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Demmelsdorf (Stadt
Scheßlitz, Kreis
Bamberg) mit Scheßlitz
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Scheßlitz (seit 1230
als Stadt genannt) lebten bereits im Mittelalter wenige jüdische
Personen. Ein Isaak von Scheßlitz wurde 1328 als jüdischer Bürger in
Nürnberg aufgenommen. 1343 wird in Nürnberg Joel aus Scheßlitz genannt. 1403
lebten in Scheßlitz vermutlich drei jüdische Einwohner Beziehung Familien. Ein
nach Scheßlitz benannter Jude wohnte in dieser Zeit in Bamberg. Im Laufe des
15. Jahrhunderts werden einige weitere jüdische Bewohner genannt, letztmals um
1450.
Seit Ende des 17. Jahrhunderts werden wiederum einzelne jüdische Einwohner
genannt. Doch blieb es auch in der Folgezeit bei nur relativ wenigen jüdischen
Einwohnern.
Im 19./20. Jahrhundert wurde 1900 mit 37 jüdischen
Einwohnern die Höchstzahl erreicht; die Zahlen davor und danach: 1811/12 9
jüdische Einwohner, 1867 5, 1871 9, 1880 23, 1890 30, 1910 33, 1925 31, 1933
30.
Die jüdischen Personen der Stadt Scheßlitz gehörten zur jüdischen Gemeinde
Demmelsdorf (im 20. Jahrhundert dann "Israelitische Kultusgemeinde
Demmelsdorf-Scheßlitz" genannt). Eigene Einrichtungen waren nicht
vorhanden. Die in Scheßlitz verstorbenen Juden wurden im jüdischen
Friedhof Zeckendorf beigesetzt.
1933 lebten noch 30 jüdische Personen in der Stadt. Bis September 1938 ging die
Zahl auf 25 zurück. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen
Männer der Stadt festgenommen, fünf von ihnen in das KZ Dachau verschleppt.
Bis 1941 konnten 13 jüdische Personen die Stadt verlassen (zwölf davon sind
emigriert). Die letzten 13 jüdischen Einwohner wurden am 22. März 1942 nach
Bamberg verbracht, drei davon am 25. April 1942 nach Izbica bei Lublin
deportiert, neun am 9. September 1942 in das KZ Theresienstadt.
Von den in Scheßlitz geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jakob Ansbacher
(1923), Jettchen Brückmann geb. Kirschbaum (1881),
Berthold Hausmann (1921 oder 1923), Kathi Hausmann geb. Kraus (1898), Ludwig
Hausmann (1931), Semmi Hausmann (geb. ?), Gustav Herrmann (1887), Max Herrmann (1877), Frieda
Lauer geb. Satzmann (1876), Paula Mané geb. Gerst (1884), Gretchen Rollmann geb. Satzmann (1885), Hermann
Rollmann (1869), Rosalie Rollmann geb. Satzmann (1877), Siegmund Rollmann (geb.
?), Josef Satzmann (1874), Regina Satzmann geb. Wimmelbacher (1880), Siegfried
Satzmann (1922).
Auf dem Gedenkstein am jüdischen
Friedhof in Zeckendorf stehen die folgenden Namen der ermordeten
jüdischen Personen aus Scheßlitz: Jettchen
Brückmann / Semmi Hausmann / Katty Hausmann / Berthold Hausmann / Ludwig Hausmann / Max
Herrmann / Hermann Rollmann / Rosalie Rollmann / Siegmund
Rollmann / Gretchen Rollmann / Josef Satzmann / Regina Satzmann.
In Demmelsdorf bestand eine relativ große jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihr gehörten zeitweise mehr als die Hälfte der
Dorfbevölkerung an. Die Entstehung der Gemeinde geht in die Zeit des 17.
Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1670 Juden am Ort genannt. Bei den
Unruhen des Jahres 1697 kam es am 22. Mai 1697 zu Überfällen der jüdischen Familien des Ortes durch
räuberische Banden aus der Umgebung.
1739 wurde ihre Zahl auf sechs Familien beschränkt, was jedoch in der
Folgezeit nicht durchgehalten wurde. Die Zahl der jüdischen Einwohner im 19.
Jahrhundert entwickelte sich wie folgt: 1809/10 125 jüdische Einwohner
(61,3 % von insgesamt 205), 1811/12 136 (62,3 % von 217), 1867 94 (47 % von
200), 1880 83 (43 % von 195), 1900 80 (37 % von 216), 1910 58 (30,7 % von
189).
An Einrichtungen waren eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Konfessionsschule
(ab 1827) und ein rituelles Bad (neu erbaut 1870) vorhanden. Die Toten der jüdischen Gemeinde
wurden auf dem jüdischen Friedhof in Zeckendorf
beigesetzt, der von den Gemeinden Demmelsdorf und Zeckendorf gemeinsam
unterhalten wurde. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Als jüdische Lehrer wirkten: Jakob Marschütz aus
Pretzfeld (1827-1844), Hermann Frank aus Aidhausen (1844 - ca. 1854), Genius
Goldschmidt (1855-1873), Aron Roßmann (1873-1876), Isak Weglein (1876-1916,
siehe Nachruf unten),
Julius Hermann (bis 1926), David Banda (1927-1934), Ludwig Fleischmann (1935-1937).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Heimann (geb.
