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Altleiningen (VG
Leiningerland, Kreis Bad Dürkheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Leiningen (Alt- oder Neuleiningen) lebten Juden
bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Um 1309 zahlten sie
zusammen mit denen von Bockenheim eine jährliche Reichssteuer von 7 Pfund.
Vor
der Verfolgung in der Pestzeit 1348/49 lebten mehrere jüdische Familien am Ort.
Drei von ihnen hatten Besitz in Speyer. Nach der Vernichtung der dortigen
jüdischen Gemeinde am 22. Januar 1349 wollte Graf Friedrich von
Leiningen Entschädigung für seine jüdischen Untertanen. Wenig später wurden
jedoch auch die Leininger Juden Opfer der Verfolgung. Nach der Verfolgung wird
Josef ben Jakob von Leiningen genannt, der 1374 in Worms begraben wurde.
Vielleicht war er ein Überlebender der Verfolgung.
Im 15. Jahrhundert werden
wieder Juden in Leiningen genannt (1434). Danach schweigen einige Zeit die Quellen.
Ende des 16. Jahrhunderts lebten wieder Juden in Leiningen. In den
Leininger Akten befindet sich eine Notiz von 1597, aus der hervorgeht,
dass das rituelle Bad in Klein-Karlbach u.a. von den Juden in Leiningen benutzt
wurde.
Auch im 18. Jahrhundert lebten in Altleiningen jüdische Personen: 1798
ist in Rheingönheim
ein Jude aus Altleiningen zugezogen.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl
der jüdischen Einwohner wie folgt: 1808 45 jüdische Einwohner (7,6 % der
Gesamteinwohnerschaft, 1825 47 (6,8 %), 1848 90 (in 20 Familien).
1809/10 waren die
jüdischen Haushaltsvorstände: Bernhard Herz, Heinrich Kaufmann, Levi Kaufmann,
David Löb, Salomon Mayer, Adam Simon, Jacob Simon und Joseph Klein (letzterer
Altleininger Tal).
An Einrichtungen bestanden im 19. Jahrhundert eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war. Von den Lehrern werden genannt: um 1868 Lehrer Wohlgemuth, um 1881 M. Kahn. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem
jüdischen Friedhof in Grünstadt
beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in Frankenthal.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen
Einwohner durch Aus- und Abwanderung stark zurück. 1880 beantragte die
Altleininger Gemeinde eine Zuteilung der Wattenheimer
Gemeinde zur Gemeinde in Altleiningen. Die Wattenheimer Gemeinde, zu der
inzwischen auch die in Carlsberg und Hertlingshausen lebenden Juden zählten,
sei zu klein für ein weiteres selbständiges Bestehen. Die Wattenheimer
Gemeinde wollte jedoch nicht nach Altleiningen zugeteilt werden und war mit
diesem Widerspruch bei den Behörden erfolgreich. Nach dem "Statistischen
Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes" von 1889 gehörten der
jüdischen Gemeinde Altleiningen 56 Personen an.
Von den Gemeindevorstehern wird genannt: um 1872/1889 M. Mayer, dazu als Rendant G.A.
Baumann und als Sekretär C. Dell (beide vermutlich nichtjüdisch Personen).
1905 gehörten der Synagogengemeinde nur noch zwei Männer an. Daher ist die
Gemeinde Anfang dieses Jahres aufgelöst worden. Die hier noch lebenden
jüdischen Personen wurden nun der Wattenheimer
Gemeinde zugeteilt.
1934 lebte noch eine jüdische Familie am Ort (Angabe bei Landesamt s.Lit.).
Von den in Altleiningen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berta Friedberg geb.
Goldschmidt (1869), Flora Henschel geb. Weiß (1874), Adolf Mayer (1867), Eugen
Rosenzweig (1884), Klara Rosenzweig (1890), Bertha Simon (1873), Elisabeth Simon
(1869), Henriette (Jeanette) Strauss geb. Simon (1855), Gustav Weil
(1867).
