In Rheingönheim bestand eine jüdische Gemeinde bis
1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit um 1800 zurück, nachdem es bereits im
17. Jahrhundert jüdische Einwohner in der Stadt gab.
An die jüdische Gemeinde des 17. Jahrhunderts erinnerte noch längere
Zeit der jüdische Familienname "Ringanum". Prominenter
Vertreter war LemleMoses (geb. 1666), der sich um 1680 in
Mannheim niederließ, dort als Kaufmann tätig war und als Pächter des
Salzmonopols zu Reichtum kam. Er belieferte als kurpfälzischer Hof- und Milizfaktor
den kurfürstlichen Hof in Mannheim. Die jüdische Gemeinde Mannheim, deren
Vorsteher er jahrelang war, verdankt ihm vor allem die "Lemle-Moses-Klaus",
ein Zentrum jüdischen Lernens und des orthodoxen Gemeindelebens bis
1938.
Ende des 18. Jahrhunderts erfolgte seit 1798 wiederum die Aufnahme
jüdischer Personen in Rheingönheim (aus Mußbach
und Altleiningen). In Neuhofen wird
erstmals 1810 eine jüdische Familie genannt.
Seit 1821 (nach anderen Angaben erst seit dem 1. August 1856) bildeten die in Rheingönheim lebenden jüdischen Personen
gemeinsam mit denen in Neuhofen die jüdische Kultusgemeinde
Rheingönheim-Neuhofen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
in Rheingönheim wie folgt: 1823 20 jüdische Einwohner, 1875 48 (von insgesamt 1.831 Einwohnern),
1890 Höchstzahl von 57, 1900 37 (von 3.118). In Neuhofen waren es: 1825
acht jüdische Einwohner, 1835 vier, 1848 fünf Familien mit 21 Personen, 1875
und 1880 Höchstzahl von 54 jüdischen Einwohnern.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.) und eine Religionsschule
(bis zur Aufgabe der Schule 1911 im Synagogengebäude s.u.).
Die Toten der Gemeinde wurden in Otterstadt,
seit 1910 im jüdischen Friedhof in Neuhofen beigesetzt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Als Lehrer waren
insbesondere tätig: Simon Guggenheim (1871-1899) und Josef
Jacob (1911-1925). Die
Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Frankenthal.
Die jüdischen Einwohner waren im Ortsleben voll integriert. So war der Kaufmann
Max Fischer (Warenhaus in der ehem. Hartmannstraße 48, heute
Benngewannstraße 1) nicht nur langjähriger Vorsteher der Jüdischen Gemeinde, sondern
auch aktives Mitglied der Senioren-Turnierriege des Turnvereins Rheingönheim.
Seine Frau war im Ersten Weltkrieg eine der Frauen, die dem privaten Helferkreis
des Reservelazaretts in der Mozartschule Rheingönheim angehörten.
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde noch 21 Personen in Rheingönheim
und 23 in Neuhofen gehörten (in Rheingönheim 0,5 %
von insgesamt ca. 4.230 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde der
bereits genannte Max
Fischer, Israel Fischer, Einnehmer Decker und Max Blum. Als Lehrer, Kantor und
Schochet war weiterhin Josef Jakob tätig (s.u.). Zur jüdischen Gemeinde
Rheingönheim - Neuhofen gehörten auch die in Waldsee lebenden jüdischen Personen (1924 9 Personen).
Auf Grund der zurückgehenden Zahl der Gemeindemitglieder erfolgte mit dem
Wegzug des Kantors Jacob nach Ludwigshafen der Anschluss der Kultusgemeinde
Rheingönheim-Neuhofen an die Gemeinde in Ludwigshafen. 1928 wurden 21 jüdische Gemeindeglieder in Rheingönheim, 23 in Neuhofen
gezählt. 1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Max Fischer,
Schriftführer und Schatzmeister der Gemeinde war Adolf Decker.
Nach 1933 (noch fünf jüdische
Familien am Ort) ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 wurden noch 25
jüdische Einwohner am Ort gezählt. Die letzten acht wurden im Oktober 1940
nach Gurs deportiert. Aus Neuhofen wurden im Oktober 1940 elf jüdische Personen
deportiert.