1.2.1881 in Demmelsdorf / Scheßlitz, gef. 14.9.1914). Sein Name steht auf dem
Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege in der Dorfkapelle links
neben dem Altar.
Um 1924, als noch 44 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten (14,6 %
von insgesamt etwa 300 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Karl
Heimann jun. und Wilhelm Berg. Als Vorsänger fungierte W. Levy, als Lehrer
Julius Hermann. Er unterrichtete damals zehn jüdische Kinder im
Religionsunterricht. Zur jüdischen Gemeinde Demmelsdorf gehörten inzwischen
auch die in Scheßlitz lebenden 33 jüdischen Einwohner ("Israelitische
Kultusgemeinde Demmelsdorf-Schesslitz"). Die Gemeinde gehörte zum
Distriktsrabbinat Bamberg. 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Hermann
Rollmann und Semi Hausmann, beide aus Scheßlitz. Vorsteher der Repräsentanz
waren Heinrich Herrmann, Max Mannheimer, Ludwig Heimann (diese aus Demmelsdorf)
und Leo Ansbacher (letzterer aus Scheßlitz). An jüdischen Vereinen
bestanden: eine "Armenkasse" (Kupat Anijim, 1932 Vorsitzender
Max Wurzinger, Ziel: Wohltätigkeit), der Wohltätigkeits- und Bestattungsverein
Chewrah Kadischa (Heilige Bruderschaft, Vorsitzender Ludwig Heimann,
Ziel: Unterstützung, Bestattungswesen) und ein Frauenverein (Heilige
Schwesternschaft, gegründet 1881, 1932 Vorsitzende Marie Heimann, Ziel:
Wohltätigkeit). Lehrer David Banda erteilte damals 12 jüdischen Kindern
Religionsunterricht.
1933 gehörten noch 42 jüdische Personen zur jüdischen Gemeinde
Demmelsdorf. Auf Grund der zunehmenden Repressalien und der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts verzog ein Teil der jüdischen Einwohner in den
folgenden Jahren von Demmelsdorf in andere Orte oder emigrierte ins Ausland (16
nach England, Südafrika und in die USA). Beim Novemberpogrom 1938 kam es
zu schweren Gewalt- und Plünderungsakten gegen die jüdischen Einwohner und
ihre Wohnungen, insbesondere durch SA-Männer aus Bamberg. Dabei wurde u.a. ein
halbblinder, alter jüdischer Einwohner (Jakob Berg) aus seiner Wohnung gezerrt
und geschlagen, bis der Ortsgruppenleiter von Scheßlitz dazwischentrat und den
Misshandlungen ein Ende bereitete. Die jüdischen Männer wurden verhaftet und
zu 'Fuß nach Scheßlitz verbracht, von hier aus auf Lastautos in das Bamberger
Gefängnis. Im April 1942 wurden die letzten 14 jüdischen Einwohner von
Demmelsdorf über Bamberg nach Izbica bei Lublin deportiert.
Von den in Demmelsdorf geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): David Michael Banda
(1902), Helmut Banda (1929), Liddi Banda (1928), Paul Banda (1929), Ricka Banda
geb. Kannenmacher (1906), Jakob Berg (1872), Klara
(Clara) Berg geb. Satzmann (1879),
Ida Fleischer geb. Heimann (1889), Klara Goldschmidt (1859), Adelheid Haas geb.
Wahlhaus (1871), Emma Hahn geb. Heimann (1880), Katie Hausmann geb. Kraus (1898), Emil Heimann
(1885), Emil Heimann (1886), Hannelore (Hanna Lore) Heimann (1922), Louis
Heimann (1869), Max Heimann (1886), Paula
Heimann geb. Haas (1897), Siegfried Heimann (1882), David Herrmann (1879), Heinrich Herrmann (1873),
Regina Herrmann geb. Heimann (1885), Rose Himmelreich geb. Herrmann (1877),
Klara Kaufmann geb. Kraus (1865), Marta Mannheimer geb. Heimann (1892), Max Mannheimer (1882), Trude Mannheimer
(1924), Walter Mannheimer (1927), Lia Sämann geb. Weglein (1883), Ida Selling geb. Goldschmied
(1862), Hannelore
Wurzinger (1927), Hans Siegfried Wurzinger (1933), Klara Wurzinger geb. Mannheimer
(1892),
Max Wurzinger (geb. ?), Sigmund Wurzinger (1877).
Am Weg
zum jüdischen Friedhof in Zeckendorf befindet sich ein Gedenkstein mit den Namen der in der NS-Zeit
umgekommenen Juden aus Zeckendorf, Demmelsdorf und Scheßlitz. Die hier
festgehaltenen Namen aus Demmelsdorf sind: Jakob
Berg / Clara Berg / Emil Heimann / Paula Heimann / Hannelore Heimann / Max
Heimann / David Herrmann / Regina Hermann / Heinrich Hermann / Max
Mannheimer / Martha Mannheimer / Trude Mannheimer / Walter Mannheimer.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen
Lehrer und der Schule
"Aus der Chronik einer ländlichen Religionsschule. Ein
Kulturbild aus der guten alten Zeit." Beitrag von Rabbiner Dr.
