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Nieder-Olm (VG Nieder-Olm, Landkreis
Mainz-Bingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Nieder-Olm, in früheren Jahrhunderten Sitz eines kurmainzischen Amtes,
lebten bereits im Mittelalter einzelne Juden. Erstmals wird 1236
ein Jude aus Olmin erwähnt, der Schreiber einer heute in Mailand aufbewahrten
Torarolle war (Joseph ben Moshe aus der Kalonymidenfamilie). 1427 oder
kurz vorher verklagte ein hier ansässiger Jude seine Schwester vor dem
geistlichen Gericht in Mainz. Der damalige Mainzer Erzbischof entschied
zugunsten der Schwester und verwies den Bruder im Falle eines Einspruches an das
jüdische Gericht zu Mainz oder Frankfurt am Main. Nach Nieder-Olm benannte
Juden lebten in Kronberg (1438) und Worms (1495).
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bestand eine kleine jüdische
Gemeinde am Ort, deren Ursprünge in das 17. Jahrhundert zurückgehen: seit 1665
wird Jud Mayer am Ort genannt, 1698 auch Peter Meyer Judt. 1708 wird von
einer "Gemeinen Judengass" berichtet, wo vermutlich die jüdischen
Familien wohnten (nahe der "Obergasse"; um 1700/10 werden u.a. die
Juden Abraham, Mändle von Eltvoll, Hertz, Affron, Ahron, Nathan und Löw
genannt). 1780 wird als Schutzjude am Ort Jud Hayum genannt.
Um 1804 wurden nur zwei jüdische Einwohner gezählt (Viehmakler Benjamin
Mayer). Bis 1828 nahm die Zahl der Juden am Ort auf 16 zu. 1840 werden die jüdischen
Familien Philipp Stamm, Michael Mayer, Mathias Mayer, Salomon Deutsch und Jonas
Neumann genannt. 1861 wurden 37 Personen gezählt (2,6 % von insgesamt
1.440 Einwohnern), 1880 die Höchstzahl von 64 (3,8 % von 1.671)
erreicht. Danach ging die Zahl - vor allem auch auf Grund mehrerer antisemitischer
Anschläge gegen jüdische Familien in den Jahren 1881-1892 (siehe unten) -
zurück: 1900 32 jüdische Einwohner (1,8 % von 1.766), 1910 28 (1,4 % von
2.027), 1925 19 (0,9 % von 2.122) und 1931 19 Personen. Die jüdischen Familien
lebten von Handel mit Vieh, landwirtschaftlichen Produkten, Textilien und
anderen Waren. Einer war Metzger.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise (vgl.
Stellenausschreibung von 1876 s.u.) ein Lehrer angestellt, der zugleich
als Vorsänger und Schochet tätig war.
Um 1930 waren die Vorsitzenden des Synagogenrates Otto Baum, Ludwig
Goldschmidt und Alfred Schlösser. Damals (teilweise bereits seit der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts) gehörten zur Gemeinde Nieder-Olm auch die in Stadecken
(7 Personen), Niedersaulheim
(26 Personen), Harxheim (7 Personen), Sörgenloch
(2 Personen) und Gau-Bischofsheim lebenden Juden.
Nach 1933 (in diesem Jahr wurden 23 jüdische Einwohner gezählt, 1,0 %
von insgesamt 2.225 Einwohnern) sind die meisten der hier noch wohnhaften Juden auf
Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykottes, der zunehmenden Entrechtung und
der Repressalien ausgewandert oder verzogen nach Mainz oder Wiesbaden. Beim
Novemberpogrom 1938 war die Synagoge bereits verkauft; es kam jedoch zu
schweren Zerstörungen und Plünderungen in den noch bestehenden jüdischen Häusern.
Im Mai 1939 lebten nur noch zwei jüdische Personen am Ort.
