Zu den Kapiteln
Arthur Knautz war langjähriger Handball-Nationalspieler und wurde 1936 Olympiasieger.
Am 20.3.1911 wurde Arthur Knautz als Sohn des Bergmanns Albert Knautz und seiner Ehefrau Pauline in der Westerwaldgemeinde Daaden geboren. Nach dem Besuch der Volksschule begann er im Jahre 1925 eine Zimmermannslehre in Betzdorf an der Sieg. Unmittelbar nach Abschluss der Lehrzeit erfüllte sich Knautz einen lang gehegten Wunsch und wurde im August 1928 freiwillig Soldat in dem nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages auf 100.000 Mann beschränkten Heer. Nach einer Ausbildungszeit in Osnabrück wurde er 1929 zum Pionier-Bataillon 6 nach Minden versetzt. Hier kam der sportlich talentierte Knautz zum ersten Mal mit der noch recht jungen Sportart Handball in Berührung. Sein bisheriger sportlicher Werdegang hatte ihn zunächst ins Fußballtor bei den Daadetaler Sportfreunden und zu den Leichtathleten des Daadener Turnvereins geführt. Nach seinem Eintritt ins Heer konnte er durch einige erfolgreiche Wettkämpfe bei Militär- und Regionalmeisterschaften seine Fähigkeiten als Leichtathlet unter Beweis stellen. Ein fünfter Platz im Fünfkampf bei den Heeresmeisterschaften 1933 zeigte eindrucksvoll seine sportliche Vielseitigkeit.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Arthur Knautz aber schon seine Liebe zum Handball entdeckt und war in dieser Mannschaftssportart nicht minder erfolgreich. Obwohl er 1929 überhaupt erst das Handballspiel kennengelernt hatte, das sich bei der Polizei und beim Militär besonderer Beliebtheit erfreute, konnte Knautz mit seinen Kameraden schnell sportliche Erfolge feiern. Im Rahmen von Bataillonsmeisterschaften stellte man im Garnisonsstandort an der Weser schnell fest, dass sich dort eine Ansammlung von guten und talentierten Spielern zusammengefunden hatte. Daraufhin wurde am 1.4.1932 in Minden der Militärsportverein „Hindenburg“ Minden gegründet, der ab sofort in Westfalen zu den ersten Adressen in dieser Sportart gehören sollte. Gleich in der ersten Spielzeit konnte man 1933 den Titel eines Westfalenmeisters erringen und diesen Titel in den Jahren bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs immer wieder verteidigen. Daraus entstand eine erbitterte Rivalität zum ewigen Zweiten Eintracht Dortmund, dessen Tor von dem später weltbekannten Sportfunktionär Willi Daume gehütet wurde.
Im Jahre 1935 machte der MSV Hindenburg auch überregional eindrucksvoll auf sich aufmerksam, indem er bis ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft vordringen konnte. Sogar die schwere Auswärtshürde in Leipzig konnte mit einem 8:7 Sieg erfolgreich genommen werden. Erst im Finale vor über 20.000 Zuschauern in Stuttgart mussten sich die Hindenburger dem PSV Magdeburg mit 8:10 geschlagen geben. Nicht nur wegen dieser Endspielteilnahme verlief das Jahr 1935 für Arthur Knautz sehr erfolgreich, denn er wurde auch bei den Länderspielen gegen Schweden und gegen die Schweiz im Mai und Oktober 1935 eingesetzt. Knautz spielte dabei auf seiner Lieblingsposition als rechter Verteidiger und konnte sich berechtigte Hoffnungen auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Berlin 1936 machen. Erstmals sollte nämlich ein Handballturnier im Rahmen der Olympiade ausgetragen werden.
