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Haßfurt (Kreis
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Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem in früheren
Jahrhunderten (bis 1803) zum Hochstift Würzburg gehörenden Haßfurt, das seit
der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Stadt genannt wird, gab es jüdische
Niederlassungen bereits im Mittelalter. Im Zusammenhang mit Berichten über
die Judenverfolgungen 1298 ("Rindfleisch-Verfolgung")
und 1348/49 (Pestzeit) wird Haßfurt als Ort genannt, wo Juden umgekommen
sind. Im 15. Jahrhundert, als Haßfurt einen großen Aufschwung nahm
(1482: 345 Häuser) lebten jüdische Familien vermutlich in der "Judengasse",
die westlich der Brückengasse an der Stadtmauer lag. Nach der Verfolgung in der
Pestzeit sind erstmals 1414 wieder Juden in der Stadt nachweisbar,
bereits zuvor (1388) wird eine Jude "von Haßfurt" in Miltenberg
genannt. 1449 war der Würzburger Bischof Gottfried von Limburg bei drei Juden
in Haßfurt mit 80 Gulden verschuldet. 1450 wurden die Juden aus dem
Hochstift Würzburg und damit auch aus Haßfurt vertrieben (erneute Vertreibung
der in der Folgezeit wieder zugezogenen oder gebliebenen Juden 1560). Die
Schulden bei den Juden wurden 1453 durch eine Verordnung Bischof
Gottfrieds von Limburg annulliert.
Auch im 17./18. Jahrhundert lebten einzelne jüdische Personen/Familien
in der Stadt, wobei es nicht zur Gründung einer Gemeinde kam.
Erst im 19. Jahrhundert vergrößerte sich die Zahl der jüdischen
Einwohner so, dass eine Gemeinde gegründet werden konnte: 1814 22 jüdische
Einwohner (1,4 % von insgesamt 1.602 Einwohnern), 1837 45 (2,4 % von 1.880),
1867 48 (2,1 % von 2.325), 1871 61 (2,5 % von 2.428), 1890 84 (3,3 % von 2.570),
1900 80 (3,2 % von 2.490), 1910 Höchstzahl von 125 (4,4 % von 2.811).
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden für Haßfurt auf
insgesamt sechs Matrikelstellen die folgenden Familienvorstände genannt
(mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Israel Jacob Heßlein (Wein- und
Spezereihandel), Seligmann Jacob Heßlein (Wein- und Spezereihandel), Moises
Salomon Lonnerstädter (Vieh- und Weinhandel), Joseph Peretz Neubauer
(Warenhandel mit Tuch und Schnitt), Seligmann Peritz Dessauer (Viehhandel),
Jakob Salomon Friedmann (Warenhandel). Ohne Matrikelstelle blieb Salomon
Lonnerstädter (Privatlehrer).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde seit der 2. Hälfte des 18.
Jahrhunderts einen Betsaal, seit 1888 eine Synagoge (s.u.) sowie eine
Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen
Friedhof in Kleinsteinach beigesetzt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war seit der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war. Auch 1817 wird mit Salomon Lonnerstädter
bereits ein "Privatlehrer" am Ort genannt (s.o.). Seit den
1860er-Jahren kam es zu einem mehrfachen Wechsel der Lehrer, die jeweils nur für
wenige Jahre in der Stadt blieben; um 1870 war Rabbiner Dr. Samuel Haymann
Schüler einige Zeit als Lehrer und Vorbeter in Haßfurt (Informationen zu ihm
auf der Seite zu Autenhausen); von 1879
bis 1886 war Lehrer Salomon Eisemann in der Gemeinde (Informationen zu
ihm und seiner Familie auf der Seite zu
Westheim bei Hammelburg), sein Nachfolger war seit 1886 Lehrer Moritz
Hammelburger, der danach über 40 Jahre lang eine hoch anerkannte und
beliebte jüdische Persönlichkeit in der Stadt war und die jüdische Gemeinde
in dieser Zeit stark geprägt hat. Moritz Hammelburger unterrichtete auch die jüdischen
Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums (Schuljahre 1925/26 und 1926/27 Robert
Engelhardt, Hermann Rosenthal und Friedel Rosenthal). Nach dem Tod Hammelburgers
war war seit 1928 Lothar Stein jüdischer Lehrer. Das Gymnasium besuchten
im Schuljahr 1932/33 Kurt Neuburger und Rudolf Roßkamm. Ab 1. September 1933
durfte Stein nicht mehr am Gymnasium unterrichten.
Kriegsteilnehmer im Krieg 1870/71 war aus der jüdischen Gemeinde Haßfurt
Emanuel Kohnstamm. Sein Name steht auf dem Denkmal für die Kriegsteilnehmer und
Gefallenen 1870/71 zwischen Postgebäude und Bahnhof. Im Ersten Weltkrieg
fielen aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Leo Luitpold Frank (geb. 25.12.1891
in Haßfurt, gef. 4.1.1915), Louis (Ludwig) Frank (geb. 20.1.1892 in Haßfurt,
gef. 20.1.1892) und Julius Silbermann (geb. 7.1.1896 in Haßfurt, gef.
15.11.1916). Ihre Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen des
Ersten Weltkrieges an der Südseite der "Ritterkapelle".
Um 1924, als zur Gemeinde 85 Personen gehörten (2,65 % von insgesamt ca.
3.200), waren die Vorsteher der Gemeinde Hermann Adler (siehe Bericht zu
seinem Tod 1935 unten) und Max Neuberger. Lehrer Moritz Hammelburger erteilte im
Schuljahr 1924/25 insgesamt zehn jüdischen Kindern den Religionsunterricht. An
jüdischen Vereinen gab es: die Chewra Kadische (Bestattungs- und
Wohltätigkeitsverein, Zweck: Unterstützung Hilfsbedürftiger), den Israelitischen
Frauenverein (1905 gegründet, 1924 unter Leitung von Rosa Lonnerstädter
mit 12 Mitgliedern, 1932 16 Mitglieder, Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung
Einheimischer). Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Schweinfurt.
1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Kommerzienrat Hermann Adler (1.
Vorsitzender) und David Goldmann (2. Vorsitzender und Schatzmeister). Im
Schuljahr 1932/33 erteilte Lehrer Lothar Stein noch neun jüdischen Kindern den
Religionsunterricht.
1933 lebten noch 91 jüdische Personen in Haßfurt (2,6 % von insgesamt
3.495 Einwohnern). Auf Grund der zunehmenden Repressalien, der Entrechtung und
der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verzogen bis Ende 1938 über 50 von
ihnen die Stadt. Im September 1935 erließ die Stadtverwaltung
verschiedene diskriminierende Maßnahmen. Darunter war die Anweisung, keine
Handelsabkommen mit den örtlichen Firmen mehr abzuschließen, die noch zu Juden
Geschäftsbeziehungen hatten. Bedürftige der Stadt, die noch gesellschaftlich
mit Juden Kontakt hielten, sollten nicht mehr finanziell unterstützt werden.
Die jüdischen Einwohner durften u.a. keine städtischen Parkbänke mehr
benutzen, auch nicht die öffentlichen Badeanstalten betreten. Jüdischen
Kindern war der Zugang zu den Spielplätzen und Jugendzentren verboten. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge völlig zerstört (s.u.), jüdische
Geschäfte und Wohnungen wurden demoliert, viele Gemeindemitglieder misshandelt
und alle jüdischen Männer verhaftet. Von den 68 jüdischen Einwohnern, die bis
1941 die Stadt verließen, konnten 34 emigrieren (zwölf in die USA, elf nach
Palästina, sieben nach England, drei nach Südafrika, einer in die Schweiz), 34
sind in andere deutsche Orte verzogen (Bamberg, Würzburg, Frankfurt). Am 22.
April 1942 wurden 16 jüdische Einwohner über Würzburg nach Izbica bei Lublin
deportiert. Die beiden letzten Gemeindemitglieder kamen im September 1942 über
Würzburg in das Ghetto Theresienstadt.
Von den in Haßfurt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Joseph
Aufsesser (1864), Babette Goldmann (1888), Julius Goldmann (1882), Louis
Goldmann (1876), Salomon Goldmann (1885), Fanny Hammelburger (1907), Ida Heimann
geb. Frank (1890), Salomon (Sally) Heimann (1885), Irma Hess geb. Silbermann
(1893), Jakob Julius Hess (1892), Siegbert Hess (1926), Nanny (Anna) Hirschberg
geb. Lonnerstädter (1874), Hedwig Koschland geb. Lonnerstädter (1890), Babette
Lonnerstädter (1877), Flora Lonnerstädter (1886), Löb Lonnerstädter (1866),
Karolina Rosenthal (1922), Jakob Lonnerstädter (1880, vgl. Kennkarte unten),
Rosa (Rosel) Lonnerstädter (1872), Siegfried Lonnerstädter (1878), Clothilde
(Klothilde) Neuburger geb. Aufsesser (1868), Hilda Neuburger geb. Sündermann
(1886), Hirsch Neuburger (1878), Paula Ottensooser geb. Braun (1898), Isa Pauson
geb. Aufsesser (1865), Cäcilie Rosenthal (1921), Jonas Rosenthal (1879),
Karoline Rosenthal (1922), Selma Rosenthal geb. Lonnerstädter (1885), Therese
(Theresia) Rosenthal (1928), Katti (Kathi) Silbermann geb. Dittmann (1864), Herz
Stein (1871), Maria (Marie) Silbermann (1897), Fanny Stein geb. Samuel (1877),
Frieda Stein geb. Willner (1906), Herz Stein (1871), Irma Stein (1892), Ruth
Lina Stein (1933), Simon Stein (1874), Bertha Wolff geb. Schloß (1890).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers/Vorbeters/Schochet 1866 / 1867 / 1871 /
1873 / 1877
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1866: "Die
israelitische Kultusgemeinde Hassfurt (in Bayern) beabsichtigt einen
Religionslehrer und Vorsänger mit einem jährlichen Gehalt von 250 Gulden
aufzunehmen. Hierauf Reflektierende wollen sich baldigst an den
Unterzeichneten wenden.
Hassfurt, 29. Januar 1866. J.M. Lonnerstädter". |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1867: "Die
Religionslehrer- und Vorsängerstelle dahier ist erledigt und soll in kürzester
Zeit wieder besetzt werden.
Jährlicher Gehalt 300 Gulden und kann ein solider, religiöser Mann auf
Nebenverdienste rechnen.
Hierauf Reflektierende wollen sich an Unterzeichneten wenden.