Von den in Nieder-Olm geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", verglichen mit den Listen
bei Peter Weisrock s.Lit. S.134-139): Else Blättner geb. Mayer (1908),
Betty (Barbara) Goetz geb. Mayer (1879), Johanna Jacobi geb. Klein (1855),
Eugenie Kirchheimer geb. Schaffner (1885), Albert Kramer (1866), Justine Kramer
geb. Selig (1869), Bertha Levy geb. Mayer (1875), Elisabeth (Betty) Mayer geb.
Mann (1885), Otto Mayer (1881), Anna Nachmann geb. Neumann (1872),
Franziska Neumann geb. Mayer (geb. ?), Josef Neumann (geb. 1904), Georgine Wolf
geb. Deutsch (1885).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1868 / 1876
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1868:
"Lehrer gesucht.
In der israelitischen Gemeinde zu Niederolm, Provinz Rheinhessen,
ist die Stelle eines Lehrers, Vorbeters und Schochets zum sofortigen
Eintritt vakant. Fixer Gehalt 220 Gulden nebst freier Wohnung und Heizung.
Die Schechita trägt ca. 100 Gulden ein; sonstige Nebeneinkünfte belaufen
sich auf 50 Gulden. Bewerber wollen sich wenden an den Vorstand
K. Klein." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. August 1876:
"Lehrer-Gesuch.
Die Stelle eines Lehrers und Vorsängers in
israelitischer Gemeinde Nieder-Olm mit einem fixen Gehalt von 650 Mark,
Nebenverdienste ca. 150 Mark, freier Wohnung und Heizung wird per 15.
November dieses Jahres vakant und belieben sich etwaige Reflektanten (am
liebsten verheiratete) zu wenden an
A. Klein, Vorstand. Nieder-Olm bei
Mainz." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Antisemitische Vorfälle in Nieder-Olm und Umgebung (1881)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1881: "Mainz, 20. Februar
(1881). Die Judenhetze in verschiedenen unserer Nachbargemeinden scheint
eher im Zu-, als im Abnehmen begriffen zu sein. So wurden am Mittwochabend
um 11 Uhr an dem Hause eines in Hechtsheim wohnenden Israeliten die
Fenster mit Pflastersteinen derart zertrümmert, dass sogar das
Fensterkreuz in Stücke flog. Auch einem Christen wurden die Fenster
eingeworfen, doch wohl nur aus dem Irrtum, denn bis vor Kurzem war die
Wohnung des Christen von einem Israeliten bewohnt und war dieser
Wohnungswechsel wahrscheinlich noch nicht zur Kenntnis der
Fenstereinwerfer gelangt. – Auch in Heidesheim wurden vorgestern die
Fenster eines dorten wohnenden Israeliten während der Nacht mit Steinen
eingeworfen. – In Nieder-Olm ferner, wo man erst kürzlich die einem
Israeliten gehörigen Obstbäume gewaltsam zerstörte, wurde vorgestern
Nacht ein Zettel an das Haus eines Juden geklebt mit dem Inhalte, dass,
wenn binnen 8 Tagen die Juden nicht ausgewandert seien, man denselben den
Hals abschneiden würde. Das sind die Folgen des zelotischen Wahnwitzes
gewisser Leute und ihres Anhanges, sowie der unter dem Deckmantel des
Christentums verübten Hetzereien in gewissen Blättern! Gott besser’s!