Adolf Eckstein
(erschienen in: Bayerische Israelitische
Gemeindezeitung vom 1. Oktober 1929)
Am 19. Oktober 1827 hielt Jakob Marschütz aus Pretzfeld als Privatlehrer der
israelitischen Schuljugend seinen unfeierlichen Einzug in Demmelsdorf bei
Bamberg. Die Kenntnis dieser nicht gerade welterschütternden Tatsache verdanken
wir einer Verordnung des bayerischen Kultusministeriums vom 24. Juli 1833
betreffend die Anlage einer Statistik und die Führung von 'Notizenbüchern in
deutschen Schulen'. Über Inhalt und Zweck derselben heißt es: 'Das Notizenbuch
soll in zwei Hauptteile geteilt werden. Der erste Hauptteil ist geschichtlichen
und statistischen Inhalts. Derselbe soll daher von der Stiftung der Schule,
ihren bisherigen Inspektoren und Lehrern, überhaupt von ihren früheren
Schicksalen und Zuständen soviel enthalten, als bekannt ist.' (Anm.:
veröffentlicht im Kreis-Intelligenzblatt des Obermainkreises, Bayreuth, den 19.
März 1837). Dadurch sollte eine in allen Beziehungen treue Überlieferung über
die bayerischen Schulverhältnisse an die Folgezeit gesichert werden.
Diese Anweisung folgeleistend hat Lehrer Marschütz ein solches 'Notizenbuch'
oder richtiger eine Schulchronik angelegt und mit peinlicher Sorgfalt und
Sauberkeit in kalligraphischen Schriftzeichen geführt. Diese von seinen
Nachfolgern fortgesetzte Chronik hat sich in gutem Zustande (in Folio-Format)
erhalten. Eingangs derselben berichtet Marschütz, dass er alsbald nach seinem
Einzug in Demmelsdorf bei dem königlichen Landgericht Scheßlitz und beim
Distriktsschulinspektor Pfarrer Haas daselbst seinen Antrittsbesuch gemacht
habe, 'von beiden Behörden mit Wohlgefallen aufgenommen, zugleich aufgemuntert,
nunmehr kräftig mitzuarbeiten, um die bisherige Privatschule von Demmelsdorf in
eine öffentliche umzuschaffen.' Daraus geht hervor erstens, dass Marschütz ein
vorschriftsmäßig vorgebildeter Schullehrer gewesen ist, zweitens, dass gerade
von behördlicher Seite die Errichtung von israelitischen Volksschulen - gemäß
§ 33 des Edikts vom 10. Juni 1813 - angestrebt und gefördert wurde, und
drittens, dass dieser Plan damals anscheinend an dem passiven Widerstand der
Gemeinde gescheitert ist. Denn wohl erteilte Marschütz zunächst den gesamten
deutschen Elementarunterricht, aber er berichtet weiter in bescheidener
Selbstbeurteilung: 'Sein Fleiß, wie überhaupt sein Verhalten ward so
verdienstvoll anerkannt, dass er am 27. April 1828 von sämtlichen
israelitischen Einwohnern freiwillig zum Religions-, auch hebräischen
Sprachlehrer gewählt und ihre Wahl dem königlichen Landgericht zur
Begutachtung und zur höchsten Genehmigung der königlichen Regierung
schriftlich vorgelegt wurde.'
Die Bestätigung der Kreisregierung erfolgte am 10. September 1828 und am 19.
November wurde er 'als Lehrer der mosaischen Religion und der hebräischen
Sprache' in sein Amt feierlich eingewiesen. Sein Diensteinkommen betrug außer
freier Wohnung, die aus einer bescheidenen Stube im oberen Stockwerk eines
Privathauses bestand, jährlich 160 Gulden, ein Gehalt, das man heutzutage aus
zwiefachen Gründen nicht als 'fürstlich' bezeichnen kann. Die Schule musste
gleichfalls in einer Privatstube abgehalten werden. Zwar verordnete ein hoher
Befehl der königlichen Regierung vom 10. September 1828, dass binnen längstens
einem Jahre ein für Schulunterrichtszwecke geeignetes Lokal ausgemittelt werden
sollte, aber die Gemeinde hatte damit durchaus keine Eile. Da die im Anbau der
Synagoge gelegene Wohnung des früheren Vorsängers - laut Bericht der Chronik -
so unreinlich und feucht war, dass sie 'für Menschen unbewohnbar wurde',
beschwerte sich der Lehrer im Jahre 1832 beim königlichen Landgericht und beantragte,
dass die Gemeinde behördlicherseits zu einer gründlichen Instandsetzung der
Amtswohnung und zur Einrichtung einer für Schulzwecke geeigneten Räumlichkeit
angehalten werden möge. Nach mehreren fruchtlos gebliebenen Versuchen des
Landgerichtes zur Abhilfe des Missstandes überhab die Gemeinde am 10. Februar
1833 einen Bauriss samt Kostenüberschlag und im Spätherbst dieses Jahres
konnten Lehrer und Schule in die neuen bescheidenen Räume
übersiedeln.
