 7. Dezember 1870. Der
Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai 1885: "Die
hiesige Lehrer-, Kantor- und Schächterstelle mit einem jährlichen
Einkommen von 1100 Mark wird demnächst vakant. Nur seminaristisch
Gebildete mit Zeugnissen über ihren bisherigen echt religiös-sittlichen
Lebenswandel werden berücksichtigt. Für Jemanden, der französisch und
englisch zu unterrichten vermag, stehen noch bedeutende Nebeneinkünfte in
Aussicht.
Babenhausen (Hessen), 22. April 1885. M. Seewald,
Vorstand." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 19. Dezember 1901: "Lehrer gesucht.
Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle
ist bis 1. Februar 1902, eventuell auch später, neu zu besetzen. Gehalt
700 Mark bei freier Wohnung und ca. 500 Mark Nebenverdienste. Reflektanten
wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse baldigst bei dem unterfertigten
Vorstand melden.
Babenhausen (Hessen), 15. Dezember 1901.
Der Vorstand: L. Kahn." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1902: "Lehrer
gesucht. Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle
ist bis 1. Mai, eventuell auch 1. Juli, neu zu besetzen. Gehalt 700 Mark,
bei freier Wohnung und ca. 500 Mark Nebenverdienste. Reflektierende wollen
sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse baldigst bei dem unterfertigten
Vorstand melden.
Babenhausen (Hessen).
Der Vorstand L. Kahn." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juli 1902: "Die
hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist neu zu
besetzen. Gehalt 800 Mark bei freier Wohnung und ca. 500 Mark
Nebenverdienste. Verheiratete Bewerber bevorzugt. Eintritt kann sofort
erfolgen. Reflektierende wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse
baldigst bei dem unterfertigten Vorstand melden.
Babenhausen (Hessen).
Der Vorstand L. Kahn". |
Vereinbarung für die jüdischen Schüler im Blick auf die
Einhaltung des Schabbat (1878)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1878:
"Babenhausen. Sie brachten in Nr. 21 die Mitteilung aus Darmstadt,
wonach das Ministerium des Innern die Kreisschulkommission angewiesen hat,
dass die israelitischen Schüler und Schülerinnen Samstag zwar die Schule
zu besuchen haben, jedoch auf Wunsch der Eltern nicht zum Schreiben
angehalten werden sollen.
Durch diese Verfügung ist das Ministerium dem großen Prinzipe der
Gewissensfreiheit gerecht geworden. Die Vorstände der israelitischen Gemeinden
in Hessen können und dürfen sich aber noch nicht mit dieser
Errungenschaft zufrieden geben; sie müssen beim Ministerium vorstellig
werden, dass den israelitischen Schülern und Schülerinnen auch erlaubt
werde, den Gottesdienst an diesem Tage zu besuchen. Die Behörde wird umso
eher darauf eingehen, als die dadurch notwendige Änderung im Stundenplane
durchaus keine nachteiligen Folgen für die Schule haben kann. Der
Samstags-Morgengottesdienst ist fast das ganze Jahr hindurch, namentlich
in kleineren Gemeinden, wo höchst selten oder gar nie eine Predigt
gehalten wird, um 10 Uhr beendet. Es handelt sich also bei den
israelitischen Kindern um das Versäumnis zweier Unterrichtsstunden. Wenn
an denselben auf Veranlassung der Behörde Religions- und
Schreibunterricht für die christlichen Schüler angesetzt wird, so
können die israelitischen Schüler den Gottesdienst ohne Benachteiligung
im Unterricht besuchen. (Bei etwas größerer Aufmerksamkeit seitens des
Lehrers werden die israelitischen Schüler das im Schriebunterricht
Versäumte mit Leichtigkeit einholen). Herr M. Seewald, Vorstand der
israelitischen Religionsgemeinde zu Babenhausen, hat bereits
seitens der Behörde für die Kinder seiner Gemeindemitglieder den
erforderlichen Dispens erwirkt. In Folge seiner diesbezüglichen Eingabe
an den Ortsschulvorstand, welcher das Gesuch seiner Oberbehörde vorlegte,
ist folgende ministerielle Verfügung herabgelangt:
'Haben in einer Gemeinde die Israeliten einen regelmäßigen Gottesdienst
an den Samstag-Vormittagen eingerichtet, so können die israelitischen
Schulkinder zum Zweck des Besuchs des Gottesdienstes für die beiden
ersten Schulstunden von dem Unterricht dispensiert werden, sofern ein
darauf gerichteter Antrag gestellt wird und diese Einrichtung nach dem
Gutachten des betreffenden Schulvorstandes ohne erhebliche Störung des
Unterrichts dadurch ermöglicht werden kann, dass auf diese beiden stunden
eine christliche Religions- und eine Schreibstunde verlegt werde.'
Die Anfrage des Vorsitzenden des Ortsschulvorstandes, ob alle
israelitischen Kinder zum Besuche des Gottesdienstes verpflichtet sind,
beantwortet Herr Seewald, auf die bekannte Mischna in Brachat
3,3 sich beziehend, selbstverständlich bejahend und hob unter anderem
auch hervor, dass selbst Kinder, die noch nicht in hebräischer Sprache
beten können, zum Nachsagen von Amen usw. anzuhalten
sind." |
Lehrer Baß sucht einen Vertreter (1907)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1907:
"Suche einen Vertreter mit Kabbala von orthodoxem Rabbiner auf drei
Monate. M. Baß, Lehrer und Kantor, Babenhausen, Hessen."
Lehrer und Kantor M. Baß war vermutlich unmittelbarer
Vorgänger von Lehrer Sally Katz, der im Laufe des Jahres 1907 in
Babenhausen angestellt wurde. |
Lehrer Sally Katz sucht eine Laubhütte
(Sukka) 1907
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1907: "Eine
gebrauchte (vorschriftsmäßige) Sukka (Laubhütte wird zu kaufen
gesucht. Offerten mit Preisangabe an Lehrer
S. Katz, Babenhausen
(Hessen)". |
Fotos zu Lehrer Sally Katz (1907 bis 1935 Lehrer in
Babenhausen)
Von
den früheren Religionslehrern der Gemeinde ist zu nennen: nach 1870
Lehrer Schwantaler, seit 1907 bis 1935 Lehrer Sally Katz (auf
dem Foto steht Sally Katz als zweiter von links mit dem Schächtmesser in der Hand;
Quelle des Fotos: Sammlung Monica Kingreen, www.vor-dem-holocaust.de
unter "Ostheim", hier mit weiteren Erläuterungen). Sally
Katz wohnte in Babenhausen im jüdischen
Schulhaus.
Sally Katz ist am 20. Juli 1864 in Guxhagen
geboren. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Köln und einer ersten
Anstellung ab 1884 in Vilbel kam er nach Windecken.
Hier blieb er bis 1907 und wechselte dann nach Babenhausen. Er war
(in zweiter Ehe) verheiratet mit Hedwig geb. Goldschmidt (geb. 1874 in Sterbfritz; drei Kinder: Lucia geb. 1902, Arnold geb. 1905 und Sophie geb.