Hassfurt am Main, im August 1867. J.M. Lonnerstädter." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. März 1871: "Infolge Beförderung
des derzeitigen hiesigen Lehrers an eine Lehranstalt in Hamburg wird die
Religionslehrer- und Vorsängerstelle dahier bis Rosch Chodesch Ijar (gemeint: 1. Ijar 5631 = 22. April 1871)
erledigt, und soll sofort wieder besetzt werden. Jährlicher Gehalt 300
Gulden und kann ein solider, religiöser Mann auf Nebenverdienste rechnen.
Hierauf Reflektierende wollen sich baldigst an Unterzeichneten wenden.
Hassfurt am Main, im März 1871. J.M.
Lonnerstädter" |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1873: "Die
Religionslehrer- und Vorsängerstelle dahier mit einem Gehalte von 300
Gulden, dann Akzidenzien mindestens 150 Gulden, wo aber der Übernehmer für
Wohnung und Holz zu sorgen hat, und sich auch Gelegenheit zu weiterem
Nebenverdienst darbietet, ist erledigt.
Hierauf Reflektierende belieben ihre Offerten baldigst an den
Unterzeichneten zu richten.
Hassfurt am Main, 6. Januar 1873. Heßlein Lonnerstädter." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juli 1877: "Die
israelitische Religionslehrer- und Vorbeterstelle zu Hassfurt am Main
(Bayern) ist in Erledigung gekommen. Dieselbe trägt fix Mark 700 und ist
durch Ausübung der Schächterfunktion, sowie Erteilung von
Privat-Unterricht zu nicht unbedeutenden Nebenverdiensten Gelegenheit
geboten.
Offerten wolle man richten an den Kultus-Vorstand: A. Baum" |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember 1878: "Durch
Krankheit des bisherigen Lehrers wurde die Religionslehrerstelle dahier
vakant. Dieselbe trägt fix Mark 700, ausschließlich Schechita
(Schächteramt) und Nebenverdienste, die nicht unbedeutend sind, und
wollen sich Bewerber an den Unterzeichneten werden.
Hassfurt am Main, 9. Dezember 1878. A. Baum." |
Anmerkung: von 1879 bis 1886 war Lehrer
Salomon Eisemann Lehrer in Haßfurt; zu ihm und seiner Familie siehe Seite
zu Westheim bei Hammelburg, wohin
Eisemann nach seiner Zeit in Haßfurt wechselte. |
Hinweis auf den "Rabbinatsverweser" Salomon Bamberger (1861 - 1864 in
Haßfurt)
Besuch von Hauptlehrer Nathan Eschwege aus Höchberg in der Königlichen
Präparandenschule Haßfurt (1886)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1886: "Hassfurt am
Main,
29. November (1886). Seit gestern befindet sich Herr Hauptlehrer Nathan
Eschwege, Vorstand der israelitischen Präparandenschule zu
Höchberg, in
hiesiger Stadt, um die königliche Präparandenschule dahier zu besuchen
und sich mit deren Unterrichtswesen und Einrichtung vertraut zu
machen.
Wie wir hören, findet Herr Eschwege allseitig die größte Zuvorkommendheit
und freundliches Entgegenkommen.
Wir zweifeln nicht daran, dass dieser Besuch von sehr großem Nutzen für
die fernere Entwicklung der Höchberger Präparandenschule sein wird. J." |
25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Moritz Hammelburger
(1911)
Bericht in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1911: "Haßfurt, 8.
Dezember (1911). In würdiger Weise wurde in hiesiger Gemeinde das 25-jährige
Amtsjubiläum des Herrn Lehrer M. Hammelburger gefeiert. Wohl hatte der
Jubilar in seiner Bescheidenheit jede öffentliche Ehrung abgelehnt. Doch
ließ es sich die Gemeinde nicht nehmen, die Feier wenigstens im engeren
Kreise zu begehen. Herr Rabbiner Dr. Stein, Schweinfurt,
welcher auf Einladung der Gemeinde hierher gekommen war, schilderte die
vorzüglichen Eigenschaften des Jubilars, ganz besonders dessen
gute Erfolge in der Schule. Nach Schluss des Gottesdienstes trugen einige
Schüler und festlich gekleidete Schülerinnen der Feier entsprechende
Gedichte vor, unter Überreichung eines sinnigen Geschenkes. Alsdann überbrachte
Herr Hermann Adler in einer schönen und herzlichen Rede die Glückwünsche
der Gemeinde und überreicht im Namen der letzteren ein wertvolles
Geschenk. Der Jubilar dankte in bewegten Worten." |
40-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Moritz Hammelburger (1926)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1926: "Hassfurt am
Main,
25. November (1926). Am 8. November konnte Herr Lehrer Moritz Hammelburger
auf ein vierzigjähriges segensreiches Wirken innerhalb unserer Gemeinde
zurückblicken. Leider muss sich Herr Hammelburger schon seit einigen
Wochen ärztlicher Behandlung in einer Klinik in Würzburg unterziehen.
Dadurch verbot sich eine besondere Feier des Tages von selbst, die der
Jubilar in seiner anspruchslosen bescheidenen Art abgelehnt hatte. Die
Gemeinde und mit ihr seine ehemaligen Schüler, mit welchen ihn stets ein
inniges Verhältnis verband, ließen ihrem verehrten Lehrer durch die
Vorstandschaft ihre Glückwünsche und ein Ehrengeschenk darbringen, bei
welcher Gelegenheit Herr Hermann Adler den Dank der Gemeinde für die
vielen Verdienste des Jubilars um Gottesdienst und Schule in diesen vier
Dezennien zum Ausdruck brachte. Herr Distriktsrabbiner Dr. Stein, Schweinfurt
gratulierte persönlich. Auch der Stadtrat Hassfurt ehrte Herrn
Hammelburger, indem er ihn beglückwünschte und einstimmig beschloss,
eine Ehrenurkunde zu überreichen. Wir hoffen, Herrn Hammelburger nach –
Gott sei Dank – bald
erfolgender Genesung wieder in gewohnter Weise im Amt zu sehen. Möge der
allseits beliebte und geachtete Jubilar an der Seite seiner vortrefflichen
Gattin, seiner Familie und der Gemeinde fernerhin in Gesundheit und
Frische erhalten bleiben. Bis
120 Jahre!" |
Beerdigung von Lehrer Moritz Hammelburger (1927)
Bericht
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 20. Oktober 1927:
"Hassfurt.
Unter einer beispiellosen Beteiligung seitens aller Kreise der Bevölkerung
unseres Städtchens wurden heute die sterblichen Überreste unseres
teueren, unvergesslichen Lehrers Moritz Hammelburger seligen Andenkens,
der nach einem schweren ärztlichen Eingriff im Vorjahre und nach
monatelangem, schwerem Krankenlager in Würzburg, zum Schmerze seiner
Familie, seiner Gemeinde, seiner Freunde verstorben ist, zu Grabe
getragen.
Der Beerdigung in Kleinsteinach ging eine Trauerfeier in der Synagoge
in Hassfurt voraus, die einen erhebenden Verlauf nahm:
Der Gesangverein Hassfurt, mit trauerumflorter Fahne, war vollzählig in
der Synagoge erschienen und widmete dem verblichenen Mitgliede als
Einleitung der Trauerfeier und dann noch beim Abschied auf dem Wege zum
Grabe erhebenden Gesang. Herr Oberkantor Eschwege aus Würzburg sang einen
durch eine besondere Einlage mit dem Akrostichon des Verblichenen
erweiterten El mole rachamim in zu Herzen gehender Trauerweise. Es folgte die
Trauerrede des Distriktrabbiners Dr. Stein, der in Anlehnung an den Vers
aus Psalm 101: 'Meine Augen sind auf die Treuen auf Erden gerichtet,
dass sie bei mir wohnen mögen; wer in Unschuld wandelt, darf mich
bedienen', ein Bild des Wesens und Charakters dieses vortrefflichen
Lehrers und Beamten, dieses herrlichen Menschen und Jehudi entwarf, der
aus den Quellen unserer heiligen Lehre trinkend und andere daraus tränkend
zu einem Verbreiter der Tora wurde, wie selten einer, der in strenger
Pflichterfüllung auf allen Sparten seiner Wirksamkeit dem Ideale
zustrebte. Ausdrücklich lehnte es der Redner ab, ein Lebensbild zu
entwerfen, weil dasselbe mit der Aufrollung der Geschichte der
Kultusgemeinde Hassfurt während 41 Jahren identisch gewesen wäre und
dazu der Rahmen der Betrachtung und der gegebenen Zeit nicht ausreicht.
Wohl aber wies er darauf hin, dass Hammelburger nicht nur in Hassfurt als
Religionslehrer, Schochet und Vorbeter wirkte, sondern auch in Zeil,
Ebelsbach,
Wonfurth,
Obereuerheim, während des Krieges auch in
Schonungen, dass er lange Jahre an den Mittelschulen in Haßfurt den
Religionsunterricht und den Schreibunterricht erteilte, als Leiter von
Handelskursen und kaufmännischer Wissenschaft auch der weiteren Öffentlichkeit
diente. Herr Siegfried Lonnerstädter, als zweiter Kultusvorstand, brachte
die Gefühle des Dankes und der Verehrung und das Gelöbnis dauernden
Gedenkens der Gemeinde zum Ausdruck. Mit warmen Worten dankte der Rektor
der Realschule für die der früheren Lateinschule und jetzigen Realschule
geleisteten Dienste. Die Gefühle des Israelitischen bayerischen
Lehrervereins brachte Herr Lehrer Hellmann (Würzburg) zum Ausdruck. Der
Vorstand des Gesangvereins gelobte im Namen seiner Sangesbrüder dem
Verblichenen ein ehrendes Andenken.
Am Grabe in Kleinsteinach
verbreitete sich der Distriktsrabbiner noch in warmen Worten über das
herrliche Familienleben und legte dar, wie seiner Tränensaat in der
Familie, in der Schule, in der Gemeinde eine herrliche´, freudige Ernte
entsprossen ist. Mit tiefer Wehmut nahmen wir von dem frischen Grabhügel
Abschied, der die irdische Hülle eines seltenen Mannes birgt, der für
die Ewigkeit gearbeitet hat, bei dem Gottesfurcht und Toratreue in idealer
Verbindung für die Gesamtheit glückliche Erfolge erzielt hat. |
Derselbe Artikel erschien in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1927. |
Ergänzende
Mitteilung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung"
vom 20. Oktober 1927 unter den Mitteilungen des Lehrervereins:
"Nach langem, schwerem Leiden starb Moritz Hammelburger in Würzburg
und wurde in Haßfurt, wo er viele Jahre in vorbildlicher Weise gewirkt,
betrauert von seiner Familie, seiner Gemeinde und seinen Schülern, zu
Grabe getragen. Kollege Hellmann brachte die Trauer des Lehrervereins, dem
der Verblichene seit 1890 als eifriges Mitglied angehörte, zum
Ausdruck." |
|
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 20.