Alljährlich im Beisein der örtlich zuständigen Schulbehörden und anderer
Persönlichkeit angehaltene Schulprüfungen erzielten ein höchst befriedigendes
Ergebnis. Im Frühling des Jahres 18335 urteilt das auszüglich im Notizenbuch
eingetragene Protokoll, 'dass nichts mehr zu wünschen übrig ist'. Am 2. Mai
1837 erhielt der Lehrer sogar ein Belobigungsschreiben der Kreisregierung. Aus
dem Bericht vom 8. Juni 1833 ist noch folgendes hervorzuheben: 'Eine in der
Schule aufgehängte Tafel in Quart - von dem Lehrer selbst gefertigt - mit dem
Namen des Propheten Jonas, dessen Einfassung das ganze Buch Jonas in
hebräischer Schrift enthält, verrät nicht nur großen Fleiß, sondern auch
einen sehr geübten Kunstsinn des Lehrers.' Den theoretischen
Religionsunterricht erteilte der Lehrer 'nach eigenen Heften'. Erst die
nichtjüdische Schulprüfungskommission äußerte im Frühjahr 1838 den Wunsch
nach Einführung eines Handbuches, und nach Anordnung des Distriktsrabbiners
Samson Wolf Rosenfeld (1826-1862 in Bamberg) wurde das auf Veranlassung der
israelitischen Oberkirchenbehörde von Württemberg herausgegebene 'Lehrbuch der
israelitischen Religion' als Leitfaden des Unterrichts eingeführt. Aus den
gewissenhaften Eintragungen des Lehrers Marschütz sei schließlich noch
hervorgehoben, dass die Gemeinde Demmelsdorf im Frühjahr 1842 zwei große mit
dem Königsgebet in deutscher und hebräischer Sprache beschriebene Tafeln durch
den Sohn des Religionslehrers Simon Prager in Pretzfeld zu Ehren seiner
Majestät des allergnädigsten Königs Ludwig' anfertigen und zu beiden Seiten
der Bundeslade in der 1841 neuhergerichteten Synagoge anbringen ließ. Sie haben
als Zeugnisse vaterländischer Gesinnung sich bis in unsere Tage erhalten. |
Lehrer Jakob Marschütz scheint trotz beruflicher Erfolge in seinem
Wirkungskreise keine volle Befriedigung gefunden zu haben, denn am 5. Juni 1844
wanderte er 'mit hoher Erlaubnis der Kreisregierung' nach dem Dollarlande (Cincinatti)
aus, wo er hoffentlich ein höheres Einkommen als in Demmelsdorf erzielt hat
(Anm.: Gleichzeitig amtierte als Lehrer in der Nachbargemeinde Zeckendorf sein
Bruder Josef Marschütz).
Als Nachfolger dieses ersten neuzeitlich gebildeten Religionslehrers von
Demmelsdorf kam an dessen Stelle 1844 Hermann Frank aus Aidhausen, bis dahin
Schulverweser in Reckendorf. Derselbe amtierte in Demmelsdorf etwa 10 Jahre und
kam sodann als Elementarschullehrer nach Gunzenhausen. Als dessen Nachfolger
unterrichtete nach einjähriger Vakanz seit 19. Juni 1855 Lehrer Genius
Goldschmidt. Ob der unerhörte Vorname dieses Lehrers für seinen Träger eine ominöse
Bedeutung hatte, ist nicht bekannt. Die Chronik berichtet nur, dass unter seiner
Amtsverwaltung alljährlich bei den Schulprüfungen sechs Preise an die Schüler
verteilt wurden, ferner dass die Prüfungsergebnisse immer die höchste Note
erzielten und dass der Lehrer mehrmals eine Belobigung der Kreisregierung
erhielt. Nach dem Ableben desselben am 9. Juni 1873 folgte im Dezember dieses
Jahres Lehrer Aron Roßmann, der nach einer Amtsdauer von kaum drei Jahren seine
Stellung verließ. Am 7. November 1876 folgte Isak Weglein, dessen Einträge im
Notizenbuch 1907 enden.
Die handschriftliche Chronik der Religionsschule enthält in einer zweiten
Abteilung eine lückenlose Zusammenstellung der Schülerzahl im Laufe von 78
Jahrgängen (1829-1907), getrennt nach Geschlechtern sowie nach Werktags- und
Feiertagsschülern, eine bemerkenswerte Statistik, weil sie ein Bild numerischer
Rückwärtsentwicklung einer Kleingemeinde bietet. Im Jahre 1828/29 hatte die
Schule eine Gesamtzahl von 58 Kindern, die schon 1830 auf 48 gesunken ist. Die
Zahl sinkt im folgenden Jahrzehnt auf 40, bis 1843 auf 29, bis 1850 auf 12. Dann
steigt die Zahl - anscheinend in Jahren wirtschaftlichen Aufschwunges - bis 1862
wieder auf 30 und sinkt dann in den Jahren beginnender Freizügigkeit bis 1876
auf 10. Seit 1878 ergibt sich wieder ein allmählicher Aufstieg bis zu einer
Höchstzahl von24 Schulkindern im Jahre 1886/87; bis zum Ende des Jahrhunderts
bleibt die Schülerzahl 20 auf ziemlich gleicher Höhe und sinkt infolge Mangels
an Nachwuchs bis 1906/07 auf die Mindestzahl von nur sieben Schulkindern. Das
ist im Laufe von etwa acht Jahrzehnten eine Minderung von 51 Schulkindern bis
auf fast ein Achtel der Zahl vom Jahre 1828.