Alle genannten Personen sind in Altleiningen geboren und lebten später an
anderen Orten.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Vier jüdische Personen aus Altleiningen sterben bei der Brandkatastrophe in
Karlsruhe (1847)
Anmerkung: beim Brand des Karlsruher Hoftheaters am 28. Februar
1847 starben 63 Theaterbesucher. Der 27-jährige (jüdische) Moritz Reutlinger
hat bei dem Brand 36 Menschen das Leben gerettet. Die 63 Umgekommen wurden -
ohne Ansehnung der christlichen oder der jüdischen Religion - in acht Särgen
gemeinsam beigesetzt. Sowohl in den christlichen Kirchen, als auch in der
Synagoge fanden Gedenkgottesdienste statt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 13. April 1847:
"Karlsruhe. Unter den 61 Opfern der unglücklichen
Brand-Katastrophe befanden sich bekanntlich 6 Juden, nämlich: ein
Schriftsetzer von hier, ein Commis, aus Mainz gebürtig, ein Schneider und
drei Fremde aus Altleiningen, Landleute, die auf einige Tage in
Geschäften hierherkamen und von denen besonders Einer, der Vater einer
zahlreichen Familie, der seine Frau bei sich hatte, und diese an jenem
verhängnisvollen Abend bat, ihn zu begleiten, was sie aber durchaus
abschlug, die allgemeinste Teilnahme erregt hat. Außer der allgemeinen
Feierlichkeit auf dem Friedhofe ward in der hiesigen Synagoge noch ein
besonderer Trauergottesdienst für die verunglückten Glaubensbrüder
abgehalten, bei welcher Gelegenheit die Synagoge mehr als überfüllt war,
und die allgemeinste Teilnahme und Rührung sich während der ganzen Dauer
der Feierlichkeit kundgab. Das mutvolle, gefahrverachtende Benehmen vieler
hiesiger Israeliten während der Katastrophe ist in anderen Blättern
bereits erwähnt, ebenso der Dank, den 36 Gerettete ihrem Retter, einem
Israeliten öffentlich darbringen und hat es sich vom Neuen bewährt, dass
Menschen und Bürgertugenden in uns und unserem Glaubensbrüdern so wach,
so vorherrschend sind, |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod des aus Altleiningen stammenden Benjamin Loeb,
Mitglied der Stuttgart-Loge (1924)
Anmerkung: Zum Orden Bne Briss siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/B'nai_B'rith.
Mitteilung
in "Der Orden Bne Briss" Nr. 1 von 1925: "85. Am 29. Juni 1924 Bruder
Benjamin Loeb, Mitglied der Stuttgart-Loge, Stuttgart, seit 16. November
1916, geb. 19. Juli 1850 in Altleiningen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine kleine Synagoge wurde nach dem Grundsteuerkataster 1834
erbaut. Sie befand sich "am unteren Teil des Fußweges zur Burg [Burgberg],
ungefähr
hinter dem späteren Anwesen Weber/Aufschneider" (Beschreibung bei O. Weber
s.Lit.). 1869 wurde die Synagoge
renoviert. Die Finanzierung erfolgte teilweise mit Geldern der im Jahr zuvor
aufgelösten jüdischen Gemeinde in Carlsberg. In der Folgezeit wird immer
wieder von Beschädigungen der Synagoge berichtet. Nachdem mehrfach die
Fensterscheiben eingeworfen waren, veranlasste die Ortsgemeinde das Anbringen
von Fensterläden.
Angebot einer nicht mehr brauchbaren Torarolle aus der
jüdischen Gemeinde (1872)
Anzeige
in "Der Israelit" vom 25. September 1872: "Annonce.
Die israelitische Gemeinde Altleiningen (Rheinpfalz) hat eine
Sefer tora (Torarolle), welche passul (unbrauchbar) ist, worin
sich aber noch viele koschere jerioth befinden, abzugeben. Wer davon
Gebrauch zu machen gedenkt, kann dieselbe unentgeltlich erhalten, da sie
wegen Mangel an Raum abgegeben werden soll.
Der Vorstand der Gemeinde: M. Meyer." |
Nach der Auflösung der jüdischen Gemeinde 1905 wurde das
Synagogengebäude verkauft. Die Torarollen kamen in die Synagoge Wattenheim mit
der Auflage, dass drei von ihnen "nicht veräußert werden dürfen".
Das Synagogengebäude besteht nicht mehr. Es wurde abgebrochen. Am Standort
befindet sich heute ein Garten in steiler Hanglage.
Adresse/Standort der Synagoge: am Burgberg
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur jüdischen Geschichte in Altleiningen vorhanden;
über Hinweise
oder Zusendungen freute sich der Webmaster der "Alemannia
Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 476-477.
|
| Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 42-43. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 75 (mit weiteren Literaturangaben).
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