1906, dazu aus erster Ehe Jenny und Max geb. 1896). Sally Katz starb im
Dezember 1939 in Frankfurt, seine Witwe Hedwig Katz konnte noch nach
Amerika emigrieren, wo sie 1943 starb. |
|
Links: Lehrer Sally Katz in der Synagoge in Babenhausen (Quelle:
Sammlung Monica Kingreen, www.vor-dem-holocaust.de
unter "Babenhausen", hier mit weiteren Erläuterungen zum Foto)
) |
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Sally Katz
(1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1934: "Babenhausen
(Hessen), 23. Juli (1934). Am 20. Juli beging Herr Lehrer Sally Katz
seinen 70. Geburtstag und konnte am gleichen Tage auf eine 50-jährige
Amtstätigkeit zurückblicken. Seit 27 Jahren wirkt er in der Gemeinde
Babenhausen, und ist er durch sein unermüdliches Schaffen allseits sehr
geachtet. Trotzdem Herr Katz, in der ihm eigenen Bescheidenheit, seinen
Jubeltag verschwiegen hatte, wurden ihm von seiten der Gemeindemitglieder,
Schüler und Freunde reichlich Ehrungen zuteil." |
Abschied von Lehrer Sally Katz (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1934: "Babenhausen,
7. Oktober (1934). Zu Ehren des von uns nach fast 28-jähriger Tätigkeit scheidenden
Lehrers Sally Katz fand am Schabbat Bereschit (Schabbat mit
der Toralesung Bereschit = 1. Mose 1,1 - 6,8, das war am 6. Oktober
1934) in unserer Synagoge eine schlichte Abschiedsfeier statt. Der erste
Vorsteher, Jakob Fuld, dankte in einer Ansprache für die der Gemeinde und
Schule geleisteten Dienste, wünschte Herrn Katz und Frau einen recht
glücklichen Lebensabend und übergab ihm nach Sabbatausgang ein Geschenk
der Gemeinde. Herr Katz antwortete tief bewegt in einer Ansprache, in der
er die Mitglieder zur Erhaltung der Gemeinde und ihrer heiligen
Institutionen aufforderte. Von Herrn Rabbiner Dr. Merzbach in Darmstadt
wurde dem Scheidenden der Chower-Titel
verliehen." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Besuch von Rabbiner Dr. Marx
in Babenhausen (1872)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1872: "Babenhausen,
14. März (1872). Vergangenen Sabbat Paraschat Schekalim (= 9.
März 1872) hatten wir ein Schabbatvergnügen, das wir seit vielen
Dezennien nicht mehr kannten. Herr Dr. Marx aus Darmstadt, dessen Bezirke
sich der hiesige Vorstand, längst erkennend, mit Dr. Formstecher in
Offenbach, zu dessen Rabbinat (!) Babenhausen gehört, in keiner weiteren
Verbindung zu stehen, als jährlich so und so viel an ihn bezahlen zu
müssen, angeschlossen hat, predigte nämlich in der hiesigen Synagoge.
Der talentvolle Gelehrte wies in schwungvoller und begeisterter Rede auf
die wahre Bedeutung des Judentums hin und wie sich eine zeitgemäße
Bildung vollkommen mit demselben verträgt; Es aber nicht genügt zu
sagen: ich bin Jude im Herzen, was allerdings sehr leicht und wohlfeil
ist; man müsse Jude sein durch die Tat.
Er betonte, wie wichtig der Friede in der Gemeinde sei, aber nicht der
Friede um jeden Preis, sondern nur derjenige, der auf Wahrheit beruht. Er
warnte ferner vor der irrigen Richtung vieler Gemeinden, welche glauben,
gute Juden zu sein, wenn sie luxuriöse Synagogen bauen; also nur Glanz
nach Außen entfalten, während der wahre innere Geist fehlt und gerade
derartige Synagogen am wenigsten besucht und alle übrigen religiösen
Institutionen solcher Gemeinden größtenteils vernachlässigt oder gar nicht
beachtet sind.
Herr Dr. Marx war - Gott sei gepriesen - aber auch nicht vergebens
hier, indem er hier einen guten Boden gefundne und alle redlich denkenden
Gemeindemitglieder, auf welche dessen Auftreten und feurige Rede ihren
Eindruck nicht verfehlten, ihn gerne als ihren geistigen Führer
begrüßen. Sowohl die religiösen Institutionen als auch die Schule
werden durch seinen Einfluss einen Umschwung zum Besseren nehmen, und so
möge ihm der Allgütige die Kraft verleihen, weiter so segensreich zu
wirken, wie er dies in der kurzen Zeit seiner Amtstätigkeit begonnen und
auch bereits ausgeführt hat.
Den löblichen Vorständen der Provinz Starkenburg möchten wir aber noch
den wohlmeinenden Rat erteilen, dass sie sich, sowie Herr Dr. Formstecher
sich nicht um die Landgemeinden kümmert, auch weiter nicht um ihn
kümmern und sich, wenn sie es mit ihren Gemeinden und ihren Kindern gut
meinen, Herrn Dr. Marx anschließen mögen. Die guten Früchte hievon
werden sie bald ernten und immer höher schätzen lernen. (Unseres Wissens
ist die Gemeinde Babenhausen die erste des Rabbinatsbezirks Offenbach, die
sich den orthodoxen Gemeinden der Provinz Starkenburg angeschlossen. Ehre
und Anerkennung dem löblichen Vorstande zu Babenhausen! Mögen die andern
Gemeinden dem hier gegebenen, guten Beispiele bald nachfolgen! -
Redaktion)." |
Einladungen/Aufforderungen der Familienstiftung des Joel Isaak 1893
/ 1915 / 1921
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1893: "Einladung.
Gemäß § 1 der Statuten für die künftige Fortführung der
Familienstiftung des Schutzjuden Joel Isaak von Babenhausen ist von dem
gerichtsseitig hierzu gestellten Kommissär zur Wahl von zwei
Administratoren und fünf Familienratsmitgliedern Termin auf:
Mittwoch den 31. Januar 1894, Nachmittags 3 Uhr,
in das Gemeindehaus nach Babenhausen anberaumt. Es werden hierzu alle, der
Familie des Stifters und seines Ehefrau entstammenden männlichen
Personen, welche das 20. Lebensjahr zurückgelegt haben, mit dem Anfügen
eingeladen, dass die Vertretung eines bei der Wahl nicht erscheinenden,
durch ein anderes stimmberechtigtes mit beglaubigter Vollmacht versehenes
Familienglied zulässig und die Familienangehörigkeit erforderlichenfalls
nachzuweisen ist.
Babenhausen, 21. Dezember 1893.
Die Administration der Joel Isaak-Stiftung. Kallmann Idstein II." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1915:
"Aufforderung. Aus der Stiftung des Joel Isaak soll ein
Brautlegat von 600.- Mark vergeben werden.