Diese Statistik einer Religionsschule erzählt in trockenen Ziffern, wie in fast
allen Land- und Mittelgemeinden, eine Geschichte des Niederganges der
bayerischen Judenheit. Sie erinnert unerfreulich an das bedeutungsvolle Wort der
Talmudweisen. 'Jerusalem ist zugrunde gegangen, weil es daselbst an Schulkindern
fehlte.' |
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers / Vorbeters / Schochet
1876 / 1924
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1876:
"Lehrer-Stelle.
In der hiesigen Synagogengemeinde soll die Stelle
eines Vorsängers, Schächters und Religionslehrers sofort neu besetzt
werden. Das Gehalt wird jährlich auf 1100 Mark, freie Wohnung nebst 300
Mark Nebeneinkünfte dotiert. Qualifizierte Bewerber wollen ihre Meldung
mit Beifügung ihrer Zeugnisse beim Unterzeichneten einreichen.
Reisekosten werden nur demjenigen erstattet, welcher die Anstellung
erhält und werden an gemeldete Kandidaten zum Probevortrage direkte
Aufforderungen ergehen.
Demmelsdorf bei Bamberg, im August 1876. Jakob Heimann, Kultusvorstand." |
|
1924 wurde die Stelle gemeinsam für
Demmelsdorf und Scheßlitz ausgeschrieben: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1924: "Die
Gemeinde Demmelsdorf - Scheßlitz sucht zum baldigen Eintritt einen
religiösen Religionslehrer, Vorbeter und Schochet. Gehalt nach
staatlicher Gehaltsordnung. Meldungen an den Vorstand Carl Neumann,
Demmelsdorf bei Bamberg".
|
Anzeige von Lehrer Isak Weglein (1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1900:
"Im Auftrage einer sehr achtbaren Familie auf's Land (Oberfranken)
sucht Unterzeichneter ein tüchtiges, gewandtes jüdisches Mädchen,
das bürgerliche Küche und Hauswirtschaft zu leiten versteht, zur
Stützte der Hausfrau gegen hohen Lohn und sehr gute Behandlung.
Bewerberinnen wollen sich wenden an Lehrer Weglein, Demmelsdorf bei
Bamberg." |
Artikel mit einem Nachruf auf den 1920 verstorbenen
Lehrer Isak Weglein (1920)
Der
von Rabbiner Dr. Eckstein oben genannte Lehrer Isak Weglein starb im Februar
1920 in Uffenheim und wurde im
jüdischen Friedhof Ermetzhofen beigesetzt. Zu
seinem Tod erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" am 1. April 1920
folgender Artikel: "Uffenheim, 1. März (1920). Vor einigen Tagen starb der
hier im Ruhestande lebende Lehrerveteran I.L. Weglein im 74. Lebensjahre. Er
amtierte in Bibergau, Untereisenheim und schließlich in
Demmelsdorf bei
Bamberg; in letzterer Gemeinde wirkte er segensreich volle 40 Jahre und erwarb
sich Dank und Anerkennung der vorgesetzten Behörden. Der zur Beerdigung
herbeigeeilte Distriktsrabbiner Dr. Brader aus Ansbach, skizzierte das
Lebensbild des verstorbenen Lehrers, pries insbesondere seine innige
Frömmigkeit, Bescheidenheit und sein stets freundliches Wesen. Auf dem
Begräbnisplatz in Ermetzhofen widmete
Herr Hauptlehrer Strauß von hier, dem
verstorbenen Kollegen herzliche Worte der Treue und Freundschaft und rief ihm
namens des israelitischen Lehrervereins sowie des paritätischen allgemeinen
bayerischen Brudervereins die letzten Abschiedsgrüße zu. Sein Andenken wird
ein gesegnetes und dauerndes sein. Seine Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens."
|
Lehrer David Banda kommt nach Demmelsdorf (1927)
Anmerkung (Angaben auf Grund der Recherchen von Elisabeth Böhrer): Lehrer
David Michael Banda ist am 21. August 1902 geboren. Er war seit 1927
jüdischer Lehrer in Demmelsdorf. David Banda war verheiratet mit Ricka geb.
Kannenmacher (geb. 9. Oktober 1906). Die beiden hatten drei Kinder (alle
drei in der Entbindungsanstalt in Bamberg geboren): Liddi (1928), Paul
(1929), Helmut (1929). Familie Banda lebte bis 1934 in Demmelsdorf. Die
ganze Familie ist nach der Deportation ermordet worden.
Nachweisbar ist die Familie nach 1934 durch Schriftwechsel der Mutter Ricka
geb. Kannenmacher, die am 4. August 1937 in Brünn eine Vollmacht erteilte. Aus
einem weiteren Schriftstück ist ersichtlich, dass die Kantorsehegattin am 19.
Juni 1939 in Prostejow, damaliges Projektorat Böhmen-Mähren, wohnhaft ist.
Mitteilungen
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7.
