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Büdesheim (Gemeinde
Schöneck, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Büdesheim bestand eine
jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des
16./18. Jahrhunderts zurück, als erstmals jüdische Einwohner am Ort genannt
werden. Seit etwa 1720 lebten kontinuierlich jüdische Personen/Familien am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1809 14 jüdische Familien, 1828 32 jüdische Einwohner, 1861 76
(3,5 % von insgesamt 2.182 Einwohnern), 1880 67 (2,7 % von 2.246), 1900 67, 1897
46, 1899 60 (in 14 Haushaltungen), 1910
64 (5,3 % von 1.204). Die jüdischen Haushaltsvorstände verdienten den
Lebensunterhalt als Textil- und Viehhändler, als Metzger oder als
Gemischtwaren-, Frucht-, Getreide und Holzwarenhändler.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, ein rituelles Bad (im jüdischen Gemeindehaus neben der
Synagoge) sowie einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein
Religionslehrer angestellt, der zugleich als Kantor und Schochet tätig war
(siehe Ausschreibungen der Stelle von 1877 und 1908 unten). Um 1871 wird als
Lehrer Moses Straus genannt, um 1887 Lehrer Nathan. Um 1888/1899 wurden die
jüdischen Kinder durch Lehrer Wertheimer aus
Heldenbergen unterrichtet. 1899 besuchten noch fünf Kinder der Gemeinde den
Religionsunterricht. Die jüdische
Gemeinde gehörte zum orthodoxen Provinzialrabbinat in Gießen.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1899 S. Strauß und N.
Strauß. um 1908 J. Jacob.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Karl Bermann
(Bergmann?, geb. 18.4.1882 in Zell, gef. 30.9.1915), Friedrich Markus Kahn (geb.
24.9.1888 in Büdesheim, gef. 31.8.1916) und Fritz Strauß (geb. 4.3.1898 in Büdesheim,
gef. 4.4.1918).
Um 1924, als der jüdischen Gemeinde 58 Personen angehörten (4,6 %
von insgesamt etwa 1.250 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde
Adolf Simon, Abraham J. Jacob und Simon Strauß. Den Religionsunterricht
der damals vier schulpflichtigen jüdischen Kindern in Büdesheim erteilte
Lehrer Sally Stern aus Hochstadt.
1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Max Strauß I, Joseph Floyheimer
(Flörsheimer?) und Hugo Strauß. Inzwischen wurde der Unterricht der im
Schuljahr 1931/32 fünf schulpflichtigen jüdischen Kinder durch Lehrer Jakob Höxter
aus Heldenbergen
erteilt.
1933 lebten noch 57 jüdische Personen in Büdesheim. In den
folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der
zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise
ausgewandert (mehrere Familien nach Süd- und Nordamerika, eine Auswanderung
nach Afrika). 1933 ist nach Büdesheim Lehrer Jakob Höxter aus Heldenbergen
zugezogen, da hier seine Tochter Gertie Strauß lebte. 1934 verzog er nach
Frankfurt (von dort 1939 nach Brasilien emigriert, 1943 nach Argentinien, wo er
1950 in Buenos Aires starb).
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), jüdische
Wohnungen und Geschäfte wurden überfallen und geplündert. Bei den durch
SA-Leute durchgeführten antijüdischen Aktionen wurden auch die Geschäftsbücher
der jüdischen Kaufleute verbrannt, zumal einige der bei der Aktion Beteiligten
bei den Geplünderten verschuldet waren. 1939 waren noch 16 jüdische
Personen am Ort. Zwei von ihnen starben 1942 vor den Deportationen (Juli und
August 1942). Die übrigen wurden am 15. September 1942 deportiert. Sie
wurden auf einen vor dem Haus von Abraham und Elka Jakob (Riedstraße 4)
parkenden Lastwagen verladen.
Von den in Büdesheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945" bzw. dem "Gedenkbuch:
Vom Naziterror verfolgte Kinder, Frauen und Männer im Main-Kinzig-Kreis
1933-1945"): Abraham Jakob (1864), Elka Jakob geb. Schuster (1868),
Paula Katz geb. Jakob (1894), Levy Schwab (1879), Sara / Selma Schwab geb.