Von den in Rheingönheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hortense
Adler geb. Blum (1876), Albert Blüm (1897),
Richard Blüm (1883), Alfons Blum (1905), Ludwig Blum (1873.
Foto des Grabsteines in Gurs siehe unten), Max Blüm (1887), Friedrich Hirsch (1888), Florence Kahn geb. Marx (1880),
Albert Marx (1885), Amanda Marx (1881, siehe Kennkarte unten), Hugo Marx (1883,
siehe Kennkarte unten), Paulina (Paula) Marx (1886), Jenny Mende (1867), Ernestine (Erna) Simons geb. Blum (1893), Arthur
(Artur) Weil (1880), Emilie Weil (1878), Flora Weil
(1891), Heinrich Weil (), Manfred Weil (), Max Weil ().
Von den in Neuhofen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Amanda Fischer geb.
Oehlbert (1900), Benno Fischer (1876), David Fischer (1870), Emil Fischer
(1881), Emilie Fischer (1881), Eugen Fischer (1880), Johanna Fischer (1877),
Julius Fischer (1903), Martha A. Fischer (1900), Meta Fischer geb. Schriesheimer
(1871), Auguste Lilienfeld geb. Fischer (1874), Johanna Öhlbert geb. Fischer
(1869), Julius Öhlbert (1875). Für vier Mitglieder einer der Familien Fischer wurden im November 2024
"Stolpersteine" in der Mozartstraße 6 verlegt (vgl. Pressebericht unten).
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. September 1899:
"Kantor- und Schächter-Gesuch.
Von der israelitischen Kultusgemeinde
Rheingönheim (Pfalz) wird ein lediger junger Mann als Vorbeter und
Schächter gesucht, der auch im Unterricht der israelitischen Lehre
bewandert ist. Eintritt sofortiger Gehalt fix Mark 500.-. Nebeneinkommen
ca. Mark 300.- und freie Wohnung. Offerten an den israelitischen Vorstand
Rheingönheim."
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 7. November 1901: "Da unser Herr Lehrer avanciert
ist, suchen wir sofort einen Lehrer, Vorbeter und Schächter. Das
Gehalt beträgt 500 Mark nebst freier Wohnung. Nebenverdienste 550 Mark.
Ledige Bewerber werden bevorzugt. Meldungen nebst Zeugnisabschriften sind
bis zum 20. November an den unterzeichneten Vorstand zu
richten. S. Blüm,
Rheingönheim (Pfalz)."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1903:
"Die Vorsänger- und Schächterstelle für die Gemeinde Rheingönheim
(Pfalz) ist bis 1. Februar 10ß4 nur für einen ledigen, jungen Mann zu
besetzen. Gehalt 500 Mark, ca. 600 Mark Nebenverdienst.
Bewerber wollen ihre Meldungsgesuche nebst Zeugnisse baldigst
einreichen. Der Vorstand."
Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27. November 1903:
"Rheingönheim (Pfalz). Vorbeter und Schächter per 1. Februar
(1904). Einkommen ca. 1.100 Mark. Nur ledige Bewerber."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober 1909:
"Die Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist in unserer
Gemeinde sofort zu besetzen. Das Fixum beträgt Mark 250.-, die Nebeneinkünfte
inklusive Schächtergebühren belaufen sich auf ungefähr Mark 400.-.
Außerdem ist der Inhaber der Stelle gleichzeitig Schächter in der
nahegelegenen Gemeinde Ludwigshafen am Rhein, was ca. 600-700 Mark
einbringen wird. Freie Wohnung ist vorhanden. Nur ledige Bewerber wollen
sich melden. Ausländer ausgeschlossen.
Offerten an den Kultusvorstand Max Fischer Rheingönheim (Rheinpfalz)."
Zum 80. Geburtstag des Kantors und Schochet Simon Guggenheim 1896 (seit 1871 in
Rheingönheim)
Simon Guggenheim stammte ursprünglich aus Tiengen,
seine Frau aus Krozingen.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1896:
"Rheingönheim (Bayerische Pfalz). Am Sonntag feierte der Kantor und
Schochet Simon Guggenheim, welcher bald 25 Jahre hier wirkt, seinen 80.
