Zu den Kapiteln
Schlagworte
Paul Janes war ein aus Küppersteg (heute Stadt Leverkusen) stammender Fußballspieler und -trainer. Er war als Abwehrspieler 1930-1941 und von 1947-1951 für Fortuna Düsseldorf aktiv. Zwischen 1932 und 1942 trug er insgesamt 71 Mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft und blieb damit bis zur Ablösung durch Uwe Seeler (1936-2022) 1970 Rekordnationalspieler des Deutschen Fußball Bundes. Er gehörte der legendären „Breslau-Elf" an, der im Mai 1937 ein sensationeller 8:0-Sieg gegen Dänemark gelang.
Paul Janes wurde am 11.3.1912 in Küppersteg als jüngstes von acht Kindern geboren. Schon als kleiner Junge begann er mit dem Fußballsport und trat daher in die erste Schülermannschaft seines Heimatvereins Jahn Küppersteg ein. Im Alter von 16 Jahren spielte der als hochtalentiert geltende Janes bereits in der ersten Herrenmannschaft und wurde Gruppenmeister in der Bezirksklasse.
Bei einer Freundschaftspartie zweier Betriebssportmannschaften wurden die für Fortuna Düsseldorf spielenden Willi Pesch (1907-1940) und Stanislaus Kobierski (1910-1972) auf die Leistung des jungen Janes aufmerksam und vermittelten ihm ein Probetraining bei ihrem Club. Anfang 1930 wurde Janes in die Reihen der Fortuna aufgenommen. Bereits bei seinem ersten Freundschaftsspiel gelang ihm ein Treffer; die Verletzung eines Stammspielers ermöglichte ihm schließlich den Aufstieg in die erste Elf.
Im Gegensatz zu seiner beruflichen Karriere (Janes hatte eine Maurerlehre absolviert) – war bis 1932 arbeitslos und danach bei den Düsseldorfer Stadtwerken und den IG Farben-Werken tätig – verlief seine sportliche Karriere sehr erfolgreich: Nach einer guten ersten Saison, in der sich Paul Janes als rechter Verteidiger etablieren konnte, wurde er am 8.3.1931 mit Fortuna Düsseldorf Westdeutscher Meister. In der Folge erhielt er im Mai 1931 seine erste Nominierung für die westdeutsche Auswahl zum Spiel gegen Ostholland in Arnheim. Im Herbst 1931 bekam er eine Einladung von Reichstrainer Otto Nerz (1892-1949) für ein Länderspiel gegen Österreich in Wien, kam bei der 0:5 Niederlage der deutschen Elf jedoch nicht zum Einsatz. Sein erstes internationales Länderspiel bestritt Paul Janes schließlich am 30.10.1932 beim 2:1 Sieg über Ungarn in Belgrad.
Am 11.6.1933 gelang Paul Janes sein größter nationaler Erfolg mit Fortuna Düsseldorf: Als erster westdeutscher Verein wurde die Mannschaft Deutscher Fußballmeister. Die Fortuna setzte sich im Meisterschaftsendspiel, das im Müngersdorfer-Stadion in Köln stattfand, mit 3:0 gegen den FC Schalke 04 durch. Auch Paul Janes gehörte zu jener legendären Meisterelf, die als Außenseiter in das Spiel gestartet war und von ihren Fans und der Presse als „Helden von Müngersdorf" gefeiert wurde. Zuvor hatte man bereits eindrucksvoll Rasensport Gleiwitz mit 9:0, Arminia Hannover mit 3:0 und Eintracht Frankfurt mit 4:0 bezwungen. Bis heute stellt der Sieg im Meisterschaftsendspiel 1933 den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte der Fortuna dar.
Bis zum Zweiten Weltkrieg nahm Paul Janes als Spieler von Fortuna Düsseldorf zwischen 1936 und 1940 noch fünf Mal als Meister der Gauliga Niederrhein an der Endrunde um die Meisterschaft teil. 1936 wurde Janes Vize-Meister, 1937 Vize-Pokalsieger, 1938 folgte ein dritter Platz in der Meisterschaft.
Erst nach dem Meisterschaftserfolg 1933 wurde Reichstrainer Otto Nerz erneut auf Paul Janes aufmerksam, nachdem dieser seit 1932 keinen Einsatz in der Nationalmannschaft hatte vorweisen können. Erst am 22.10.1933 bestritt er sein zweites Spiel im Trikot der Nationalelf. Janes beeindruckende Leistung beim 8:1-Sieg über Belgien sollte ihn zukünftig aber auch in der Nationalmannschaft zum unverzichtbaren Stammspieler machen und bedeutete den endgültigen internationalen Durchbruch.