Strauss (1883), Dina (Ida) Simon geb. Strauss (1885), Fanny Simon (), Iwan
Strauss (1932), Karoline Strauss geb. Oppenheimer (1909), Max Strauss (1904),
Meier Strauss (1938), Moritz Strauss (1904), Moses A. Strauss (1870).
Zur Erinnerung an die Opfer des NS-Zeit wurden in Büdesheim seit 2012 mehrfach
"Stolpersteine" verlegt (siehe Berichte
unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Kantors und
Schochet 1877 / 1908
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1877: "Die
israelitische Gemeinde Büdesheim im Postbezirk Heldenbergen (Oberhessen)
stellt einen israelitischen Religionslehrer an mit einem jährlichen
Gehalt von 300 Mark, freier Kost und freiem Logis und freier Heizung, aber
nur unverheiratet, auch womöglich Schochet (Schächter), weil dadurch der
Gehalt noch um 80 Mark vergrößert wird. Bewerber wollen sich innerhalb
14 Tagen anmelden. Der israelitische Vorstand Feidel Jacob." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1908: "Die
Kultusgemeinde Büdesheim, Kreis Friedberg sucht sofort einen
unverheirateten Religionslehrer, Kantor und Schochet.
Gehalt 1.200 Mark. Bewerbung an Abraham J. Jacob, I. Vorsteher." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Unfalltod von Bernhard Straus, gestorben bei der Eisenbahnkatastrophe bei
Hanau am 14. November 1884
Anmerkung: am 14. November 1884 fuhr bei Hanau ein
Personenzug auf einen Güterzug auf. Ein aus der Gegenrichtung kommender zweiter
Güterzug fuhr in die Trümmer. 22 Personen starben, 26 wurden verletzt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1884: "Heldenbergen. Auch in dem nahe gelegenen
Büdesheim hat die
schreckliche Eisenbahnkatastrophe bei Hanau vom 14. dieses Monats ihr
Opfer gefordert. Es starb in Folge erhaltene Quetschungen der erst 22 ½
Jahre alte, blühende und sehr kräftige Bernhard Straus, Sohn des
dortigen Viehhändlers H. Straus, Freitag nachts 2 Uhr, im
Landkrankenhause zu Hanau, wohin er sofort nach dem Zusammenstoße
gebracht worden war. Der hiesige Landesproduktenhändler Simon Strauß
befand sich in demselben Coupé und wurde wie durch ein Wunder gerettet,
sodass er mit dem bloßen Schrecken und einigen kleinen Contusionen an der
Hand davon kam. Derselbe dankte dem Allgütigen, in der am Schabbat
Brechat HaGomel unter tiefster Rührung Aller sprach, wie auch
dadurch, dass er an die Armen Geld und Brot verteilen ließ. Der Verunglückte
war die Stütze seiner bedauernswürdigen Eltern, weswegen er auch im
vorigen Herbste von der Militärbehörde, nach absolviertem 1.
Dienstjahre, zur Disposition beurlaubt wurde. Er gab sich mit rastlosem
Eifer seinem Berufe hin und fühlte sich glücklich, nunmehr seinen Eltern
ungestört seine Kräfte widmen zu können. Diese Freude sollte leider nur
eine sehr kurze sein! Er befand sich auf einer Geschäftstour, verließ
gesund und munter, froh und heiter das Elternhaus, in das er Freitagmittag
zurückkehren wollte. Leider sollte er nach dem unerforschlichen
Ratschlusse Gottes als Leiche in dasselbe zurückgebracht werden. Der
Jammer der Eltern und Geschwister war unbeschreiblich. Der Vater,
telegraphisch an das Schmerzenslager berufen, eilte dahin und traf seinen
Sohn in traurigem Zustand, aber noch lebend. Derselbe besprach seine Geschäftsangelegenheiten
noch mit dem Vater und verschied dann sanft und ruhig unter dessen Augen.
Die Leiche wurde Samstagnacht von dem Sterbeorte nach dem Elternhause überführt.