Geburtstag. Aus diesem Anlasse wurde derselbe von Seiten der Bürgerschaft
mit vielen Glückwünschen und Geschenken bedacht. Außerdem widmete der Männergesangverein
dem Jubilar ein Ständchen".
Hinweis: ein Enkelsohn des Kantors Simon Guggenheim besuchte im Juni 2007
Rheingönheim: Josef Guggenheim, geb. 1929 in Mannheim hat noch manche
Kindheitserinnerungen in Rheingönheim, wo er mit seinen Eltern Verwandte
und Bekannte besuchte. Sein Vater Ludwig Guggenheim (geb. 1883 in
Rheingönheim als jüngstes von sechs Kindern), war Filialleiter von
"Samt und Seide" in Mannheim. Die Familie emigrierte 1934 nach
Palästina. Der Großvater war der Kantor Simon Guggenheim. Quelle: www.rheingoenheim.info
(Artikel,
pdf-Datei)
Josef Jacob
wurde am 6. September 1875 in Büdingen / Lothringen geboren. Nach der
Studienzeit in Colmar / Elsass trat er 1899 eine Stelle als Lehrer und
Kantor bei der jüdischen Gemeinde in Rüdesheim an. Mit seiner Familie
(Frau Klara geb. Horn; vier Töchter Selma Rita, Gretel und Ilse) bis er
in Rüdesheim bis 1910. Im Januar 1911 wurde er auf die Stelle als Kantor
der jüdischen Gemeinde Rheingönheim - Neuhofen berufen. Die Familie
wohnte danach im Haus des Betsaales in der Hauptstraße. Lehrer Jacob
unterrichtete die jüdischen Kinder in Rheingönheim und der Umgebung in
Religion. Nach 14 Jahren Dienst in der jüdischen Gemeinde Rheingönheim -
Neuhofen wurde Josef Jacob Ende 1925 nach Ludwigshafen versetzt, wo er Dienst an der Synagoge Ludwigshafen und an der
Kommunalschule leistete. Am 6. September 1935 feierte Josef Jacob seinen 60. Geburtstag
und sein 25 jähriges Lehrerjubiläum im Sabbat-Gottesdienst in der Ludwigshafener Synagoge Kaiser-Wilhelm-Straße.
Wenig später musste Familie Jacob die große Wohnung in Ludwigshafen aus finanziellen Gründen aufgeben und
nach Mannheim übersiedeln. Nach der Reichspogromnacht 1938 wurde Josef Jacob in Haft genommen und vom
10. bis 22. November 1938 im KZ Dachau festgehalten. Im Frühjahr 1940 nahm er vom Rest seiner Familie Abschied (Tochter Selma starb 1925 in Ludwigshafen, Tochter Rita wanderte 1934 nach Palästina aus), die auf ihrer Flucht vor dem Nationalsozialismus, über die ganze Welt verteilt wurde. Kantor Josef Jacob
blieb bei seiner Gemeinde in Mannheim. Am 21. August 1942 wurde Kantor Jacob in Mannheim von der Gestapo verschleppt und am
23. August 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Am 26. September
1942 wurde er im Nebenlager Maly Trostinec als "verschollen" gemeldet. Das Todesdatum wurde später auf den 15.10.1942 festgelegt.
Um das Andenken an Kantor Josef Jacob am Leben zu halten wurde am 14.
Oktober 2001 auf Initiative von Pfarrer Frank-Matthias Hofmann eine Bronzegedenktafel an der Außenmauer des
Protestantischen Pfarrgartens angebracht und der Kantor-Josef-Jacob-Platz feierlich eingeweiht. Im Zuge der Benennung des Platzes, wurde auch die Pfarramtsadresse in Rheingönheim von Hauptstraße 214 in "Am-Kantor-Josef-Jacob-Platz 1" umbenannt. Bei der feierlichen Enthüllung waren auch Ilse Lewins geb. Jacob und ihre Tochter Ruth Ezrahi, aus Israel, anwesend.