Oktober 1927: "S. Nordheimer (Fürth), I. Lübeck (Fürth), Moritz
Hammelburger (Haßfurt).
Das vergangene Jahr hat uns viele treue Kollegen und Freunde durch den Tod
entrissen. Mit den Familienangehörigen und den Gemeinden trauern wir um
den Verlust...
Nach langem, schwerem Leiden starb Moritz Hammelburger in Würzburg
und wurde in Haßfurt, wo er viele Jahre in vorbildlicher Weise
gewirkt, betrauert von seiner Familie, seiner Gemeinde und seinen
Schülern, zu Grabe getragen. Kollege Hellmann brachte die Trauer des
Lehrervereins, dem der Verblichene seit 1890 als eifriges Mitglied
angehörte, zum Ausdruck.
Die Namen der toten Freunde seien eingeschrieben in das Buch lebender
Erinnerung. Wir werden ihr Andenken in Ehren halten. S.
Dingfelder". |
Ausschreibung der Lehrerstelle nach dem Tod von Moritz Hammelburger (1927)
|
|
|
Anzeigen in der
"Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 11. November
1927 und der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November 1928:
"Durch das Ableben unseres bewährten und hoch verehrten Lehrers, des
Herrn M. Hammelburger s.A., der mehr als vier Jahrzehnte in voller
Harmonie mit der Gemeinde hier wirkte, ist die Stelle des Religionslehrers,
Vorbeters und Schochets hier frei geworden. Der Inhaber der Stelle
wird auch den Religionsunterricht und voraussichtlich, wie bisher, auch
den Schreibunterricht an der hiesigen Mittelschule übertragen erhalten.
Bei entsprechender Eignung ist eventuell die Möglichkeit weiterer
Verwendung nicht ausgeschlossen. Gehalt, Pensions- und Reliktenansprüche
richten sich nach den Bestimmungen des Verbandes Bayerischer
Israelitischer Gemeinden. Geeignete gesetzestreue Bewerber wollen sich
unter Vorlage beglaubigter Zeugnisabschriften und eines Lichtbildes bis
zum 1. Dezember dieses Jahres bei dem Unterzeichneten melden.
Haßfurt, den 1. November 1927. Die Israelitische Kultus-Verwaltung.
Hermann Adler." |
Neubesetzung der Religionslehrerstelle mit Lothar Stein (1928)
Meldung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai
1928: "Die Religionslehrerstelle Haßfurt wurde dem Lehrer
Lothar Stein, bisher in Baisingen (Württemberg), die
Religionslehrerstelle Aub dem Lehrer
Kammenmacher übertragen." |
Allgemeine
Mitteilungen zur Geschichte der Gemeinde
Antisemitische Regungen in Haßfurt (1893)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1893: "Hassfurt, 6.
November (1893). Das heutige ‚Haßfurter Tagblatt' enthält folgendes
Inserat:
Es ist mehrfach die Ansicht verbreitet worden, als sei der Magistrat in
der Lage gewesen, die antisemitische Versammlung zu verbieten und habe
durch Unterlassung dieses Verbotes der antisemitischen Sache Vorschub
geleistet.
Gegen diese Ausstreuung wird entschieden protestiert, da der Magistrat
Hassfurt sowohl als die ganze christliche Bevölkerung der Stadt stets
Frieden und Einigkeit mit ihren israelitischen Mitbürgern gehalten hat
und die jetzige Aufregung bedauert. Ein Verbot der Versammlung aber war
nach dem Vereinsgesetz ganz unmöglich. Der Magistrat hält es für seine
Pflicht, dies zu veröffentlichen und gibt sich der Hoffnung hin, dass das
frühere gute Einvernehmen wieder hergestellt wird.
Hassfurt, den 6. November 1893: "Der Stadtmagistrat: Buhlheller, Bürgermeister, Scholl, Bauernschmitt, Jüngling, Wörtmann,
Hofmann, Magistratsräte. |
Aus der NS-Zeit - Artikel von 1935 über Vorschriften gegen die jüdischen
Einwohner
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1935: "Der Stadtrat von
Hassfurt hat, nach der ‚Mainfränkischen Zeitung' u.a. beschlossen,
Geschäftsleute, die mit Juden in geschäftlicher Verbindung stehen, von
jeder städtischen Lieferung auszuschließen. Volksgenossen, die mit Juden
irgendwie verkehren, könnten auf Unterstützung durch die NSV nicht mehr
rechnen und werden auch vom Winterhilfswerk ausgeschlossen. Den Juden ist
das Betreten der öffentlichen Badeplätze verboten, ebenso das
Zusammenstehen auf den Schweinmärkten. Den Judenkindern ist der Besuch
der Kinderbewahranstalt versagt. In dem Bericht heißt es, es sei angeregt
worden, Juden bei den Übungen der Pflichtfeuerwehr gesondert antreten zu
lassen und in der Promenade mit Plakaten den Juden das Benützen der Bänke
zu verbieten." |
Schreiben des Bürgermeisteramtes
Haßfurt an die Gestapo 6. Juni 1942 |
Schreiben
des Bürgermeister der Stadt Hassfurt vom 6. Juni 1942 an die Geheime
Staatspolizei – Staatsdienststelle Nürnberg-Fürth. Außendienststelle
Würzburg 1. Postfach betreffs Rückgabe von Steuerkarten: "Ich bestätige
den Empfang von 5 Steuerkarten für nach dem Osten ausgewanderte Juden.
Die Karten wurden mit Schreiben vom 4.6.1942 BNr. – II B 4 – 3196/42
– übersandt. Der kommissarische Bürgermeister." |
Berichte
/ Anzeigen zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod der früh verstorbenen E. Adler
(1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1890:
"Haßfurt. Vor wenigen Tagen - am 2. Tag im Monat Elul (d.i. 18. August
1890) - hauchte dahier eine edle Frau ihre reine Seele aus. - Frau E.
Adler, eine Zierde unter den Weibern, eine gute Seele im wahren Sinne des
Wortes, ist aus unserer Mitte geschieden und in ein höheres Leben der
Freude eingegangen, uns aber hat sie in Trauer zurückgelassen.
Ja, eine schwere Trauer ist es zunächst für die hinterbliebene Mutter,
die in der Nähe der lieben, treu besorgten Tochter ihren Lebensabend
heiter und sorgenfrei zu verbringen gedachte; ein unersetzlicher Verlust
ist es für den tief gebeugten Gatten, dem der bittere Tod die beste
Stütze und Beraterin des Lebens, die liebevolle Gefährtin geraubt, die
ihm das Haus zu einem Freudentempel gestaltete und auf deren Tätigkeit
die Worte 'ein kluge Frau baut ihr Haus' (Sprüche 14,1) voll und
ganz anzuwenden waren. Ein schwerer Schlag ist es ferner für die beiden
Söhne, an welchen die Entschlafene mit besonderer Zärtlichkeit
hing und die nun von keinem treuen Mutterauge mehr bewacht werden.
Aber auch weit über das Trauerhaus erstreckt sich die Trauer; in die
Tränen der Mutter, des Gatten und der Kinder mischen sich die zahlreichen
Freunde und Freundinnen, die sich die Entschlafene durch ihr freundliches,
gefälliges Wesen erworben; es mischen sich unter die Tränen der
Verwandten die vieler Armen, welche von der Mildtätigkeit der
Geschiedenen Unterhalt und Trost empfingen.
Er trocknet nun diese Tränen? Wer lindert den Schmerz der bekümmerten
Mutter, des tief betrübten Gatten? Wer tröstet das trauernde Herz der
Kinder? Wer bringt Hoffnung in das Gemüt aller derer, die die
Entschlafene schätzten und nun schmerzlich vermissen? Zunächst der
Allgütige, von dem es heißt: 'er verwundet und verbindet; er schlägt
und seine Hände heilen' (Hiob 5,18); ferner das Bewusstsein,
dass diejenige, um welche wir Leid tragen, in Ewigkeit
fortlebt." |
Zum Tod von Seligmann Lonnerstädter (1891)
Bericht in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1891: "Hassfurt. Am 17.
Elul (= 20. September 1891) wurde unsere kleine Gemeinde von einem schweren Verluste
betroffen,
indem der unerbittliche Tod ihr eines der würdigsten Mitglieder geraubt
hat. Herr Seligmann Lonnerstädter weilt nicht mehr unter uns; Gott hat
seinen treuen Diener zu sich genommen. Mit der Verstorbenen ist ein edler
Mensch, der jedem frommen Jehudi als leuchtendes Muster dienen kann, aus
dem Leben geschieden.
Einem ehrwürdigen, frommen Hause entstammend, wurde der Entschlafene
schon frühzeitig angehalten, in den Geist unserer heiligen Tora sich
einzuleben, und er war von demselben so durchdrungen, dass sein ganzes
Dasein auf dieser Welt sich zu einem fortgesetzten Gottesdienst
gestaltete. Wahre ungeheuchelte Frömmigkeit, gepaart mit innigem
Gottvertrauen, das ihn in allen Lagen des Lebens aufrechterhielt, bildeten
die Grundzüge seines Charakters. Er war ein Pedant
in der Erfüllung der Gebote in des (hebräischen) Wortes
vollster Bedeutung.
Im Familienleben verstand es der Verklärte, sein haus zu einem Tempel
ehelichen Glückes zu gestalten.