Der überraschende dritte Platz bei der Weltmeisterschaft in Italien 1934 stellte für Janes den größten internationalen Erfolg dar. Obwohl die deutsche Mannschaft, die mit einem Altersdurchschnitt von 23 Jahren zu den jüngsten des gesamten Turniers zählte, als Außenseiter in die Weltmeisterschaft gestartet war, gelang ihr im spannenden Spiel um Platz drei gegen den Favoriten Österreich ein beachtlicher 3:2 Erfolg. Hatte der Abwehrstratege Janes bei der Weltmeisterschaft 1934 eine herausragende Leistung erbracht, konnte er jedoch aufgrund einer Verletzung nicht an den Olympischen Spielen 1936 teilnehmen und stand daher auch nicht bei der blamablen 0:2-Niederlage gegen Norwegen am 7.8.1936 auf dem Platz.
Insgesamt galt Janes sowohl bei seinen Trainern, als auch bei Mitspielern und Schiedsrichtern als umgänglich und „pflegeleicht". Er wurde aufgrund seiner Schnelligkeit, Ballbeherrschung und Kraft von seinen Teamkollegen als Fußballer der Spitzenklasse geschätzt und von den generischen Stürmern gefürchtet.
War Janes auf dem Platz ein engagierter Fußballer, so wurde der wortkarge Abwehrspezialist in der Öffentlichkeit berühmt für seine knappen Antworten und kurzen Kommentare. Nach der Weltmeisterschaft in Italien 1934 wurde er von einem Reporter gefragt, wie es in Italien gewesen sei. Die knappe Antwort lautete „warm" und spiegelte deutlich die Zurückhaltung des Düsseldorfer Nationalspielers wider.
1937 konnte Janes unter dem neuen Reichstrainer Sepp Herberger erneut auf internationalem Parkett antreten. Das Jahr 1937 wurde zu einem grandiosen Siegeszug für die deutsche Elf: zehn ihrer elf Länderspiele konnte die deutsche Mannschaft überragend für sich entscheiden. Am 16.5.1937 erlebten 40.000 Besucher im Stadion der schlesischen Metropole Breslau einen 8:0-Sieg gegen Dänemark. Die deutsche Mannschaft zelebrierte Fußball in Vollendung: Dänemark, eigentlich ein starker Gegner, wurde regelrecht vom Platz gefegt. Doch es war nicht nur die Höhe des Sieges, sondern auch die begeisternde Spielweise, die die Truppe um den fünffachen Torschützen Otto Siffling (1912-1939) und den Abwehrchef Paul Janes als „Breslau-Elf" in die Geschichte eingehen und zu einem Mythos werden ließ.
1937 blieb die „Breslau-Elf" in elf Spielen unbesiegt, gewann davon zehn, darunter auch ein furioses 5:0 gegen Schweden in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft in Frankreich. Lediglich im ersten Länderspiel des Jahres hatte man sich mit einem 2:2 unentschieden gegen die Niederlande begnügen müssen. Keine nachfolgende Nationalmannschaft sollte je eine glanzvollere Jahresbilanz aufweisen. Die Überlegenheit des deutschen Teams 1937 machte die „Breslau-Elf" außerdem zu einem der Topfavoriten für die Weltmeisterschaft im folgenden Jahr in Frankreich.
Der „Anschluss" Österreichs am 12.3.1938 an das Deutsche Reich zerstörte jedoch für Paul Janes und seine Teamkollegen den Titeltraum. Aus politischen Gründen war Trainer Sepp Herberger gezwungen, die Teamaufstellung zu verändern und neben sechs Deutschen fortan fünf Österreicher in die Stammelf aufzunehmen. Vor 1938 hatten die Nationalmannschaften beider Länder zur unbestrittenen Weltspitze gehört, sich jedoch in ihren Spielsystemen deutlich voneinander unterschieden. Eine homogene Mannschaft ließ sich aus rivalisierenden, in ihrer Spielauffassung nicht miteinander harmonisierenden Einzelkönnern in der Kürze der Zeit nicht formen. Die gegenseitige Verachtung für österreichische „Schönspieler" beziehungsweise deutsche „Leichtathleten" vergiftete die Atmosphäre innerhalb des Teams. Wegen der Umstellung der Herberger-Elf musste Janes bei der Weltmeisterschaft 1938 seine Position als Verteidiger für einen Österreicher frei machen und spielte daher im Mittelfeld.
Trotz mäßiger Ergebnisse (unter anderem verlor man in Berlin gegen England mit 3:6) galt die gemischte Truppe in der Öffentlichkeit als haushoher Favorit. Zunächst zeigte die Mannschaft im Achtelfinalspiel gegen die Schweiz auch eine ansprechende Leistung und ging früh in Führung. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit gelang den Schweizern jedoch der Ausgleich zum Endstand von 1:1. Am 9.6.1938 folgte daher ein Wiederholungsspiel in Paris. Trotz einer zunächst überlegenen Spielweise und einer 2:0-Führung vergab die „großdeutsche" Mannschaft den Sieg leichtfertig. Am Ende siegten die Schweizer verdient mit 4:2. Die deutsche Mannschaft hatte die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen können.