Lehrer
Josef Jacob
Klara Jacob
geb. Horn
Schwestern Selma
und Rita
Jacob
Gedenktafel für
Kantor Josef Jacob mit
biographischen Angaben und Portrait
(Quelle der
Familienbilder: Buch Minor/Ruf s.Lit. Abbildungsteil)
Rechts:
"Stolpersteine" für Josef Jacob, Klara Jacob geb. Horn,
Rita Birnbaumgeb. Jacob, Margarete Loewy geb. Jacob und Lise Lewin geb.
Jacob (Foto: Michael Ohmsen, April 2010; Foto
in hochauflösender Qualität)
Rechts: Straßenschild
Kantor-Josef-Jacob-Platz
(Foto: Michael Ohmsen, April 2010)
Zum Tod von Ilse Lewin geb. Jacob,
letzte noch lebende Tochter von Lehrer Jacob (1992)
(Quelle)
- Artikel von Frank-Matthias Hofmann: Letzte Zeitzeugin jüdischen Lebens in Rheingönnheim gestorben
"Am 11. Dezember 2002 verstarb in der Budget-Stiftung in Frankfurt-Seckbach im Alter von 94 Jahren mit Frau Ilse Lewin, geborene Jacob, die letzte noch lebende Zeitzeugin eines lebendigen jüdischen Lebens in Ludwigshafen-Rheingönheim. 2001 war der zentrale Dorfplatz in Rheingönheim nach ihrem Vater, dem jüdischen Lehrer und Kantor Josef Jacob, benannt worden. Bei den Einweihungsfeierlichkeiten in der Paul-Gerhardt-Kirche und dem Platz war sie zum letzten Mal in Rheingönheim zu Besuch. Bei der Enthüllung des Platzschildes und der durch zahlreiche Bürgerspenden ermöglichten Bronzeplatte mit den wichtigsten Lebensdaten Kantor Jacobs waren sie und ihre Tochter Ruth Ezrahe, die extra aus Israel angereist war, sehr
bewegt. Der Gesprächskreis Juden und Christen in Ludwigshafen, die Prot. Kirchengemeinde Rheingönheim und die Jüdische Gemeinde Mannheim trauern um eine profilierte Frau, deren Leben ein Zeitzeugnis für die Geschichte der Juden in Ludwigshafen und Mannheim ist und die in den letzten Jahren immer wieder Mannheim und Rheingönheim besucht hat, um menschliche Kontakte zu pflegen. Das Erbe ihres Vaters, des letzten jüdischen Kantors in der Jüdischen Kultusgemeinde Rheingönheim-Neuhofen in den Jahren 1911-1925 war ihr wichtig. Bei der Einweihung der Gedenktafel am ehemaligen Jüdischen Bethaus in der Hauptstraße 246 in Rheingönheim war sie anwesend, nachdem Herbert Fritzsche und Walter Schäfer zu ihr Kontakt aufgenommen hatten. Sie frischte in dieser Zeit private Freundschaften, die während der Nazi-Zeit abgerissen waren, wieder auf. Sie wohnte in den 90er Jahren mit ihrem Mann Erich in Mannheim. Als sie
in der NS-Zeit Deutschland verlassen musste, fand sie mit ihrem Mann und den zwei Kindern Harry und Ruth in Chile vorübergehend eine neue Heimat, ehe sie nach Mannheim zurückkehrte. Ortshistoriker Walter Schäfer hat in einer bewegenden Broschüre
"Eine jüdische Odyssee" das Familienschicksal der Jacobs und Lewins in verdienstvoller Weise
festgehalten. In Mannheim leitete Ilse Lewin jahrelang den Jüdisch-christlichen Gesprächskreis und die WIZO, die jüdische Frauenorganisation, Sektion Rhein-Neckar und hat sich bleibende Verdienste um die Jüdische Gemeinde Mannheim und das christlich-jüdische Gespräch in Mannheim und Ludwigshafen erworben.1990 nahm sie auf Einladung von Pfarrer Frank-Matthias Hofmann in Ludwigshafen-Rheingönheim an einem öffentlichen Gemeindevortrag über die Juden in Rheingönheim teil und sagte u.a. in zwei Interviews 1991 mit
Pfarrer Hofmann: "Urteilt nicht voreilig! Macht euch mit den anderen Menschen, über die ihr etwas zu wissen glaubt, bekannt. Lebt nicht mit Vorurteilen, sondern lernt die Verhältnisse erst richtig
kennen... Haltet die Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürger und an das, was mit ihnen gemacht wurde, wach! Nur Erinnerung bringt Versöhnung und bewahrt davor, in ähnlicher Weise neues Unrecht auf sich zu
laden." Am Donnerstag, den 12. Dezember 2002 wurde Ilse Lewin auf dem
Jüdischen Friedhof in Mannheim
beerdigt. Kirchengemeinde und Gesprächskreis sind ihr für ihre vielen Impulse dankbar und werden ihr ein dankbares Gedenken widmen und ihr Anliegen eines offenen jüdisch-christlichen Gespräches wach halten."