Bezugsberichtigt sind diejenigen bedürftigen Bewerberinnen, welche mit
dem Stifter oder dessen Ehefrau verwandt, mindestens das 18. Lebensjahr
erreicht und das 40. nicht überschritten haben. Anmeldungen sind
innerhalb 14 Tagen unter Beifügung eines Zeugnisses über
Verwandtschaft, Bedürftigkeit und Führung eines sittlichen Lebenswandels
an den Unterzeichneten zu richten. Babenhausen (Hessen), 14. März
1915. Verwaltung der Joel-Isaak-Stiftung, Julius
Seewald." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Mai 1921:
"Aufforderung. Aus der Stiftung des Joel Isaak soll ein
Brautlegat von 600.- Mark vergeben werden.
Bezugsberichtigt sind diejenigen bedürftigen Bewerberinnen, welche mit
dem Stifter oder dessen Ehefrau verwandt, mindestens das 18. Lebensjahr
erreicht und das 40. nicht überschritten haben.
Anmeldungen sind innerhalb 14 Tagen unter Beifügung eines Zeugnisses
über Verwandtschaft, Bedürftigkeit und Führung eines sittlichen Lebenswandels
an den Unterzeichneten zu richten.
Babenhausen (Hessen), 24. Mai 1921. Verwaltung der
Joel-Isaak-Stiftung, Julius Seewald." |
Aufruf zu Spenden für eine in Not geratene jüdische
Familie in Kleestadt (1902)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1902:
"Bitte um schnelle Hilfe!
Am 20. April wütete in der Gemarkung
Kleestadt bei Babenhausen ein furchtbares Unwetter. Gewaltige
Wassermassen stürzten von den Bergen auf das Häuschen des dort
wohnenden, einzigen Glaubensgenossen. Sein ganzes Hab und Gut stand unter
Wasser. Die Spezereiwaren in seinem Lädchen sind fast alle verdorben, das
angekaufte Brennholz ist fortgeschwemmt. Da nun von Seiten des Staates
oder der Versicherungsgesellschaft eine Entschädigung nicht geleistet
wird, so wenden wir uns an das edle Herz braver und wohltätiger Menschen
und bitten um rasche Beihilfe.
Julius Seewald, Babenhausen (Hessen) und Lehrer Stein, Groß-Umstadt. |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Nehm Oestreich (1872)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1872:
"Babenhausen, 15. August. An dem Tage, an welchem wir die Zerstörung
unseres Tempels beweinten, verließ uns Herr Nehm Oestreich, um in
ein besserer Jenseits überzugehen. Das Leichenbegängnis war ein so großartiges,
wie es an hiesigem Orte noch nie vorgekommen. Aus allen benachbarten Orten
kamen Leute, und unter ihnen befanden sich auch die Herren Rabbiner Hirsch
aus Frankfurt am Main und Dr. Marx aus Darmstadt. Beide hielten auf dem
Friedhofe ergreifende Leichenreden, in denen besonders die Wohltätigkeit
und große Religiosität des Verstorbenen hervorgehoben wurden. Nehm
Oestreich war ein großer Gelehrter und in ihm hat die hiesige Gemeinde
einen edlen Mann verloren. Möge Gott seine Kinder trösten unter den
Trauernden um Jeruschalajim. Schwantaler, Lehrer." |
Zur Feier der Goldenen Hochzeit des Ehepaares Meyer
Hecht (seit 60 Jahren Mohel = Beschneider der Gemeinde) (1887)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Februar 1887: "Babenhausen,
im Februar 1887. in der hiesigen Gemeinde steht ein seltenes Fest bevor.
Es feiern nämlich die Eheleute Meyer Hecht am 27. Februar diesen Jahres
das Fest ihrer goldenen Hochzeit, in Verbindung mit dem ca. 60jährigen
Dienstjubiläum des Herrn Meyer Hecht als Mohel (Beschneider). Die Familie
beabsichtigt an diesem Tage eine größere Feier zu veranstalten, und
wollen wir nicht unterlassen, hierauf aufmerksam zu machen, da auch am 27.
Februar diesen Jahres der Jubilar sein 80. Wiegenfest feiert." |
Zur Feier der Goldenen Hochzeit des Ehepaares M. Strauß (1892)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1892:
"Babenhausen (Starkenburg). Die Eheleute M. Strauß dahier, begingen
dieser Tage im Kreise ihrer Kinder und Enkel das seltene Fest der goldenen
Hochzeit. Dem allgemein hoch geachteten Jubelpaare wurden aus Anlass
dieser Feier aus allen Kreisen die besten Glückwünsche dargebracht; von
der israelitischen Gemeinde wurde ihnen ein schöner Sessel gestiftet.
Möge dem Jubelpaare noch eine lange Reihe von Jahren beschieden
sein!" |
Zum Tod von Moses Strauß - langjähriger Vorsteher
des Chewra Kadischa (1897)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1897:
"Babenhausen, 23. November (1897). Schweres Leid ist über die
hiesige israelitische Gemeinde gekommen. Der überall beliebte, allerseits
verehrte Herr Moses Strauß weilt nicht mehr unter den Lebenden. Am
Mittwochabend besuchte er noch - wie er es Tag für Tag zu tun pflegte -
die Synagoge. In der darauf folgenden Nacht verschied er. Sein Name als
Förderer guter Werke ist bekannt, indem er eine Reihe von Jahren Vorstand
der hiesigen 'Männekippe' war (gemeint die Chewra Kadischa) und den Fonds
derselben aus dem bescheidensten Anfange zu einer beträchtliche Höhe
emporarbeitete. Gern hörte er Worte der Tora und war auch selbst bemüht,
sich mit der heiligen Lehre zu befassen, trotzdem er in seinem Geschäfte
vielfach tätig war. Der Gemeinde, wie jedem, war er ein treuer Freund und
Vater. Darum empfindet auch ein jeder den Verlust des Dahingeschiedenen.
Das bekundete sich bei seiner Beerdigung. Die hiesige Gemeinde,
viele christliche Bürger und Leute aus der Umgegend erwiesen dem
Verstorbenen die letzte Ehre. Am Grab sprach Herr Rabbiner Dr. Selver aus
Darmstadt und gab dem Schmerze beredten Ausdruck. Möge der Schöpfer den
trauernden Hinterbliebenen den lindernden Balsam des Trostes ins Herz
legen, und der edle Charakter des Verstorbenen sei uns stets ein
leuchtendes Vorbild. J.K." |
Zum Tod von Sella Seewald geb. Rosenbaum (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1925: "Babenhausen,
3. Februar (1925). Nach langem, schweren Leiden hauchte am 23. Tewet (=
19. Januar 1925) mit dem scheidenden Sabbat Frau Sella Seewald ihre reine
Seele aus. Der bekannten Familie Rosenbaum aus Zell
in Bayern entstammend, war sie in den besten jüdischen Traditionen
erzogen und fand in Meyer Seewald - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen - den gleichgesinnten Lebensgefährten, dem sie als zweite Frau in
treuer Liebe und mütterlicher Fürsorge für die verwaisten Kinder zur
Seite stand. Nicht lange währte das selten harmonische Zusammensein mit
ihrem Gatten, der ihr durch einen frühzeitigen Tod entrissen wurde.