(Mainzer Anzeiger)." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. März 1881: "Mainz, 12. März
(1881). Heute erschien bei der hiesigen Staatsanwaltschaft ein in
Nieder-Olm wohnender Israelit und erstattete die Anzeige, dass in der
verflossenen Nacht wiederholt der Versuch gemacht worden sei, das Haus
desselben in Brand zu stecken. Die Staatsanwaltschaft hat sofort Schritte
getan, die hoffentlich zur Ermittlung der Täter führen. - Bezüglich der
jüngst gemachten Mitteilung aus
Stadecken über das mit Pulver gefüllte Brennholz, erfahren wir, dass
schon vor einigen Tagen in der Wohnung eines dortigen Israeliten eine
Explosion durch solches Pulver gefülltes Holz hervorgerufen wurde, doch ist
glücklicherweise die gewünschte Wirkung nicht eingetreten. Erst durch diesen
Fall sah sich auch ein anderer Israelit veranlasst, sein Brennholz zu
untersuchen, wobei ihm die von uns schon erwähnten Holzstücke in die Hände
fielen. Die Untersuchung bezüglich des Täters ist bis jetzt noch erfolglos
geblieben. . |
Mehrere Antisemiten aus Nieder-Olm vor Gericht (Juni 1881)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juni 1881:
"Mainz, 8. Juni (1881). Vor der Strafkammer des Landgerichts
erscheinen heute fünf Bewohner von Nieder-Olm, der Ackersbursche R.K.,
der Schuhmacher Ph.A.B., der Küfer und Spezereihändler P.S., der
Tüncher F.B. und der Schuhmacher J.B.A. Dieselben stehen unter der
Anschuldigung, zu Fastnacht letzten Jahres einen Maskenzug veranstaltet zu
haben, durch welchen verschiedene israelitische Einwohner Nieder-Olms
verhöhnt und beleidigt wurden; eine weitere Beschuldigung ist dahin
gerichtet, dass ein gewisser jüdischer Bewohner des bezeichneten Ortes
durch die Rufe: 'Hepp! Hepp! Jud! Jud!' beleidigt wurde. Die Personen des
Zuges stellten nur Juden dar. Auf einem Wagen befand sich eine Guillotine,
zu welcher zeitweise Personen aufgezogen wurden, welche auf dem Rücken
Aufschriften trugen, die eine Identifizierung mit den fraglichen
israelitischen Einwohnern ausmachten und eine Verhöhnung und Beleidigung
derselben bewirkten. Ein Scharfrichter mit rotem Hemd stand auf der
Guillotine und hantierte mit einem großen Messer, ein Fallbeil
darstellend. Auf einem Wagen befand sich die Aufschrift: 'Nach Palästina!'
Der Maskenzug hielt vornehmlich an von Juden bewohnten Gebäuden und
führte die angedeuteten Manöver aus. Auch andere Teilnehmer des Zuges
trugen auf dem Rücken Aufschriften oder führten Gegenstände mit sich,
durch welche sie auf bestimmte jüdische Personen anspielten respektive
solche vorstellten. Am Abend fand Theater statt, wobei sich stets die
Rufe: 'Hepp! Hepp! Jud! Jud!' wiederholten. Die betreffenden Familien
haben, durch diese Vorfälle und durch die späteren Ereignisse
veranlasst, ihren Wohnsitz in Nieder-Olm verlassen und anderwärts sich
angesiedelt. Von Seiten der Beschuldigten wird zu ihrer Verteidigung
angeführt, dass die Tendenz des Maskenzuges gegen die Wucherer im
Allgemeinen gerichtet gewesen, so gut gegen christliche wie gegen
israelitische. Es mag Erwähnung finden, dass bei den Vorberatungen für
die karnevalistische Veranstaltung ausgesprochen worden war, demjenigen,
der den Verräter spiele, ginge es schlecht. Die Staatsbehörde verwies
auf die allgemein feindselige Stimmung gegen die Juden in unserer Provinz,
wie sie auf das Signal aus dem Norden sich gestaltet, sowie auf die vielen
exzessiven Vorgänge hin, die noch immer zu registrieren sind, indem sie
