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François Rousseau war Hofmaler der Kölner Kurfürsten Clemens August, Maximilian Friedrich und Maximilian Franz. Rousseaus Sujet war neben Dekorationsmalerei das kurkölnische Hofleben. Der Sohn Franz Jacob Rousseau (1757-1826), seit 1786 in Kleve ansässig, übte sich im gleichen Genre; ein weiterer Sohn, Johann Baptiste, ist ebenfalls als Maler überliefert.
Herkunft und Geburt François Rousseaus bleiben im Dunkeln. Er gilt als der Sohn eines Bildhauers aus Frankreich, den der Architekt Guillaume Hauberat (gestorben um 1749) 1717 bis 1719 in mehreren Briefen aus Bonn an Robert de Cotte (1656-1735) in Paris erwähnt. Dieser Rousseau arbeitete am Bonner Palais des Grafen St. Maurice, dem späteren Boeselagerhof, und im Residenzschloss.
In den Taufregistern der Bonner Kirchenbücher findet sich keine Eintragung über die Geburt François Rousseaus. Möglich, dass er bereits in Frankreich geboren wurde. Erstmals wird er im Kirchenbuch von St. Remigius als Jo(ann)es Franciscus Russo genannt, als er am 12.1.1751 die Bonnerin Anna Maria Riegels heiratete. Am 20.2.1752 wurde die erste Tochter Maria Margaretha getauft, am 8.9.1753 die zweite Tochter Anna Gertrudis. Danach wurden bis 1774 sieben Söhne aus der Taufe gehoben, darunter am 4.10.1757 „Jacobus Franciscus", der erwähnte Franz Jacob, und am 25.5.1766 „Johannes Baptista Antonius". 1758 wohnte der „Maler Roßon" in der Bonner Judengasse; 1773 und 1795 ist sein Wohnsitz in der Wenzelgasse überliefert. Die kurkölnischen Hofkalender 1759 bis 1794 nennen einen Hofmaler Peter Rousseau; er ist mit François identisch.
Die meisten heute mit Rousseaus Namen verbundenen Werke sind – stilkritisch gut begründbare – Zuschreibungen. Einige wenige Malereien sind signiert oder monogrammiert, andere durch Rechnungen für Rousseau gesichert. Das frühestbekannte Ereignisbild stellt das Jahrmarkttreiben der „Poppelsdorfer Kirmes" dar, die anlässlich der Schlosskapellenweihe 1746 erstmals und in den beiden folgenden Jahren veranstaltet wurde (1746/1748). Die ursprüngliche Farbfassung des Poppelsdorfer Schlosses in Gelb, Grau und Weiß wurde 1977/ 1979 nach diesem Gemälde rekonstruiert. Als eine der Quellen für die Rekonstruktion der ursprünglichen Farbfassung von Schloss Falkenlust zu Brühl diente 2002 das Gemälde „Falkenjagd vor Schloss Falkenlust" (um 1755/1761), das zu den erzählfreudigsten Darstellungen des Jagdgeschehens mit Falken auf Reiher um das Lustschloss des Kurfürsten Clemens August zählt. Das kurfürstliche Residenzschloss zu Bonn in ursprünglicher Farbgestaltung (Weiß und Grau) mit dem Hofgarten, in dem die Hofgesellschaft lustwandelt, stellt Rousseau im städtebaulichen Zusammenhang mit dem Poppelsdorfer Schloss dar (um 1755). Im Mittelpunkt eines rauschenden Ballereignisses im Bonner Hoftheater steht die kostümierte und überwiegend maskierte Hofgesellschaft mit Kurfürst Clemens August als Gastgeber in zwei erhaltenen (von vier überlieferten) „Bönnschen Ballstücken". Die sich vergnügende und in exotischem Gefilde ergehenden Damen und Herren des Hofes bevölkern ferner zwei Darstellungen des „Indianischen Hauses" in Brühl (vor 1761), mit dem Clemens August der Chinamode huldigte. Das Vergnügen dieses Kurfürsten auf der Parforcejagd schildern wenigstens zwei Gemälde „Parforcejagd im Kottenforst" (vor 1761).