Sonntagmittag fand die Beerdigung statt. Die Teilnahme war eine großartige.
Es strömten Jehudim von Nah und Fern herbei, um ihre Teilnahme an dem
tragischen Ende des braven, allseitig geachteten jungen Mannes, wie an dem
herben Geschicke, das die braven Eltern betroffen, an den Tag zu legen.
Aber nicht allein Glaubensgenossen, sondern auch viele christliche Freunde
und Bekannte waren am Platze. Die ganze christliche Gemeinde Büdesheim: Männer,
Frauen und Jungfrauen folgten dem Sarge. Wir haben noch nie einen solchen
Leichenzug gesehen. Diese herzliche Teilnahme der christlichen Gemeinde Büdesheim
gereicht derselben zur hohen Ehre. Es läutete zur Nachmittagskirche, die der Geistliche aber ausfallen lassen musste, weil fast gar keine Besucher
sich einfangen; selbst der Lehrer des Ortes begleitet die Leiche, bis ihn
die Glocken zur Kirche riefen. Es gestaltete sich so diese Beerdigung zu
einem wahren Kiddusch Haschem
(Heiligung des Gottesnamens), was umso anerkennenswerter ist, als
unmittelbar vorher, in Folge der sehr hochgehenden Wahlbewegung im Kreise,
von den Antisemiten ein kolossales Rischut (Gotteslästerung) gemacht
worden war. Man sah da wieder, dass das Volk besser ist, als seine Führer.
– Am Grabe wurde vom Schreiber dieses (Artikels) eine von Herzen
kommende und zu herzen gehende Rede gehalten und den trostlosen
Hinterbliebenen der Hohepriester Aaron, der zwei Söhne auf einmal verlor
und sich beruhigte, als Muster hingestellt und dieselben darauf
hingewiesen, dass die Allgüte Gottes, die Wunden schlägt, sie auch
wieder heilt. Hieran hat Redner die Mahnung geknüpft, sich alltäglich
bereit zu halten auf den Ruf, der jeden Augenblick an jeden ergehen kann
und eben darin eine erste Aufforderung zur größtmöglichen
Gewissenhaftigkeit in allen unseren Lebensstellungen und Verhältnisse zu
erblicken. Gewissenhaftigkeit, treue Pflichterfüllung, zumal in
verantwortlicher Stellung, tut Not, denn Fahrlässigkeit stiftet oft das
größte Unheil, bringt oft viele Menschen und Familien in namenloses
Elend; wie der vorliegende |
Eisenbahnunfall
tatsächlich wieder beweist. – Lautlose Stille und tiefe Rührung
herrschte in der zahlreichen Versammlung. Wie am Grabe, so war auch die
Teilnahme während der siebentägigen Trauer. Alles strömte herbei, zu trösten
und zu beruhigen. Tagtäglich sahen wir die christlichen Bewohner des
Ortes im Trauerhause und vernahmen oft deren herzerquickenden
Trostesworte.
Möge nun der Allgütige die unglücklichen Eltern und Geschwister in
Wahrheit trösten und lindernden Balsam in die klaffende Wunde gießen; möchte
die aufrichtige Teilnahme von allen Seiten die Schmerzen derselben
lindern, damit sich an ihnen die Wahrheit des Wortes: ‚Geteiltes Leid,
ist halbes Leid,’ erfülle. Dem in so tragischer Weise abgeschiedenen
jungen Manne wird ein bleibendes Denkmal in den Herzen Aller gesetzt sein.
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Moritz Strauß wird mit dem Eisernen Kreuz
ausgezeichnet (1916)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. November
1916: "Büdesheim (Oberhessen). Gefreiter Moritz Strauß, Kanonier im
Feldartillerie-Regiment 61, Sohn des Kaufmanns Sußmann Strauß, erhielt
das Eiserne Kreuz." |
"Eine altfrankfurter
Heiratsgeschichte" über Jacob Herzfeld (aus Büdesheim) und seine Zeit in
Frankfurt (1925)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 12. Juni 1925: |
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Beginn der Geschichte - bei Interesse zum
Lesen bitte Textabbildungen anklicken: "Die gute Partie. Eine alte
Frankfurter Heiratsgeschichte von Otto Schwerin.