Dass das gerade neu erstandene „Großdeutschland" bereits in der ersten Runde ausgeschieden war, kam einer Blamage gleich. Keine nachfolgende deutsche Mannschaft sollte je bei einer Weltmeisterschaft schlechter abschneiden. Die deutsche Presse zeigte sich als schlechter Verlierer und machte die „unfairen Zuschauer" im „Hexenkessel von Paris" und den angeblich parteiischen Schiedsrichter verantwortlich.
Erst 1939 gelangte das deutsche Team langsam zu seiner alten Form zurück: Beim 3:2 gegen Jugoslawien am 26.2.1939 erzielte Paul Janes das erste seiner insgesamt sieben Länderspieltore. Im Dezember 1939 düpierte man den amtierenden zweifachen Weltmeister Italien mit 5:2.
Am 22.11.1942 bestritt Paul Janes gegen die Slowakei sein 71. und gleichzeitig letztes Länderspiel. Die Partie endete mit einem 5:2 für Deutschland und war das letzte Spiel einer Auswahlmannschaft des Deutschen Reiches.
Janes blieb fast 30 Jahre Rekordnationalspieler des Deutschen Fußball Bundes. Erst Uwe Seeler sollte die Anzahl seiner Länderspiele egalisieren und am 9.9.1970 eine neue Bestmarke aufstellen. In seinen 71 Länderspielen von 1932 bis 1942 erzielte Janes sieben Tore und konnte 41 Siege und 14 Unentschieden verbuchen; in 31 Partien trug er die Kapitänsbinde.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und die daraus resultierende Einstellung des Länderspielbetriebs unterbrachen seine nationale Karriere. In den ersten Kriegsjahren versuchten die Funktionäre der Fortuna Düsseldorf, seine Einberufung herauszuzögern, damit er weiter für Düsseldorf spielen konnte. Trotzdem wurde er Anfang 1941 zur Reichsmarine eingezogen und in Wilhelmshaven stationiert. Im Juni 1942 wurde Janes zur Marineflak Brunsbüttelkoog versetzt, wo er bis Kriegsende blieb. Während der Kriegsjahre 1940-1942 lief er für diverse Teams auf; unter anderem spielte er weiterhin sporadisch für Fortuna Düsseldorf, aber auch bei Wilhelmshaven 05 und beim Hamburger SV.
Nach dem Kriegsende 1945 kehrte Paul Janes nach Düsseldorf zurück und übernahm erneut einen Posten bei der Stadtverwaltung. Seit der Saison 1947/ 1948 stand er auch wieder in den Diensten von Fortuna Düsseldorf. Mit Ausnahme der Saison 1949/ 1950 spielte Janes von 1947 bis zu seinem Karriereende 1951 in der Oberliga West. An seine frühere Form konnte er jedoch nach dem Krieg nicht wieder anknüpfen. Insgesamt absolvierte er noch 73 Spiele für die Fortuna und erzielte 14 Tore.
Seit der Saison 1950/ 1951 fungierte er bei Fortuna Düsseldorf als Spielertrainer und führte die Mannschaft nach dem Abstieg von 1949/ 1950 erneut in die Oberliga West. Eine schwere Verletzung zwang ihn 1950, seine aktive Karriere zu beenden. Ein Jahr später endete auch seine Laufbahn als Trainer der Fortunen, da seine Mannschaft erfolglos in die Saison 1950/ 1951 gestartet war und Janes frühzeitig entlassen wurde. Er versuchte sich in der Folge als Trainer in Sterkrade, Baesweiler, Trier und Vohwinkel. Die Erfolge blieben jedoch aus. Es mangelte ihm an taktischem Verständnis. Zudem fehlten ihm die für den Trainerposten notwendigen Führungsqualitäten. In den folgenden Jahrzehnten führte er zusammen mit seiner Frau Gerta eine Gaststätte in Düsseldorf. Anlässlich seines 60. Geburtstags wurde er 1972 zum Ehrenmitglied der Fortuna Düsseldorf ernannt.
Paul Janes starb am 12.6.1987 an Herzversagen. Ihm zu Ehren wurde das alte Stadion von Fortuna Düsseldorf in Paul-Janes-Stadion umbenannt.
Werke
Ein Leben für den Fußball, Offenbach a. M. 1947.
Literatur
Bolten, Michael, „Alles andere ist nur Fußball". Die Geschichte von Fortuna Düsseldorf, Göttingen 2005.
Franta, Robert, Fußballweltmeisterschaft 1938 Frankreich, Fuldabrück 1994.
Havemann, Nils, Fußball unterm Hakenkreuz, Bonn 2005
Online
Stiller Star der Breslau Elf - Vor 95 Jahren: Rekord-Nationalspieler Paul Janes wird geboren (Information auf der Website des WDR). [Online]
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Striewski, Jennifer, Paul Janes, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/paul-janes/DE-2086/lido/57c92be8dff2a6.99752230 (abgerufen am 19.08.2024)