Vor diese Teilnahme hatte der Reichstrainer Otto Günther Kaundinya (Amtszeit 1934-1939) aber einen gewissenhaften Auswahlprozess und eine umfangreiche Vorbereitung gesetzt. Da traf es sich gut, dass der MSV Hindenburg im Jahre 1936 eine besonders erfolgreiche Saison spielte. Nicht nur gelang die eindrucksvolle Verteidigung des Westfalenmeistertitels, im Halbfinale der Endrunde wurde die als Geheimfavorit gehandelte Mannschaft von Rasensport Mülheim mit 9:3 förmlich vom Platz gefegt. Damit hatte man zum zweiten Mal in Folge das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft erreicht. Im Stadion „Rote Erde“ des Erzrivalen Eintracht Dortmund traf man am 28.6.1936 auf die Mannschaft des MTSA Leipzig. In einem hart umkämpften Match setzten sich die Pioniere von der Weser gegen die Infanteristen aus der Messestadt mit 7:5 durch und gewannen ihren ersten Meistertitel. Damit krönten sie ihre bislang erfolgreichste Saison, in der ihnen auch noch das Kunststück gelungen war, die ganze Serie über ungeschlagen zu bleiben! Für Knautz und seinen Mindener Mannschaftskollegen Körvers aber gab es nicht viel Zeit zum Jubeln und zum Feiern, denn im Juli standen letzte Lehrgänge und Vorbereitungsspiele der Nationalmannschaft am Niederrhein und in Schwaben an. Nach einem mehrjährigen Auswahlprozess mit über 200 beteiligten Spielern stand dann Ende Juli endgültig fest, dass beide zum Aufgebot für Berlin gehörten und kurz danach ins Olympische Dorf einziehen konnten. Das Olympische Turnier mit nur sechs teilnehmenden Mannschaften sah eine überlegene deutsche Mannschaft, die nach hohen Siegen in der Vorrunde und deutlichen Erfolgen in der Zwischenrunde im Finale auf Österreich stieß. Österreich war ebenfalls ungeschlagen ins Endspiel gekommen und stellte sich als ernstzunehmender Gegner dar. Bei denkbar schlechten Wetterverhältnissen gewann die deutsche Mannschaft am 14.8.1936 im Dauerregen unter der Führung von Knautz zum ersten Mal die Goldmedaille. Arthur Knautz hatte damit 1936 alles gewonnen, was es in diesem Jahr in seinem Sport zu gewinnen gab.
Nach diesem Erfolgsjahr heiratete Arthur Knautz am 22.1.1937 Erna Späth (1910–1997); im November des Jahres wurde Sohn Dieter (1937–1991) geboren. Sportlich lief es im Jahr 1937 nicht mehr so günstig für die Hindenburger, die einige Spielerwechsel zu verzeichnen hatten und nach dem Gewinn des Westfalentitels bereits in der ersten Runde zur Deutschen Meisterschaft auf der Strecke blieben. Knautz selbst hatte wohl auch eine gewisse Durststrecke zu überwinden, denn er kam erst im September 1937 in Göteborg gegen Schweden zu seinem nächsten Einsatz im Nationaltrikot. Danach wurden seine Einsätze noch rarer, denn seine nächste (und letzte) Berufung erhielt er erst im Mai 1941. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach dem Reglement der damaligen Zeit keine Auswechslungen während eines Spiels vorgenommen werden durften. Verzeichnet in den einschlägigen Zeitschriften und Veröffentlichungen sind aber nur die tatsächlich eingesetzten Spieler. Daher kann es durchaus vorgekommen sein, dass Knautz verschiedentlich zum Aufgebot gehörte, ohne dass er dann wirklich spielte.
Arthur Knautz war 1928 auf eigenen Wunsch Soldat geworden. Wegen seines sportlichen Könnens war er eine der tragenden Säulen des Militärsportvereins Hindenburg Minden geworden und daher auch während seiner militärischen Verwendung beim Pionier-Bataillon 6 in Minden verblieben. 1932 war er zum Unteroffizier und 1934 zum Feldwebel befördert worden. Mit dem Gewinn der Goldmedaille wurde er zum Oberfeldwebel ernannt. Wie viele andere Militär- und Polizeisportler auch, musste Arthur Knautz nach dem Beginn des Krieges im September 1939 erfahren, dass dem Hitler-Regime trotz seiner Affinität zum Sport und zu sportlichen Titeln, der militärische Einsatz wesentlich wichtiger war. Die Mindener Pioniere wurden daher von Beginn an auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen eingesetzt und konnten nur sehr eingeschränkt ihre sportlichen Ambitionen pflegen. Nach fast vier Jahren im Krieg, in denen er eine Beförderung bis zum Hauptmann erhielt, ist Arthur Knautz wahrscheinlich im August 1943 in Russland gefallen. Die genaueren Todesumstände sind ebenso unbekannt wie das genaue Datum. Damit gehört er zu der großen Zahl junger Männer, die erst ihre Jugend und anschließend ihr Leben im Krieg verloren.
Literatur
Eggers, Erik (Hg.), Handball. Eine deutsche Domäne, Göttingen 2007.
Meynert, Joachim (Hg.), Und auch der Handball ist rund…, Bielefeld 1995.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Ohl, Thomas, Arthur Knautz, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/arthur-knautz-/DE-2086/lido/57c9361b0ccfe6.68503541 (abgerufen am 19.08.2024)