Sein Bestreben war unablässig darauf gerichtet, seine Kinder zu
rechtschaffenen nützlichen Gliedern der menschlichen Gesellschaft und
echten Jehudim heranzubilden. Mit gleicher Bereitwilligkeit, wie sich und
den Seinigen, diente der Entschlafene auch anderen mit seiner Einsicht und
Erfahrung. Aus der Nähe und Ferne wurde sein Rat in den verschiedensten
Angelegenheiten des Lebens verlangt und gegeben. Dabei waren ihm im hohen
Grade die väterlichen Tugenden der Wohltätigkeit und Gastfreundschaft
eigen. … Möge Gott den Hinterbliebenen beistehen und ihnen in ihrem
schweren Verluste Trost gewähren." |
Zum Tod von Heßlein Lonnerstädter (1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. November 1924:
"Haßfurt am Main, 29. Oktober (1924). Am ersten Tag des neuen
Jahres '85 (gemeint des Jahres 5685, 1. Tag war 29. September 1924)
ist einer unserer Besten, Heßlein Lonnerstädter, der würdigste
Vertreter des alten Stammhauses, von uns gegangen. Trotzdem sein Ableben
nicht unerwartet eintrat, löste die Kunde von seinem Hinscheiden die
größte Erregung aus, als sie während dem Mussafgebet, welches er
selbst eine Reihe von Jahren mit Andacht und Hingebung vorzutragen
pflegte, in der Synagoge vernommen wurde. Die Gemeinde verlor in ihm das
älteste und verdienstvollste ihrer Mitglieder; denn Heßlein
Lonnerstädter - er ruhe in Frieden - war beliebt, geehrt und
geachtet; sein Ruf als echter Jehudi von streng rechtlicher
Gesinnung und rührender Bescheidenheit drang weit über die Grenzen
seiner Vaterstadt. Von äußerster Anspruchslosigkeit für seine Person,
übte er in der ihm eigenen bezwingenden Liebenswürdigkeit die
weitestgehende Gastfreundschaft gegenüber Fremden, für die sein
friedliches Haus jederzeit offen stand. Als treubesorgter Vater war sein
Hauptaugenmerk darauf gerichtet, seinen Kindern hohe Begriffe von
Sittlichkeit und Tugend zu vermitteln und sie zu guten jüdischen Menschen
zu erziehen, welche die Familientraditionen, die er so treulich gehütet
hat, weiter zu verpflanzen, berufen sein sollen. Er selbst aber war einer,
der der Erfüllung der Gebot nachstrebte und einer der die
Zeiten für die Tora festsetzte, die er ohne Mühe und Geldopfer zu
scheuen, stets in Tüchtigkeit und Liebe auszuführen suchte. So
gestaltete er sein Heim, unterstützt von seiner gleichgesinnten Gattin,
mit der ihn eine fast 50jährige ungetrübte Ehe verband, zu einem kleinen
Heiligtum. Welcher Beliebtheit sich Heßlein Lonnerstädter - das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen - auch bei der christlichen
Bürgerschaft erfreute, bekundeten die zahlreichen Beileidsäußerungen
von nah und fern. Die überaus starke Beteiligung am Leichenzuge, sowie
die tief empfundenen, schmerzdurchdrungenen Worte des Herrn
Distriktsrabbiner Dr. Stein gestaltete die Beerdigung zu einer imposanten
Trauerkundgebung. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1924: "Kleinsteinach,
18. November (1924). Aus Kleinsteinach wird uns geschrieben: In dankbarer
Erinnerung an sein hingebungsvolles Wirken in der Chewra Kadischa
gedenken wir des Heimganges unseres langjährigen Mitgliedes, Herrn
Heßlein Lonnerstädter, Haßfurt. Er übte Barmherzigkeit stets mit
mustergültiger Gewissenhaftigkeit und Hilfsbereitschaft. Im 74. Lebensjahre
beendete er seine Laufbahn hienieden.
An der Bahre fand Herr Lehrer Hammelburger, Haßfurt, Worte des Abschiedes
von einer innigen Wehmut, wie sie nur der Schmerz ob des Hinscheidens
eines schwer zu missenden herzlichen Freundes hervorzubringen imstande
ist. Nachdem er die glänzenden Eigenschaften und die Größe des
Verlustes, der nicht nur die Familie, sondern auch die Gesamtheit
betroffen hat, in treffender Weise geschildert hatte, nahm unser
altehrwürdiges Beit Hachajim (Friedhof) die irdischen Reste dieses
aufrechten Mannes auf." |
Max Neuberger in Haßfurt ist Kassierer des Bundes
gesetzestreuer israelitischer Gemeinden Bayerns (1925)
Anmerkung: Max Neuberger (geb. 1877 in Haßfurt, gest. 1931) war verheiratet
mit Bertha geb. Hiller. Ihre Kinder waren: Prof. Albert Neuberger, Atara
(Gretel) Tzofar (1912 Haßfurt - 1988 Israel) und Herman Neuberger (siehe
unten).
Zur Familie bei geni.com: https://www.geni.com/people/Max-Neuberger/388468578620001324
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. März 1925: "Bund gesetzestreuer
israelitischer Gemeinden Bayerns. München, 22. März (1925). Der Bund
gesetzestreuer jüdischer Kultusgemeinden Bayerns versendet nächster Tage
an seine Mitgliedsgemeinden und an seine Einzelmitglieder die schriftliche
Bitte um Einzahlung des Mitgliedsbeitrages. Seit dem Jahre 1922 sind Beiträge
nicht erhoben worden. Die Ziele, welche sich der Bund in Bayern gesteckt
hat und deren Erreichung den kleineren und mittleren Kultusgemeinden
unmittelbar zugute kommen sollen, bringen der jüdischen Allgemeinheit
mittelbar Segen, da die Hebung des jüdischen Niveaus gerade auf kleinen
Plätzen, was einer nähere Auseinandersetzung und Begründung nicht
bedarf, mehr wie je Aufgabe der jüdischen Gesamtheit ist.
Jeder Jude kann dem Bunde als Mitglied beitreten, jeder bayerische Jude
soll ihm beitreten. Je größer die Anzahl der Mitglieder ist, je größer
die Beiträge sind und je rascher sie bezahlt werden, desto ausgiebiger können
die Leistungen des Bundes sein.
Kassierer ist Herr Max Neuberger,
Hassfurt. Zahlungen werden am besten an die Bezirkssparkasse Hassfurt
zu Gunsten des Kontos des Bundes gesetzestreuer jüdischer Gemeinden
Bayerns gerichtet. (Postscheckkonto Nr. 7168 Nürnberg)." |
Geburtsanzeige für Hans Gert Adler (geb.
1930)
Anzeige
in der CV-(Centralvereins-)Zeitung vom 14. November 1930: "Hans
Gert.
Die glückliche Geburt eines kräftigen Jungen zeigen in dankbarer Freude
an:
Herbert Adler und Frau Lisl geb. Dietenhöfer.
Hassfurt, 8. November
1930, zurzeit Nathansstift, Fürth in Bayern". |
Zum Tod von Jette Schloß (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. April 1934:
"Haßfurt am Main, 29. März (1934). Frau Jette Schloß
ist im 83. Lebensjahr zur letzten Ruhe bestattet worden. Noch bis ins hohe
Alter war sie körperlich und geistig frisch, als ein Unglücksfall, dem
ein schweres Krankenlager folgte, ihrem inhaltsreichen Leben ein Ziel
setzte. Mit Geduld und Gottergebenheit hat sie die letzten Monate ihres
Leidens getragen, umhegt von den sorgenden Händen liebevoller Kinder.
Stets von freundlichem Wesen, beseelt von echtjüdischem Sinn, verband sowie
mit ihren Kindern ein selten inniges Familienleben und selten wohl wurde
einer Mutter mit solcher Hochachtung und Kindesliebe gedacht. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Gedicht von Cäcilie Rosenthal zum Chanukkafest (1934)
Anmerkung: Cäcilie Rosenthal, geb. am 14. Mai 1921 in Haßfurt als Tochter
von Jonas (Jonathan) Rosenthal und der Selma geb. Lonnerstädter, ist nach der
Deportation am 21. April 1942 (Würzburg - Izbica)
umgekommen.
Beitrag in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November 1934:
"Kinder dachten...
Bald wieder klingt das Moaus zur ... Fröhlich in unserm
Kreise,
Noch ein kleines Weilchen nur, Dann erschallt die alte
Weise.
Das schöne Fest, Chanukka Durchbricht des Alltags
Sorgen.
Das Lichterfest ist wieder da, Was kümmert uns das
Morgen?
Der Gott, der einst unsern Ahnen Erringen half die große
Schlacht,
Er lenkt auch uns mit seiner großen Macht. Scheint uns die Zeit
auch noch so trüb.
Gott schickt sie nur zu unserm Segen, Denn Gott hat sein Volk Israel
lieb,
An seinem Schicksal ist ihm gelegen. Jeder Chanukka ruft dir
zu,
Daß Gott dich schützt vor allen Gefahren Gib deinem müden Herzen
Ruh',
Denn der Ewige wird stets dich bewahren.
Cäcilie Rosenthal, Haßfurt am Main, 13 Jahre alt." |
Zum Tod von Kommerzienrat Hermann Adler (1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1935: "Haßfurt
am Main, 25. März (1935). Nach längerem Leiden verstarb hier
Kommerzienrat Hermann Adler und wurde am Sonntag, den 24. März unter
großer Beteiligung der nichtjüdischen und jüdischen Bevölkerung
bestattet. Am Trauerhaus schilderte Bezirksrabbiner Dr. Köhler, Schweinfurt
das Lebenswerk und die Persönlichkeit des Heimgegangenen. Er war, so
führte der Rabbiner aus, nicht nur der königliche und ehrliche Kaufmann,
sondern auch der allen hilfreiche Mensch und der bewusste Jude. So wirkte
er mit im Handelsgremium und war Mitgründer und Vorstand zahlreicher
karitativer Vereine, wie des örtlichen Mittelschulvereins und
dergleichen. Mit größtem Eifer stellte er jedoch seiner Gemeinschaft
seine wertvollen Kräfte zur Verfügung. Ein Vierteljahrhundert leitete er
die Gemeinde und blieb Ehrenvorstand. Er war Mitglied des
Bezirksausschusses des Rabbinates und verwaltete das Amt des
Bezirkskassierers mit Umsicht und Liebe. Er war Mitglied des Verbandes
Bayerischer Israelitischer Gemeinden und betätigte sich amtlich und
persönlich an allen kulturellen und geistigen Aufgaben des Judentums. Der
Rabbiner brachte den Dank der Israelitischen Kultusgemeinde Haßfurt und
des Bezirksausschusses dem Scheidenden entgegen und außerdem im
besonderen Auftrage des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden in München. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
|
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
April 1935: "Haßfurt am Main. Nach längerem Leiden verstarb
hier Kommerzienrat Hermann Adler und wurde am Sonntag, 24. März unter
großer Beteiligung bestattet. Am Trauerhaus schilderte Bezirksrabbiner
Dr. Köhler (Schweinfurt) das Lebenswerk und die Persönlichkeit des
Heimgegangenen. Er war, so führte der Rabbiner aus, nicht nur der
königliche und ehrliche Kaufmann, sondern auch der allen hilfreiche
Mensch und der bewusste Jude. Ein Vierteljahrhundert leitete er die
Gemeinde und blieb Ehrenvorstand. Er war Mitglied der Tagung des Verbandes
Bayerischer Israelitischer Gemeinden und betätigte sich amtlich und
persönlich an allen kulturellen Aufgaben des Judentums. Der Rabbiner
dankte namens der Kultusgemeinde Haßfurt und des Bezirksausschusses dem Scheidenden
und überbrachte im besonderen Auftrage des Verbandes Bayerischer
Israelitischer Gemeinden in München und dessen Präsidenten, Herrn
Oberlandesgerichtsrat Dr. Neumeyer, Teilnahme und Anerkennung. Mit
Kommerzienrat Adler steigt eine ganze Tradition in das Grab. Zum Schluss
ermahnte der Rabbiner die Kinder, die Familie, die Gemeinde und alle
Freunde, den Geist jüdischer Hilfsbereitschaft nicht zu vergessen und
dadurch das Andenken des Verblichenen zu
ehren." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe
und Privatpersonen
Anzeige des Arztes Dr. Eduard Preiss (1890)
Anmerkung: da die Anzeige des Arztes Dr. Preiss mit Hinweis
"Sorge für streng rituelle Kost" in der Zeitschrift "Der
Israelit" erschien, dürfte es sich bei ihm wohl um einen jüdischen Arzt
gehandelt haben.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1890: "Wildbad
- Haßfurt a.M.