Januar 1927: "Kantor Banda in Niederwerrn
übernimmt die Stelle Demmelsdorf - Scheßlitz." |
Schulamtsbewerber Ludwig Fleischmann übernimmt die Religionslehrerstelle
(1935)
Mitteilung
der der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
April 1935: "Schulamtsbewerber Ludwig Fleischmann (München)
übernimmt am 15. April die Religionslehrerstelle Demmelsdorf-Scheßlitz." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über das Leben des aus Demmelsdorf stammenden Lehrers
Moritz Wurzmann (gestorben 1931)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai
1931: "Moritz Wurzmann - er ruhe in Frieden. Wiederum
ist einer unserer 'guten Alten' von uns weggegangen. Moritz Wurzmann, der
41 Jahre in Mainstockheim wirkte,
segnete im Alter von 70 Jahren, als Oberlehrer im Ruhestand, in Schlüchtern
das Zeitliche. Dort verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens bei
seinen Kindern und dort ging ihm auch vor wenigen Monaten seine treue
Gattin - sie ruhe in Frieden - im Tode voran. 'Die sich geliebt und
hold gewesen bei ihrem Leben, sie sollten auch im Tode nicht getrennt
sein.' Früh verwaist, kam er von seinem Geburtsort Demmelsdorf in
Oberfranken in die Waisenanstalt nach Fürth, absolvierte dann die
Präparandenschule Burgpreppach und das Lehrerseminar zu
Würzburg, beides
mit sehr gutem Erfolge. Nur kurze Zeit wirkte er in Wiesenfeld bei
Würzburg, dann übernahm er die jüdische Volksschule in Mainstockheim.
Mit pädagogischem Blick und Geschickt wirkte er mehr als 40 Jahre an
derselben und griff dabei oft über das amtlich abgesteckte Lehrziel
hinaus. Es war bekannt, dass Wurzmanns Schüler, wenn sie in die
Mittelschule übertraten, dort stets zu den besten zählten. Dabei hatte
seine Methode etwas durchaus Ruhiges an sich, den Tod einer gemütlichen
Unterhaltung. Alle seine Funktionen versah er in alter schlichter Yiroh
(Gottesfurcht) in in vorbildlicher Gewissenhaftigkeit. Auf unseren
Versammlungen (gemeint: des Lehrervereins) war er ein gern gesehener
Freund und Kollege, wenn die Beschwerlichkeiten allzu anstrengender Reisen
es nur immer zuließen. So hat er sich in seinem Leben die schönste Krone
gesichert, die Krone des guten Namens (auch hebräisch: die Krone des
guten Namens), ein dankbares, ehrendes Gedenken bei seiner Gemeinde,
seinen zahlreichen Schülern, seiner Kollegen im jüdischen Lehrerverein
Bayerns. Bei seiner Bestattung einige Tage vor Pessach musste mit
Rücksicht auf den Nissanmonat jedes laute Worte der Klage verstummen. Man
konnte aber die innere Ergriffenheit der stattlichen Trauerschar von den
Gesichtern ablesen. Von weiter Ferne waren Freunde und Bekannte
herbeigeeilt, dem Geliebten den letzten Ehrenzoll zu weihen. Seine
ehemalige Gemeinde Mainstockheim hatte eine würdige Vertretung entsandt.
Wir sichern dem entschlafenen Amtsbruder in unseren Reihen und unserem
Brudervereine Bayern das beste Gedenken. Er ruhe im Frieden! Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. M.D." |
Zum Tod von Jette Neustädter geb. Feldmann (gest. 1934 in Demmelsdorf,
beigesetzt in Sulzbürg)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. November 1934:
"Sulzbürg, 12. November
(1934). Hier wurde Frau Jette Neustädter geb. Feldmann im Alter
von fast 79 Jahren auf dem Friedhof zur letzten Ruhe gebracht. In Altenmuhr
geboren, gründete sie in Sulzbürg an der Seite ihres noch heute
in der Erinnerung der Gemeinde unvergessenen Jakob David Neustädter eine
Ehegemeinschaft, in der tiefste Frömmigkeit, vorbildliche Rechtlichkeit
und geradezu patriarchalische Häuslichkeit und Schlichtheit herrschten.
Eine große Anzahl von Kindern wurde dem Ehepaar geschenkt. Sie alle zogen
in die weite Welt hinaus und sie alle bereiteten dem Namen ihrer Eltern
als treue Juden und wackere, tadellose Menschen Ehre. Bereits vor 19
Jahren ist ihr Gatte ihr im Tode vorausgegangen, und sie stand allein.
Aber sie war nicht allein. Die vielen Kinder in allen Gegenden des Landes
wetteiferten miteinander, sie mit ihrer Liebe zu überhäufen und ihr ein
Teil dessen zu vergelten, was sie als aufopfernde Mutter ihnen getan. So
verbrachte sie ihren Lebensabend in der liebvollen Umgebung und Pflege der
Familien ihrer Kinder, bald hier, bald dort; und überall war sie geboren.