Frankfurt gilt noch heute als eine derjenigen deutschen Städte, in der die
relativ zahlreiche jüdische Bevölkerung fest an ihrem altüberlieferten
Glauben und vor allem an den vielen, teilweise veralteten, und mitunter für
sie recht unbequemen Sitten und Gebräuchen festhält; wenn es natürlich auch
in Frankfurt eine große Anzahl Juden gibt, die sich zwar äußerlich zum
Judentum bekennen, jedoch den Besuch des Gotteshauses, und vor allem die
Beobachtung der althergebrachten religiösen Vorschriften für einen heute
überwundenen Standpunkt ansehen.
Es ist dies vor allem die heutige jüngere Generation, die besonders, wenn es
ihre Mittel zulassen, es nicht mehr für fein und zeitgemäß erachtet, im 'Ostend'
zu wohnen, aber, es gibt auch heute noch eine große Anzahl von Familien,
die, was ihren Geldbeutel anbetrifft, es sich wohl erlauben könnten, eine
teuere, luxuriöse Wohnung im Westendviertel zu beziehen, dennoch, aus
traditionellen Gründen ihre Wohnungen in der Fischerfeld-, Ostend- oder
Hanauer Landstraße nicht aufgeben würden.
Anfangs der 1870er-Jahre wohnte in der Uhlandstraße, im zweiten Stock des
Hauses Nr. 178, der Kaufmann Jacob Herzfeld mit seiner Familie, die
aus einer Frau Beate, in seinem 24-jährigen Sohn Leopold und seiner
19-jährigen Tochter Meta bestand.
Herzfeld, der damals 52 Jahre zählte war kein geborener Frankfurter. Er
stammte aus Büdesheim, einem kleinen Dorf des Kreises Friedberg und
kam als ältester Sohn eines nicht gerade mit irdischen Glücksgütern, dafür
aber die zahlreichen Kindern gesegneten Fruchthändlers, in seinem 14. Jahre
nach der schon damals aufstrebenden Handelsstadt am Main, um als Lehrling in
das Manufakturwarengeschäft der Herren Gebrüder Strauss in der oberen Lange
Straße einzutreten.
Mit großem Eifer suchte er dort in die Geheimnisse der doppelten Buchführung
einzudringen, den Unterschied zwischen Barchent und Flanell, Merveilleux-
und Taftseide zu ergründen, und als er nach Ablauf seiner dreijährigen
Lehrzeit zum Commis avanziert war und am Monatsende sein erstes Gehalt von
35 Gulden süddeutscher Währung einkassieren konnte, gab es in der ganzen
Langestraße keinen stolzeren Mann, als den kleinen Jakob Herzfeld aus
Büdesheim in Oberhessen..." |
Zum Tod von Emma Strauß geb. Joseph (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1925: "Büdesheim
(Oberhessen). Am 18. Marcheschwan (= 5. November 1925) verschied hier nach
kurzem schweren Leiden Frau Emma Strauß geb. Joseph, noch im frühen
Alter von 58 Jahren. In religiösem jüdischen Hause aufgewachsen, bildete
Zedoko und Gemilus Chesed (Wohltätigkeit) einen
Hauptbestandteil ihres Wirkens. So konnte es kein Wunder nehmen, dass bei
der Bestattung großes Gefolge ihr das letzte Geleit gaben. Am Grabe
schilderte Herr Lehrer Sonnenberg - Wachenbuchen
in treffenden Worten das Leben der so früh Verstorbenen, ihre guten Taten
für Klall Israel (ganz Israel) und für Arme und Hilfsbedürftige.