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. August 1914:
"Unter überaus zahlreicher Beteiligung fand in Rheingönheim am 23.
Juli die Beerdigung des Mitgliedes des Synagogenausschusses und Vorstandes
des dortigen Kriegervereins, Herrn Adolf Weil, eines Mitstreiters
von 1870/71, statt."
Zum 80. Geburtstag von Sara Fischer in Neuhofen
(1925)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1925:
"Neuhofen (Pfalz), 31. März (1925). Frau Sara Fischer geb.
Mane begeht am 5. April in voller körperlicher und geistiger Rüstigkeit
ihren achtzigsten Geburtstag. Frau Fischer ist noch im Geschäfte tätig
und zeichnet sich durch Frömmigkeit und wohltätigen Sinn aus. Möge ihr
noch ein weiterer heiterer Lebensabend vergönnt sein. (Alles Gute) bis
100 Jahre."
80. Geburtstag von Israel Fischer und 81. Geburtstag von Sara Fischer geb. Mane
(1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1926: "Neuhofen
(Pfalz), 12. April (1926). Herr Israel Fischer feiert am 14. April seinen achtzigsten,
seine Gattin, Sara Fischer geb. Maue, feierte am 5. April ihren einundachtzigsten
Geburtstag. Beide Ehegatten erfreuen sich vollster geistiger und
körperlicher Gesundheit."
Erinnerung an die Deportation in das
südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober
1940: Grabstein für Ludwig Blum in Gurs
Grabstein
im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs für Ludwig Blum,
geb. 16. Juni 1873 in Rheingönheim (bzw. Ludwigshafen am Rhein),
später wohnhaft in Mannheim,
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo er am 17. Februar 1942
umgekommen ist. (Foto: Bernhard Kukatzki)
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de
Kennkarten
zu Personen,
die in Rheingönheim geboren sind
Kennkarte (Mainz 1939) für Amanda
Marx (geb. 31. Oktober
1881 in Rheingönheim), wohnhaft in Mainz, deportiert am
27. September 1942 ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt,
wo sie am 28. Dezember 1942 umgekommen ist
Kennkarte (Mainz 1939) für Hugo
Marx (geb. 7. April 1883 in
Rheingönheim), Kaufmann, wohnhaft in Mainz, deportiert am
27. September 1942 ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt,
wo er am 22. Januar 1943 umgekommen ist
Ein Betraum war möglicherweise bereits seit 1815 vorhanden. Der Standort ist
nicht mehr bekannt. Schriftlich belegt ist ein jüdischer Betraum in
Rheingönheim 1859.
Am 15. Mai 1873 verkaufte die bürgerliche Gemeinde
Rheingönheim ein Haus in der Hauptstraße 67 an die jüdische Kultusgemeinde,
um daran einen Betraum und eine Lehrerwohnung einzurichten- Der Betraum befand
sich in den vorderen Räumen im Erdgeschoss. Zur Lehrerwohnung gehörten ein
Wohnzimmer und eine Küche im Erdgeschoss sowie drei Schlafzimmer im 1. Stock.