Trotzdem auf ihren Schulter die Mühen und Sorgen des Geschäftes
lasteten, erzog sie ihre Kinder in geradezu vorbildlicher Weise zu echten
treuen Jehudim, die sich sämtlich als solche im Leben betätigen. Sella
Seewald hat gezeigt, wie mitten in einer kleinen jüdischen Landgemeinde,
jüdische Energie und jüdisches Pflichtbewusstsein sich durchzusetzen
vermag, und so wird ihr Leben weit über die Bedeutung des Einzelfalles
hinaus gerade heute bei dem drohenden Verfall der jüdischen Landegemeinde
richtunggebend und wegweisend dafür sein können, was das bewusst
jüdische Wollen einer einzelnen Frau vermag. Unsere ganze Gemeinde
verdankt ein gut Teil ihres noch altjüdischen Gepräges dem Hause
Seewald. Ergreifend bekundete sich die allgemeine Teilnahme bei der am 25.
Tewet (= 21. Januar 1925) stattfindenden Beerdigung, an welcher von Nah
und Fern zahlreiche Freunde und Verwandte des Hauses zusammen mit fast
sämtlichen Mitgliedern der jüdischen Ortsgemeinde und vielen
Andersgläubigen der hoch betagten Greisin das letzte Geleite gaben. Worte
des warmen Gedenkens und Dankes fanden namens der Familie die Herren Dr.
Ehrmann aus Frankfurt a.M. und Herr A. Fröhlich aus Gelsenkirchen. Auf
Wunsch der Verstorbenen fand die Beisetzung im Familienbegräbnis in Schwabach
statt. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anmerkung: In Schwabach erfolgt sicher nicht
die Beisetzung - der jüdische Friedhof der Schwabacher Gemeinde war in Georgensgmünd. |
Zum 80. Geburtstag von Kalmann Idstein (1936)
Anmerkung: Kalmann Idstein starb am 9. Januar 1939 in Frankfurt - er
wird in den Listen von Yad Vashem als "Opfer der Shoa" geführt
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1936: "Babenhausen,
20. Dezember (1936). Vor wenigen Wochen konnte unser ältestes
Gemeindemitglied, Herr Kamann Idstein, seinen 80. Geburtstag feiern. Herr
Idstein ist ein Jude vom alten Schlag, der sich stets dafür einsetzt,
dass die Traditionen der Keholloh (Gemeinde) streng gewahrt werden. Hat er
doch die Zeit miterlebt, die für die Kehilloh unter Führung von Meier
Seewald - seligen Andenkens - eine Zeit der Blüte war. Möge ihm noch
eine Reihe von Jahren in körperlicher und geistiger Gesundheit gewährt
werden. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
für Personen,
die in Babenhausen geboren sind |
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Karte für Hannchen Berg
geb. Schack
(geb. 31.8.1889 in Babenhausen) |
Karte für Bertha Capell
(geb. 5.6.1876 in Babenhausen) |
Karte für
Mathilde Fuld
(geb. 24.10.1888 in Babenhausen, Wirtschafterin)
(wohnhaft in Frankfurt, 1942 Ghetto
Theresienstadt - 1944 KZ Auschwitz, ermordet) |
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Karte für Hermann
Götz
(geb. 2.2.1884 in Babenhausen, Arbeiter)
(wohnhaft zuletzt Mainz, deportiert ab Darmstadt
1942 nach Treblinka, umgekommen) |
Karte für Fanny Heß
geb. Idstein
(geb. 28.12.1871 in Babenhausen, wohnhaft Fulda)
(deportiert 1942 ab Kassel - Halle in das
Vernichtungslager Sobibor, ermordet) |
Karte für Selma Kadden
geb. Arnsberg
(geb. 19.5.1886 in Babenhausen, wohnhaft Köln)
(deportiert 1942 ab Köln nach Minsk
- Maly Trostinec, ermordet) |
Karte für Siegfried Kadden
(geb. 14.12.1923 in Babenhausen, Schüler)
(deportiert 1942 ab Köln nach Minsk
- Maly Trostinec, ermordet) |
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Karte für David
Kahn
(geb. 24.11.1883 in Babenhausen, Kaufmann in Dieburg)
(deportiert 1942 ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski, ermordet) |
Karte für
Jakob Kahn
(geb. 26.4.1922 in Babenhausen, Kaufm. Angestellter)
(deportiert 1942 ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski, ermordet) |
Karte für
Schenni (Jenny) Kahn geb. Götz
(geb. 29.9.1880 in Babenhausen, wohnhaft zuletzt Mainz)
(deportiert 1942 ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski, ermordet) |
Karte für Sara Kallmann
geb. Strauß
(geb. 23.6.1866 in Babenhausen,
Frau von Joseph Kallmann)
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Karte für Karoline
Mannheimer
geb. Idstein (geb. 2.11.1859 in Babenhausen) |
Karte für Träutchen
Mannheimer
geb. Idstein (geb. 21.5.1864 in Babenhausen) |
Karte für
Rosa Meyer geb. Strauß
(geb. 10.12.1855 in Babenhausen,
Frau von Markus Meyer)
(wohnhaft in Köln, deportiert von Köln 1942
in das Ghetto Theresienstadt und umgekommen) |
Karte für Jettchen
Neumann
geb. Hecht (geb. 13.11.1874 in Babenhausen) |
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Karte für
Ida Rosenfeld
geb. Ullmann (geb. 16.3.1874 in Babenhausen,
wohnhaft in Berlin) (deportiert 1941 in das
Ghetto Litzmannstadt, 1942 in das
Vernichtungslager Kulmhof, ermordet) |
Karte für Ida
Seewald
(geb. 28.4.1879 in Babenhausen)
(wohnhaft in Frankfurt am Main, nach
unbekannt deportiert und umgekommen) |
Karte für Else
Strauß
geb. Arnsberg (geb. 31.8.1899 in Babenhausen,
wohnhaft Offenbach am Main) (deportiert 1942
ab Darmstadt nach Treblinka und umgekommen) |
Karte für Joseph
Thalheimer
(geb. 16.2.1884 in Babenhausen, Kaufmann) |
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Karte für Louis
Ullmann
(geb. 24.7.1868 in Babenhausen, wohnhaft in Berlin)
(deportiert 1942 von Berlin in das Ghetto
Theresienstadt und dort umgekommen) |
Karte für Guda
Wiesbaden geb. Idstein
(geb. 8.8.1870 in Babenhausen, wohnhaft in Fulda)
(deportiert 1942 ab Kassel - Chemnitz in das
Ghetto Theresienstadt und dort umgekommen |
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Weitere
Kennkarten für Personen
in Beziehung zu Babenhausen |
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KK (Dieburg
1939) für Sara Fuld geb. Schweitzer
(geb. 4. März 1858 in Schopfloch), wohnhaft in
Babenhausen und Frankfurt, am 18. August 1942
deportiert ab Frankfurt in das
Ghetto Theresienstadt, wo sie am
7.