Station der Bahnlinie: Bamberg - Würzburg.
Altbewährte Stahlquelle. Mineral-, Sole-, Moor-, Fichtennadel-, Dusche-
und Dampfbäder. Romantische Lage, gesunde Luft. Heilindikationen: Rheuma-,
Gicht-, Blutarmut-, Nerven- und Frauenleiden. Aufmerksame Bedienung,
billige Preise. Sorge für streng rituelle Kost. Prospekte und nähere
Auskunft erteilt
Dr. Eduard Preiss, praktischer Arzt und
Badearzt." |
Anzeige der Konditorei Seligmann Lonnerstädter (1893)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1893:
"hebräisch: zu Pessach. Konditorei. Für Pessach
empfehle sämtliche Konditoreiwaren als: Torten, Gugelhupf, Makronen, Biskuits
etc. in den verschiedensten Preisladen und stehe auf Wunsch mit Preisliste
jederzeit zu Diensten.
Für Wiederverkäufer günstigste Gelegenheit zum Einkauf. Haßfurt am
Main. Seligmann Lonnerstädter.
Referenzen erteilen: Ihre Erwürden Herr Rabbiner Dr. Stein, Schweinfurt,
Herr Rabbiner N. Bamberger, Würzburg.
Nachbemerkung: Ferner nehme Aufträge für Purim entgegen und werden
solche pünktlich erledigt." |
Lehrlingssuche des Kurz-, Woll- und Weißwaren-En gros-Geschäfts A. Baum &
Cie. (1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1903:
"Für unser Kurz-, Woll- und Weißwaren- En gros-Geschäft suchen für 1.
Januar Lehrling
aus achtbarer Familie. Kost und Logis im Hause. Samstags
und Feiertage geschlossen.
A. Baum & Cie. Haßfurt am Main." |
Anzeige der Bäckerei J. Lonnerstädter in Mellrichstadt mit Bestellungsannahme
in Haßfurt (1904)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1904: "Für
Pesach empfehle: Makonen, Bisquit, Zimtsterne, Torten etc. unter
bester Ausführung zu billigen Preisen.
Gefällige Bestellungen werden sowohl hier, als auch bei Seligmann
Lonnerstädter Witwe, Haßfurt, gerne entgegengenommen.
J. Lonnerstädter, Mellrichstadt.
Daselbst kann ein kräftiger Junge Brot und Feinbäckerei unter günstigen
Bedingungen gründlich erlernen." |
Anzeige von Frau S. Neuberger (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April
1904:
"Suche für meinen Schwager nach Baltimore ein streng
religiöses
Mädchen
mit Mark 500 Salair pro Jahr Familienanschluss und nach zwei Jahren
Reisespesen zugesichert.
Frau S. Neuberger, Haßfurt am
Main." |
Mitarbeitersuche des Manufakturwarengeschäftes J. Adler (1903 / 1915 /
1922)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 6. Juli 1903:
"Für mein Manufaktur- und Modewarengeschäft suche ich per sofort
oder längstens 1. Oktober einen
Detailreisenden,
welcher tüchtig und mit der Branche vertraut ist, gegen gute
Bezahlung.
J. Adler, Haßfurt." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juli 1915: "Suche für mein
Manufakturwarengeschäft, Samstag und israelitische Feiertage geschlossen,
per sofort
einen tüchtigen Lageristen und Verkäufer und eine Verkäuferin,
J. Adler, Hassfurt am Main." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. März 1922: "Für meine
Manufakturwaren-Abteilung suche per sofort eventuell 1. Juli einen tüchtigen
Verkäufer. Angebote mit Zeugnisabschriften, Referenzen, Bild und
Gehaltsansprüche erbeten an
J. Adler, Hassfurt am Main." |
Todesanzeige für Jenny Frank
(1920)
Anzeige im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Januar 1920: "Nachruf.
Nach kurzer, tückischer Krankheit wurde uns heute unsere langjährige
Lehrerin und Mitarbeiterin Frl. Jenny Frank aus Hassfurt durch
einen jähen Tod entrissen. Wir alle, die mit ihr wirken und arbeiten
durften, beklagen aufs Schmerzlichste den unersetzlichen Verlust, den
unsere Anstalt erlitten, deren Lehrkörper sie seit 10 Jahren in
hingebendster, aufopfernder Tätigkeit angehörte. Mit ungewöhnlicher
Vielseitigkeit und nie ermüdender Pflichttreue widmete sie ihre ganze
Kraft diesem Wirkungskreise, dem ihr allzu früher Heimgang eine große Lücke
bedeutet. – Geliebt und verehrt von Kollegen und Schülerinnen, hoch
geschätzt von Allen, die mit diesem lauteren Charakter in Berührung
kamen, wird in Andenken unter uns fortleben, der Wert dieser seltenen Persönlichkeit
unvergessen sein.
Frankfurt, den 12. Januar 1920.
Verwaltungsrat der jüdischen Haushaltungsschule Frankfurt am Main."
|
Verlobungsanzeige für Hedwig
Lonnerstädter und Selig Koschland (1921)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1921: "Statt Karten.
Hedwig
Lonnerstädter – Selig Koschland. Verlobte.
Hassfurt am Main – Fürth
in Bayern, Rosenstraße 7". |
Verlobungsanzeige von Berta Rotschild und Julius Schloss (1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1922: "Statt
Karten:
Berta Rotschild - Julius Schloss. Verlobte.
Schlüchtern 9. Ijar 5682 / 7. Mai 1922. Frankfurt am Main -
Schäfergase 18. Hassfurt am Main." |
Hochzeitsanzeige von Max Kahn und Rosel geb. Höxter (1924)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Oktober 1924: "Gott
sei gepriesen.
Statt Karten: Max Kahn - Rosel Kahn geb.
Höxter. Vermählte.
Hassfurt am Main - Kirchhain (Bezirk Kassel).
Trauung Montag, 27. Oktober 1924 - 29. Tischri 5685 in Kirchhain (Bezirk
Kassel)". |
Verlobungsanzeige für Friedel Rosenthal
und Herbert Ascher (1937)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1937: "Mit
Gottes Hilfe.
Friedel Rosenthal - Herbert Ascher. Verlobte.
Haßfurt am Main - Gedera. Halberstadt, Lindenweg 13.
Halbfeiertag Pessach 5697". |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
|
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
|
Kennkarte
des aus Haßfurt
stammenden Jakob Lonnerstädter |
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Kennkarte (Mainz)
für Jakob Lonnerstädter (geb. 7. Juli 1880 in Haßfurt als Sohn
von Hesslein Lonnerstädter [zu seinem Tod siehe Artikel von 1924 oben]
und seiner Frau Rosa geb. Süss), war als Handelsvertreter in Mainz
tätig. Ab November 1938 hielt er sich zeitweise in Haßfurt bei seiner
Schwester Flora Lonnerstädter auf. Er bemühte sich vergeblich um eine
Auswanderung. Am 25. März 1942 wurden er und seine Frau Setta geb.
Adler (geb. 1883 in Rüsselsheim,
Kennkarte rechts)
von Mainz über Darmstadt in das Ghetto Piaski deportiert und sind
umgekommen. Zur Familiengeschichte siehe http://wir-wollen-uns-erinnern.de/wer_namen_id.php?eid=506
Vgl. auch den Artikel in der "Main-Post" vom 24. April 2012:
"Deportation vor 70 Jahren: Zugfahrt in den Tod" (mit
Familienfoto der Familie Lonnerstädter):
http://www.markt.mainpost.de/regional/hassberge/Deportation-vor-70-Jahren-Zugfahrt-in-den-Tod;art1726,6748023
|
Hinweis auf Albert Neuberger, britischer Biochemiker und Mediziner (geb.
1908 in Haßfurt als Sohn von Max Neuberger und Bertha geb. Hiller, gest. 1996
in Hampstead, London):
https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Neuberger sowie https://www.geni.com/people/Prof-Albert-Neuberger/6000000022190249677
Sein Sohn war David Neuberger, Baron Neuberger of Abbotsbury (geb. 1949
in London): https://de.wikipedia.org/wiki/David_Neuberger,_Baron_Neuberger_of_Abbotsbury
Ein weiterer Sohn war Michael Neuberger, britischer Biochemiker und
Immunologe (geb. 1953 in London, gest. 2013 in Edinburgh): https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Neuberger
Weiterer Hinweis auf Rabbi Herman Naftali Neuberger (geb. 1918 in
Haßfurt als Sohn von Max Neuberger und Bertha geb. Hiller, gest. 2005 in
Baltimore, Maryland, USA): war ein orthodoxer Rabbiner, das jüngste von drei
Kindern des Haßfurter Geschäftsmannes Max/Meir Neuberger und seiner Frau
Bertha geb. Hiller. Im Alter von acht Jahren zog er mit der Familie nach
Würzburg. Meir Neuberger starb kurz nach Hermans Bar Mizwa.
https://de.wikipedia.org/wiki/Herman_Neuberger
und https://www.geni.com/people/Herman-Neuberger/6000000010303325941
Zur Geschichte der Synagoge
Bereits
im Mittelalter
dürfte ein Betsaal oder eine Synagoge vorhanden gewesen sein, worüber jedoch
keine Quellen vorliegen.
Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war
nachweislich ein Betsaal eingerichtet im Obergeschoss des Hauses der
Familie Lonnerstädter. Der Raum wurde "Cheder" (hebräisch
"Zimmer", traditionell vor allem auch "Lehrstube") genannt
und diente damit auch dem Unterricht der jüdischen Kinder. Bis 1888 trafen sich
in diesem Raum die in Hassfurt lebenden jüdischen Einwohner zu den
Gottesdiensten. Allerdings bestand spätestens in den 1870er-Jahren das
Bedürfnis, einen neuen Betraum einzurichten oder eine Synagoge zu erbauen,
zumal man auf dem Weg zum alten Betsaal 36 Stufen zu überwinden hatte und der
Raum sehr dunkel war. 1876 verkauften die Erben des Heßlein Lonnerstädter
das Haus mit dem Betsaal an eine nichtjüdische Familie unter der Bedingung,
noch zehn Jahre den Betraum nutzen zu können. In dieser Zeit wollte man eine
neue Synagoge einrichten. Der Verkauf des Hauses mit dem Betraum an eine nichtjüdische
Familie war allerdings in der Gemeinde nicht unumstritten, was in einem Artikel
in der orthodox-jüdischen Zeitschrift "Der Israelit" zum Ausdruck
kommt:
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1876:
"Aus Unterfranken. In dem Städtchen Haßfurt ist in jüngster Zeit
ein Akt der Pietätlosigkeit vorgekommen, wie er schlimmer kaum zu
registrieren sein dürfte, und darum auch verdient, öffentlich bekannt
und gebrandmarkt zu werden.
Die Erben des vor einigen Jahren verstorbenen Heßlein Lonnerstädter - er
ruhe in Frieden - Sohn des wegen seiner echten Religiosität und
Wohltätigkeitssinnes weit über die Grenzen des engeren Vaterlandes
hinaus bekannten und berühmten ehrenwerten Herrn Josua Mosche - das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen - haben das väterliche Haus,
in welchem seit mehr als hundert Jahren die Synagoge besteht, in dessen
Räumen nur Tora und Wohltätigkeit besteht und gepflegt wurden, in
nichtjüdische Hände gelangen lassen, obwohl ein der Familie
nahestehender Mann dasselbe um nur wenige hundert Gulden billiger
übernehmen wollte, und trotzdem besagte Erben sich in glänzenden
Vermögensverhältnissen befinden und bei denen ein paar hundert Gulden
mehr oder weniger nicht in die Wagschale zu fallen brauchten, wo es sich
um so Großes handelt. Nur noch auf die Dauer von zehn Jahren haben sich
die Verkäufer für die Gemeinde das Recht vorbehalten, die Synagoge
benützen zu dürfen. Nach Ablauf dieser Zeit ist der Käufer
unumschränkter Herr auch dieses Raumes nebst allen nagelfesten
Gegenständen, da diese Herren sich nur bedungen, eine Kelter aus dem
Keller herausnehmen zu dürfen, - sehr charakteristisch - nicht aber z.B.
den Aron HaKodesch (Toraschrein), der dann wohl nebst anderen heiligen
Gegenständen zu profanen Zwecken, wenn nicht sogar ganz
zweckentfremdet verwendet wird.
Mögen sich doch diese Herren, wenn sie nicht bemessen können, von welch'
großer Tragweite ein derartiger Schritt für das religiöse Leben der
ohnehin kleinen und darum auf Einigkeit angewiesenen Gemeinde sein muss,
doch die Frage vorlegen, was wohl ihre Eltern und Großaltern - sie ruhen
in Frieden - zu einem derartigen Bravourstück einer edlen Handlungsweise
sagen würden; und wenn sie einigermaßen gerecht gegen sich sein wollen,
werden sie sich sagen müssen, dass die Heimgegangenen - sie ruhen in
Frieden -, wenn sie solcher nur irgendwie je von ihren einstigen
Nachkommen erwarten zu dürfen geahnt hätten, die testamentarisch die
heiligen Räume vor solchen Angriffen sichergestellt haben
würden. -h-". |
Die Erben von Heßlein Lonnerstädter
antworteten wenig später auf die Vorwürfe mit folgendem Artikel: |
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Mai 1876:
"Haßfurt. Auf den Artikel betreffend die Synagoge zu Haßfurt in Nr.
17 ihres Blattes haben die Unterzeichneten zu erwidern, dass der Verkauf
fraglichen Hauses erst dann vorgenommen wurde, nachdem wir Allem,
insbesondere dem erwähnten 'der Familie nahestehenden Mann' Rechnung
getragen.
Was die Synagoge betrifft, so ist dieselbe eine Bodenkammer, welche
allerdings seit einer Reihe von Jahren als Betlokal benützt wurde, jedoch
nie mit Recht Synagoge genannt werden konnte und durfte, denn es liegt ein
Vertrag vor, worin es heißt, dass besagte Lokalitäten jederzeit zu
anderen Zwecken benützt werden können, somit auch keine Heiligkeit
haben. Unser seliger Vater und Großvater nannten dieses Lokal nie
Synagoge, sondern stets Cheder (Zimmer), nahmen auch nie eine
Spende dafür an. Währen diese streng religiösen Männer nicht im
Zweifeln gewesen, dass das Haus einmal in fremde Hände übergehen
könnte, sie hätten diese Vorsicht zu gebrauchen nicht nötig gehabt, und
wenn von unserem seligen Vater nur einmal der Wunsch geäußert worden
wäre, dass das Haus in der Familie bleiben solle, es hätte uns kein
Preis zum Verkauf desselben bestimmen können.
Das Bedürfnis, ein anderes Betlokal hier zu erlangen, ist längst zutage
getreten, denn in den Wintermonaten kann man schon Nachmittag 3 Uhr fast
nicht mehr aus der Sefer Tora (Torarolle) lesen; dann führen nicht
weniger als 36 Stufen zu diesen Räumlichkeiten. Es lässt sich daher
leicht denken, wie schwer es älteren Leuten fällt, diese zu ersteigen.
Überdies sind sämtliche Gemeindemitglieder derart situiert, dass in 10
Jahren eine Synagoge gebaut werden kann.
Der Einsender des angesprochenen Artikels kann auch in Bezug auf den Aron
HaKodesch (Toraschein) beruhigt sein, da wir einen Privatvertrag besitzen,
wonach der Hauskäufer auf sämtliches Inventar, welches sich in den
Betlokalitäten befindet, ob niet und nagelfest oder nicht, verzichtet.
Dieses unser letztes Wort in der Sache. Die H. Lonnerstädters Erben in
Haßfurt.
(Von anderer Seite geht uns die Mitteilung zu, dass die zuletzt erwähnten
Bestimmungen in Folge des erwähnten Artikels im 'Israelit' betroffen
wurden. Wir freuen uns, dass unsere Zeitung dazu beigetragen, Unrechtes zu
verhindern. - Red.). |
Die neue Synagoge konnte 1888 erbaut
werden. 1907 wurde sie erweitert. 50 Jahre war sie Zentrum des jüdischen
Gemeindelebens der Haßfurter jüdischen Gemeinde.
Beim Novemberpogrom 1938
wurde die Synagoge durch eine Gruppe von 20 SA-Leuten aus Haßfurt und Umgebung
geschändet, die Inneneinrichtung zerstört. Dabei wurden die Fenster, Möbel
und Geräte der Synagoge zerschlagen. Die Torarollen, Gebetbücher und Ritualien
wurden auf dem Platz vor der Synagoge aufgeschichtet und vor den Augen einer aus
der Stadt zusammengelaufenen Menschenmenge angezündet. Bei der Zerstörungsaktion
wurden auch die in der Synagoge aufbewahrten Ritualien der aufgelösten jüdischen
Gemeinden Wonfurt, Obereuerheim
und Zeil am Main vernichtet.
1948 wurden 28 der an der Durchführung des Novemberpogroms 1938
Beteiligten vor Gericht gestellt. Neun erhielten Gefängnisstrafen von drei
Monaten bis zu zwei Jahren.
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge blieb erhalten. Er ist seit 2010 Dienstgebäude
des Staatlichen Schulamtes im Landkreis Haßberge genutzt. Am Gebäude befindet
sich eine Gedenktafel. Eine weitere Erinnerungstafel wurde im März
2011 im Eingangsbereich des Gebäudes angebracht (siehe Pressebericht unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Schlesingerstraße
9 (alte Gebäude-Nummer 236)
Fotos
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
März 2011:
Neue Erinnerungstafel im Eingangsbereich des
ehemaligen Synagogengebäudes |
Artikel von Ulrike Langer in der "Main-Post" vom 27. März 2011
(Artikel): "HASSFURT. Neue Tafel erinnert an alte Synagoge.
Im Gebäude des Staatlichen Schulamts in Haßfurt war einst ein jüdischer Gebetsraum.
Die Idee für die Erinnerungstafel an die ehemalige Synagoge und die Geschichte der Juden in Haßfurt im Eingangsbereich des Staatlichen Schulamts in Haßfurt kam von Christian Rein, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. Umgesetzt hat sie jedoch Schulamtsdirektorin Ulrike Brech, da das Schulamt vergangenes Jahr in das Gebäude umgesiedelt ist.
'Als mein Kollege Dr. Arman Behdjati-Lindner und ich unsere Praxis in der ehemaligen Synagoge in der Schlesinger Straße in Haßfurt eröffneten, habe ich mich auch für die Geschichte des Hauses
interessiert', sagte Rein. 'Denn die Kinderheilkunde hat eine große jüdische
Tradition.' Ab Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts hätten sich vor allem jüdische Kinderärzte besonders für den Auf- und Ausbau sozialpädiatrischer Einrichtungen verdient gemacht und den Zusammenhang zwischen Krankheiten und sozialer Lage aufgezeigt. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, waren fast 50 Prozent aller Kinderärzte jüdischer Herkunft.
Rein berichtete, dass er Kontakt mit Cordula Kappner, einer Expertin für jüdische Schicksale in junger Vergangenheit, aufgenommen habe.
'Sie hat mir Materialien zur Geschichte der Synagoge und der Juden in Haßfurt zur Verfügung gestellt. Leider bin ich aber aus Zeitgründen vor unserem Umzug in das Ärztehaus I am Krankenhaus nicht mehr dazu gekommen, eine Erinnerungstafel anfertigen zu
lassen.'