- Mit dem schwer geprüften Gatten trauern brave Kinder, viele Verwandte
und die ganze Gemeinde um ihren Verlust. Möge HaSchem (Gott) den
trauernden seinen Trost spenden. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." |
Zum Tod von Simon Strauß (1931)
Artikel in "Mitteilungsblatt des Landesverbandes israelitischer
Religionsgemeinden Hessens" vom Dezember 1931 S. 4: "Büdesheim
(Oberhessen). Am 4. November dieses Jahres wurde eines unserer besten
Mitglieder, Herr Simon Strauß, im Alter von 57 Jahren zu Grabe
getragen. Ein großer Trauerzug bewegte sich unter Vorantritt des Krieger-
und Gesangvereins mit Fahnen zum Friedhof. Der Verstorbene war über 15 Jahre
Mitvorstand und durch sein freundliches, ruhiges Wesen, verbunden mit den
besten Charaktereigenschaften, erwarb er sich in der hiesigen Gemeinde die
Beliebtheit sämtlicher Mitbürger. Lehrer Höxter,
Heldenbergen, hielt dem so früh
Verstorbenen einen ergreifenden Nachruf. Sodann verabschiedete sich der
Vorsitzende des Kriegervereins, Herr Teidel, ebenso Herr Schüßler, im Namen
des Gesangvereins in erhebenden Worten von dem toten Kameraden." |
Zum 90. Geburtstag von Hannchen
Strauß geb. Kahn (1933)
Mitteilung
in "Mitteilungsblatt des Landesverbandes israelitischer Religionsgemeinden
Hessens" vom April 1933 S. 2: "Büdesheim (Oberhessen). Am
28. März beging das älteste Mitglied unserer Gemeinde, Frau Hannchen Strauß
geb. Kahn in körperlicher und geistiger Frische ihren 90. Geburtstag. Wir
wünschen ihr noch viele Jahre in gleicher Rüstigkeit. " |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Bäckermeister Isaak Speier sucht
einen Lehrling (1890)
Anzeige in "Der Israelit" vom 4. August 1890: "Ein
braver Junge zur gründlichen Erlangung der Bäckerei sofort gesucht.
Isaak Speier, Bäckerei
Büdesheim in Oberhessen." |
Viehhändler Levi Strauss sucht eine
Stelle für seine Tochter (1914)
Anzeige
in "Frankfurter Israelitisches Familienblatt" vom 11. Dezember 1914:
"Suche für meine 15-jährige Tochter Stelle zum Erlernen des Haushaltes,
kann eventuell auch im Geschäft mithelfen, wo Schabbos (sc. am Schabbat)
geschlossen. Frankfurt oder Umgebung bevorzugt.
Offerten an Levi Strauss, Viehhändler, Büdesheim, Oberhessen." |
Hochzeitsanzeige für Leo Strauss
und Lina geb. Jacob (1925)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom
29. Mai 1925:
"Statt Karten!
Leo Strauß - Lina Strauß geb. Jakob
Vermählte
Büdesheim (Oberhessen), Mai 1925." |
Verlobungsanzeige für Erna
Guggenheim (Donaueschingen) und
Ludwig Strauss (Frankfurt a.M. / Büdesheim, 1927)
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 2. September
1927:
"Statt Karten!
Erna Guggenheim - Ludwig Strauss
Verlobte
Donaueschingen -
Frankfurt am Main / Büdesheim (Ober-Hessen)
4. September 1927." |
Verlobungsanzeige von Gertie Höxter
und Hugo Strauss (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. September 1928: "Gott
sei gepriesen.
Gertie Höxter - Hugo Strauss. Verlobte.
Heldenbergen Oberhessen - Büdesheim
Oberhessen. Im September 1928." |
Verlobungsanzeige für Lilli
Oppenheimer (König i.O.) und Max Strauss (Büdesheim, 1937)
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 15. April 1937:
"Statt Karten!
Lilli Oppenheimer - Max Strauss Verlobte
König i/O. April 1937 -
Büdesheim (Oberhessen)." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betsaal vorhanden. 1865/66
konnte eine neue Synagoge auf einem Grundstück in der damaligen Speckgasse -
unweit des Rat- und Schulhauses an der Durchgangstraße nach Heldenbergen -
erbaut werden. Auf demselben Grundstück wurde auch das jüdische Gemeindehaus
erstellt, in dessen Keller die Mikwe eingerichtet wurde. Die Synagoge stand
zugleich im Mittelpunkt des Wohngebietes, in dem die Mehrheit der jüdischen
Familien lebten: der nördlichen und südlichen Hauptstraße, der Riedstraße
und der Schulstraße.