in dem betreffenden Maskenzuge eine strafbare Handlung, respektive eine
Beleidigung der betreffenden Israeliten erblickt und angesichts der
sozialen Verhältnisse eine energische Freiheitsstrafe beantragt. Der
Urteilsspruch der Sache ist auf Mittwoch den 15. Juni vertagt." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 28. Juni 1881: "Mainz,
8. Juni (1881). Ein Teil der gegen die Juden in Rheinhessen verübten
Beleidigungen beschäftigte heute die Strafkammer unseres Landgerichts. Als
Angeklagte erschienen fünf Personen von Nieder-Olm: ein Gastwirtssohn, ein
Schuhmachermeister, ein Spezereihändler, ein Maurer und ein
Schuhmachergeselle. Die Anklage lautet dahin: 1) eine israelitische Familie
durch einen öffentlichen Straßenunfug gröblich beleidigt und 2) einen
Handelsmann mit dem Rufe 'Hep! hep!' verfolgt zu haben. Nach Aussage der
vernommenen Zeugen erschien in der Woche vor Fastnacht im 'Gau-Algesheimer
Volksboten' ein Inserat, dass am folgenden Dienstag ein antisemitischer
Maskenzug in Nieder-Olm stattfinden werde. Dieser Zug fand auch statt. Wie
die Zeugen angeben, befand sich auf einem Wagen eine Guillotine, an welcher
zeitweise Personen aufgezogen wurden, die auf dem Rücken auf israelitische
Einwohner bezügliche Aufschriften trugen. Ein Scharfrichter mit rotem Hemd
stand auf der Guillotine und hantierte mit einem großen Messer, das ein
Fallbeil darstellen sollte. Auf einem zweiten Wagen befand sich die
Aufschrift: 'Nach Palästina!' Der Maskenzug hielt vornehmlich an den von
Juden bewohnten Häusern, wo jedes Mal die betreffenden Demonstrationen
ausgeführt wurden. Die hauptsächlichst insultierten Israeliten haben in
Folge dieser Vorgänge ihren Wohnsitz von Nieder-Olm verlegt. Als
Entschuldigung führten die Angeklagten an, dass die Tendenz des ganzen
Aufzuges gegen die Wucherer im Allgemeinen gerichtet gewesen. Der Vertreter
der Staatsbehörde führte aus, dass die von Norden ausgegangene Bewegung
gegen die Juden in Nieder-Olm,
Stadecken, Jugenheim usw. solche
Dimensionen angenommen habe, dass sich die Staatsregierung veranlasst
gesehen habe, Gendarmen auf die einzelnen Orte zu detachieren, um die Juden
zu schützen. Das Treiben tage den Charakter einer Rassenverfolgung, das
Gericht müsse daher auf eine exemplarische Strafe erkennen. Das Urteil wird
in acht Tagen verkündet." |
Antisemitenversammlung mit Dr. Otto Böckel in Nieder-Olm (1892)
(vgl. Wikipedia-Artikel
zu Otto Böckel)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1892:
"Mainz, 25. Januar (1892). In dem nahen Nieder-Olm tagte verflossenen
Samstag eine Antisemiten-Versammlung, in welcher Dr. Böckel vor ca. 1.000
Bauern eine 1 1/2-stündige Rede hielt. Die Tagesblätter bringen Referate
über diese Versammlung und der 'Mainzer Anzeiger' schließt sein Referat
mit den Worten: 'Unter solchen Umständen wird man bald andere Dinge
erleben, wenn diesem Treiben kein Einhalt getan wird.' Wir schließen uns
diesen Befürchtungen an und machen besonders auf die Taktik der
Antisemiten aufmerksam, ihre Versammlungen am Sabbat abzuhalten, da sie
alsdann sicher sein dürfen, die gemeinsten Lügen unwidersprochen den
Bauern aufbinden zu können. Unserer Ansicht nach wäre es Sache der
Regierung, einem notorischen Hetzer und Aufwiegler, der durch Verbreitung
nichtswürdiger Lügen den öffentlichen allgemeinen Frieden zu gefährden
droht und zur Verfolgung friedlicher Menschen auffordert, das Betreten des
Landes zu verbieten oder ihn im Betretungsfalle unschädlich zu machen.