Bei einer ihrer Töchter in Demmelsdorf, die wenige Wochen vorher erst
selbst furchtbar durch den Tod ihres braven Mannes heimgesucht war,
erreichte sie trotz hingebungsvoller Pflege das Ende, dem sie in frommer Ergebung
sein Jahren schon ruhig entgegengeschaut hatte. Und pietätvoll erfüllte
man ihren letzten Wunsch und brachte sie hier in Sulzbürg an der
Seite ihres Gatten zur ewigen Ruhe. Bezirksrabbiner Dr. Weinberg aus
Regensburg fand am Grabe herzliche und aufrichtige Worte des Abschiedes
für diese seltene Frau, die stets auch als eine treue Freundin seines
Hauses sich bewiesen hat." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Hochzeitsanzeige für Siegfried Polatschek und Anny
geb. Herrmann (1936)
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
August 1936:
"Statt Karten. Siegfried Polatschek - Anny Polatschek geb.
Herrmann. Vermählte.
Augsburg - Scheßltz. Trauung: Sonntag, 16. August, 12 1/2 Uhr
Hauptsynagoge Bamberg.
Hochzeit: Weiße Taube, Bamberg". |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
|
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
der io Demmelsdorf
geborenen Elsa Dreyfuß geb. Heymann |
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Kennkarte (Mannheim 1939) für
Else Dreyfuß geb. Heimann, geb. 13. Februar 1884 in Demmelsdorf,
wohnte später in Mannheim, am 31. Mai 1939 in die USA (New York)
emigriert. |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betsaal vorhanden oder es
wurde bereits vor 1727 die Synagoge in Zeckendorf besucht. Nachdem
die dortige jüdische Gemeinde 1723 bis 1727 eine neue Synagoge erstellt hatte, besuchten jedenfalls die Juden aus
Demmelsdorf die dortige Synagoge. 1742 brannte diese Synagoge
allerdings ab, was den Anlass dazu gab, in Demmelsdorf eine eigene Synagoge
zu erstellen. Die Demmelsdorfer Juden hatten bereits 1734 eine eigene Synagoge
auf einem Gartengrundstück erbauen wollen, das Marx Wolf der Gemeinde schenken wollte.
Gegenüber der Ortsherrschaft wiesen die Demmelsdorfer Juden auf die
Gefährlichkeit des Weges hin, den sie zur Synagoge in Zeckendorf gehen mussten
und berichteten, dass ständig die Gefahr bestehe, "von bösen Leuten auf
der Strauße angegangen und misshandelt zu werden".
Am 17. Juli 1748 erhielt die Judenschaft die Zustimmung der
Ortsherrschaft zum Bau einer eigenen, 31 Männer- und 28 Frauenstühle
umfassenden Synagoge. In einem Anbau zum Synagogengebäude
wurde
die Wohnung des Vorsängers eingerichtet. Für die Nutzung der Synagoge waren
jährlich 5 Gulden Schutzgeld an die Ortsherrschaft zu errichten. Um 1830 befand sich diese Wohnung
allerdings in einem so baufälligen und feuchten Zustand, dass sie unbewohnbar
geworden war. 1833 wurde die Wohnung instandgesetzt. 1841 folgte
eine gründliche Renovierung der Synagoge.
Kollekte zur Erneuerung der Synagoge (18)
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 20. Februar 1840: "20. Februar 1840.
An die fürstlich Löwensteinische Regierungs- und Justizkanzlei in Kreuzwertheim und an
sämtliche Distrikts-Polizei-Behörden des Regierungs-Bezirkes.
(Gesuch der Israeliten zu Demmelsdorf, Landgerichts Scheßlitz, um
Bewilligung einer Kollekte zur Reparatur ihrer Synagoge
betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Majestät der König haben allergnädigst
zu gestatten geruht, dass zu Bestreitung der Kosten für die Reparatur der
Synagoge in Demmelsdorf, Landgerichts Scheßlitz, eine Kollekte in allen
israelitischen Gemeinden des Königsreichs veranlasst werde.
Die Distrikts-Polizei-Behörden werden daher beauftragt, diese Kollekte in
allen israelitischen Gemeinden ihrer Bezirke durch die Kultusvorsteher
vornehmen zu lassen und die eingegangenen Beträge nach Ablauf von sechs
Wochen an das diesseitige Expeditionsamt einzusehenden." |
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Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 23. April 1840: "21. April 1840. An die fürstliche
Löwensteinische Regierungs- und Justizkanzlei in Kreuzwertheim und an die
Distrikts- Polizeibehörden des Regierungsbezirks.
(Das Gesuch der Israeliten zu Demmelsdorf, Landgerichts Scheßlitz, um
Bewilligung einer Kollekte zur Reparatur ihrer Synagoge betreffend),
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Mit Bezug auf das Ausschreiben vom 15.
Februar dieses Jahres, Intell.-Blatt Nr. 23 Seite 108, werden diejenigen
Distriks-Polizei-Behörden, welche mit der angeordneten Berichtserstattung
noch in Rückstande sind, aufgefordert, dieselbe nunmehr innerhalb acht Tagen
unfehlbar zu vollziehen.
Würzburg den 16. April 1840. Königliche Regierung von Unterfranken und
Aschaffenburg. Kammer des Innern. Graf von Lerchenfeld, Präsident.
c: Hübner." |
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Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 11. Februar 1840: "22. Januar 1840. (Das Gesuch der
Israeliten zu Demmelsdorf, Landgerichts Scheßlitz, um Bewilligung einer
Kollegte zu Reparatur ihrer Synagoge betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Nachfolgend wird die Übersicht
der für die Israeliten zu Demmelsdorf, königlichen Landgerichts Scheßlitz,
eingegangnen Kollekten Gelde öffentlich bekant mache. Die Kollekte für die
bauliche Herstellung und innere Einrichtung der Synagoge zu Aschaffenburg
betreffend.
usw.
