Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
Zur Übersicht "Synagogen in
Unterfranken"
Gnodstadt (Stadt
Marktbreit, Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Gnodstadt bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis
1935. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts zurück.
Erstmals werden gegen Ende des 16. Jahrhunderts Juden am Ort genannt (1594:
Samuel Jud zu Gnotstatt).
1620 werden zwei Schutzjuden im Ort genannt (Abraham und Simon). 1705
gab es in Gnodstadt drei "Judenhäuser", von denen jedoch nur eines
von einem "Mann und Weib und sechs Kindern bewohnt wurde". 1753
lebten mehrere jüdische Familien in Gnodstadt.
Im 19.
Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder wie
folgt: 1808 acht jüdische Familien, 1811 47 jüdische Einwohner (6 % von 779 Einwohnern), 1867 49 (5,8 % von
842), 1871 54 (6,5 % von insgesamt 834), 1880 35 (4,1 % von
insgesamt 850), 1887 30, 1897 fünf Familien, 1899 24 jüdische Einwohner (in zehn
Haushaltungen), 1900 29 (3,7 % von 780). 1815 waren die jüdischen
Familienvorsteher: Salomon Goldstein, Jeremias Aumann, Moses Aron, Bär David
Mann, Perez, Aron Mann, Lazarus Strauß, Hirsch Altmann; 1876 waren die
jüdischen Familienvorsteher: Isaak Goldstein, Isaak Aumann, Hirsch Aumann, Aron
Aumann, Kissinger, Ascher Samuel Klein, Löb Klein, Louis Adler, Salomon Schild,
Jakob Sichel, Salomon Aumann, Aron Aumann, Leopold lein, Adolf Klein.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine
Religionsschule sowie möglicherweise ein rituelles Bad.
Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Ermetzhofen
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein
Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
Von den Lehrern werden genannt: um 1870 Lehrer Mayer Adler, um 1887/1888 Lehrer
S. Adler.
Auf Grund der geringen Zahl der jüdischen Familien in Gnodstadt übernahm
spätestens seit etwa 1895 meistens der Lehrer einer Nachbargemeinde den Unterricht in Gnodstadt (1895/1901
nach dem Statistischen Handbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes Lehrer
B. Wechsler aus Obernbreit; 1897
unterrichtete er vier Kinder in Gnodstadt; vgl. unten Ausschreibung der Stelle in Obernbreit
- zugleich für Gnodstadt). Im Handbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes
1897 wird Gnodstadt der jüdischen Gemeinde Obernbreit zugeteilt.
Die Gemeinde gehörte von 1838 bis 1880
zum Distriktsrabbinat Welbhausen, danach zum Distriktsrabbinat
Ansbach (1887/1889 nach dem Statistischen
Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes), schließlich zu
Kitzingen.
Von den Gemeindevorstehern wird genannt: um 1887/1888 C. Klein, um
1893/1897 A. Aumann.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde: Unteroffizier
Gustav Klein (geb. 11.4.1915 in Gnodstadt, gef. 11.4.1915). Sein Name steht auf
dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege aus Gnodstadt neben der
evangelischen Kirche des Ortes.
Um 1924, als noch 12 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden
(1,5 % von 800 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde L. Adler. 1932 wurde die
Gemeinde aufgelöst (endgültig 1935, siehe unten). Die hier noch lebenden jüdischen Familien wurden der
Gemeinde in Marktbreit zugeteilt.
1933 lebten noch sechs jüdische Personen am Ort. Von ihnen verzogen zwei im
Juni 1933 nach Hörstein, einer wanderte nach Palästina aus. Von den drei
letzten jüdischen Bewohnern wanderte ein weiterer im Juli 1937 nach Palästina
aus, zwei verzogen im Mai 1938 nach Marktbreit.