Das Synagogengebäude war 7,5 m lang und 6,2 m breit. Es war nicht unterkellert
- die Seitenwände standen auf einem etwa 30 dm über den Erdboden
hinausreichenden, umlaufenden Sockel. Je zwei Rundbogenfenster waren an der Ost-
und Westseite sowie zwei Rundbogenfenster an der Südseite (eines davon direkt
über dem Eingangstor) angebracht und gaben dem Gebäude den Charakter eines
Sakralgebäudes. Ohne Fenster war die Nordseite. Auf dem unten stehenden Bauplan
ist möglicherweise die Ansicht nach Westen und die nach Osten vertauscht, da
der risalitartig vorgelegte Aron HaKodesch-Erker (im Bereich des
Toraschreines) nach Osten ausgerichtet sein müsste. Die Synagoge hatte ein
Walmdach mit Biberschwanzziegeldeckung.
Im Inneren hatte die Synagoge 26 Plätze für Männer, 16 für Frauen.
Der Architekt der Bödesheimer Synagoge war Johann Peter Thyriot (1833-1917),
der um 1861 in Windecken, danach in Büdesheim lebte. Seit 1865 war er
freischaffender Architekt in Hanau, wo er bis zu seinem Tod 1917 lebte, seit
1889 fest angestellt im Dienst der Stadt Hanau.
Wann die Synagoge eingeweiht wurde (noch 1866 oder 1867?) ist nicht bekannt
(nach den Gedenkinschriften 1866 errichtet).
Lehrer Jakob Höxter hielt zum
60-jährigen Bestehen der Synagoge die Ansprache (Datum nicht bekannt, 1926 oder
1927).
Die Synagoge wurde beim Novemberpogrom 1938 durch SA-Leute bis auf die
Grundmauern zerstört.
Adresse/Standort der Synagoge: ehemalige
Speckgasse, heute Riedstraße 8
Fotos
(Bauplan aus dem Beitrag von S. Gerschlauer s.Lit. S. 315; neuere
Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.3.2009)
Bauplan der
ehemaligen Synagoge
aus dem Jahr 1866 |
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Ansicht nach
Norden |
Ansicht nach
Westen |
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Ansicht nach Osten |
Grundriss der
Synagoge |
Querschnitt mit
Blick zum Toraschrein |
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Das Denkmal am ehemaligen
Rathaus |
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Blick auf die Gedenkstele und
den liegenden Gedenkstein |
Die Stele mit Symbolik der
segnenden Hände
des Kohanim und Darstellung der Synagoge |
Darstellung der ehemaligen
Synagoge in
Büdesheim nach dem Bauplan von 1866 |
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Gedenkstein mit
Inschrift: "Hier in der Nähe stand die ehemalige Synagoge, erbaut
1866,
zerstört am 9./10. November 1938. Zur Erinnerung an die Synagoge
und die Opfer der
Gewaltherrschaft. Errichtet zur Mahnung und zum
Gedenken. Gemeinde Schöneck". |
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Darstellungen der
Synagoge
auf der Gedenktafel vor dem
ehemaligen Synagogenstandort
nach dem
Bauplan von 1866 (siehe
rechts).
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Standort der
ehemaligen Synagoge (Wohnhaus Mitte) mit Inschrift: "Den Toten zum
Gedenken - Den Lebenden zur Mahnung. Hier stand die im Jahre 1866
errichtete Synagoge der Jüdischen Gemeinde Büdesheim. Die bisher
ältesten Zeugnisse Jüdischer Einwohner in Büdesheim datieren aus dem
Jahre 1724. Die Synagoge mit 54 Sitzplätzen war ein aus roten
Ziegelsteinen errichtetes, fast quadratisches Gebäude und über einen
gepflasterten Weg von der Straße aus erreichbar. Das Gebäude hatte einen
Vorraum mit Garderobe und Waschgelegenheit, sowie ein Treppenhaus, über
das die Empore erreicht werden könnte. Die Synagoge wurde am 9. November
1938 zerstört. Die letzten Juden wurden im Herbst 1942 unweit von hier
zusammengetrieben, deportiert und in Konzentrationslagern umgebracht. Wir
trauern um unsere jüdischen Mitbürger. Schalom." |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
August 2010 / Mai
2012:
Auch in Büdesheim sollen
"Stolpersteine" verlegt werden |
Pressemitteilung aus
"primavera24.de" vom 11. August 2010 (Mitteilung):
"Schöneck: Stolpersteine erinnern an jüdische Mitbürger.