Auch das Staatliche Schulamt fühlt sich der Geschichte des Hauses verbunden.
'Wir sind eine Bildungseinrichtung. Daher habe ich mich verpflichtet gefühlt, auf das frühere jüdische Versammlungs- und Gotteshaus
hinzuweisen', sagte Brech vor der Enthüllung der Erinnerungstafel. Sie dankte Wilfried Neubauer vom Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises und Bürgermeister Rudi Eck für die Finanzierung, Cordula Kappner für die Unterstützung und dem Grafiker Steven P. Carnarius aus Bamberg für die Umsetzung.
Die Geschichte der Juden in Haßfurt wurde in Form eines Geschichtsfrieses dargestellt. Stadtarchivar Thomas Schindler erläuterte den Inhalt der Erinnerungstafel und regte an, auch bei Stadtführungen diesen Ort zu besuchen. Umrahmt wurde die Gedenkstunde von Schulrat Norbert Zwicker (Klarinette), dem Rektor der Mittelschule Ebern, Philipp Arnold (Gitarre), und dem Konrektor der Mittelschule Zeil, Alfons Ernst (Bass), mit
Klezmer-Musik." |
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August 2011:
Der Haßfurter Stadtarchivar Thomas Schindler
hilft im Zentralarchiv für die Geschichte des jüdischen Volkes in
Jerusalem, jüdische Gemeinden aus Mittelfranken neu zu verzeichnen.
Dazu erschien ein Bericht in der "Main-Post" vom 4. August 2011.
Link
zum Artikel; auch eingestellt
als pdf-Datei. |
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November 2011:
Anlässlich der neuen Rabbinerin in Bamberg:
Stadtarchivar Thomas Schindler berichtet über die Zusammenhänge zwischen
Hassfurt und der Geschichte von Rabbiner-Persönlichkeiten |
Artikel von Thomas Schindler in der
Zeitschrift "Main-Post" vom November 2011 (Artikel):
"HASSFURT/BAMBERG. Frankens erste Rabbinerin
Am 23. November wird Antje Yael Deusel ordiniert – die Karrieren bedeutender Rabbiner begannen einst in Haßfurt
Am 23. November wird Antje Yael Deusel in Bamberg als Rabbinerin ordiniert. Die Fachärztin für Urologie am Klinikum Bamberg absolvierte ihr Rabbinatsstudium an dem seit 1999 bestehenden liberalen
Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam. Zwar gab und gibt es schon einige andere Frauen, die es seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zum geistlichen Oberhaupt jüdischer Gemeinden in Deutschland gebracht haben, doch sie mussten entweder im Ausland studieren oder stammen selbst nicht aus Deutschland. Deusel ist somit die erste nach 1945 geborene Jüdin, die an einem deutschen Rabbinerseminar ausgebildet wurde. Auf jeden Fall aber ist die gebürtige Nürnbergerin die erste fränkische Rabbinerin. Und: Sie erwarb ihre ersten Grundlagen zum Studium der jüdischen Theologie vor mehr als dreißig Jahren im Wahlfach Hebräisch am Regiomontanus-Gymnasium in Haßfurt.
Bereits im 19. Jahrhundert war Haßfurt das Sprungbrett einiger Karrieren in dem damals noch allein Männern vorbehaltenen Rabbineramt.
Haßfurt besaß, allein aufgrund der bis weit ins 19. Jahrhundert hinein relativ geringen Zahl jüdischer Einwohner, niemals ein eigenes Rabbinat. Für die Juden der Stadt zuständig war der Distriktsrabbiner in
Niederwerrn, ab 1864 in Schweinfurt. Das 1813 erlassene bayerische Judenedikt verlangte von den Bewerbern um eine offizielle Rabbinerstelle neben einer jüdisch-theologischen Ausbildung das Studium einer
'weltlichen' Disziplin an einer staatlichen Universität.
Um einen eigenen Rabbinatsdistrikt bilden zu können, waren mindestens fünfzig jüdische Familien notwendig. Gleichwohl dürften auch in der jüdischen Gemeinde von Haßfurt immer wieder rabbinisch ausgebildete Männer gelebt haben, die als sogenannte
'Schiur-' oder 'Klausrabbiner' andere jüdische Männer im Studium des religiösen Schrifttums anleiteten und auch auch Jugendlichen Religionsunterricht erteilten durften. Das hebräische Wort
'Schiur' bedeutet Unterrichtsstunde; unter einer 'Klaus' (jiddisch, abgeleitet vom deutschen Wort
'Klause') versteht man ein durch eine private Stiftung getragenes jüdisches Lehrhaus.
Eine derartige Stellung dürfte in Haßfurt der als 'Ortsrabbiner' bezeichnete Abraham Heßlein zwischen 1825 und 1840 innegehabt haben, ebenso in der ersten Hälfte der 1850er-Jahre der aus dem oberfränkischen Autenhausen stammende Israel Schüler. Der Sohn des Letztgenannten,
Samuel Hayum Schüler, wurde 1844 in Autenhausen geboren. Zunächst in seinem Geburtsort als Lehrer tätig, bewarb er sich um die 1867 freigewordene Religionslehrer- und Vorsängerstelle in Haßfurt. 1869 heiratete er Marie Klein, Tochter des Oberrabbiners von
Colmar im Elsaß. Nach seiner in der ersten Hälfte des Jahres 1871 erfolgten
'Beförderung an eine Lehranstalt in Hamburg' bekleidete er ab 1881 mehrere Rabbinerstellen in der Heimat seiner Frau. Er starb 1915.
Einer der Vorgänger Samuel Hayum Schülers in Haßfurt, der 1835 geborene
Salomon Salman Bamberger, war Sohn des Würzburger Distriktsrabbiners Seligmann Bär Bamberger (1807-1878). Der damalige
'Rabbinats-Candidat' erhielt am 4. Dezember 1860 vom Haßfurter Magistrat die Erlaubnis zur
'Errichtung einer Privat-Unterrichts-Anstalt für jüdische Zöglinge'. Zwei Jahre später teilte er mit, dass sich drei seiner sieben Schüler als Religionslehrer ausbilden lassen wollten. Bamberger bewirkt bei der Regierung in Würzburg die Genehmigung,
'denselben den gesetzlich vorgeschriebenen Religions-Unterricht ertheilen' zu dürfen. Auch könnte er die Zahl seiner Schüler noch vergrößern,
'wenn durch Gründung eines eigenen Haushalts mehr passende Gelegenheit zu deren Aufnahme in geeignete Localitäten geboten wäre'. Daher habe er sich entschlossen, seine
'Ansässigmachung in hiesiger Stadt zu begründen und [s]ich mit der ledigen Lea Adler, Tochter des Hrn. Districts-Rabbiner Abraham Adler zu
Aschaffenburg zu verehelichen'. Beides bewilligte ihm die Stadt Haßfurt am 5. Januar 1863. Bamberger scheint Haßfurt dennoch bald wieder verlassen zu haben, denn schon für 1864 wird er als Klausrabbiner im badischen Sulzburg erwähnt. Von 1872 an amtierte er als Gemeinderabbiner von
Endingen und Lengnau im Kanton Aargau. Lea Bamberger starb dort 1875, kurz nach der Entbindung ihres achten Kindes. 1880 ging Bamberger ins Elsaß – bis er
'mitten im Kugelregen' evakuiert wurde und nach Würzburg zurückkehrte, wo er im März 1918 starb. Im Todesjahr Bambergers kam in Haßfurt
Hermann Naftali Neuburger (1918-2005) zur Welt, der Deutschland 1938 verlassen musste. Seine zuvor in Polen aufgenommene Rabbinerausbildung setzte er in Baltimore/Maryland fort, wo er schließlich langjähriger Leiter einer orthodoxen Jeschiwa (Talmudhochschule), war. Ebenfalls in den Vereinigten Staaten wirkte der wohl bedeutendste Rabbiner, der in Haßfurt den Grundstein zu seiner späteren Karriere legte:
Kaufmann Kohler.
Der 1843 als Spross einer alten Rabbinerfamilie in Fürth geborene Kohler wurde als Zehnjähriger zur Ausbildung bei Israel Schüler nach Haßfurt geschickt; 1856 ging er mit seinem Lehrer nach
Höchberg bei Würzburg. Weitere Stationen seiner noch traditionell religiösen Studien waren Mainz, Altona und Frankfurt am Main, wo er Schüler von Samson Raphael Hirsch (1808-1888), dem Begründer der
'Modernen Orthodoxie', war.
Während des anschließenden Studiums der Orientalistik und vergleichenden Religionswissenschaft begann sich Kohler von der orthodoxen Auslegung des Judentums zu entfernen. Seine Erlangener Dissertation
'Der Segen Jakobs' (1867) folgt den Grundsätzen der damals auch in der christlichen Theologie aufkommenden Bibelkritik: Die Bücher der Heiligen Schrift werden nicht mehr als von Gott selbst verfasste, wörtlich zu verstehende Wahrheit gesehen, sondern als historisch gewachsene Texte
'göttlich inspirierter' Menschen, die durchaus auch innere Widersprüche aufweisen können.
Die seit Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzende jüdische Reformbewegung, an deren Spitze Rabbiner wie Abraham Geiger (1810-1874) oder der in
Burgpreppach geborene Leopold Stein (1810-1882) standen, sollte in den Jahren bis zur Vernichtung des jüdischen Lebens durch die Nationalsozialisten zur stärksten Richtung des Judentums in Deutschland werden.
1869 wanderte Kohler in die USA aus, wo er Rabbinerstellen in Detroit, Chicago und New York innehatte. Er wurde einer der führenden Vertreter des liberalen Judentums in Nordamerika, ab 1903 als Präsident des
'Hebrew Union College' in Cincinnati, des bis heute bestehenden und dem Reformgedanken verpflichteten ältesten Rabbinerseminars der USA. Nachdem er 1921 in den Ruhestand getreten war, starb er 1926 in New York.