Von den in Gnodstadt geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bernhard Adler (1869,
siehe unten), Fanny Aumann (1901), Therese
Aumann (1882), Cilly Baumann geb. Adler (1852), Dina Frank geb. Klein (1869),
Hilde Hellmann geb. Klein (1888), Felix Klein (1877), Sigmund Klein (1865), Flora
Liebenstein geb. Klein (1887), Elise Meier geb. Klein (1856), Lina (Minna)
Rothschild geb. Aumann (1890), Jeanette Scharlach geb. Kissinger (1905), Frieda
Stein geb. Klein (1884), Flora Wertheim geb. Klein (1875).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Hinweis auf Lehrer Mayer Adler und
seinen Sohn Bernhard Adler
Lehrer Mayer Adler war um 1869 Lehrer in der jüdischen
Gemeinde Gnodstadt. Er war verheiratet mit Hanna geb. Neumann. Sein Sohn, der
spätere Lehrer Bernhard Adler ist am 7. November 1869 in Gnodstadt geboren. Er
studierte an der Würzburger Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt, wo er 1888 sein Examen machte. Kurz danach kam er als
Lehrer nach Schwäbisch Gmünd. 1895
wechselte er nach Schweinfurt, wo er sich zwei Jahre später mit Elise geb.
Ledermann (geb. 1872 in Oberlauringen)
verheiratete. Das Paar bekam zwei Söhne (Max 1898, Willy 1904). 1921 erkrankte
Bernhard Adler und war für einige Zeit in der Heil-
und Pflegeanstalt Lohr. Er zog aus seiner Dienstwohnung aus und kehrte erst
1930 nach Schweinfurt zurück. Im September 1942 wurden Bernhard Adler und seine
Frau in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 27. März 1943 umgekommen
ist, seine Frau am 24. Mai 1943. Die beiden Söhne konnten emigrieren.
Quelle:
Biographische Datenbank Jüdisches Unterfranken.
zu Max Adler (1898-1984):
https://www.geni.com/people/Max-Adler/6000000001724428896
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Vorbeters
und Schochet (1901)
Die Ausschreibung erfolgte gemeinsam mit der Nachbargemeine
Obernbreit.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. November 1901:
"Die Religionslehrer- Chasan- und Schochetstelle in Obernbreit
(Unterfranken), verbunden mit Gnodstadt, ist sofort zu besetzen.
Jährliches Einkommen ca. Mark 1.100 nebst freier Wohnung. Meldungen
erbeten an
J. Sänger, Obernbreit,
Kultusvorstand." |
Dem "Schuldienst-Exspektanten" Nathan
Friedenhain in Werneck wird die Religionslehrer- und Vorsängerstelle in
Gnodstadt übertragen (1867)
Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von
Unterfranken und Aschaffenburg" vom 6. November 1867:
"Durch Regierungs-Entschließung vom 31. Oktober laufenden Jahres ad
Nr. 40707 ist die von der israelitischen Kultusgemeinde Gnodstadt,
königlichen Bezirksamts Ochsenfurt, beschlossene Übertragung ihrer
Religionslehrer- und Vorsängerstelle an den israelitischen
Schuldienst-Exspektanten Nathan Friedenhain in Werneck,
königlichen Bezirksamts Schweinfurt, genehmigt
worden." |
Aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Hinweis auf den Arzt Dr. Johannes
Dingfelder in Gnodstadt (1867-1945)
Anmerkung: Dr. Johannes Dingfelder (geb. 1867 in Lipprichhausen, gest. 1945)
war Arzt und völkischer Politiker. Er war als Arzt in Mittel- und Unterfranken,
um 1898 in Gnodstadt tätig. 1899 gründete er eine antisemitisch ausgerichtete
Partei. Später betätigte er sich im antisemitischen Reichshammerbund. Bekannt
wurde er als Hauptredner für die erste Massenveranstaltung der "Deutschen
Arbeiterpartei" (DAP) im Februar 1920, auf der von Adolf Hitler im Anschluss an
die Rede Dingfelders das Programm für die neu zu grundende NSDAP vor. In den
folgenden Jahren war Dingfelder bei der alljährlichen Parteigründungsfeier im
Hofbräuhaus von Hitler stets eigens begrüßter Ehrengast: Wikipedia-Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Dingfelder
In den nachstehenden Artikel aus dem "Deutschen Reich" wird über Dingfelder 1898
als "antisemitischer Reichstagskandidat Dr. Dingfelder in Gnodstadt" berichtet.