Oder sollte das Reichstagsmandat ein Privileg sein, um ungehindert
Zwietracht und Aufruhr säen zu dürfen? Wir wollen uns nicht weiter über
die Sache verbreiten, doch wünschen wir, unsere Staatsanwälte möchten
die jedenfalls schon abgeschwächten Referate einer genauen Durchsicht
würdigen (Neuesten Anzeiger und Anzeiger Nr. 21) um ermessen zu können,
was und wie Dr. Böckel gesprochen. Vielleicht wurde dieses Ermessen
Veranlassung gehen, dem gemeingefährlichen Treiben dieses Agitators
Einhalt zu tun, ehe es zu spät ist." |
Weitere antisemitische Vorfälle in Nieder-Olm (1892)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Februar 1892
und in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1892:
"Niederolm, 28. Januar. In Händen hiesiger Schulkinder wurde ein
gedrucktes 'Gebet' gefunden, in welchem Gott angefleht wird, alle Juden im
'Roten Meere' zu ertränken, wie seinerzeit die Ägypter. Dieses Pamphlet
und andere Schand- und Schundstücke gleicher Art wurden bei den letzten Antisemiten-Versammlungen
hier und an anderen Orten, welchen viele Kinder als Zuhörer beiwohnten,
verteilt! Ob dies kein 'grober Unfug' ist?" |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Nieder-Olm geboren sind |
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KK (Mainz 1939)
für Eugenie Kirchheimer geb.
Schaffner (geb. 30. November 1886 in Nieder-Olm),
wohnhaft in Mainz, am 30. September 1942 deportiert
ab Darmstadt vermutlich nach Treblinka, umgekommen |
KK (Mainz
1939) für Dr. Emil Kramer
(geb. 13. Februar 1878 in Nieder-OIm),
Rechtsanwalt
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KK (Mainz
1939) für Ernst Mayer
(geb. 9. Juli 1909 in Nieder-Olm),
Kaufmann
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KK (Mainz 1939)
für Otto Meyer
(geb. 12 Juli 1881 in Nieder-Olm) |
KK (Mainz
1939) für Bertram Strauß
(geb. 31. März 1867 in Nieder-Olm) |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Gau-Bischofsheim geboren sind |
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KK (Mainz 1939) für Max
Blumberg
(geb. 24. November 1906 in MZ-Bischofsheim),
Kaufmann |
KK (Mainz
1939) für Jakob Hirsch
(geb. 16. Oktober 1883 in Bischofsheim Krs. MZ),
Bankbeamter i.R. |
KK (Mainz 1939) für
Siegfried Selig
(geb. 25. Juli 1878 in Bischofsheim/Mainz)
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Hinweis: obige
Karten wurden diesem Bischofsheim (= Gau-Bischofsheim) zugeteilt, da in
der Ortsangabe der Geburtsorte immer ein Bezug zu Mainz hergestellt wird
und nicht zum heutigen Bischofsheim
Kreis Groß-Gerau, obwohl von 1930 bis 1945 Bischofsheim GG ein
Stadtteil von Mainz war (zuvor von 1852 bis 1930 Kreis
Groß-Gerau). |
Zur Geschichte der Synagoge
Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts gab es vermutlich
einen Betsaal in einem jüdischen Privathaus. 1747 bat der "Jude Benedict
zu Niederolm" um Erlaubnis, "eine Synagog zu halten". Die
Amtsvogtei Olm aber verbot ihm "ein für allemal, bei 6 Goldgulden Strafe,
keine Schule (also Gottesdienste) mehr in seinem Haus zu halten".
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gehörten die Juden aus Nieder-Olm zur jüdischen
Gemeinde in Hahnheim.