September 1942 umgekommen ist |
KK (Dieburg 1939) für Bertha
Mayer
(geb. 13. Mai 1885 in Reichenbach im Odenwald),
Hausangestellte, wohnhaft in Babenhausen,
Reichenbach
und Seligenstadt, am
25. März 1942
deportiert ab Mainz -
Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen |
KK (Dieburg 1939) für
Betti Rosa Kahn
(geb. 13. Juni 1878 in Sickenhofen),
wohnhaft in Babenhausen und Frankfurt,
deportiert an unbekanntes Ziel,
umgekommen
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KK (Dieburg 1939)
für Karl Kahn
(geb. 9. August 1890 in Sickenhofen), Kaufmann,
wohnhaft in Babenhausen und Schlierbach,
am 25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski,
umgekommen |
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Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
A. Strauß sucht einen Leichenwagen, vermutlich für die Gemeinde
(1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1900:
"Leichenwagen, event. gebraucht, suche zu kaufen.
A. Strauß,
Babenhausen, Hessen." |
Anzeige des Metzgermeisters Elias Frank III (1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. November 1901:
"Bis zum 10. November dieses Jahres kann ein kräftiger Lehrjunge
gegen Vergütung oder ein Geselle bei mir eintreten. Samstags und
Feiertage geschlossen.
Elias Frank III., Metzger, Babenhausen
(Hessen)." |
Anzeige des Manufaktur-, Schuhwaren- und Möbelgeschäftes Max Arnsberg
(1906)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Juli 1906:
"Lehrling
mit guter Schulbildung zum baldigen Eintritt in mein Schabbat und
Feiertag geschlossenes Manufaktur-, Schuhwaren- und Möbelgeschäft
gesucht. Kost und Logis im Hause.
Max Arnsberg, Babenhausen (Hessen)." |
Lehrlinge für das Eisen-, Kohlen- und Baumaterialiengeschäft
Julius Seewald gesucht (1904 / 1908 / 1912)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1904:
"Suche per 1. April für mein Eisen-, Kohlen- und
Baumaterialien-Geschäft einen Lehrling.
Schabbos und Jomtof (sc. Feiertag) streng geschlossen. Kost und Logis im
Hause.
Julius Seewald, Babenhausen (Hessen)." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 11. April 1904: "Suche per sofort für mein Eisen-,
Kohlen- und Baumaterialien-Geschäft einen Lehrling.
Schabbos und Jomtof streng geschlossen. Kost und Logis im Hause.
Julius
Seewald, Babenhausen (Hessen)." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1908:
"Suche für mein Eisen- und Baumaterialiengeschäft per sofort
eventuell später einen
Lehrling
aus achtbarer Familie. Samstag und
Feiertage streng geschlossen. Kost und Logis im Hause.
Julius Seewald, Babenhausen (Hessen)." |
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Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 7. Oktober 1912: "Für mein Eisen-, Maschinen- und
Baumaterialiengeschäft suche bis 1. November einen
Lehrling
mit guten Schulkenntnissen. Kost und Logis im Hause. Samstag und Feiertag
streng geschlossen.
Julius Seewald, Babenhausen
(Hessen)." |
Verlobungsanzeige von Sophie Katz und Julius
Frank I (1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1933:
"Sophie Katz - Julius Frank I. Verlobte.
Babenhausen in Hessen - Edelfingen". |
Zur Geschichte der Synagoge
Bereits im Mittelalter
gab es eine "Judenschule". Sie wird in Quellen von 1357, 1403,
1418 genannt. Damit kann allerdings auch ein bereits in der Zeit der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts als Synagoge genutztes Gebäude gemeint sein.
Im 17. Jahrhundert wurde vermutlich eine neue Synagoge erstellt. Nach der
Überlieferung vor Ort soll auf dem Grundstück in der Amtsgasse 16 bereits im
30-jährigen Krieg eine Synagoge gestanden haben. Weiteres zur Baugeschichte ist
nicht bekannt. Auch das genaue Aussehen der Synagoge ist nicht bekannt. Es
handelte sich ursprünglich um einen zweigeschossigen Fachwerkbau, dessen
Untergeschoss massiv war. Der Haupteingang der Männer war am Sudwestgiebel, der
Fraueneingang zur Empore gegenüberliegend. Auf demselben Grundstück befand
sich auch das jüdische Schulhaus mit zwei Räumen im Erdgeschoss für die
Schule, darüber die Wohnung für den jüdischen Lehrer. Im 19. Jahrhundert wurde
eine neue Synagoge erbaut; auch hierzu liegen zur Baugeschichte keine
Informationen vor.
Nach Angaben von Petra Lambernd (Babenhausen; Mail vom 26.9.2015) soll die
Synagoge in den 1870er- oder 1880er-Jahren umgebaut / vergrößert worden sein.
Das Gebäude in der Amtsgasse wurde bereits davor als Wohnhaus mit Synagoge
genutzt. Die Synagoge hatte eine runde Kuppeldecke mit traditioneller Bemalung
(Sternenhimmel) und einen nach Erinnerungen am Ort besonders schönen
("goldenen") Toraschrein. Durch die Umbauten in den
1870er-/1880er-Jahren wurde der Betraum der Synagoge jedenfalls aufwändiger
und prachtvoller ausgestattet.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört,
obwohl das Gebäude bereits in christlichem Besitz war. Das Gebäude überstand
den Krieg, jedoch ließ der neue Besitzer 1953 das Obergeschoss der
ehemaligen Synagoge abbrechen. Nur das Erdgeschoss blieb erhalten, an dem zwei
Rundfenster mit Rosetten an die besondere Vergangenheit des Gebäudes erinnern. Im
Erdgeschoss wurde eine Malerwerkstatt eingerichtet. Das neben der ehemaligen
Synagoge stehende ehemalige jüdische Schulhaus wurde zu einem Wohnhaus
umgebaut.
Am 9. November 2016 wurde vor dem Grundstück der ehemaligen Synagoge
ein fast 2 m langes und etwa 15 cm breites, bronzenes Gedenkband in den
Boden eingelassen. Mit der Inschrift wird an den Standort der einstigen
Babenhäuser Synagoge und der jüdischen Schule erinnert.