Mit Kaufmann Kohler schließt sich der Kreis: Das von ihm mitbegründete amerikanische Reformjudentum ermöglicht seit den Siebzigern die Ausbildung und Ordination von Frauen zu Rabbinern; die jüdischen Reformgemeinden in Israel und anderen Ländern – mittlerweile auch in Deutschland – folgten diesem Beispiel, so dass nun im
'Jüdischen Museum Franken' in Fürth in der Bildergalerie fränkischer Rabbiner Köhlers Porträt neben dem Antje Yael Deusels hängen wird." |
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Mai 2023:
Erste "Stolpersteine" in Haßfurt verlegt |
Artikel von Christian Licha in der
"Main-Post" vom 3. Juni 2023: "Haßfurt. Erstmals Stolpersteine im
Landkreis Haßberge verlegt: Erinnerungen an eine Haßfurter Familie
Die Gedenkinstallation in der Haßfurter Hauptstraße erinnert an das
Schicksal der jüdischen Familie Rosenthal. Eindrücke von der Verlegung.
Am Pfingstmontag wurden in Haßfurt vor dem ehemaligen Wohnhaus der jüdischen
Familie Rosenthal Stolpersteine verlegt.
Andernorts gibt es sie schon lange, und jetzt auch im Landkreis Haßberge,
genauer, in Haßfurt: Stolpersteine. Sie sollen an die Schicksale der
Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt,
vertrieben, deportiert oder ermordet wurden. Am Pfingstmontag erfolgte die
Verlegung der Stolpersteine vor dem Anwesen in der Hauptstraße 23. Die
Stolpersteine sollen dort an das jüdische Ehepaar Rosenthal erinnern, das
ebenso wie drei seiner fünf Kinder ermordet wurde. Nur den ältesten
Geschwistern Hermann und Friedel gelang damals die Flucht vor den Nazis nach
England beziehungsweise Palästina.
'Haßfurter wurden ermordet, weil ein größenwahnsinniges Regime in
Deutschland eine ganze Religionsgemeinschaft ausrotten wollte', sagte Dr.
Alex Klubertanz, der Vorsitzende des Vereins Stolpersteine Haßberge, der die
Gedenkinstallation initiiert hatte. Rabbinerin Antje Yael Deusel aus Bamberg
sprach das Kaddisch, eines der wichtigsten Gebete im Judentum.
Eine Schülerin und drei Schüler des Haßfurter Regiomontanus-Gymnasiums, die
sich in einem P-Seminar ebenfalls dem Thema gewidmet und die Vergangenheit
aufgearbeitet hatten, trugen Einzelheiten aus dem Leben der Familie
Rosenthal vor. Selma Rosenthal kam demnach, als eine geborene Lonnerstädter,
1885 in Haßfurt zur die Welt. Ihr Ehemann Jonas stammte aus Baden bei Wien,
wo er 1879 geboren worden war. Er arbeitete als Kaufmann und Handelsagent.
1938 wurde er mit Berufsverbot belegt, in der Pogromnacht misshandelt und
zeitweise in Haft genommen. Das Ehepaar und seine Kinder Cäcilie, Karoline
und Therese, die damals 20, 19 und 13 Jahre alt waren, wurden am 25. April
1942 von Würzburg aus nach Ostpolen ins Ghetto Krasniczyn deportiert. In
einem der dortigen Vernichtungslager wurden die Familie und mehr als 800
weitere Insassinnen und Insassen des Zuges direkt nach ihrer Ankunft
ermordet.
Hermann Rosenthal und seine Schwester Friedel überlebten den Holocaust.
Nur zwei Kinder von Selma und Jonas Rosenthal überlebten den Holocaust.
Hermann, der einzige Sohn und im Jahr 1914 der Erstgeborene der Familie,
ging in Haßfurt zur Realschule und wurde später Lehrer. Er wurde im
Zusammenhang mit der Pogromnacht verhaftet und zwei Monate im
Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Nach seiner Entlassung gelang ihm
die Flucht nach England, wo er 1988 starb. Den Krieg erlebte er als
britischer Unteroffizier zum Teil in Deutschland, wo er ab 1945 nach seinen
Eltern und Geschwistern suchte, die da jedoch bereits ermordet worden waren.
Seine Schwester Friedel wurde 1915 geboren und war ebenfalls Schülerin der
Haßfurter Realschule. Bereits 1936 emigrierte sie alleine, im Alter von 21
Jahren, nach Palästina. Dort änderte sie ihren Familiennamen in Schulamith
und heiratete. 2012 verstarb Friedel im Kreise zahlreicher Nachkommen.
Angehörige der Familie Rosenthal reisten aus England an. Ganz besonders
freuten sich die Unterstützerinnen und Unterstützer des Vereins
Stolpersteine Haßberge, dass es gelungen war, Nachkommen der Haßfurter
Familie Rosenthal ausfindig zu machen. Zusammen mit seiner Ehefrau Bina und
weiteren Angehörigen war aus England extra Hermann Rosenthals Sohn Meir
angereist. Seine Ehefrau Bina hielt in Englisch eine Ansprache, die von der
stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins, Kim Davey, ins Deutsche
übersetzt wurde: 'Lasst das Stolperstein-Projekt eine Quelle der
Zufriedenheit für unsere Vorfahren im Himmel sein und eine Erinnerung für
uns und weitere Generationen, dass niemals mehr solch Versagen wie in der
Vergangenheit wieder passieren wird.'
Eine Herzensangelegenheit war es für Bina Rosenthal auch, an die bereits
verstorbene Cordula Kappner zu erinnern. Die ehemalige Leiterin des
Bibliotheks- und Informationszentrums Haßfurt (BIZ) hatte es sich zu ihrer
Lebensaufgabe gemacht, Erinnerungen an jüdische Familien im Haßbergkreis zu
sammeln. 'Damals nahm Cordula Kappner auch Kontakt zu unserer Tante Friedel
auf und besuchte sie in Israel', berichtete Bina Rosenthal.
Künstler Gunter Demnig verlegte die Stolpersteine in Haßfurt persönlich.
Bürgermeister Günther Werner (WG) freute sich, den Künstler Gunter
Demnig aus der Stadt Alsfeld im mittelhessischen Vogelsbergkreis persönlich
in der Kreisstadt begrüßen zu können. Der unter anderem mit den
Verdienstorden einiger Bundesländer ausgezeichnete 75-Jährige hatte im Jahr
1992 das Projekt Stolpersteine ins Leben gerufen. Die Verlegung in der
Hauptstraße übernahm Gunter Demnig persönlich. Bei den sieben Stolpersteinen
handelt es sich um quadratische Messingtafeln mit abgerundeten Ecken und
Kanten, die von Hand mittels Hammer und Schlagbuchstaben mit eingeschlagenen
Lettern beschriftet wurden und von einem angegossenen Betonwürfel getragen
werden. Abgerundet wurde das Gedenken mit passenden Gitarrenklängen des
Zeiler Musikers Klaus Neubert und seiner Kollegin Regine Brand an ihrer
Viola. Weiterhin erinnerten die Schauspielerin Maike Jansen und der
Schauspieler Stefan Ferencz aus Hofheim, die sonst mit ihrem mobilen Theater
'Pohyb's und Konsorten' durch die Lande reisen, an die Familie. Die
Schauspielerin Maike Jansen und der Schauspieler Stefan Ferencz führten die
Besucherinnen und Besucher in der Rolle von Friedel und Hermann Rosenthal
durch einige fiktive Szenen. Das deutsch-slowakische Theaterduo verwandelte
sich in einer fiktiven Begegnung in das Geschwisterpaar Hermann und Friedel.
Das Ganze war als Spaziergang gestaltet, dem die rund 200 Gäste durch die
Haßfurter Altstadtgassen bis zur Promenade folgten. Die ehemalige Synagoge
in der Schlesinger Straße sowie auch das Denkmal zur Erinnerung an die
Judenverfolgung waren unter anderem Stationen dieser Reise in die
Vergangenheit."
Link zum Artikel (für Abonnenten der "Main-Post")
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Fotos von der Verlegung der
"Stolpersteine"
(mit *) markierte Fotos von Christian Licha; ohne *) markierte Fotos von
Ulrike Carl; Fotos übersandt von Alex Klubertanz, Stolpersteine Haßberge
e.V.) |
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Zahlreiche Interessierte
waren
bei der Verlegung anwesend |
Gunter
Demnig während seiner Verlegung bei einführenden Reden
vor dem Anwesen Hauptstraße 23 |
Die
"Stolpersteine" werden in das Pflaster
vor dem Anwesen Hauptstraße 23 eingefügt (rechts*) |
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Musikalische Umrahmung durch
Klaus Neubert (Gitarre) und
Regine Brand (Viola)
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Eine Schülerin und drei
Schüler
des Haßfurter Regiomontanus-Gymnasiums bei ihrem Vortrag
zum Leben der Familie Rosenthal |
Bina Rosenthal,
Schwiegertochter von Hermann Rosenthal mit Übersetzerin Kim Davey vom Verein
Stolpersteine Haßfurt |
Rabbinerin Antje Yael
Deusel
aus Bamberg sprach das
Kaddisch-Gebet
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Meir Rosenthal, Sohn
des geflüchteten Hermann Rosenthal sowie seine Frau Bina und weitere
Angehörige |
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Die
Schauspielerin Maike Jansen und der Schauspieler Stefan Ferenz führten die
Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung in den Rollen von Friedel und
Hermann Rosenthal durch einige fiktive Szenen in der Stadt, links vor der
ehemaligen Synagoge
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Am Denkmal zur
Erinnerung
an die Verfolgung der Juden
in der Promenade von 1988
(mit Inschrift von 2020) |
Dir "Stolpersteine" nach
der Verlegung
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November 2023:
Weitere Verlegung von "Stolpersteinen"
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Am 11. November 2023 werden in Haßfurt
weitere "Stolpersteine" verlegt für Julius Goldmann (*1882, Tierarzt, April
1942 deportiert Krasniczyn), Babette Goldmann (*1888, April 1942 deportiert
Krasniczyn), Löb Lonnerstädter (*1866, 1942 deportiert Theresienstadt) und
Babette Lonnerstädter (*1877, April 1942 deportiert Krasniczyn).
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 342; III,1 S. 519-520. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 313-315. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 64. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 455-456.
|
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 142. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Hassfurt Lower Franconia.
Jews were victims of the Rindfleisch massacres of 1298 and the Black Death
persecutions of 1348-49. The community grew throughout the 19th century and
numbered 125 in 1910 (total 2.811), with a synagogue built in 1888. In 1933 the
Jewish population was 91. Many were cattle traders. Up to the end of 1938, 60 %
of the town's Jews left, more than half emigrating from Germany, with the exodus
stepped up after the publication of the Nuremberg racial laws in 1935. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was vandalized along with Jewish homes and
stores. Of the 18 Jews remaining in 1942, 16 were deported to Izbica in the
Lublin district (Poland) via Wuerzburg on 25 April.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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