Aus dem Jahr 1806 liegt noch ein Bericht vor, nach dem in Nieder-Olm
"keine Judenschule besteht". Möglicherweise gab es in Nieder-Olm im
Laufe der Jahre einen Betsaal in einem Privathaus. 1855 kam es zur Gründung
einer eigenständigen kleinen Gemeinde in Nieder-Olm. 1858 wurde eine
kleine Synagoge in Nieder-Olm erbaut. Der Betsaal hatte die Maße von
etwa 5 m Länge und 3,5 m Breite. Vorbeter aus benachbarten Filialgemeinden, später
aus Mainz und dem jüdischen Seminar Frankfurt betreuten zunächst die
Gottesdienste der Gemeinde. Zeitweise wohnte auch ein Religionslehrer und Kantor
am Ort. Unter den Lehrern (Seminaristen aus Frankfurt?) werden u.a. genannt:
1886 Nathan Soedberg und Abraham Mannheimer, 1887 Joseph Timto aus Wien, 1889
Markus Schatz aus Sennstadt.
1892, als der Antisemitismus in Nieder-Olm bereits schlimme Auswirkungen
gezeigt hatte (siehe oben), kam es zu einer schweren Schändung der Synagoge:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November 1892:
"Aus Rheinhessen, 10. November (1892). In Nieder-Olm ist diese Woche
ein Bubenstreich verwerflichster Art ausgeführt worden; bis jetzt
unbekannte Burschen wussten sich nämlich in die dortige Synagoge Eingang
zu verschaffen und die Torarolle, Betmäntelchen etc. aufzufinden. Sie
schichteten die Sachen zusammen und steckten sie in der Synagoge selbst in
Brand. Es handelte sich hier zweifellos um einen Racheakt, dessen Urheber
hoffentlich bald ermittelt werden." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. November 1892:
Dieselbe Mitteilung wie in der Zeitschrift "Der Israelit"
siehe oben. |
Nach Wegzug der meisten jüdischen Einwohner zu Beginn der
NS-Zeit war kein jüdisches Gemeindeleben mehr möglich. Bereits in den
1920er-Jahren dürfte es schwer gewesen sein, immer wieder die zum Gottesdienst
notwendigen zehn jüdischen Männer zusammen zu bekommen. 1935 hatte die
israelitische Gemeinde Nieder-Olm praktisch aufgehört zu bestehen. Die nicht
mehr genutzte Synagoge wurde 1938 an einen Nachbarn verkauft und von
diesem als Lagerraum
verwendet. Bei einem Luftangriff Anfang 1945 wurde das Gebäude schwer
beschädigt beziehungsweise brannte völlig aus.
Seit November 1988 erinnert eine Gedenkstätte an die frühere
Synagoge. Sie wurde gemeinsam mit dem Kantor der jüdischen Kultusgemeinde Mainz
durch den damaligen Bürgermeister Schäfer am 11. November 1988 eingeweiht.
Adresse: Mittelgasse (früher Synagogengasse),
die Synagoge stand unmittelbar links neben dem heutigen katholischen
Kindergarten.
Fotos:
(Hahn, Aufnahmedatum 29.3.2005)
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Hinweistafel am Straßenschild
der Mittelgasse |
Gedenkstätte am Standort der
früheren Synagoge |
Gedenktafel |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 969. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen.
1971 Bd. II,140-141. |
| Peter Weisrock / Elmar Rettinger / Anton Weisrock:
Die jüdische Gemeinde von Nieder-Olm. 1988. 2000². 122 S. kartoniert.
(Erhältlich für 14 € bei Peter Weisrock Gärtnergasse 3
55268 Nieder-Olm E-Mail) |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 291 (mit weiteren Literaturangaben). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Nieder-Olm. A Torah scroll dating from 1236 and written by Yosef ben
Moshe of Olmin (or Ulmen) is preserved in Milan. The community, numbering 64 (4
% of the total) in 1880, drew members from other villages. It disbanded in 1937
and by May 1939 only two Jews remained, several having emigrated.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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