Adresse/Standort der Synagoge: Amtsgasse 16
Fotos
(Quelle: Foto links Altaras 1988 S. 125; rechts Arnsberg
Bilder S. 18)
Erdgeschoss der ehemaligen
Synagoge
mit erhaltenen Rundbogenfenstern |
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Außenaufnahme - Blick auf das
Erdgeschoss
des ehemaligen Synagogengebäudes (1985) |
Innenaufnahme der
Malerwerkstatt
mit Rundfenster (um 1970) |
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Innenaufnahme:
vgl. oben Foto zu Lehrer Sally Katz |
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Synagogengrundstück in der
Amtsgasse
(Fotos: Hahn: Aufnahmedatum 17.3.2009) |
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Eine Hinweistafel
ist nicht vorhanden |
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Gedenktafel am Rathaus |
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Text der am
Rathaus in Augenhöhe an der vorbeiführenden Straße angebrachten
Gedenktafel (auf dem Foto rechts oberhalb des abgestellten Fahrrades):
"Das Geheimnis der Versöhnung liegt in der Erinnerung. Wir gedenken
der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, der sechs
Millionen Juden und Jüdinnen, die in deutschen Konzentrationslagern
ermordet worden, der Sinti und Roma, der getöteten homosexuellen Frauen
und Männer, der umgebrachten Geisteskranken, der Menschen, die um ihrer
religiösen oder politischen Überzeugung willen sterben mussten, der
erschossenen Geiseln, der Toten der überfallenen Volker, der ermordeten
Männer und Frauen des Widerstandes in allen besetzten Staates und des
deutschen Widerstandes, und der Menschen, die eher den Tod hinnahmen, als
ihr Gewissen zu beugen. Errichtet von der Stadt Babenhausen am 1.
September 1988". |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Februar / April
2015: Auch in Babenhausen werden
"Stolpersteine" verlegt |
Artikel in der "Offenbacher Post"
vom 14. Februar 2015: "Nach Langstadt und Sickenhofen werden nun in der Kernstadt Stolpersteine verlegt.
Erinnerung wach halten
Babenhausen - 'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen
ist', sagt der Kölner Künstler Gunter Demnig. Er ist Initiator des Projekts
'Stolpersteine'.
Nach Langstadt und Sickenhofen werden nun in der Kernstadt Stolpersteine verlegt.
Vor dem letzten selbst gewählten Wohnort jüdischer Bürger, die vom NS-Regime verfolgt wurden, werden kleine Gedenktafeln aus Messing in den öffentlichen Gehweg eingelassen. Mit den Steinen vor den Häusern soll die Erinnerung an die Menschen lebendig bleiben, die einst hier wohnten. In Langstadt wurden 2013 13 solcher Gedenksteine verlegt, in Sickenhofen im vergangenen Jahr acht. Nun werden auch in der Kernstadt die kleinen Quader verlegt. 'Manche Ereignisse in unserer Geschichte tun uns vielleicht heute noch weh. Dazu gehört für viele die Zeit des Nationalsozialismus mit der Verfolgung von Andersdenkenden und ethnischen Minderheiten, mit Krieg, Flucht und
Vertreibung', sagt Bürgermeister Achim Knoke, 'manche wollen davon nichts mehr wissen, wollen diese schwierige Zeit hinter sich lassen. Ungeschehen wird sie davon jedoch
nicht.' Der Magistrat der Stadt hatte den Ortsbeiräten die Idee der Stolpersteine vorgeschlagen: diese dokumentieren auf Straßen und Plätzen das Schicksal von Menschen mit schlichten Eckdaten.
Unterdrückung und Unrecht. Der Ortsbeirat Babenhausen hat sich dazu beraten und beschlossen, sich der Vergangenheit zu stellen. Der Nationalsozialismus hat auch in Babenhausen Unterdrückung und Unrecht bedeutet und eine blutige Spur hinterlassen. Viele Opfer dieser Gewaltherrschaft stehen nur auf Listen und Verzeichnissen, die kaum jemand zur Hand nimmt. Ein würdiges Gedenken wurde ihnen bisher versagt, wie es aus dem Rathaus dazu heißt. In Erinnerung sind die jüdischen Babenhäuser, die zunächst zum Umzug in die Ghettos der Städte genötigt und schließlich in verschiedene Konzentrationslager abtransportiert wurden – zur Ermordung. Nur ein kleiner Teil dieser einstigen Babenhäuser konnte bis zum Kriege fliehen.
Die Ortsvertreter haben vor, diesen schmerzhaften Teil ihrer Stadtgeschichte in den Blick zu nehmen – mit den Stolpersteinen, die jedoch glatt verlegt werden und nicht zum tatsächlichen Stolpern führen. Die Verlegung der Babenhäuser Stolpersteine beginnt am Freitag, 17. April, um 11.30 Uhr vor dem Haus Fahrstraße 80. Hierzu ist die Bevölkerung eingeladen.
'Die Gedenksteine, die zukünftig vor 13 Häusern zu finden sein werden, sind nicht nur Steine zum Andenken, sondern auch Mahnmale. Nur Erinnerung und Bewusstsein kann uns davor bewahren, faschistische Verhältnisse noch einmal in unserem Lande erleben zu müssen', sagt Bürgermeister
Knoke.
Für das Projekt werden noch Spender gesucht. Ein Stein kostet 120 Euro, die Verlegung veranlasst die Stadt. Sollte mehr Geld eingehen, wie zur Finanzierung der Steine benötigt wird, wird dieses für eine Gedenk- bzw. Infotafel verwendet. Wer spenden möchte, kann das mit einem Betrag seiner Wahl tun: Die Bankverbindung lautet: Sparkasse Dieburg, IBAN DE66508526510060051620. Als Verwendungszweck
'Stolpersteine Babenhausen' angeben. Eine Spendenbescheinigung kann nicht ausgestellt
werden."
Link
zum Artikel |
Artikel von Corinna Hiss in der "Offenbacher
Post" vom 18. April 2015: "Stolpersteine für jüdische Familie Kahn. Nie
wieder vergessen
Babenhausen - Karl und Paula mit ihren drei Töchtern Suse, Liesel und
Miriam – sie alle wurden 1942 aus ihrer Wohnung in der Babenhäuser
Innenstadt ins Konzentrationslager im polnischen Piaski deportiert. Ihrem
Tod gedenken jetzt fünf Stolpersteine, die gestern feierlich in dem
Bürgersteig eingebettet wurden. 'Schicksal unbekannt' steht ganz nüchtern
auf den goldfarbenen Steinen, die der Kölner Künstler Gunter Demnig
entworfen hat. Mit seinem Projekt hat er bereits mehr als 50.000 solcher
Gedenkwürfel in ganz Deutschland verlegt, die allesamt an das Schreckliche
erinnern sollen, das Juden im Dritten Reich widerfahren ist. Auch Familie
Kahn hat solches erlebt. Vater Karl, gebürtiger
Sickenhöfer (dort auch Kennkarte
mit Foto aus der NS-Zeit), erkannte das Unheil bereits früh und stellte
einen Antrag auf Auswanderung nach Südafrika. Doch dann wurde Ehefrau
Paula schwanger – die Reise musste also warten. Besonders tragisch: Das
Kind kam tot zur Welt, der Antrag wurde abgelehnt, ihr Schicksal war
besiegelt. Einzig die älteste Tochter Ruth zog 1939 zurück in ihre
Geburtsstadt Lorsch und konnte so der
Deportation entgehen. 'Wir sind nicht gewillt, zu vergessen', sagt
Bürgermeister Achim Knoke gestern und mahnte zu einem Menschenbild des
Respekts, das unabhängig der Religionen herrschen sollte. Ortsvorsteher
Walter Herbert betonte indes die Besonderheit der Stolpersteine: 'Sie
begegnen uns im täglichen Leben. So sind die Opfer mitten unter uns.' Auch
Langstadt und
Sickenhofen ist mittlerweile mit
ihnen gepflastert, im nächsten Jahr soll noch
Hergershausen drankommen. Die 32
Stolpersteine, die es bis jetzt in Babenhausen gibt, verdeutlichen, wie
aktiv das jüdische Leben in der Gersprenzstadt war – und auf welch grausame
Weise es ausgelöscht wurde. Mit dem Erinnern hatte sich auch eine neunte
Klasse der Offenen Schule im Religionsunterricht beschäftigt. Nina Goschier
und Nina Heisack ließen die Anwesenden an der Lebensgeschichte der Kahns
teilhaben und gaben ein bewegendes Gedicht zum Besten. 'Wer sind die Täter?