1928 wurde das Gebäude an Privatpersonen vermietet. Im März 1938 wurde
es für 7.500 Reichsmark an die Gemeinde Rheingönheim verkauft. Dadurch blieb
es von einer Zerstörung beim Novemberpogrom 1938 bewahrt. Im Zweiten Weltkrieg
wurde das Gebäude zunächst als Unterkunft für den weiblichen Arbeitsdienst
verwendet, dann auch für die Hitler-Jugend, die hier zum Löschen bei
Fliegerangriffen ausgebildet wurde. 1941 wurde ein Luftschutzbunker auf dem
rückwärtigen Grundstück erbaut. 1949
wurde das Gebäude teilweise abgebrochen, das Erdgeschoss zu einem Ladenlokal
umgebaut, der Fachwerkgiebel durch ein neues, aufgestocktes Obergeschoss
ersetzt. In der Folgezeit wurde neben dem Ladenlokal (Reinigung) ein Teil des
Gebäudes als Werkstatt (Schreinerei) verwendet. In den 1980er-Jahren wurde der
Abriss des Gebäudes diskutiert.
Am 23. März 1983 wurde am Gebäude (im Hof) eine Gedenktafel
angebracht mit dem Text: "Zur Erinnerung - Hier befand sich die ehemalige
Judenschule mit Bethaus - Die Schließung erfolgt 1938. Das ursprüngliche
Gebäude wurde 1949 umgebaut." Nach einem erneuten Umbau und einer
umfassenden Renovierung 2008 wird das Gebäude als Vereinsheim von der
Karnevalsgesellschaft Rheingönheim (Klotzgrumbeer e.V.) genutzt.
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße 246 (alte Anschrift:
Hauptstraße 67, noch früher [1932]: Hauptstraße 86)
Fotos (Haus des Betsaals um 1912: Buch Minor/Ruf s.Lit.
Abbildungsteil; andere Fotos aus den Informationsseiten bei www.rheingoenheim.info;
Fotos von Michael Ohmsen: Aufnahmen vom April 2010)
Haus mit dem
Betsaal und der Lehrerwohnung
Das Haus um 1912 - an den
Fenstern
vermutlich Lehrer Jacob (im 1. Stock)
und Frau Jacob (im
Erdgeschoss
Das Gebäude vor der 2008
durchgeführten Renovierung
Das Haus nach der Renovierung
2008; im
Bereich des früheren Betsaales trifft sich
die
Karnevalsgesellschaft Rheingönheim
Klotzgrumbeer e.V.
Gedenktafel am Gebäude (von
1983):
"Zur Erinnerung. Hier befand sich die
ehemalige Judenschule
mit Bethaus.
Die Schließung erfolgte 1938. Das
ursprüngliche Gebäude
wurde 1949
umgebaut" (Foto: Michael Ohmsen)
Das Warenhaus von Max Fischer
(heute Benngewannstraße 1; Fotos rechts von Michael Ohmsen)
Haus des Kaufmanns
Heinrich Weil (Eisenbahnstraße 37); Foto rechts:
"Stolpersteine".
Heinrich Weil wurde mit Frau Eugenie
und Sohn Max im Auschwitz ermordet.
(Fotos: Michael Ohmsen, Aufnahmedatum: April 2010; Fotos
in hochauflösender Qualität)
Oktober 2015:
Verlegung des Stolpersteines
für Max Blüm in Rheingönheim am 13. Oktober 2015
Vgl. zur Verlegung von "Stolpersteinen" in Ludwigshafen und Stadtteilen
auch die Seite www.ludwigshafen-setzt-stolpersteine.de
Video in zwei Teilen von Michael Ohmsen
September/November 2024:
Verlegung von Stolpersteinen in
Neuhofen
Artikel von Christine Kraus in der
"Rheinpfalz" vom 19. September 2024: "NEUHOFEN. Nach längerer Diskussion:
Stolpersteine auch für Überlebende des Holocaust
Der (Stolper-)stein ist nun ins Rollen gebracht: Am 23. November werden die
ersten vier Stolpersteine in Neuhofen verlegt, um an das Schicksal einer
jüdischen Familie zu erinnern, die dort einst gelebt hat. Weitere
Stolpersteine in der Gemeinde sollen folgen. Einig, dass Stolpersteine
verlegt werden sollen, sei man sich schon bei der jüngsten Sitzung des
Gemeinderats am 3. September gewesen, betonte Ortsbürgermeister Ralf Marohn
(FDP) und kritisierte die Berichterstattung in der RHEINPFALZ darüber: 'Alle
Fraktionen haben gesagt: Ja, das machen wir.' Die Diskussion sei lediglich
um die Reihenfolge gegangen, in der die Steine verlegt werden. 'Um das nicht
öffentlich zu zerreden, war das Thema in den Ausschuss verwiesen worden. Ich
habe es nie so empfunden, dass wir verstritten waren', so Marohn weiter.