|
|
|
Artikel "Im Deutschen
Reich" 1808 Heft 4 S. 225 |
Artikel "Im Deutschen
Reich" 1898 Heft 5 S. 266 |
Artikel "Im Deutschen
Reich" 1898 Heft 6 S. 332 |
Antisemitische Hetze in "Der
Stürmer"
Anmerkung: in der NS-Propagandaschrift "Der Stürmer" wurde regelmäßig Hetze
gegen einzelne jüdische Personen betrieben. Ein Unfall des jüdischen
Gemeindegliedes Adler aus Gnodstadt wurde im "Stürmer" vom 22. Mai 1928 unter
der Überschrift darstellt: "Der totgefahrene Nichtjude. Wie Jud Adler aus
Gnodstadt den jungen Berkmann ums Leben brachte".
"Aus völkischen Zeitungen
zwanzig Überschriften" Artikel in den jüdischen Periodika:
"CV-Zeitung"
(Zeitschrift des Centralvereins") vom
12. Oktober 1928 und in "Die Wahrheit"
vom 16. November 1928 |
|
|
Die Auflösung der jüdischen Gemeinde Gnodstadt zum 1.
Januar 1935
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 1. Januar 1935:
"Bekanntmachung über Auflösung der Kultusgemeinden Gnodstadt,
Kleinerdlingen und Oberwaldbehrungen.
Der Rat des Verbandes hat in seiner
Sitzung vom 9. Dezember 1934 nach Anhörung der zuständigen
Bezirksrabbinate auf Grund des $ 28 der Verbandsverfassung beschlossen:
1. Bei den Kultusgemeinden Gnodstadt, Kleinerdlingen und
Oberwaldbehrungen
sind die Voraussetzungen dafür gegeben, dass diese Kultusgemeinden als
aufgelöst anzusehen sind.
2. Die Auflösung der Kultusgemeinden Gnodstadt, Kleinerdlingen und
Oberwaldbehrungen wird als eingetreten erklärt.
Dieser Beschluss wird hiermit öffentlich bekannt gemacht unter Hinweis
auf § 28 der Verbandsverfassung, laut welchem gegen den Beschluss jedem
Gemeindemitglied binnen einer Frist von einem Monat nach dieser
Bekanntmachung die Beschwerde zum Landesschiedsgericht des Verbandes
zusteht. Die Beschwerdefrist beginnt mit Veröffentlichung dieser
Bekanntmachung.
München, den 21. Dezember 1934. Verband Bayerischer Israelitischer
Gemeinden. Dr. Neumeyer". |
Zur Geschichte der Synagoge
1810 kaufte die Judenschaft von Gnodstadt das Haus Nr.
128, in dem eine Synagoge eingerichtet wurde. Im Gebäude waren ein Betraum für
Männer, ein Betraum für Frauen, daneben ein kleiner Waschraum, und eine
Lehrerwohnung. Das Gebäude wurde im März 1936 an Privatleute verkauft und wird
seitdem als Wohnhaus genutzt. Eine Gedenktafel am Gebäude weist auf seine
Geschichte hin.
Adresse/Standort der Synagoge:
Schulgartenweg 1
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 12.5.2006)
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 304. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 60. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 442. |
| Karl Ernst Stimpfig: Die
Landjuden im Raum Uffenheim. Dokumentation jüdischen Lebens in den
Kultusgemeinden Ermetzhofen, Gnodstadt, Welbhausen und Uffenheim mit der
Geschichte des Rabbinats Welbhausen. 261 S. o.J. (um 1991).
|
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008: keine Angaben zu Gnodstadt. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Gnodstadt Lower Franconia.
Jews are first mentioned in the late 16th century and maintained a continous
presence from the early 18th century, numbering 54 in 1871 (total 834) and six
in 1933. All left by 1938.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|