Ich kenne sie nicht. Ich bin nicht verantwortlich', hieß es darin, und immer
wieder: 'Erinnern – warum?'.
Neben den Schülern und interessierten Bürgern waren auch Vertreter aus
Lorsch angereist, die mit der Geschichte
der Kahn ebenfalls verbunden sind. Gunter Demnig ließ höchstpersönlich die
fünf Quadrate in den Bürgersteig vor der Fahrstraße 80 ein, der ehemaligen
Wohnung der jüdischen Familie. Unter die zwei Steine der Eltern platzierte
er neben den drei Exemplaren für die Kinder noch einen vierten, symbolischen
Würfel. 'Ruth darf nicht fehlen', sagte er. 'Auch wenn sie nicht aus
Babenhausen deportiert wurde, hat sie der Tod woanders eingeholt.' Rund 500
Euro kostet ein Stolperstein. Für die gestrige Verlegung hatten lokale
Unternehmen über 2.800 Euro gespendet. Weitere Stücke wurden in der
Fahrstraße 54 befestigt (Kallmann und Gudel Idstein), der Fahrstraße 11
(Jenny Kahn und Hermann Götz), der Backhausgasse 9 (Jakob, Nanette, Kurt und
Hilde Fuld) und im Hainweg 2 (Hermann Fuld)."
Link zum Artikel |
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Juli 2015:
Übergabe der Ergebnisse zu
Recherchen zu jüdischen Einwohnern der Stadt |
Artikel von Michael Just in der "Offenbacher
Post" vom 18. Juli 2015: "Joachim-Schumann-Schüler beschäftigen sich mit
Stadtgeschichte. Schicksal jüdischer Bürger recherchiert
Babenhausen - Über 30 Stolpersteine wurden in Babenhausen zum Gedenken
an die Opfer des Nationalsozialismus bereits verlegt. Doch wer steht hinter
den Namen? Damit hat sich nun eine neunte Klasse der Joachim-Schumann-Schule
beschäftigt.
Und noch mehr: Sie erstellte einen Flyer, den Interessierte und Touristen an
mehreren Stellen im Stadtgebiet, wie etwa dem i-Punkt oder dem
Territorialmuseum, mitnehmen können. 'In der Sackgasse 13 wohnte die
alleinstehende Emma Oppenheimer. Sie meldete sich am 20. Mai 1936 nach Worms
in ein Altersheim ab. Emma Oppenheimer wurde nach Theresienstadt deportiert
und überlebte die Naziherrschaft nicht.' Diese Informationen lassen sich in
der Broschüre 'Stolpersteine in Babenhausen' nachlesen. Über andere Opfer
des Dritten Reichs in Babenhausen ist der Lebenslauf bezüglich Beruf oder
Persönlichem noch umfangreicher. Zum Teil gibt es sogar Fotos, wie etwa von
Martha und Lazarus Frank oder der Familie Kahn.
'Bleibender Wert'. Wissbegierige und fleißige Schüler der
Joachim-Schumann-Schule stehen hinter dem aufwendig gestalteten Faltblatt.
Im evangelischen Religionsunterricht von Ruth Selzer-Breuninger
beschäftigten sie sich ein halbes Jahr lang mit dem jüdischen Leben in
Babenhausen und dem Schicksal von Menschen, die man aufgrund ihrer Religion
verfolgte. Um Näheres zu erfahren, trafen sich die Neuntklässler im
Stadtarchiv mit Georg Wittenberger, befragten mit Ria Fischer eine
Zeitzeugin oder besuchten den jüdischen Friedhof. 'Wir haben dafür gesorgt,
dass jene, die hier nicht gewollt waren, wieder ins Gedächtnis kommen', sagt
Selzer-Breuninger über die Arbeit ihrer Schützlinge. Mit der Broschüre
hätten diese einen bleibenden Wert geschaffen. Der darin verwirklichte
Anspruch sei hoch: 'Das Projekt würde eher zu einer Oberstufenklasse als zu
einem neunten Jahrgang passen', so die Schulpfarrerin. Bei der Gestaltung
der Broschüre ließen sich die Schüler vom Babenhäuser Büro für
Erinnerungskultur helfen. Holger Köhn und Christian Hahn brachten die
Ergebnisse in eine ansprechende Form. Bei der Finanzierung des Drucks griff
der Schulförderverein 'Impuls' unter die Arme.
Grundlage sind die Stolpersteine. Grundlage für die Leistung der
Schüler sind die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig, der in
Deutschland und 18 weiteren europäischen Ländern schon über 50.000 Exemplare
verlegte. Die Stolpersteine gelten als das größte, dezentrale Mahnmal. In
der Regel werden sie vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer
in das Trottoir eingelassen. Auf den Steinen sind Name, Geburtsdatum und,
soweit bekannt, das Schicksal, wie Deportation oder Ermordung, aufgeführt.
Die Steine wecken beim Betrachter oft den Wunsch, mehr über die Menschen zu
erfahren, die hier gewohnt haben. Diesem Wunsch kamen die Schüler mit ihrer
Broschüre nun eindrucksvoll nach.
Bei der Übergabe der zehn Kartons mit insgesamt 2500 Exemplaren an
Bürgermeister Achim Knoke und Georg Wittenberger erwartete die Jugendlichen
im Foyer ihrer Schule ein dickes Lob. Wie der Bürgermeister sagte, sei die
Arbeit nicht nur inhaltlich bedeutend, sondern in dem Fall auch die
Tatsache, von wem sie kommt. 'Bewegen sich junge Menschen und Schüler in
diesem Thema, dann ist das etwas anderes, als wenn das darauf spezialisierte
Vereine oder Verbände tun. Entgegen aller Vorurteile habt ihr nicht nur aufs
Handy geschaut, sondern über den Tellerrand hinaus', lobte Knoke. Er sei
stolz auf die Schüler, dass sie an Dinge erinnern, die nicht mehr passieren
dürfen. Zudem seien sie ein Vorbild für andere Mitbürger. Laut dem
Bürgermeister freue man sich über jeden, der das Geschaffene in Babenhausen
mit Stolz nach außen trägt. Noch wichtiger sei es aber, sich selbst zu
engagieren und Verantwortung dafür zu übernehmen, was in der Stadt vorgeht.