Anfang September war im Rat über einen Antrag von Annette Winter (Grüne) und
Peter Frosch diskutiert worden. Die beiden hatten beantragt, Stolpersteine
für die jüdische Familie Fischer, die in der Mozartstraße 6
wohnte, zu verlegen. Die Eltern wurden in Auschwitz ermordet, die Kinder aus
dem Konzentrationslager Gurs befreit und ins damalige Palästina gebracht.
Gemeinsamen Antrag unterzeichnet. Der Termin mit Gunter Demnig, der
die Aktion Stolpersteine initiiert hat und die Steine selbst verlegt, stand
da bereits fest. Weitere Stolpersteine sollen zu einem späteren Zeitpunkt in
Neuhofen verlegt werden. Diskussionen hat es darüber gegeben, ob auch gleich
zu Beginn Steine für die Kinder der Familie Fischer, die nicht umgekommen
sind, verlegt werden, oder ob man sich zunächst auf die in einer Broschüre
festgehaltenen 13 während der Nazi-Zeit ermordeten jüdischen Neuhofener
Mitbürger beschränken sollte. Nun haben alle Fraktionen einen gemeinsamen
Antrag unterzeichnet, und dem in der Ratssitzung am 18. September auch
einstimmig zugestimmt. Dieser folgt im Wesentlichen dem ursprünglichen
Antrag: Die Gemeinde möchte das Gedenken an die NS-Verfolgung sichtbar
machen und die Erinnerung daran lebendig halten. Vor der Machtübernahme der
Nationalsozialisten lebten in Neuhofen fünf jüdische Familien, von denen
drei Menschen die NS-Zeit überlebten. Die Familie Fischer steht exemplarisch
dafür. Für die Eltern Julius und Amanda sowie die Kinder Erich und Anni
sollen nun am 23. November die Messing-Steinwürfel mit deren Namen und Daten
in den Gehweg vor der Mozartstraße 6 eingelassen werden.
Jede Fraktion im Gemeinderat, CDU, SPD, FDP und Grüne, übernimmt die Kosten
für je einen Stein, der 132 Euro kostet. Außerdem soll zur weiteren
Aufarbeitung der NS-Geschichte in Neuhofen die Broschüre über die Schicksale
der verfolgten und ermordeten Bürger neu aufgelegt und für weitere Familien
Stolpersteine verlegt werden."
Link zum Artikel
Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 135 u.ö..
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 238-239 (mit weiteren Literaturangaben).
Ulrike Minor/Peter Ruf: Juden in
Ludwigshafen. Ludwigshafen am Rhein 1992 (Veröffentlichungen des
Stadtarchivs Ludwigshafen am Rhein Band 15).
Walter Schäfer: Rheingönheim damals und heute. Ludwigshafen
1987.
Frank-Matthias Hofmann: 'Ich bleibe bei meiner
Gemeinde!' - Josef Jacob - Der letzte jüdische Kantor in Rheingönheim und
Ludwigshafen. Erschienen im Pfälzer Pfarrerblatt Dezember 2001. pdf-Datei
downloadbar
(eingestellt bei www.rheingoenheim.info,
Artikel)
Heft "Weg des Gedenkens" mit verschiedenen
Beiträgen zur jüdischen Geschichte. pdf-Datei
downloadbar.
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