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Nach Wiedereinweihung des
Gebäudes wurden im Frühjahr 1842 zwei große mit dem Königsgebet in deutscher
und hebräischer Sprache beschriebene Tafeln durch den Sohn des Religionslehrers
Simon Prager in Pretzfeld 'zu Ehren seiner Majestät des allergnädigsten Königs
Ludwig' angefertigt und zu beiden Seiten des Toraschreines angebracht.
Vor der NS-Zeit wurde die Synagoge letztmals 1927 umfassend renoviert.
1927 und 1929 wurden neue Torarollen angeschafft.
Beim Novemberpogrom 1938 erschienen zwei mit SA-Leuten aus Bamberg
besetzte Lastautos in Demmelsdorf. Die SA-Männer drangen in die Wohnung des
Synagogendieners ein und verlangten die Synagogenschlüssel. Da dieser ihn nicht
aushändigen wollte, wurde er verprügelt und die Synagogentür gewaltsam
aufgebrochen. Ein Teil der Synagogenmöbel wurde zerschlagen, die Torarollen
zerrissen, andere Ritualien zerstört. Den Rest des Inventars sowie die
zerrissenen Torarollen mussten jüdische Einwohner auf einen Wagen laden und
diesen auf ein offenes Feld fahren, wo die gesamte Ladung verbrannt wurde.
Das Synagogengebäude wurde wenig später auf Anordnung des Bamberger
Landrates völlig zerstört und abgebrochen. Die Dorfverwaltung bot der
jüdischen Gemeinde 250 RM als Entschädigung für das Grundstück an. Da diese
den Betrag ablehnte, wurde das Grundstück beschlagnahmt. Für den Abbruch des
Synagogengebäudes wurde der jüdischen Gemeinde eine Rechnung von 70 RM
gestellt. Auf dem Synagogengrundstück wurde das Feuerwehrhaus der
Gemeinde Demmelsdorf erstellt.
Im Juni 1948 waren acht der am November-Pogrom 1938 in Demmelsdorf
Beteiligten vor dem Landgericht Bamberg angeklagt. Sieben von ihnen erhielten
Gefängnisstrafen zwischen zwei Wochen und einem Jahr. In einem zweiten
Verfahren im April 1949 wurden 18 von 21 Angeklagten zu Freiheitsstrafen
von einem Monat bis zu vier Jahren verurteilt; im Dezember 1949 erhielten drei
von vier weiteren Angeklagten Gefängnisstrafen zwischen zehn Monaten und
anderthalb Jahren.
Adresse/Standort der Synagoge: Grundstück des heutigen
Feuerwehrhauses
Fotos
Historische Fotos
sind noch nicht vorhanden, über Hinweise oder Zusendungen freut
sich
der Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite |
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Das auf dem
Grundstück der Synagoge erstellte Feuerwehrhaus (Foto Jürgen Hanke,
Kronach, 2004, aus: www.synagogen.info) |
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Erinnerungen an die
jüdische Geschichte:
Spuren von Mesusot an früheren jüdischen Häusern
(Fotos erhalten von Maria Becker,
Aufnahmen von Anfang Mai 2022) |
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An mehreren
ehemaligen jüdischen Wohnhäusern sind bis heute Spuren von Mesusot erkennbar
(vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Mesusa).
Solche Spuren finden sich u.a. an den Häusern Benno-Schmitt-Straße 1 (früheres
Anwesen Nr. 25, Foto
links) und Benno-Schmitt-Straße 2 (früheres Anwesen Nr. 1, rechts). Nach Recherchen von Maria Becker
im Staatsarchiv (Katasterblätter Demmelsdorf) waren die Anwesen/Häuser
Benno-Schmitt-Straße 1 und 2 sowie Benno-Schmitt-Straße 4 (auch auf früherem
Anwesen Nr. 1) bis in die 1930er-Jahre in
jüdischem Besitz. Die heutigen Gebäude 2 und 4 plus Liegenschaften wurden
1939 von der Bayerischen Bauern-Siedlung GmbH übernommen, die Hausnummer 1
wurde am 15. August 1939 verkauft. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Schesslitz Upper Franconia. Jews are known
from the 14th century. From the late 19th century they numbered around 30 (2,5 %
of the total population). Twelve emigrated in the Nazi era, including ten to the
United States. The last 13 were expelled to Bamberg on 22 March 1942 and from
there deported to Izbica in the Lublin district (Poland) and to the
Theresienstadt ghetto.
Demmelsdorf Upper Franconia.
Jews were present in 1670. In 1739 their residence was limited to six families.
A synagogue was erected in 1748 and a Jewish school opened in 1827. In 1812 the
Jewish population reached a peak of 136 (total 217), thereafter declining
steadily to 42 in 1933 (total 172). Sixteen Jews are known to habe emigrated in
the Nazi era. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was
vandalized (and subsequently razed) and Jews were beaten, The last 14 were
deported to Izbica in the Lublin district (Poland) via Bamberg in April 1942.
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