Das hätten die Schüler beeindruckend gemacht."
Link zum Artikel |
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November 2015:
Eine Bodenplatte für die Synagoge
soll angebracht werden |
Artikel von Michael Just in "op-online.de"
vom 5. November 2015: "Metallplatte vor dem Haus in der Amtsgasse.
Erinnerung an Synagoge wach halten
Babenhausen - In Babenhausen gab es im vergangenen Jahrhundert eine
Synagoge. Die Erinnerung daran ist bei vielen verblasst. Der Babenhäuser
Rechtsanwalt Dr. Ingo Friedrich will nun ein Zeichen für Erinnerungskultur
setzen und vor das damalige jüdische Gebets- und Schulhaus in der Amtsgasse
16 eine Bodenplatte platzieren.
9. November 1938: In dieser Nacht werden in Deutschland tausende Synagogen,
jüdische Geschäfte und Häuser verwüstet oder in Brand gesteckt. Nach den
Pogromen startet die systematische Verfolgung der Juden, die knapp drei
Jahre später in den Holocaust mündet. Auch in Babenhausen tragen sich
schreckliche Szenen zu: Ein nationalsozialistischer Mob plündert Häuser und
treibt jüdische Bewohner, zum Teil in ihren Nachthemden, auf die Straße, um
sie dort zu verprügeln. Hinter der Brauerei pfercht man die erklärten
Sündenböcke zusammen. Ihre Synagoge brennt nur deshalb nicht, weil die
Nazi-Schergen ein Übergreifen der Flammen auf die Altstadt befürchten. Der
Babenhäuser Dr. Ingo Friedrich hat sich mit der Zeit von damals beschäftigt
und festgestellt, dass der Gedanke an die frühere Synagoge nur noch in
wenigen Köpfen steckt. 'Ich wusste das selbst lange nicht und erfuhr davon
erst durch Zufall bei einer Führung', räumt der 49-Jährige ein. Heute
erinnert nichts mehr an das Schul- und Gebetshaus in der Amtsgasse 16. Das
will der Rechtsanwalt ändern: Geplant ist eine Bodenplatte in Form eines
länglichen Metallbandes von 200 x 13 Zentimeter. Die Inschrift soll lauten:
'In der Amtsgasse 16 befanden sich das Schulhaus und die Synagoge der
jüdischen Gemeinde Babenhausen. Die Synagoge wurde in der Nacht vom 9. auf
den 10. November 1938 geplündert und als Bethaus zerstört.' Für sein
Vorhaben hat Friedrich bereits Kontakt mit der Stadt und dem Heimat- und
Geschichtsverein aufgenommen. Von beiden Seiten wird die Idee positiv
bewertet. Bei der Gestaltung der Platte, die gegossen wird, hilft zudem das
lokale Büro für Erinnerungskultur. Eigentlich hatte der Rechtsanwalt vor
Augen, dass die Enthüllungs- und Gedenkfeier bereits am 9. November
stattfindet. Doch die Herstellung des Metallbandes, die Schaffung der
bauphysikalischen Grundlagen, dass das Denkmal allen Verkehrserschütterungen
standhält, und das Einverständnis der zuständigen Ämter für die anstehenden
Bodenarbeiten nimmt mehr Zeit ein als gedacht. So verschiebt sich der Termin
ins nächste Jahr. Die Kosten, die die zunächst anberaumten 2.500 Euro
übersteigen, will der Ideengeber aus eigenen Mitteln und mit Spenden decken.
Von der Synagoge sind heute nahezu keine Reste und Überbleibsel mehr
vorhanden. Trotzdem zieht die Initiative unerwartete Kreise: So besteht von
Angehörigen damals Verfolgter, die heute in den USA leben, der Wunsch, bei
der Enthüllung dabei zu sein. Aus Amerika stammen auch jene Personen, die
Friedrich dazu bewegten, die Erinnerung wachzuhalten. Vor ein paar Monaten
begleitete er eine Gruppe hochrangiger, muslimischer Geistlicher aus Amerika
im ehemaligen KZ Dachau. Die zeigten sich geschockt über die Ausmaße des
Holocaust. 'Ich verbinde mit dem Besuch die Hoffnung, dass die Gruppe das
Gesehene in die islamische Welt trägt und für Frieden und Versöhnung sorgt',
bilanziert Friedrich über die Begegnung. Im Anschluss reifte bei ihm das
Anliegen, ebenfalls ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. Die Amtsgasse
16, die bis dato noch über keine Tafel oder ein Hinweisschild über ihre
Vergangenheit verfügt, bietet sich seinen Worten nach für einen 'dynamischen
Heileffekt' an. Der ist laut Friedrich wichtig, da es wenig nütze,
Vorangegangenes totzuschweigen. Schließlich lebe eine unbearbeitete und
unbewältigte Vergangenheit unsichtbar weiter, auch wenn sie 100 Jahre alt
ist. 'Besser ist es, eine Sache positiv aufzuarbeiten, ans Licht zu bringen
und dabei auf die Anklage von Personen zu verzichten', so der Babenhäuser".
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November 2016:
Gedenkstunde mit Enthüllung der bronzenen
Bodenplatte |
Artikel in "Echo online" vom 11.
November 2016: "Babenhausen. Erinnerung an Synagoge. GEDENKEN - In der Amtsgasse in Babenhausen wird ein Bronzeband enthüllt
BABENHAUSEN - Die Nacht war schon über Babenhausen hereingebrochen, als sich am Mittwoch, 9. November, in der Amtsgasse an die 80 Menschen versammelten, um die Enthüllung eines vor dem Eingang zum Hof der Hausnummer 16 in den Boden eingelassenen Gedenkbandes mitzuerleben. Es gilt der Erinnerung an den Standort der einstigen Babenhäuser Synagoge und der jüdischen Schule..."
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 42-44; III,1 S. 66-68. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 52-53. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 18. |
| Klaus Lötzsch und Georg Wittenberger
(Hrsg.): Die
Juden von Babenhausen. Beiträge zur Geschichte der jüdischen Gemeinden von
Babenhausen, Langstadt, Sickenhofen und Hergershausen. Hrsg. im Auftrag des
Heimat- und Geschichtsvereins Babenhausen. Babenhausen einst und jetzt,
Beiheft 1. Babenhausen 1988. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 125. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 110. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 31-32. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 82-84. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Babenhausen,
Hesse. In medieval times, Jews lived there until the Black Death persecutions of
1348-49. The modern community developed in the 19th century, when Jews began to
prosper in the livestock trade. From 100 in 1871, their number declined to 50
(1,8 % of the total) in 1933. The Nazi economic boycott led to the community's
virtual disappearance before 1939. In Kristallnacht (9-10 November 1938)
SA troops refrained from burning the synagogue down, as it had been sold to a
non-Jew, but vandalized its interior. Some townspeople helped them loot Jewish
homes. Most Jews emigrated, but some were deported in 1942.
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