Die Gemeinde Schöneck will der Opfer des Nationalsozialismus gedenken – mit den so genannten Stolpersteinen des Künstlers Gunter
Demnig.
SCHÖNECK. Dabei handelt es sich um Pflastersteine mit einer Gedenktafel aus Messing. Die werden in den Gehweg eingelassen – vor den Häusern, in denen früher Juden und andere Opfer der Nazi-Diktatur lebten. Unter anderem gibt es Stolpersteine auch in Aschaffenburg, Dieburg, Gelnhausen, Großkrotzenburg und Nidderau." |
Anmerkung:
Am 12. Mai 2012 wurden in Büdesheim
16 "Stolpersteine" verlegt (das Foto links - in hoher Auflösung
- aus der Website von schoeneck.de): in der Riedstraße 4 für Abraham
Jacob (1864), Elka Jacob geb. Schuster (1868), Paula Katz geb. Jacob
(1894) und Blanka Stern geb. Jacob (1896); in der Südlichen Hauptstraße
5 für Josef Flörsheimer (1892), Martha Flörsheimer geb. Löb (1893) und
Julius Erich Flörsheimer (1924); in der Südlichen Hauptstraße 30 für
Jenny Strauss geb. Rosenbaum (1872), Marx Strauss (1899), Elisabeth
Strauss geb. Mayer (1904) und Ivan Günther Strauss (1932); in der
Schmiedgasse 7 für Heinrich Strauss (1879), Betti Strauss geb. Grünbaum
(1870), Adolf Strauss (1899) Berthold Strauss (1905), Herbert Strauss
(1912).
Bilder von der Verlegung in der Website von schoeneck.de |
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November 2013:
Weitere Verlegung von "Stolpersteinen"
in Büdesheim |
Am 20. November 2013 wurden
"Stolpersteine" verlegt: in der Schulstraße 2; in der
Südlichen Hauptstraße 2 für Levi Schwab (1879), Selma Schwab geb.
Strauss (1883), Lilli Schwab verh. Lehmann (1912), Karl Schwab (1914).
Bilder
von der Verlegung in der Website von schoeneck.de. |
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Mai 2014:
In Büdesheim werden weitere 29
"Stolpersteine" verlegt |
Artikel in der "Frankfurter Neuen
Presse" vom 29. Mai 2014: "2014 kommen neue Stolpersteine.
Bei einem Besuch im Altenhilfezentrum in Büdesheim erzählte der einheimische Geschichtsforscher Manfred Geisler von der jüngsten Verlegung von Stolpersteinen im Schönecker Ortsteil. Außerdem erklärte er, welche weiteren Maßnahmen in Zukunft zum Gedenken von Büdesheimer Opfern des Nationalsozialismus geplant sind..."
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 95-96. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 224-225. |
| Keine Artikel in den Publikationen von Thea Altaras. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 100-101. |
| Susanne Gerschlauer: Synagogen. In: Kirchen und
Synagogen in den Dörfern der Wetterau. Reihe Wetterauer Geschichtsblätter.
Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Band 53. Im Auftrag des Friedberger
Geschichtsvereins hrsg. von Michael Keller. Friedberg 2004 S. 289-326. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Buedesheim Hesse. The community, numbering 76 (3,5 % of
the total) in 1861, mainly engaged in the livestock trade. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was devastated and Jewish property looted.
Of the 57 Jews living the in 1933, 40 had emigrated or moved elsewhere by 1939
and the rest were deported in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|