Rousseau war auch Chronist mit dem Pinsel von zwei verheerenden Bränden, die die Stadt Bonn heimsuchten. Verschollen sind vier Darstellungen, die den „Brand und den Wiederaufbau der Bonner Kapuzinerkirche" 1754/ 1756 darstellten. In zahlreichen dramatischen Gemälden und Grafiken ist ferner der „Brand der Bonner Residenz" von 1777 durch François Rousseau und seinen Sohn Franz Jacob überliefert. Eine Serie von Gemälden hält ein für die Residenzstadt und ihre Bewohner wichtiges Ereignis fest: die „Ankunft zu Schiff" und den „Einzug des Koadjutors Maximilian Franz" 1780. Die Szenerie auf dem Bonner Marktplatz, wo der nachmalige Kurfürst sich 1780 beim feierlichen Einzug dem Volk in der sechsspännigen Kutsche zeigte, wandelte sich auf einem Gemälde etwa aus gleicher Perspektive 1794 radikal. Der Kurfürst ist vor den französischen Revolutionstruppen geflohen, und am Marktobelisk ist der Freiheitsbaum errichtet.
Neben Ereignisbildern als Einzelstücken oder Zyklen schuf Rousseau Veduten, Supraporten, illusionistische Architekturmalereien und Bilder auf Leinwandtapeten. Im Treppenhaus des Brühler Schlosses Augustusburg malte er zwei Veduten in Grüntönen mit Szenen der Falkenjagd vor Schloss Falkenlust (bezahlt 1764), im Speise- oder Musiksaal des Großen Neuen Appartements dieses Schlosses versah er eine blinde Fensterachse mit perspektivischen Scheinarchitekturen (bezahlt 1765). In den beiden Vorzimmern dieser Raumfolge stellte er auf den Supraporten unter anderem „fêtes galantes" dar (bezahlt 1764), für die er wie in der Zeit üblich Stichvorlagen verwendete, hier nach Gemälden von Nicolas Lancret (1690-1743) und Antoine Watteau (1684-1721).
Auch für den Adel im Umkreis der kurfürstlichen Residenz war Rousseau tätig. Für den Grafen Salm-Reifferscheid-Dyck auf Schloss Dyck (Jüchen) malte er Ansichten von dessen Besitzungen und Tapeten mit duftigen Szenen herrschaftlicher Vergnügungen bei Musik, Tanz, und Spiel. Sich selbst stellte Rousseau in einer der Szenen dar, wie er die gräfliche Familie konterfeit, assistiert von seinem 13-jährigen Sohn Franz Jacob mit der Zeichenmappe; auf ihr Rousseaus Signatur und die Jahreszahl 1770. Die Kompositionsstruktur dieses Bildes übernahm er einem Gemälde des Franzosen Carle van Loo (1705-1765) „Der Pascha lässt das Porträt seiner Mätresse malen" (1737), schien sie ihm doch wie die Stichvorlagen der „fêtes galantes" in Brühl als künstlerisch ausgereift, deshalb nach zeitgenössischer Auffassung bedenkenlos verwendbar. Auch in den Schlössern Miel (Swisttal) und Wahn (Köln-Porz) haben sich Räume mit gemalten Tapeten erhalten, die Rousseau stilkritisch zugeschrieben werden können.
François Rousseau starb am 2.9.1804 im Alter von 87 Jahren. Er zählt sicher nicht zu den ersten Malern seiner Zeit, dennoch ist er ein hinreißender Erzähler mit viel Sinn für Details und für phantasievoll dargebotene Szenerien. Die Nachwelt hätte kaum so anschauliche Zeugnisse vom Leben und herausragenden Ereignissen am Hofe der letzten Kurfürsten von Köln, hätte Rosseau nicht Gemälde hinterlassen wie seine Ereignisbilder.
Literatur
Felgner, Carsten, Das Ereignisbild in Kurköln im 18. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Hofmalers Rousseau, in: Das Ideal der Schönheit. Rheinische Kunst in Barock und Rokoko, hg. von Frank Günter Zehnder, Köln 2000, S. 335-368.
Hansmann, Wilfried, „Falkenjagd vor Schloss Falkenlust". Ein neuentdecktes Gemälde François Rousseaus, in: Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 38 (1999), S. 31-44.
Hansmann, Wilfried, Das Treppenhaus und das Große Neue Appartement des Brühler Schlosses. Studien zur Gestaltung der Hauptraumfolge, Düsseldorf 1972.
Hansmann, Wilfried/Knopp, Gisbert, Bildende Kunst zur Zeit der Kurfürsten Joseph Clemens und Clemens August, in: Internationale Künstler in Bonn 1700-1860, Bonn 1984, S. 31-33.
Herzog, Harald, Schloss Miel und die Wandgemälde des François Rousseau, in: Denkmalpflege im Rheinland 8/2 (1991), S. 49-61.
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Hansmann, Wilfried, François Rousseau, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/fran%25C3%25A7ois-rousseau/DE-2086/lido/57cd23161c0e87.04620184 (abgerufen am 19.08.2024)